Dienstag, 31. Dezember 2019

Fliegender Wechsel

Den Jahreswechsel 2019/2020 möchte ich, zumindest hier im Blog, komplett ignorieren. Zu den anstehenden Zwanzigern (die ganz sicher nicht golden werden) wurde allerorten schon genug geschrieben; dem vergangenen Jahrzehnt würdige ich keine einzige Zeile mehr; und über Gedenktage, Jubiläen, Sonnen- und Mondfinsternisse sowie die Natur des Jahres 2020 mag sich der geneigte Leser, die geneigte Leserin selbstständig informieren (über Letzteres hier).

Daher in aller Knäppe nur noch dies: Fröhliches Rübergleiten & möglichst viel Gesundheit, Spaß und Glück für die kommenden 366 (!) Tage. Stay tuned!

Sonntag, 29. Dezember 2019

Die Korrekturen

Aus der Reihe "Was sind das eigentlich für Menschen?":
Was sind das eigentlich für Menschen, die in aus der Bibliothek entliehenen Büchern mit dem Bleistift (tatsächliche oder vermeintliche) Fehler berichtigen?



Was soll das? Zumal die obige "Verbesserung" nicht unbedingt gerechtfertigt ist, wenn man die "Oberschule in der Stadt" als feste Phrase begreift; man würde ja auch nicht den Satz "Wir fahren zum Wirtshaus im Spessart" zu "Wir fahren zum Wirtshaus in den Spessart" korrigieren.
Wenigstens sind die Eingriffe dezent und ausradierbar vorgenommen worden. In Universitätsbibliotheken stößt man nicht selten auf Werke, in denen jeder zweite Satz farbig markiert ist und Kugelschreiber- oder Filzstift-Anmerkungen am Rand stehen. Für Menschen, die sich derart in fremdem Eigentum austoben, ist hoffentlich ein besonders heißer Platz in der Hölle reserviert.

Mittwoch, 25. Dezember 2019

Düsburch

Neulich habe ich mich weit in den Westen vorgewagt und den zukünftigen Endpunkt der sog. Neuen Seidenstraße, Duisburg, erkundet. Ich hatte mir im Vorfeld drei Highlights ausgesucht, die ich mir anschauen wollte, weil ich befürchtete, dass es nicht viel bringt, sich einfach so treiben zu lassen, denn seien wir ehrlich: Duisburg steht nicht gerade im Ruf, ein Cornucopia altehrwürdiger Sehenswürdigkeiten zu sein, in das man sich als Tourist blindlings und frohgemut stürzen kann. (Beim Straßenbahnfahren entdeckt man dann allerdings doch das ein oder andere Kleinod, etwa die erhabene neoromanische Kirche St. Bonifatius oder das recht prachtvolle Rathaus.)


Auf eine erste Nervenprobe wird man am Hauptbahnhof gestellt, denn dieser ist deutlich zu groß geraten. Um von Gleis 1 bis zum Vorplatz zu kommen, hat man gut und gerne 500 überflüssige Meter in einer Wandelhalle zu durchqueren, und draußen sind die Haltestellen des ÖPNV immer noch kaum in Sichtweite. Sei's drum!

Mein erstes Ziel war die begehbare Achterbahn "Tiger & Turtle – Magic Mountain", ein 2011 errichtetes Stahlgebilde mit 220 Metern Gesamtlänge, das auf einer stillgelegten Halde thront. Von oben hat man einen tollen Ausblick.


Ein feiner Spaß für Groß und Klein, der nachts in weißes Licht getaucht wird. Einziger Kritikpunkt: der Weg dorthin. Die kürzeste (inoffizielle?) Strecke führt über einen steilen Abhang voller rutschiger, scharfer, teils lockerer Felsbrocken. Der reguläre Anfahrtsweg schlängelt sich über 800 Meter um den Berg herum; diesen bin ich natürlich nicht gegangen, denn mir blieben nur knapp 20 Minuten Zeit für dieses Abenteuer. Die Loopings sind verständlicherweise nicht begehbar, was nicht schlimm ist, denn wer von uns kann schon an der Decke gehen?



Nachdem ich das Konstrukt von beiden Seiten abgelaufen war, hastete ich zur Straßenbahnhaltestelle zurück und steuerte die Station Ruhrort an. Dort befindet sich das Museum für Binnenschifffahrt, in dem man alles über Europas größten Binnenhafen und deutsche Flüsse im Allgemeinen erfährt.


Das Museum befindet sich in einer ehemaligen Schwimmhalle. Der Ausstellungsbereich wurde clever in den nicht mehr genutzten Funktionsbau, auch in die leeren Becken integriert.


Neben allerlei Infotafeln, nautischem Gerät, zeitgenössischer Fotografie und Malerei sowie historischen Dokumenten beherbergt das Museum eine Sammlung von Postkarten mit maritimen Motiven.




Am Donnerstag ist übrigens immer Zahle-was-du-willst-Tag; regulär kostet der Eintritt 4,50 Euro. Nach circa zwei Stunden musste ich mich etwas sputen mit meinem Rundgang, denn es galt, den dritten und letzten Programmpunkt abzuarbeiten: den kürzlich in einer "Spiegel online"-Strecke empfohlenen veganen Weihnachtsmarkt "Zimt & Zauber".


Auf einem Areal überschaubarer Größe wird veganes Sushi, Gebäck ("nach Omas Rezept"), Glühwein und manches mehr angeboten, das mir aber alles nicht zusagte, so dass ich dem nahegelegenen, auf einer langen Einkaufszeile aufgebauten Hauptweihnachtsmarkt einen Besuch abstattete. Dort verzehrte ich einen Krug heißen Met und ein leckeres, sättigendes Teilchen namens "Vanille-Mufti". Die Straße führte dann direkt zum Bahnhof zurück.

Fazit: Man sollte seine Vorurteile über die Rhein-Ruhr-Metropole Duisburg für einen Moment vergessen und ihr eine Chance geben. Abgesehen von den offenbar regelmäßigen Tram-Ausfällen gab es keine Ärgernisse zu verzeichnen. Angst zu haben braucht man nicht. Neu war mir übrigens, dass König Pilsener aus Duisburg kommt.




Sonntag, 22. Dezember 2019

Wo Vanille ist, ist auch ein Weg

Ich blätterte durch die aktuelle Zeit und las, mehr oder weniger aus dem Augenwinkel heraus, diese Überschrift:


"Die Königin der Gewürze". Noch bevor ich erfasst hatte, worum es ging, dachte mein Gehirn: 'Ah, Vanille!' Dabei war mir weder klar, dass Vanille diesen Ehrentitel trägt, noch war ich jemals einer leibhaftigen Vanillepflanze begegnet. Trotzdem kann man Vanille mühelos und blitzartig identifizieren, gerade als moderner Konsument hat man die charakteristischen gelben Blüten schon auf unzähligen Lebensmittelverpackungen gesehen. Hat man eine Packung Speiseeis vor sich und auf dem Deckel überwiegen Weiß- und Gelbtöne, steht fest: Das ist Vanilleeis.
In den letzten Jahren hat Vanille, zumindest meinem Gefühl nach, eine Aufwertung erfahren. Besonders das Label "echte Bourbon-Vanille" verheißt etwas Edles, Exquisites und rechtfertigt mutige Bepreisungen. Dabei fand ich schon immer, dass Vanille die langweiligste Eissorte ist. Niemals würde ich mir am Eisstand eine Kugel Vanille geben lassen. Nicht umsonst ist vanilla in Bezug auf Computer-/Videospiele und sonstige Software ein Synonym für "Standard", "unmodifiziert" oder "default". (Dieses Jahr fand bereits der 11. "Vanilla Level Design Contest" statt, bei dem "Super Mario World"-Hacks mit der Vorgabe erstellt werden, ausschließlich das unveränderte Quellmaterial des Originalspiels zu verwenden und auf custom sprites etc. zu verzichten.)
Nichtsdestotrotz bin ich grundsätzlich kein Verächter des aromatischen Orchideengewächses. Stets habe ich daheim eine Schote Vanille in einem verpfropften Reagenzglas vorrätig. Dennoch ist und bleibt für mich Kreuzkümmel der König der Gewürze.

PS: Menschen, die "Wanillje" sagen – was stimmt nicht mit ihnen?

Freitag, 20. Dezember 2019

Olive and Let Die

Mit Oliven, möchte man meinen, kann man eigentlich nichts falsch machen. Ich zumindest greife mit Kusshand zu, wenn mir Häppchen auf Olivenbasis angeboten werden. (Zugegeben: erst seit ungefähr Anfang meiner Zwanziger; es ist ein acquired taste.) Doch weit gefehlt: Die mir bisher unbekannte Firma Mani Bläuel hat mit ihrer grünen Olivenpaste einen Brotaufstrich kreiert, der allenfalls Hardcore-Sarkastiker ansprechen dürfte, denn er ist extrem bitter. Dabei fördert ein Blick auf die Zutatenliste des veganen Bioprodukts aus Griechenland nichts Verdächtiges zutage: 88,8 % grüne Oliven, 8,5 % natives Olivenöl, daneben Knoblauch, Basilikum, Oregano, Meersalz sowie Milchsäure. Ist Letzteres der Übeltäter?
Wo es die Paste zu kaufen gibt und was sie kostet, weiß ich nicht, denn es war ein Geschenk. Einen geschenkten Gaul stopft man sich ins Maul, will sagen: Tapfer werde ich diesen Aufstrich weiter konsumieren, bis das Glas leer ist, was es auch beinahe ist, auch wenn es auf dem Foto nicht so ausschaut.

2/10 Punkten, sorry

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Baby, it's celt outside

Möglicherweise werde ich auf meine alten Tage doch noch zum Weihnachtsfan. Zumindest kann ich gewissen musikalischen Subgenres mehr abgewinnen als früher. Weihnachtslieder, so meine bisherige Devise, kommen mir (bis auf eine traditionelle Ausnahme) weder ins Haus noch ins Ohr, doch bereits 2018 erfreute ich mich an diversen Playlists mit den Labels Irish und Celtic, und so auch heuer. "An Irish Christmas" von The Irish Rovers beispielsweise ist ein Gute-Laune-Album, das so richtig fetzig-stimmungsvollen holiday spirit durch die Stube sausen lässt. Fiedel, Flöte und Rahmentrommel vermögen selbst ausgelutschteste Festtagsweisen aufzuwerten, und wenn gar in irischer Sprache gesungen wird, herrscht pure Magie. Schottland gibt auch einiges her.
Now playing: "Merry Irish Christmas" von den Greenhorns.

Dienstag, 17. Dezember 2019

Die Probe(n)zeit ist vorbei

Anfang und Mitte der Nullerjahre war es ein regelrechtes Hobby in meinem Freundeskreis, sich über das Internet Produktproben zu bestellen. Es gab mehrere Webseiten mit nichts als Links zu aktuellen Aktionen, bei denen Gratismuster von Süßwaren, Kosmetik, Tabak oder auch Kalender, individuell bedruckte Tassen und manche Dinge mehr abgestaubt werden konnten.
Vor einigen Wochen musste ich an diese himmlische Ära zurückdenken und ergoogelte, dass noch immer solche Seiten existieren, auch wenn sich die meisten von denen auf Coupons und Gewinnspiele spezialisiert haben. Anfallartig nahm ich an Dutzenden von Verlosungen teil und bestellte natürlich auch sämtliche Gratispröbchen, die die letzte Handvoll Firmen unters Volk zu bringen versprach.
Die Ausbeute war mehr als mager: zwei Beutel neuseeländischen Tees, zwei Milliliter Sprühlotion gegen trockene Haut und endloser Spam an meine bei den ganzen Aktionen hinterlegte Email-Adresse.


Montag, 16. Dezember 2019

Gunther? Jämmerlich!

Eine ärgerliche Konstante in meinem Leben ist die Existenz Gunther Emmerlichs. Haha, guter Satz!
Erklärung für alle, die damit gesegnet sind, mit diesem Namen nichts anfangen zu können: Gunther Emmerlich ist ein Opernsänger und Showmaster, der sich in der DDR größter Bekannt- und Beliebtheit erfreute und auch seit der Wiedervereinigung aus dem Fernsehprogramm, vorrangig dem ostdeutschen, nicht wegzudenken ist. In meinen frühesten TV-Erinnerungen taucht dieser Nikolaus mit seiner markanten Bassstimme auf, unter anderem moderierte er eine Sendung namens "Showkolade" (zugegeben: Tipptopp-Titel!). Gefühlt war er schon immer alt, gleichzeitig wird er aber auch nicht älter; er ist eine Art Mario Adorf mit mehr Leibesfülle. Meine Antipathie speist sich gar nicht aus persönlichen Vorbehalten (ich weiß ja kaum was über den Mann), sondern hat sich über die Jahrzehnte hinweg wegen seiner schieren Allgegenwärtigkeit entwickelt. Sein feistes Grinsen, sein dröhnendes Organ und seine Märchenonkelhaftigkeit lösten bei mir irgendwann nur noch Genervtheitsschübe aus.
Und nicht nur mir ging/geht es so! Ein Schulkamerad hatte sogar noch mehr Verachtung für ihn übrig. Einmal gingen wir an einem Haltestellenhäuschen-Werbeplakat vorbei, von dem das überdimensionierte Gesicht Emmerlichs illuminiert in die Nacht herausschaute. Mein Freund blieb stehen und rief wütend: "Wieso hat dieser Opa bessere Haut als ich? Ich hasse ihn!"
Gestern zappte ich durchs Fernseh, und wer erschien – raumfüllend und ungealtert – im MDR oder RBB? Gunther Emmerlich! Später blätterte ich in einer Fernsehzeitung: Das diesjährige öffentlich-rechtliche Festtagsprogramm hält der 75-Jährige abermals fest in seinen Pranken. Gott erbarm'!

Sonntag, 15. Dezember 2019

Verklemmt

Ich kann mich nur wiederholen: Manche Dinge muss man auf die harte Tour lernen. Dadurch, dass mir seit meiner Geburt mit zuverlässiger Regelmäßigkeit kleine und große Missgeschicke widerfahren, habe ich bereits sehr viel gelernt. Heute musste ich an ein Missgeschick denken, das mir vermutlich nie wieder passieren wird. Und euch hoffentlich ebenfalls nicht, denn zur Chaos-Vermeidung soll dieser Beitrag (auch) dienen.
Als ich ungefähr Anfang 20 war, fuhr ich wie schon unzählige Male zuvor mit einem öffentlichen Verkehrsmittel und hatte einen Rucksack dabei. Diesen stellte ich auf den Sitz neben mir, nachdem ich Platz genommen hatte. Als ich aussteigen wollte, griff ich nonchalant nach diesem meinen Gepäckstück – und blieb hängen. Also nicht ich blieb hängen, aber der Rucksack selbst, denn einer seiner Gurte hatte sich in der Spalte zwischen den Sitzen verfangen; er war seitlich hindurchgependelt, und indem ich ihn nach oben gezogen hatte, war das dicke Ende hineingequetscht worden und klemmte nun dort. Die Kiste war so verfahren, dass ich an meinem angepeilten Stopp nicht aussteigen konnte! Erst beim Erreichen der nächsten Haltestelle hatte ich den Rucksack unter panischster Rödelei aus seiner Misere befreit, wobei ich mich garantiert zum Gespött der Mitfahrenden gemacht hatte.
Und seitdem stelle ich meinen Rucksack und andere Taschen stets so ab, dass kein herumbaumelndes Teil sich irgendwo verhaken kann.

Donnerstag, 12. Dezember 2019

Sonntag, 8. Dezember 2019

Die besten Weblogs

Heute: Bahnsozialstudie.de. Erlebnisse mit der Deutschen Bahn, aber keine Angst: Es geht nicht ausschließlich um nervige Passagiere, Störungen im Betriebsablauf und crazy Durchsagen! Neugierigen Vielfahrern wie mir beschert die (unregelmäßig befüllte) Seite den einen oder anderen Aha-Moment. Die Einträge drehen sich um wenig bekannte Zugtypen, Streckentipps, außergewöhnliche Verbindungen und manches mehr.

Samstag, 7. Dezember 2019

Die G(ewissens)-Frage

Hihi. Vor einer Woche befasste ich mich hier mit der "Guten Frage" des SZ-Magazins, und in der gestrigen Ausgabe stammt ebenjene Frage von jemandem, der so heißt wie ich.


Ich kann allerdings versichern, dass ich weder in Kassel wohne noch dass mir das Geschilderte widerfahren ist.

Freitag, 6. Dezember 2019

Es ist wieder da

Ich habe die Lektüre neuerer Stephen-King-Bücher nach der "Mr.-Mercedes"-Trilogie etwas vernachlässigt. "Doctor Sleep" interessiert mich nicht (bestimmt sehe ich mir irgendwann den Film an); "The Outsider" wird es eh bald als HBO-Serie geben; "Revival" soll nicht sooo doll sein; "Das Institut" muss warten. Immerhin habe ich mir nun die kompakte Novelle "Elevation" (dt.: "Erhebung") vorgenommen, die mir eine Variante von "Thinner" mit zeitgemäßem social commentary zu sein scheint. Witzig ist, dass auch hier, wie bei "Mr. Mercedes", ein Teil des King-Universums sozusagen auf einer zweiten Ebene referiert wird: Anlässlich des Halloween-Abends, heißt es, benennt sich eine örtliche Garagenband namens "Big Top" in "Pennywise and the Clowns" um.
Man muss dazu erwähnen, dass "Elevation" in der King-Stadt schlechthin spielt, nämlich in Castle Rock, im selben Staat, wo Pennywise einst sein Unwesen trieb. Möglicherweise ist das Alter ego der uralten Schreckenskreatur aus "Es" auch außerhalb des "Clubs der Verlierer" namentlich bekannt geworden und taugt mittlerweile als Popkultur-Subjekt.

Dienstag, 3. Dezember 2019

Kurz notiert: Nasendieb

Herakles hatte den Beinamen "Nasenabschneider" (Rhinokolustes), weil er den Herolden des Königs von Orchomenos als Strafe für eine Respektlosigkeit die Nasen abschneiden ließ. Typisch: Da lässt man sich einmal zu einer etwas unwirschen Reaktion hinreißen, schon haftet einem das für den Rest des Lebens an! 
Fairerweise muss erwähnt werden, dass Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (Band VIII,1) nicht weniger als 75 (!) Beinamen des Herakles aufzählt, darunter "Keulenträger" und "Stierfresser". Eine lange wissenschaftliche Arbeit ließe sich darüber schreiben. Apropos Arbeit: Mit Verweis auf eine der heroischen Arbeiten des Herakles würde ich dem alten Thebener heute den Spitznamen "Stallausmister Bombastic" verleihen, aber mich fragt ja keiner.

Montag, 2. Dezember 2019

Only Jails and Horses

An meiner Schule gab es einmal einen Wettbewerb im Fach Englisch, an den ich mich kaum erinnern kann, von dem mir aber eine Sache im Gedächtnis hängen geblieben ist. Die Teilnehmenden hatten im Vorfeld Angaben zum gegenwärtigen Kenntnisstand und zur "Sprachsicherheit" o.ä. zu machen. Ich konnte einsehen, was meine Mitschüler/-innen da so eintrugen (Datenschutz gab es damals noch nicht), und war überrascht, dass viele ihr Englisch-Niveau als "verhandlungssicher" oder gar als "auf Muttersprachlevel" bewerteten. Ich wäre damals nie auf die Idee gekommen, mich besser als durchschnittlich einzuschätzen, auch wenn ich meine besten Zeugnisnoten oft in Englisch holte. Selbst heute – nach Auslandsaufenthalt, permanentem Originalsprachen-Medienkonsum und (abgebrochenem) Amerikanistikstudium – würde ich mir keineswegs die höchstmögliche Kompetenzstufe zuschreiben. Denn beherrschte ich Englisch wie ein native speaker, würde ich nicht ständig über neue Wendungen und Vokabeln stolpern.

In der letzten Episode von "Family Guy" waren gleich zwei sprachliche tidbits zu entdecken:
1. der ulkige Ausdruck charley horse für einen Muskelkrampf, speziell in den Beinen, erstmals 1886 belegt und mit wohl nicht mehr zu klärender Herkunft ("not so common today as it once was"; "The Straight Dope");
2. der Unterschied zwischen jail und prison, die ich bis dahin synonym verwendet hätte. Die Seite englisch-hilfen.de vermerkt dazu: "jail. Gefängnis im Sinne von Untersuchungshaft oder einer Strafdauer die nicht länger als 1 Jahr dauert. In den USA sind sie oft unter Aufsicht der Stadt oder des Bezirks. In Großbritannien wird dieser Begriff auch als Synonym für prison benutzt" (obwohl a.a.O. zugleich behauptet wird, im Britischen Englisch nutze man ausschließlich das letztere Wort). Und zu prison: "Gefängnis, nachdem ein Straftäter verurteilt wurde. In den USA sind sie dem Bundesstaat oder der Bundesregierung unterstellt." Auf gutefrage.net ist zu erfahren: "'Prisons' sind eher staatliche Gefängnisse und 'Jails' werden von lokalen Regierungen geführt. Man könnte also unabhängig von der Größe auch sagen, dass in Jails die Kleinganoven und in Prisons die großen Gangster/Kriminellen kommen." Noch prägnanter hinative.com: "Jails and Prisons are both for holding criminals, but Prisons are for long term holdings. Prisons are usually 'worse' than jails, but you use them the same way in a sentence." So kommt es ja auch in der besagten "Family Guy"-Folge rüber.

Sonntag, 1. Dezember 2019

Die Rückkehr der MP3-Spieler

Nennt mich altmodisch, aber ich bin kein Freund von Musikstreaming, zumindest beim Unterwegssein in diesem Lande. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Reisende, die allein Spotify & Co. vertrauen, glücklich damit sind. Ich habe es weiß Gott oft genug probiert (mit dem grässlichen "Amazon Music"), und meine Erfahrung ist: In Zügen der Deutschen Bahn ist das Wlan, wenn überhaupt vorhanden, so langsam wie das mobile Netz in den meisten Gebieten außerhalb von Großstädten. Das Resultat: Kontinuierlicher, lagfreier Hörgenuss ist schlechterdings unmöglich. Was für Narren, die sich für teuer Geld 10 oder mehr Gigabyte Datenvolumen pro Monat buchen!

Gerade bei Podcasts bevorzuge ich die gute alte MP3, so wie ich auch noch lokale Kopien meiner Lieblingsmusik auf der Festplatte habe. Und jetzt kommt's: Um den Nostalgietrip in die Nullerjahre komplett zu machen, erinnerte ich mich vor meiner letzten Wanderung daran, dass ich noch zwei MP3-Player besitze, nämlich einen "Walkman" von Sony sowie den SanDisk "Sansa Clip". Beide hatten irgendwann irgendwie den Geist aufgegeben (ich konnte die Firmware nicht updaten oder so), doch dann lud ich sie vollständig auf und testete sie, und siehe, sie funktionieren wieder bzw. noch! Da diese federleichten Geräte eine ungleich längere Akkulaufzeit als jedes Smartphone haben, nutzte ich den "Sansa Clip" – conveniently an die Jacke geclippt – zum stundenlangen Konsum diverser Audiofeatures, die ich zuvor heruntergeladen und überspielt hatte. Hätte ich, bei fast durchgängigem "Edge", auf (obendrein den Handy-Akku beanspruchendes) Streaming gesetzt, ich hätte mich nur geärgert.