Donnerstag, 11. November 2021

Albern sei der Mensch

Ich will ehrlich sein: Auch wenn ich schon zwei, drei Mal für ein (unbedeutendes) politisches Amt kandidiert habe, bin ich froh, den Beruf des Politikers nicht ausüben zu müssen. Zum einen würde ich mich mit Entscheidungen aller Art schwer tun, und seien sie von noch so geringer Tragweite. Zum anderen würde mir die nötige Gravitas und Ernsthaftigkeit fehlen. Mir ist klar, dass man als politischer Akteur genau das ist: ein Akteur, der eine gewisse Rolle spielt. Schauspielen kann man üben. Aber wie lange würde es mir gelingen, die Maskerade aufrechtzuerhalten?

Nicht lange, schätze ich. Ich "leide" nämlich an einer leichten Form von Witzelsucht. Es mag sein, dass ich für flüchtig mir Begegnende den Eindruck eines No-nonsense-Zeitgenossen mache, die Wahrheit ist aber, dass ich kaum ein Gespräch zu überdauern imstande bin, ohne einen Witz zu reißen. Mir fällt halt ständig irgendwas Komisches ein! Ganz schlimm wird es, wenn ich mich in einer Gruppe von Gleichgesinnten bzw. -veranlagten befinde. Ich erinnere mich an Redaktionskonferenzen bei der Titanic, in denen ich mit Stephan Rürup und Michael Ziegelwagner minutenlang um die Wette kalauerte. Wir schaukelten einander regelrecht hoch; es war ein Wortspiel-Schlagabtausch, der für Außenstehende nach einer Weile unerträglich gewesen sein muss. 

Säße ich nun als Staatssekretär oder was in einer Talkrunde, könnte ich mich wahrscheinlich nicht beherrschen und würde in einer Tour beliebige Phrasen der Mitdiskutierenden abwandeln, verfälschen, schütteln, parodieren, verzerren. Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, auf allzu eselige Fragen der Moderatorinnen oder von Interviewern allgemein ironisch bis sarkastisch, wenn nicht gar giftig reagieren. Nun mag man als gewandter Rhetoriker, der auch mal Paroli gibt, noch irgendwie durchkommen, ja sogar "Kultstatus" genießen als jemand, der sich nicht vor den Karren des medialen Nullsprech spannen lässt. Ich fürchtete allerdings, dass es in meinem Fall nicht bei verbalen Possen bleiben würde. Früher oder später ließe ich mich zu etwas hinreißen, aufgrund dessen die Presse und die Allgemeinheit mich für unzurechnungsfähig erklären würde: Vielleicht schnitte ich eine Grimasse, plusterte die Backen auf, machte den Daumen-verschiebe-Trick, kullerte mich auf dem Boden, vollführte einen "Ägyptertanz", ahmte Vögel nach oder fabrizierte sonstige nichtmenschliche Laute. In einem unpassenden Moment selbstverständlich. Na ja, das Volk wäre wenigstens anständig unterhalten. Also, ich würde mich wählen! "Mut zur Albernheit", das läse ich gerne als Wahlkampfmotto.

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