Montag, 29. September 2025

Den Wahrem Schoemen Gutem

Hier ein kleiner Blick hinter die Kulissen von Titanic. Jeder Beitrag wird bis zur Drucklegung von mindestens fünf verschiedenen Personen gelesen. Auch einseitige Cartoons und Fotowitze gehen standardmäßig durch mehrere Hände. Und doch rutschen selbst in solchen wortarmen Bildseiten gelegentlich Fehler bis ins fertige Heft durch, so etwa bei Hannes Richerts Startcartoon in der aktuellen Ausgabe (die Fehlschreibung in einer Sprechblase ist dem Künstler selbst aufgefallen – jedoch niemandem in der Redaktion!). Um ein Haar hätte diesmal zudem in Renke Brandts "Welträumchen" (S. 59) ein Fehler überlebt. Erst nach dem regulären Korrekturlauf fiel mir auf, dass in der Zeile "Verbinden Sie Hausarbeit mit etwas Angenehmen" ein Buchstabe falsch ist: Es muss "Angenehmem" heißen.

Als wie üblich wenige Tage nach Redaktionsschluss die Ausgabe für die App-Version aufbereitet wurde, fragte unser damit betrauter Web-Admin und IT-Chef, ob es nicht "Angenehmen" heißen müsse (ja, das ist ein [mindestens] sechstes Augenpaar, das über jeden Heftinhalt drüberschaut). Ich grübelte, so wie ich zuvor gegrübelt hatte, als mir das inkorrekte n zum ersten Mal ins Auge gestochen war. Denn inkorrekt ist es selbstverständlich; man ersetze "Angenehmem" bloß mal durch ein anderes Wort, schon würde niemand mehr darüber stolpern: "mit etwas Schönem", "mit etwas Rotem" oder auch "mit etwas Unzweideutigem" (die Länge oder "Komplexität" des Wortes spielt keine Rolle, wie man sieht).

Warum kommt uns "mit etwas Angenehmem" mindestens komisch, wenn nicht gar ungrammatisch vor? Da diese Form des (substantivierten) Adjektivs angenehm auch in anderen Verbindungen als mit "mit etwas" befremdlich wirkt (auf mich zumindest; auf Sie ebenfalls?), muss es die Lautfolge -mem sein, die dieses regelrechte Unbehagen auslöst (wie gesagt: bei mir zumindest; für eine repräsentative Umfrage fehlen mir gerade die Mittel). Auch hier hilft uns die Ersatzprobe weiter. Man lasse sich folgende Adjektive, jeweils im Dativ Singular Maskulinum, auf der Zunge bzw. vor der Netzhaut zergehen: anonymem, zahmem, bequemem. Sie sind, sehr laienhaft formuliert, irgendwie doof auszusprechen. Es ist womöglich das Aufeinandertreffen zweier ms am Wortende, die nur durch einen Vokal (genauer: ein Schwa) getrennt sind, das "uns" unschön oder widernatürlich erscheinen will. Bei der Folge -nen stutzen wir nicht, und bei der Artikulation neigen wir dann eher dazu, die zwei Nasale zusammenzuziehen ("wir renn'n"). Nun ja, vermutlich hat mein Rumgespinne hier überhaupt keine Substanz, ich wollte nur schnell aufschreiben, was mir zu "etwas Angenehmen" alles eingefallen ist. Ich könnte mir vorstellen, dass es dazu bereits einen Fachaufsatz oder eine Monographie oder mehrere gibt.

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