Sonntag, 30. Juni 2013

Der gute Sonntagslink

Let's solve a 31 year old unsolved treasure hunt @ Something Awful Forum.

Cliffnotes:
- 1982 veröffentlicht der Autor Byron Preiss das Buch "The Secret - A Treasure Hunt"
- die Rätsel darin führen zu 12 Orten in Amerika, an denen Schlüssel für 12 Bankschließfächer vergraben sind. In den Schließfächern: Edelsteine
- der Autor (= alleiniger Kenner aller Locations) stirbt 2005; wenig später geht der Verlag pleite und versteigert den Inhalt der Schließfächer
- ABER: 10 der 12 Rätsel sind bis heute ungelöst. Die Behälter, in denen sich die Schlüssel befinden, sind inzwischen gut 1200 $ pro Stück wert
- SA community nimmt die Suche wieder auf, awesomeness ensues

Freitag, 28. Juni 2013

Humorperlen aus dem Abreißkalender (2)


Zwei Interpretationen sind möglich:
1) Das Kind hat aus purem Sadismus seine (noch lebende? zuvor ermordete?) Katze an einen Stock gebunden, um seinen Hund (oder den eines unliebsamen Nachbarn?) zu ärgern.
2) Es ist Martinstag, wofür sowohl die winterliche Kleidung als auch die zeitliche Nähe des Kalenderblatts spricht. Das Kind nimmt also lediglich an einem Lampionumzug teil, wie es am 11.11. so üblich ist. Der Hund hält nun den katzenförmigen Lampion für ein echtes Tier und bellt diesen naturgemäß an. 
Ich tendiere stark zu Möglichkeit 2. Ist ja viel lustiger.

Mittwoch, 26. Juni 2013

26 obskurere Kreuzworträtsel-Lösungen

  • Flaches Segelschiff: Huker
  • Pflugmesser: Sech
  • Heidekrautgewächs: Porst
  • Spindel: Kunkel
  • Wollfett: Lanolin
  • lederne Randverstärkung: Keder
  • Trinkwasserfass: Lieger
  • Querbeil: Dexel
  • Pfefferstrauch: Awa
  • Schiffstau: Pardun
  • Flachsabfall: Werg
  • Grotte: Balme
  • Desaster: Unstern
  • grobe Sande: Grite
  • behelfsmäßiges Nachtquartier: Penne
  • Waschraum der Bergleute: Kaue
  • versenktes Schiffsgut: Lagan
  • Faser für Papier: Alfa
  • ein Holzschuh: Sabot
  • kleine Reise, Ausflug: Partie
  • ungarischer Schaffellmantel: Bunda
  • Werkzeug: Beigel
  • Wildragout: Civet
  • Segeljacht: Slup
  • zweiter Heuschnitt: Grummet
  • krautige Wildpflanze: Günsel

Dienstag, 25. Juni 2013

Humorperlen aus dem Abreißkalender (1)

Was ist hier los? Wir sehen drei Menschen am Kaffeetisch. Die zwei rechten scheinen Gäste des linken zu sein. Der Gastgeber sagt: "Das ist wirklich schade, dass ihr schon nach Hause müsst, aber da kann man wohl nichts machen." Der Witz dabei ist: Der Mann meint das gar nicht so! Der findet das Aufbrechen der beiden gar nicht so schade. Vielmehr will er sie loswerden – womöglich hat er ihnen sogar eingeredet, dass sie "nach Hause müssen". Es kann natürlich auch sein, dass die Gäste sehr wohl aus den Fängen des Gastgebers verschwinden wollen, aber so tun, als fänden sie es ungemein bedauerlich, dass das Zuhause ruft. Das Ende der Besuchszeit wird also von beiden Parteien begrüßt, doch tauscht man noch ein paar Höflichkeiten aus, um den Schein zu wahren, hahahahaha!!!

Montag, 24. Juni 2013

Dinge, die ich viel zu spät erfahren habe

Ich wusste ewig nicht, was zum Geier es bedeutet, ein Kleidungsstück "auf links zu ziehen". Die einleuchtende englische Entsprechung "to turn something inside out" war mir bekannt, aber ich bin nie darauf gekommen, dies mit "auf links ziehen" zu übersetzen. Wieso links? Wieso? Warum?

Erst mit circa 20 habe ich gelernt, wie man eine Chipstüte ohne Zuhilfenahme von Werkzeugen öffnet, nämlich indem man die Falz ganz einfach auseinander zieht. Allerdings: 350 YouTube-Suchergebnisse für "how to open a bag of chips" sprechen für sich.

An der Uni hatte ich Spanisch bei einer ziemlich hübschen Spanierin. Einmal schickte ich ihr eine Mail mit Fragen zu einem Referat, das ich halten sollte. Sie antwortete mir und verabschiedete sich mit "besos y abrazos" ("Küsse und Umarmungen"). Das hat mich derart eingeschüchtert, dass ich nie wieder zu dem Kurs gegangen bin. Später hab ich dann erfahren, dass das in Spanien eine ganz normale Grußfloskel ist.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Anagrammgedicht

Es ist spät, es ist heiß, und ich glaube, ich bin euch einen Blogeintrag schuldig, people!

Sommergewitter

Strom wiegt Meer,
irre Woge stemmt --
Teer wimmert: "Sog!"
Wem sorgt Mieter,
wem sorgt Eremit?
Gemse, Motte: wirr
Weser: Tote, grimm
Worms: rege Mitte
Meter, weg ist Rom!
Rette, wer im Smog!
... Meer siegt (WM-Tor)
"Meer? Wem, Sir?" – "Gott."

Mittwoch, 19. Juni 2013

Schlafanzüge & Bademäntel

Es gab eine Zeit, da ich keine Schlafanzüge zum Schlafen trug. Anlass für diese Entscheidung waren folgende Worte aus der Feder Max Goldts gewesen: "Richtige Pyjamas tragen schließlich heute nur noch so komische Neokonservative mit neo nach hinten geschmierten Haaren, Absolventen der Axel-Springer-Schule oder diese jungschen Dandy-Wannabes mit Preußenfimmel etwa." Ob dies die tatsächliche Meinung des Autors ist, bleibt unklar, denn er legte den Satz einer fiktiven Person in den Mund, aber ich wette, dass Kai Diekmann immer im Pyjama schläft, und deswegen begnügte ich mich vorübergehend mit Shirt und Shorts. Dem Spiegel war zu entnehmen, dass sogar 2% aller deutschen Männer im Nachthemd schlafen. Interessant wäre zu erfahren, wie viele noch die gute alte Schlafmütze tragen.
Es bietet sich an, dieser kurzen Schlafanzug-Passage ein paar Worte zu Bademänteln folgen zu lassen. Viel fällt mir dazu leider nicht ein. Der Komiker Jim Gaffigan sagt, wenn man einen Bademantel anhat, fühlt man sich, als sei man krank, habe gerade einen Porno gedreht oder sei aus der Klapse ausgebrochen. Ich persönlich habe einen Stoffbademantel. Es gibt freilich auch welche aus Seide, aber die sind nur für Japaner und Gecken. Wer einen Seidenbademantel trägt, raucht auch Pfeife. Bestimmt darf man auch nach einer Thai-Massage einen solchen anziehen. Als ich einmal in Bangkok war, wurde ich an der Hotelrezeption gefragt: "Are you interested in Thai boxing?" – "Err, no", antwortete ich. – "Interested in Thai massage?". Darauf ich, mit runtergezogenen Augenbrauen: "NO!" Ich dachte nämlich, Thai-Massagen beinhielten stets "Sonderprogramme" mit "Happy ending" und wären nur was für "spezielle" Touristen.  
Mit dem Bademantel verwandt ist der Kittel. Es gibt z.B. Hausmeisterkittel, Lehrerkittel (ja, wirklich, in unserer Schule haben manche Lehrer in weißem Kittel Mathe unterrichtet!) und Arztkittel. Mir (und bestimmt nicht nur mir) ist aufgefallen, dass Krankenhausmitarbeiter in amerikanischen Filmen oder Serien ihre Dienstkleidung immer schon zu Hause anziehen und dann munter durch sämtliche Stationen und Operationssäle marschieren. Was für Zustände! Aus meiner Zivildienstzeit weiß ich, dass man immer, wenn man einen OP-Trakt betritt, frische (!) grüne Sachen (+ Haube, Mundschutz und Schuhe) anziehen muss. Und wenn man rausgeht, schmeißt man alles in einen Sack. An manchen Tagen musste ich mich zehn Mal umziehen! Einmal war ein Handwerker da, der nicht wusste, wie man die OP-Hose richtig zubindet. Als er, seiner Repariertätigkeit nachgehend, auf dem Boden kniete, rutschte die Hose runter, worauf ich einen der heftigsten Lachanfälle meines Lebens bekam. 
Patienten tragen allerdings keine Bademäntel (ha, wie ich hier einen thematischen Bogen spanne!), sondern hauchdünne Umhänge, die hinten offen sind. :(

Dienstag, 18. Juni 2013

Betr.: Kartoffeln, Kinder, Werbewörter, Straßennamen

Veronica Ferres, Tochter eines Kartoffelhändlers, wurde Anfang 2002 im Mobil-Magazin der Deutschen Bahn gefragt, woran man eine gute Kartoffel erkenne. Ihre Antwort: "An der Farbe, an der Schale und am Fruchtfleisch."

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An einer wenig befahrenen Straße mit Zebrastreifen steht eine Gruppe in signalgelbe Westen gekleideter Kindergartenkinder. Kindergärtnerin 1 nimmt sich einen der Schützlinge zur Hand, schaut mit ihm gemeinsam nach links, nach rechts und nochmals nach links, erklärt ihm äußerst einfühlsam und detailreich den Straßenüberquerungsvorgang und entlässt ihn schließlich auf die andere Seite, wo sich bereits Kindergärtnerin 2 positioniert hat. Inzwischen schickt Kindergärtnerin 3, die Nachhut bildend, das nächste Kind zu Kollegin 1, worauf sich die Prozedur wiederholt; nach 2 bis 3 Stunden dürfte die gesamte Gruppe auf der anderen Straßenseite angekommen sein.
Nun bin ich der Letzte, der sich gegen fürsorgliche Kinderbetreuung ausspräche, aber: Wird sich so ein Zuviel an Achtsamkeit nicht spätestens im Berufsleben zum gnadenlosen Bumerang auswachsen?  

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Schönes neues Wort aus der schönen neuen Warenwelt: die Iglo Dampf-Pyramide

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Ich habe schon mehrmals, nämlich mindestens drei Mal, Wohnungsanzeigen gelesen, in denen der oder die Wohnungsanbietende den betreffenden Straßennamen nicht richtig schreiben konnte. Also etwa "Schiller Straße" statt "Schillerstraße". Wie ignorant (und das meine ich im Sinne von "nicht wissen wollend") muss man eigentlich sein, um die korrekte Schreibung seiner eigenen Adresse nicht zu kennen? Das eigene Geburtsdatum nicht zu wissen wäre nur minimal verwerflicher. 

Montag, 17. Juni 2013

Die Alten und die sehr Alten

Nachdem letzte Woche der japanische Altersrekordler Jiroemon Kimura gestorben ist, gibt es nur noch zwei lebende Menschen – beides Frauen –, die im 19. Jahrhundert geboren sind: Misao Okawa (* 5.3.1898) und Jeralean Talley (* 23.5.1899). Das muss hier einfach mal festgehalten werden. [UPDATE Juni 2015: Stimmt nicht; jetzt sind es wieder drei, und das, obwohl Frau Okawa inzwischen tot ist.]
Festhaltenswert ist auch die Liste der 100+-jährigen Menschen im Showbusiness1. Hoffen wir, dass es Christopher Lee in diese Liste schaffen wird. [UPDATE Juni 2015: Schade.] Lee kann für jedes Jahr seit 1948 einen Filmcredit vorweisen! (Nun, es stimmt nicht ganz: 2006 hatte er lediglich eine Sprecherrolle in einem Herr-der-Ringe-Videospiel, und 1997 hat er "nur" in vier TV-Serien mitgespielt.) Einer der interessantesten Fakten über Christopher Lee dürfte sein, dass sich dieser 1939 unter den Anwesenden bei der letzten öffentlichen Guillotinierung in Frankreich befand. 
Ebenfalls erstaunlich: Erst 2008 starb die letzte Witwe eines amerikanischen Bürgerkriegsveteranen. (Es war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wegen der lukrativen Rentenansprüche nicht ungewöhnlich, dass sich sehr junge Frauen sehr alte Veteranen als Ehepartner schnappten.) 
Und: John Tyler, der 10. (!) US-Präsident hat zwei heute noch lebende Enkelkinder.

Glücklicherweise ist die Lebenserwartung derzeit auf einem hohen Niveau, so dass uns weiterhin viele faszinierende Greisinnen und Senioren erhalten bleiben werden. 

1 related: Liste der noch lebenden Stummfilmstars
related Post: Goethe und wir

Donnerstag, 13. Juni 2013

Einfach "gut"

Neulich musste ich an ein altes Werbelied für bzw. von McDonald's denken. Ja ja, ich denke an so einiges, wenn der Tag lang ist. Jedenfalls lässt sich der Spot bei YouTube finden, und das Lied beginnt so:

"Stell dir mal vor, da ist ein Platz, du weißt schon wo"

Wow, das dürfte wohl die unmotivierteste Ermunterung zum Fantasieren sein, die je ausgesprochen wurde. "Ein Platz, du weißt schon wo" – Man stelle sich einen Hypnotiseur vor, der seinem Patienten flüstert: "Versetzen Sie sich zurück an diesen Tag, als, Sie wissen schon, an diesen Ort, wo Sie und so weiter und so fort, strengen Sie sich halt ein bisschen an, mein Gott!" Aber weiter:

"Da schenkt man dir ein Lächeln und so"

Abgesehen davon, dass das schon wieder eine reichlich beliebige Zeile ist: Was ist so toll an einem Platz, wo man mir ein Lächeln schenkt? Es gibt auch falsches, zynisches, sadistisches Lächeln. Wer mag erkennen, wann ein Lächeln von Herzen kommt? Aber egal, der hier besungene "Platz" scheint ja ein ganz magischer zu sein. Gleich erfahren wir, wie er heißt:

"Einfach gut, bei McDonald's ist es einfach gut"

Gut. Ein so simples, ja primitives wie mächtiges Wort. "Einfach gut", da bedarf es keiner weiteren Erklärung, McDonald's ist nicht "super" wie Aral oder zusätzlich noch "quadratisch" und "praktisch" wie Ritter-Sport, nein, "bei McDonald's ist es einfach gut", eine glatte Zwei, setzen.

"Denn McDonald's hat die Art, die ich mag"

Das ist jetzt wirklich sehr rätselhaft. "Du hast die Art, die ich mag" ist unter den Sympathiebekundungen bestimmt nicht die am häufigsten gewählte, das muss man dem Texter oder der Texterin lassen. Besonders poetisch ist das deshalb noch lange nicht. Oder ist das hier konkret auf eine Art von Speise bezogen? "Guten Tag, ich hätte gerne einen Burger. Haben Sie die Art, die ich mag?"

"Alles klar für den Tag. McDonald's ist einfach gut."

"Alles klar für den Tag", was für eine Message. Da kann ich mir auch die alten Spots für Krönung light oder Zott Sahnejoghurt anschauen. Wenigstens wird man noch einmal dran erinnert, dass McDonald's gut ist.
Gesamtwertung: liebevoll mithilfe des deutschen Grundwortschatzwörterbuchs hingerotztes Wohlfühlliedchen, an das man sich auch noch nach 15 Jahren erinnert. Leider.

Dienstag, 11. Juni 2013

Ich bin ganz Halsnasenohr!

HNO-Ärzte werden nicht müde, vor der Ohrenreinigung mit Wattestäbchen zu warnen. Doch niemand beachtet ihre Predigten, auch ich nicht. Angeblich verfügen menschliche Ohren über eine Selbstreinigungsfunktion, aber dass das nicht stimmt, wird jeder bestätigen, der einmal – etwa in großen Volksaufläufen – eine genauere Ohrensichtung seiner Mitmenschen vorgenommen hat. Man könnte sich natürlich eine sogenannte Ohrenspritze kaufen, aber die sehen (s. Amazon) aus wie Klistiere, und wenn sie ein Gast, den man in der Wohnung hat, zufällig findet, muss man lange und langweilige Erklärungen abgeben (schlimmstenfalls ist man schon tot und gilt posthum als Sonderling).

Warum gibt es den Beruf des HNO-Arztes? Sind Otologie, Rhinologie und ... äh, Halsologie als eigenständige Disziplinen nicht ergiebig genug? "Och, jetzt habe ich alles über Ohren und Nasen gelernt, aber in meinem Gedächtnis ist immer noch Platz – nehm' ich halt noch den Hals mit dazu!" Wäre jemand "nur" Facharzt für Hals und Ohren, könnte er sich H'n'O-Arzt nennen.

handelsübliche Packung, mit "Serviervorschlag"

Sonntag, 9. Juni 2013

Kleine Presseschau

Um die Jahrtausendwende schwirrten sehr viele Dokumente im Netz herum, die sich "Anarchist Cookbook" oder ähnlich nannten und Anleitungen zu allerlei illegalen Aktivitäten beinhalteten. Ich las darin besonders gern jene Artikel, die sich mit der Manipulation von Kommunikationskanälen beschäftigten. "Phreaking" hieß das Schlagwort, wobei das Ph- am Wortanfang von phone herrührt. Einen "Phantasy-Roman" könnte man sich durchaus vorstellen, geschrieben vielleicht von Neal Stephenson oder William Gibson: Eine Gruppe von Hackern im Prä-Internetzeitalter bekommt es mit überweltlichen Mächten und magischen Verschwörungen zu tun. Ich fürchte allerdings, die Süddeutsche Zeitung meint hier etwas ganz Anderes.


Den lässlichen Übersetzungsfehler hat bild.de inzwischen korrigiert. Man könnte natürlich mal ganz allgemein fragen, ob es angebracht ist, den Selbstmordversuch eines prominenten Teenagers breitzutreten.


Bleiben wir bei der Bild-Redaktion. Die hat es inzwischen aufgegeben, ihrem Kolumnisten so grundlegende Dinge zu erklären wie was ein englisches Wort ist. Bei dem ganzen Gezwitscher in Wagners Kopf kommt da einfach nichts mehr an.


Was heißt denn hier "Ich bislang auch nicht"? Ich wusste, was Lookism ist, und da war ich bestimmt nicht der Einzige. Es ist ja auch nicht so, dass man sich die Bedeutung des Wortes nicht durch zehn Sekunden Nachdenken herleiten könnte. Jan Fleischhauer traut seinen Leserinnen und Lesern anscheinend weniger zu als sich selbst.

Samstag, 8. Juni 2013

Die besten Weblogs

Heute: weniger ein "echtes" "Blog" als eine Art ständig aktualisierter Notizblock. Die Journalistin Tina Klopp entwirft in ihrem Werkverzeichnis Kunst – allerdings ohne diese umzusetzen ("In ihrem Werkverzeichnis sammelt sie Kunstideen, um sie für sich selbst zu besetzen - und für alle anderen zu vernichten"). Das ist anregend, fantasiereich und oft sehr, sehr lustig. Auszüge:

HANDLUNGSANWEISUNGEN ZWEI
Als Vorlage dienen die Katalogtexte einer besonders gefeierten Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Man bittet eine Klasse von chinesischen Kunststudenten, einzig nach Vorlage dieser Kunstkatalogtexte die Werke erneut zu schaffen und wiederholt mit diesen Werken die Ausstellung.

IRRITATION
Wenn Menschen ihre Mäntel und Jacken an der Opern-Garderobe abgeben, nutzt man die Zeit während der Aufführung, um winzige Details zu verändern. Man legt z.B. die Taschentücher und Schlüsselbünde von der rechten in die linke Tasche, versetzt minimal einen Knopf oder ergänzt an passender Stelle einen zweiten, man bessert offene Nähte oder kleine Macken aus, bügelt und entfusselt ihre Krägen.  

ALTERNATIVER FILMPREIS
Man zeichnet den Film aus, bei dem deutschlandweit in Videotheken am häufigsten die Leihfrist um mehr als eine Woche überschritten wurde.

FÖRDERUNG BENACHTEILIGTER ZOOTIERE
Man geht jeden Tag in den Zoo und versucht dem Tier, das besonders wenig Aufmerksamkeit von den Besuchern bekommmt, durch die Gitterstäbe hindurch ein kleines Kunststück beizubringen - auch wenn das Jahre dauert und kaum Fortschritte erkennbar sind.

Dienstag, 4. Juni 2013

Kurz notiert: Drastische Redewendungen

Ab welchem Alter beginnt man eigentlich, Metaphern zu erkennen und zu deuten? Ich jedenfalls erinnere mich noch daran, dass ich als Kind Sprüche und Wendungen, die mir unbekannt waren, ganz genau analysiert, d.h. mir bildlich vorgestellt habe. Wenn jemand sagte "Der hat geschrien wie am Spieß!", sah ich vor meinem inneren Auge genau das: einen Menschen am Spieß. 'Ja, da würde ich aber auch schreien', dachte ich mir.
Grausen tat's mich auch, als ich zum ersten Mal las: "Das ist mir ein Dorn im Auge." In einem Donald-Duck-Comic tauchte der Satz auf. Iiiih, ein Dorn im Auge! Damit verwandt: "ein Auge ausfahren" (nach Aussage mehrerer Linguistinnen und Linguisten eine DDR-spezifische Phrase). Ebenso staunte ich über das Wort "fuchsteufelswild". Was zum Teufel ist ein Fuchsteufel? Und regelrechten Ekel löste "jmd. etw. aus der Nase ziehen" aus.
Heute bin ich zum Glück völlig abgestumpft, gehärtet und verroht.

Montag, 3. Juni 2013

Menschen, die in Kameras starren

Bei der Lektüre von Lokalzeitungen fällt einem früher oder später auf, dass es zwei Möglichkeiten gibt, Bürger abzubilden, denen Ungerechtigkeit widerfahren ist: 
1. Der Bürger hat ein empörendes Schriftstück erhalten. Foto: Der Betroffene schaut mit finsterer Miene in die Kamera und hält das Schreiben in die Linse. Dass man den Inhalt gar nicht lesen kann, ist egal. Bildunterschrift: "Kuno Wuttke ist außer sich: Nach 35 Jahren soll er die Tanne in seinem Vorgarten entfernen, andernfalls droht ihm ein Bußgeld."
2. Der Bürger steht irgendwo (wichtig: trübes Wetter!) und zeigt mit einem Arm auf etwas hinter sich Liegendes. Bildunterschrift: "Rudi Bartsch steht vor dem brachliegenden Feld, das an sein Haus grenzt und seit Monaten verwittert. Eine Eingabe beim Umweltamt soll jetzt helfen, die unansehnliche Fläche zu rekultivieren." Ich hätte ja gerne noch erklärende Skizzen dazu gemalt, aber ich denke, man kann sich gut vorstellen, was ich meine.

Disclaimer: Diesen Minitext habe ich bereits vor zwo'n'halb Jahren geschrieben. Ich musste an ihn denken, als Nerdcore am Sonntag das schöne Tumblr Local People With Their Arms Crossed verlinkte.

Samstag, 1. Juni 2013

Ein Milchmischerzeugnis und seine Geschichte


"Chef, Chef!", rief der Maschinenwart, als er schnaufend in das Büro der Konzernleitung stürmte. "Es ist etwas Schreckliches passiert!" – "Um Himmels willen, was denn?", wollte der Boss wissen. – "Die Getreide-Extrudat-Auswurftülle ist halb verstopft! Jetzt kommen keine Knusperflocken mehr raus, sondern nur noch sichelförmige Cerealienklumpen!" – "Was? Und was wird jetzt aus dem lustigen Spaßbröckchen-Eckenjoghurt für Kinder?! Der sollte nächste Woche in den Regalen liegen!" – "Augenblick mal", meldete sich jetzt der Marketingleiter zu Wort, der die ganze Zeit hinter einer Zimmerpalme gehockt hatte. "Möglicherweise lässt sich das Produkt noch retten. Sichelförmig, sagen Sie?" – "Ja, genau, sichelförmig", antwortete der Maschinist. – "Was wollen Sie denn da retten?", winkte der alte Firmenvater ab. "Mit Sicheln können Sie Kinder nicht ansprechen. Zu sehr negativ konnotiert. Sensenmann, Gartenarbeit, Sichelzellanämie, das ist alles unsexy, auf gut Managerdeutsch gesagt!" – "Jaaaa, aaaber", drängte sich der Werbemensch in den Mittelpunkt, "warum vermarkten wir die Sicheln nicht als ... Knusperhalbmonde? Das ist doch superattraktiv für die Kleinen. Peterchens Mondfahrt, der kleine Prinz, der Mondbär, muss ich fortfahren?" – "Hol mich der Teufel, das könnte funktionieren!", raunte der Chef. "Wir überziehen das Extrudat mit gefärbter Zuckerware auf Kakaobutterbasis und vertreiben die Knubbel als galaktischen Süßspeisenspaß. Ab dafür! Und geizen Sie nicht mit Glukose-Fruktose-Sirup!" – "Aye-aye, Sir!", riefen der Maschinenwart und der Marketingchef aus einem Munde und verließen schnurstracks das Büro. 'Ein weiterer Sieg für mein kleines Molkerei-Imperium', dachte der Boss und öffnete sich einen Becher Sojaquark.


(inspired by Riesenmaschine)