Samstag, 30. September 2017

Jetzt wird's interessant (naja ...)

Vor vielen Jahren wurde bei "Wer wird Millionär?" folgende Millionenfrage gestellt: "Der zoologische Name der Brillenschlange lautet ...?" Das war, wie ich gerade herausfand, übrigens jene Stufe der Fragenleiter, auf welcher die Kandidatin Meike Winnemuth (genau, die nachmalige und immernochige Stern-Kolumnistin!) nicht weiter wusste und daraufhin mit 500.000 Euro nach Hause ging. Zur Auswahl standen jedenfalls die Antwortmöglichkeiten "A: Oje oje; B: Naja naja; C: Aha aha; D: Soso soso".

Hätte ich die Lösung gekannt? Nun, mit der Pistole auf der Brust hätte ich mich für B entschieden, denn Naja erinnerte mich an ein altindisches Wort für "Schlange", und ist die Brillenschlange nicht in Indien beheimatet? Ich hätte richtig gelegen, der Artname geht letztlich auf nāga zurück, womit diverse Schlangen bezeichnet wurden, speziell aber, so gibt es zumindest das Standard-Sanskrit-Wörterbuch (Monier-Williams) an, die Spezies Coluber naga. Moderne zoologische Enzyklopädien scheinen diese Art allerdings nicht mehr zu kennen, in den Wikipediaeinträgen zur Gattung Coluber (Zornnattern) taucht sie jedenfalls nicht auf, vielmehr heißt es da: "Auf Grund molekulargenetischer Untersuchungen wurde die Gattung Coluber aufgesplittet und umstrukturiert. Die Untersuchungen hierzu sind noch nicht vollständig abgeschlossen." Und: "All Asiatic species of Naja were considered conspecific with Naja naja until the 1990s, often as subspecies thereof. Many of the subspecies were later found to be artificial or composites. This causes much potential confusion when interpreting older literature."

Womöglich weiß die Online-Reptiliendatenbank reptile-database.org mehr? Tut sie. Coluber naga ist demnach ein noch von Linné selbst eingeführtes Synonym zu Naja naja. Wie auch immer: Das bezeichnete Lebewesen ist eine Giftnatter, die man bei uns als "Brillenschlange" oder auch als "Südasiatische Kobra" kennt, im englischen Sprachraum als "Indian cobra" und "Asian cobra", jedenfalls als das Reptil schlechthin, wenn man an Indien denkt. Um noch einmal Wikipedia zu zitieren: "Naja naja is considered to be the prototypical cobra species within the Naja subgenus, and within the entire Naja genus."

Amüsant ist, dass nāga auch "Elefant" heißen kann; in Adolf Friedrich Stenzlers "Elementarbuch der Sanskrit-Sprache" ist dies sogar die einzig angeführte Bedeutung. Erklärung: Es handelt sich um eine Verkürzung aus *nāga-hasta, wörtlich "Schlangenhand", womit der Elefantenrüssel gemeint ist, welcher mit etwas Fantasie an eine Schlange gemahnt. 

Bleibt ein letztes Rätsel: Wieso Naja und nicht Naga? Warum hat Linné das indische -g- zu -j- latinisiert? Auch hier weiß die "Reptile Database" weiter: Das Wort ist nicht direkt von dem altindischen Wort abgeleitet, sondern – warum auch immer – vom singhalesischen Kognat, und dieses heißt naya.

Mittwoch, 27. September 2017

Jenseits der Blogosphäre

(Haha, wann hat wohl zuletzt jemand das Wort "Blogosphäre" gebraucht?)

Liebe an mir Interessierte, ich habe etwas fertiggestellt, das ich schon seit Ewigkeiten anlegen wollte: eine Liste meiner Publikationen außerhalb von Kybersetzung. Sie kann ab sofort auf der Seite "Anderswo" abgerufen werden und wird von nun an stets aktuell gehalten. Viel Spaß!

Montag, 25. September 2017

Das gute Zitat

"Saruman ist der Meinung, dass nur große Macht das Böse fernhalten kann. Aber ich habe anderes erfahren. Ich finde, es sind die kleinen Dinge, alltägliche Taten von gewöhnlichen Leuten, die die Dunkelheit auf Abstand halten. Einfache Taten aus Güte und Liebe."

----- Gandalf in Der Hobbit: Eine unerwartete Reise

Dienstag, 19. September 2017

Ragnarök

Am 29. Februar 2416 schlug ein Asteroid mit dem Durchmesser von Shanghai auf der Erde ein. Ulkigerweise schlug das Objekt ausgerechnet auf der Stadt Shanghai ein. Das gesamte menschliche Leben erlosch. Als erster musste ein vietnamesischer Tourist dran glauben; ihm fiel der Asteroid nämlich direkt auf den Kopf. Als nächstes starben sämtliche Einwohner Shanghais, gefolgt von allen weiteren Personen, die sich in China aufhielten. Der Rest der Menschheit hatte nicht einmal mehr genug Zeit, sich den Bericht über die Katastrophe im Fernsehen oder Internet zu Ende anzuschauen.

Auch Flora und Fauna wurden in den Tod gerissen, sogar die Kakerlaken, welche bekanntlich als äußerst widerstandsfähig gelten. Der Planet Erde zerbrach in mindestens vier Teile. Nichts überlebte, nichts blieb heil. Das war der Untergang des bis dahin bekanntesten, fruchtbarsten und furchtbarsten Planeten in unserem Sonnensystem.

Warum konnte die Apokalypse nicht aufgehalten werden? Nun, Fakt ist, dass die Apokalypse durchaus hätte aufgehalten werden können! Das Problem war: Man hatte zu viel Zeit verloren. Nachdem der Himmelskörper entdeckt worden war, entfachte ein vollkommen unsinniger Streit über die Benennung. Wie sollte man den Asteroiden nennen? Die Regierung des Amerikanischen Königreiches schrieb einen Wettbewerb aus. Der Großteil der Bevölkerung votierte für den Namen "Hannes", aber das gefiel der Zentralafrikanischen Föderation nicht. Sie forderte: Der Asteroid solle "Lumumba II" heißen. Zwei Wochen verstrichen, bis man sich schließlich auf "Big Bad Rock" einigte.

Einen Tag später wurde der Beschluss gefasst, den Brocken zu besiedeln und durch gutes Zureden aus seiner Bahn zu lenken. Natürlich wollte jeder mitfahren, aber der Airbus fasste nur 20 Plätze plus zwei Pilotensitze. Also wurde ein zwölfköpfiger Rat gebildet – der Rat zur Planung der Besiedlung von Big Bad Rock –, der sich wie folgt zusammensetzte: drei Menschen, zwei Zwerge, zwei Elfen, zwei Gnome, ein Vampir, ein Troll und (als Vorsitzender) ein Maulwurf. Leider war der Maulwurf durch das bekannte Peter-Prinzip der Unfähigkeit an den Posten geraten. Das Tier war unfassbar dumm, beherrschte nicht einmal die Kunst der Sprache. Leider hatte es einflussreiche Freunde bei der Luftwaffe. Fazit: Der Rat kam zu keinem vernünftigen Ergebnis. Die Rettung der Erde scheiterte schlussendlich an bürokratischen Klippen.

Es ist in den letzten 24 Stunden noch sehr viel passiert. Weltuntergangssekten und Versicherungsanstalten wurden aus dem Boden gestampft, es gab noch mal ein riesiges Feuerwerk, die Olympischen Sommerspiele wurden kurzerhand vorgezogen, der Staat Belgien wurde nach langjähriger luxemburgischer Besatzung wieder für unabhängig erklärt, und insgesamt wurde wahnsinnig viel gesoffen. 

(Geschrieben im Mai 2004)

Sonntag, 17. September 2017

Ow, wire


Grenzen sind schon etwas Ekelhaftes. Und damit meine ich nicht Grenzen als abstrakte politische Linien per se – diese können ja durchaus faszinieren und bestaunenswerte Gebilde wie Exklaven und Enklaven zeitigen. Ekelhaft sind Grenzen, deren Überwindung mit Gewalt verhindert wird, sei es aktiv qua Schießbefehl oder eben passiv durch Stacheldraht. Wenn man sich verschiedene Arten dieses immer noch nicht geächteten Sperrmittels anschaut (im Bild: Kendell Geers – Acropolis Redux, documenta 14), muss man sich doch fragen, was in den Köpfen von Menschen vorgeht, die das Zeug entwickeln, optimieren, bewerben; die es so designen, dass es sich noch effizienter durch Kleidung schneidet, noch tiefer ins Fleisch frisst als das Vorgängermodell; die von globalen Krisen profitieren und sich nicht einmal dafür schämen. Ihnen gilt meine aufrichtige Verachtung.

Donnerstag, 14. September 2017

"Das hätten Sie heute schauen können"

Jeden Samstag landet zusammen mit etlichen Werbeprospekten ein spartanisches TV-Magazin in meinem Briefkasten. Es heißt "Einkauf aktuell" und hat auf dem Titel meist eine ganzseitige Anzeige für Mittelchen gegen Altersleiden (diesmal: Erektionsstörungen und "mysteriöse Nervenschmerzen"). Die Fernsehwoche beginnt immer mit dem Tag, an dem das Heftchen ausgeliefert wird. Und hier liegt die Crux: Was nützt es mir, zu wissen, was beispielsweise am Samstag um 6 Uhr 15 auf RTL läuft beziehungsweise gelaufen ist ("Verdachtsfälle", direkt im Anschluss an "Betrugsfälle"), wenn ich die Programmübersicht erst an nämlichem Samstag gegen Mittag (da kommt nämlich die Post) in die Hände kriege? Die Verantwortlichen könnten ja so clever sein, die TV-Woche am Sonntag beginnen zu lassen, aber nein, das wäre ja ein Traditionsbruch sondergleichen! 

Dienstag, 12. September 2017

Tafelkniggelyrik

Ich 

nehme die Gänsekeule in die Hand
kann man ja mit Hähnchen auch machen
beiße vom Baguette ab und lege den Rest in die Tischmitte zurück
warum immer brechen, gell
lasse mir das Weinglas bis zum Rand füllen und leere es in zwei Zügen
da hat aber jemand Durst
spucke Olivensteine in meine Hand
nimm doch wenigstens eine Serviette
esse meinen Salat mit Messer, Gabel, Löffel und Stäbchen
was soll denn das
verzehre die Weißwurst mitsamt der Pelle
in Bayern warst du noch nicht so oft, was
stütze mich mit beiden Ellenbogen auf
pssst, Ellenbogen!
lasse Spaghetti aus dem Maul hängen und schlabbere damit herum
jetzt is' aber gut!
erhebe mich, um meinen Hosenlatz zu schließen
mit dir geh ich NIE WIEDER aus

Noch ein Digestif?                                  Hell yeah

Samstag, 9. September 2017

Unboxing

Vor knapp zwei Monaten habe ich bei Amazon die "Amazon Surprise Box" bestellt. (Dies ist kein gesponsorter Beitrag; das Angebot gibt es mittlerweile eh nicht mehr.)


Mit der Beschreibung "Staff Picks aus dem Bio & Clean Eating Store", "Thema: Gesunde-Food Trends und bewusste Ernährung" sowie "Lassen Sie sich von Snacks, Getränken und Kochzutaten überraschen" haben sie mich natürlich gekriegt. Die Überraschungsbox enthielt zehn Waren "im Wert von über 50 EUR" und kostete 24,99 €. Welche Produkte das bei mir im einzelnen waren, möchte ich euch zeigen. Seid ihr schon aufgeregt?


Lobenswert war schon mal, dass "für die Verpackung dieser Box [...] recyclebare Materialien verwendet" wurden. Hier nun die Produkte.
- Biomond Leinsamenmehl: Ich weiß nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Na gut, wenn mein herkömmliches Weizenmehl alle ist, werde ich diese glutenfreie Alternative vielleicht zum Backen verwenden. Leider backe ich selten.
- Veganz Coconut Chips Cacao: Chips aus geröstetem Kokosnussfruchtfleisch. Lässt sich so wegknabbern.
- Tropicai Kokosblüten Vinaigrette: Noch nicht ausprobiert, aber es ist nie verkehrt, eine ausgefallene Vinaigrette im Haus zu haben.
- Vitam Hokkaido-Kürbis-Aufstrich: Geht immer.
- Spacebar veganer Landjäger: Knacker- oder Wiener-Imitationen würde ich mir nicht unbedingt kaufen, aber diese Seitan"wurst" war okay, zudem recht nahrhaft.
- Garofalo Spaghetti (glutenfrei): Auf Mais-, Reis- und Quinoabasis; ich hatte nix daran auszusetzen.
- Primal Pantry Paleo Riegel: Ich habe schon weitaus schmackhaftere Rohkostriegel verputzt, aber der hier hat wenigstens schön satt gemacht.
- Kreta Natura Olivenöl: Vermutlich das wertvollste Teil in der Auswahl. Ich hab's verschenkt.
- Eisblümerl Studentenfutter Aufstrich: Bereits hier vorgestellt.
- Veganz Weizengras-Pulver: Habe ich ebenfalls noch nicht angerührt, ich fürchte aber, dass dieser chlorophyllhaltige Smoothie-Aufpimper dem "Superfood" Moringa stark ähnelt, weswegen ich ein bisschen Angst davor habe.

Gesamturteil: Interessante Mischung für Experimentierfreudige, bei der man Geld spart, das man am Ende ohnehin nicht ausgegeben hätte. Bei vier hervorragenden (Aufstriche, Öl, Vinaigrette), vier ganz netten (Chips, Spaghetti, Riegel) und zwei potentiell ungenutzt bleiben werdenden Produkten (Mehl, Pulver) würde ich dennoch sagen, dass sich dieser Blindkauf gelohnt hat.

Donnerstag, 7. September 2017

Verschiedenes aus dem Abreißkalender

Nicht nur im Humorbereich ist mein Tageskalender ganz vorne mit dabei! 

Dazu schreibt mir Michael Ziegelwagner: "PARADOX: Manch einer fährt zur Kühlung/ in den windigen Norden/ um sich dort in Fell zu hüllen/ statt sich vor Kälte selbst zu morden."

Morgen ist eure Chance, diese Behauptung einem nussharten Wahrheits-Check zu unterziehen!

Wisst ihr, was ein Blog ist? Nein? Macht nichts, die Kalenderredaktion weiß es auch nicht so genau. Ich lasse das alles mal so stehen, kann es mir gleichwohl nicht verkneifen, wenigstens den letzten Satz zu berichtigen: Das Wort "Blog" setzt sich selbstverständlich zusammen aus "B" und "log".

Bleiben wir in der mystischen Welt der Wortherkunft. To be fair: In Sachen Personennamenerklärung hat sich der Kalender in der Vergangenheit schon gröbere Schnitzer geleistet. Trotzdem: Wie kann man acht Zeilen lang die Bestandteile eines Eigennamens einigermaßen korrekt herleiten, um am Ende eine völlig andere Bedeutung aus dem Hut zu zaubern?

Dienstag, 5. September 2017

Manomasa zum Letzten

Ich muss es leider in dieser drastischen Härte niederschreiben: Bei der Sorte "White Cheddar" haben die Knusperprofis von Manomasa ihren Mund allzu voll genommen (mit ihren eigenen Chips). "The super scoop with creamy Cheddar cheese" ist nun wahrlich kein Super-Scoop, und cremig ist daran schlechterdings gar nichts. Weder den normalerweise sehr kräftigen Cheddar noch den angepriesenen Koriander (engl. cilantro) schmeckt man heraus. "Goldenen Leinsamen" ("golden linseed") hätte ich in der Blindverkostung ebenfalls nicht erkannt. Es ist insgesamt mehr maisig denn käsig und knuspert weniger als die anderen Produkte aus dem Hause Manomasa. Die griffige Ovalform gefällt mir. 5/10


"Chipotle & Lime" ist bedauerlicherweise gleichsam fad, dabei hatte ich gehofft, dass die Kombination Schärfe + Zitrus eingedenk der hervorragenden Sorte "Green Lemon & Pink Peppercorn" bei Manomasa beherrscht wird. Ein Plus vergebe ich für die klassische Tortilla-Dreiecks-Darreichung, aber finalmente sind's auch bloß 5 von 10 Punkten.


Samstag, 2. September 2017

Die besten Weblogs

Heute: Ahne International, das seit 2008 erfreulich konsequent fortlaufende Tagebuch des Berliner Autors Ahne. 

Offenlegung: Als ich diese Seite heute morgen, na gut, es war bereits Vormittag, okay: mittags ... ich war jedenfalls noch nicht ganz klar im Kopf drin, als ich diese Seite – warum überhaupt erst heute? – entdeckte, da verwechselte ich kurzzeitig Ahne mit dem ungefähr gleich alten und ebenfalls Berliner Künstler Fil und las die ersten Blogeinträge gedanklich mit dessen Stimme. Dabei habe ich beide schon live erlebt und kann dafür bürgen, dass außer wegen der Kürze ihrer beider Namen keinerlei Verwechslungsgefahr besteht.