Dienstag, 31. August 2021

Der Doppelspuk hat einen Namen!

Vor kurzem hörte ich die Ausgabe "The Baader-Meinhof Gang" des "Omnibus"-Podcasts. Den Heißen Herbst und wie es dazu kommen konnte, halte ich nach wie vor für eines der faszinierendsten Kapitel der bundesdeutschen Geschichte (wobei ich mich zuletzt verstärkt mit der unmittelbaren Nachkriegszeit beschäftigt habe), und das eigene Land mit amerikanischem Blick zu betrachten, ist stets unterhaltsam. (Es gibt mehrere "Omnibusse" mit Deutschland-Schwerpunkt, z.B. einen über die Wuppertaler Schwebebahn.)

Sogleich sah ich, dass in der Episodenliste unmittelbar danach eine Folge mit dem Titel "The Baader-Meinhof Phenomenon" aufgeführt war. 'Nanu', dachte ich, 'eine Fortsetzung, weil die Moderatoren das Thema RAF so spannend finden?' Ich spielte die Episode später ab und lernte: Mit "Baader-Meinhof-Phänomen" bezeichnet man jenes Phänomen, das ich in diesem Blog schon mehrmals dokumentiert und als "Doppelbegegnung" o.ä. bezeichnet habe! Der Ausdruck Baader-Meinhof phenomenon hat seinen Ursprung natürlich in den USA und wurde erst 1994 im Leserforum einer Lokalzeitung von jemandem geprägt, der über Baader, Meinhof & Co. gestolpert war, nachdem er keine 24 Stunden zuvor von Freunden zum ersten Mal von der Bande gehört hatte.

Noch jünger, nämlich von 2005, ist die wissenschaftlicher klingende Bezeichnung frequency illusion. Im Podcast wird auch vom red car syndrome sowie vom durch den Film "Repo Men" eingeführten plate of shrimp phenomenon gesprochen. Auch werden mehrere einleuchtende psychologische Erklärungen für den Effekt, den entrücktere Geister auf einen "Glitch in der Matrix" zurückführen mögen, vorgestellt, es geht um availability bias, den recency effect und den primacy effect, um die Macht des Zufalls, die menschliche Konditionierung aufs Mustererkennen, das Zurückgreifen auf Heuristiken, und was das alles mit Kreuzworträtseln zu tun hat. Kurzum: Das Hören war sehr befriedigend, und ich werde künftig nur noch Mehrfachbegegnungen festhalten, die extrem unerwartbar und spukhaft sind.

Sonntag, 29. August 2021

Where my BASIC bitches at?

Ich gerate ja immer mal wieder in Kontakt mit jungen Menschen. Erstaunt bin ich dann stets, wenn das Thema Computer zur Sprache kommt. Lange hatte ich nämlich die Vorstellung, jedes Kind der Generation Z beherrsche spätestens mit dem Abschluss der Grundschule eine Programmiersprache, aber die Realität sieht ernüchternd aus. Informatikunterricht scheint es, wenn überhaupt, nur als Wahlfach für einzelne Jahrgangsstufen in ausgesuchten Schulen zu geben, und in seiner Freizeit beschäftigt sich niemand mit IT und Cyberkram. 

Das ist gar kein Vorwurf meinerseits an die Teens und Twenty-Somethings; bekanntermaßen bin ich am kritischsten meiner eigenen Generation gegenüber. Doch angesichts der permanenten Bekräftigungen von Politik und Wirtschaft, wie unabdingbar Programmier- und allgemeine EDV-Kenntnisse für den (sorry für das Wort) Arbeitsmarkt seien, muss ich mahnend mit dem Finger wackeln. Zu schelten sind hier freilich die Kultusministerien der Länder. Woher soll die Eigeninitiative denn kommen? Zwar wachsen die Leute von heute mit allerlei siliziumbasierter Technik auf, aber Beschäftigung damit, die über Alltagsnutzung hinausgeht, wird weder für notwendig noch für spannend gehalten. Es funktioniert ja alles, wozu soll ich mein Smartphone hacken oder mein Tablet tweaken (zumal derlei durch proprietäre Hardware und restriktive Einstellungen heutzutage erschwert wird)? Und was soll ich schon programmieren, wo es doch eh für alles eine App gibt? 

Vielleicht problematisiere ich ja auch etwas, das gar kein Problem ist. Ich jedenfalls bin froh darüber, dass ich in der 7. Klasse und in der Oberstufe Informatik hatte. Welches Fach fördert schon gleichermaßen Kreativität und logisches Denken? Dass ich und meine Peergroup uns auch außerhalb der Schulzeit mit Bits und Bytes beschäftigt haben, mag daran gelegen haben, dass, nun ja, meine Peergroup aus nerdigen Kellerkindern bestand, aber auch daran, dass sich in dem Bereich damals unheimlich viel entwickelte. Das Internet war gerade in unser aller Leben getreten! Da gab es Webseiten, und die waren in HTML geschrieben, das wollte man auch können, und was konnte man erst alles mit Javascript und PHP zaubern, und dann hatten wir ja noch unsere genialen Taschenrechner ... Bevor ihr jetzt mit den Worten "Lass gut sein, Opa" abwinkt, liebe Buben und Mädels, die ihr das hier eh nicht lest, beknie ich euch: Blättert wenigstens mal ein bisschen in einem "Coding für Dummies"-Buch oder support your local Schülerrechenzentrum!

Donnerstag, 26. August 2021

Klassiker der kleinen Form

Ich wünsche mir, dass die Leute nach meinem Tod über mich sagen: "Er hat noch bis ins hohe Alter jeden Tag faul im Bett gelegen!"

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Heute Vormittag ist wieder die Müllabfuhr an meinem Haus vorbeigefahren. "Haut ab mit eurem Stinkemobil!", rief ich, während ich ihr, einen Besen schwenkend und Eier werfend, hinterher rannte. "Wir wollen euch nicht, das hier ist eine saubere Gegend!"

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"Pharao Amenophis II. ließ sich 1400 v. Chr. Dill mit in das Grab legen." Mjamm, bei der Graböffnung wäre ich gern dabei gewesen.

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Kino ist so unpersönlich geworden! Der alte Zauber ist verschwunden. Tickets online kaufen und aufs Handy laden, 3D-Brillen, Chemie-Popcorn für 7 Euro ... Früher gingen wir für 40 Pfennig ins "Lichtspielhaus", wo uns ein einziger Bediensteter (Opa Waldemar) ein handgeschriebenes Billet aushändigte und persönlich im Saal platzierte. Nebenbei verkaufte er selbstgebackene Nachos (die damals noch "Dreiecks-Knackolinos" hießen) und spielte die Vorankündigungsausschnitte (die damals noch "Trailer" hießen) als Einmann-Ausdruckstanzrevue vor. Nach drei Stunden ging es endlich los! Kurz darauf riss immer die Filmrolle, der Projektor explodierte, Opa Waldemar kam brennend und fluchend vor die Leinwand gerollt, die Menge johlte. Einmal, während einer Vorführung des 2. Spiderman-Teils aus dem 2. Reboot wurde das Gebäude evakuiert – Asbest! Damit endete eine Ära. Good times …

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Ich liebe die Dreistigkeit mancher T-Shirts (!), auf deren Etikett "Separat waschen" steht. Haha, träum weiter – ab zu dem restlichen Pöbel mit dir!

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Auch so eine Gratismeinung: "Ja ja, Rasenmäher auf den Mars schicken – dafür haben sie Geld, und auf der Erde sterben die Menschen an Syphilis!"

Dienstag, 24. August 2021

Fond du Luck

Neulich wachte ich etwas früher als gewöhnlich auf, und mein erster Gedanke war: Was weiß ich eigentlich über Fond du Lac?

Exakt nichts wusste ich darüber, also konsultierte ich ein paar Stunden später Wikipedia. Nun ja, viel gibt es über die mittelgroße Stadt am Lake Winnebago in Wisconsin nicht zu erfahren, aber im Abschnitt "Söhne und Töchter" findet sich dann doch ein höchst interessanter Eintrag: Die hier 1989 geborene Jeanna Giese gilt als der erste Mensch, der eine unbehandelte Tollwut-Erkrankung ohne schwerere Folgeschäden überlebt hat, und überhaupt "als der sechste dokumentierte Fall eines Patienten, der Tollwut nach dem Auftreten klinischer Symptome überlebte." Da kann man nur gratulieren.

Tollwut ist schon eine rechte Scheißkrankheit, vor der ich mich fürchte, seit ich mich zum ersten Mal damit befasst habe. Bevor ich in das Land mit den weltweit meisten Tollwutfällen pro Jahr gereist bin, hatte ich mir vorgenommen, mich gegen Tollwut impfen zu lassen. Doch der gut gelaunte, alte Allgemeinmediziner, den ich u.a. zu diesem Behufe aufsuchte, riet mir ab: "Wenn Sie gebissen worden sind, müssen Sie sowieso unverzüglich in eine Klinik und sich spritzen lassen. Führen Sie einfach immer einen großen Stock bei sich, oder schmeißen Sie mit Steinen, wenn sich verdächtige Affen oder Hunde nähern!"

Freitag, 20. August 2021

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Nobody
Ha! Das ist die Revenge-One-Man-Show, die "John Wick" gerne gewesen wäre und auch hätte sein sollen. Weniger Pathos, dafür genug Spaß an der Cartoonhaftigkeit der Gewaltszenen, Erdung des Helden ohne Einbußen an badassery. Odenkirks Figur hat von Anfang bis Ende mehr Profil als die Reeves'sche. Zudem darf Christopher "Doc Brown" Lloyd dem Affen Zucker geben! Einziger (subjektiver) Einwand: Noch ein Stückchen befriedigender wäre der Rachefeldzug gewesen, wenn der Held tatsächlich ein Nobody wäre statt sich (kleiner Spoiler) als professionell ausgebildete Tötungsmaschine zu entpuppen.

The Awakening - Geister der Vergangenheit
England kurz nach dem Großen Krieg: In einem Internat soll eine berühmte "Geisterjägerin" bzw. Enttarnerin angeblich übernatürlicher Phänomene (Rebecca Hall) wiederholten Berichten von Spukerscheinungen auf den Grund gehen. Die Grundidee ist nett, das Setting überzeugt, und man kann lange mitraten, ob der Spuk echt oder inszeniert ist. Viel bleibt am Ende jedoch nicht im Gedächtnis hängen.

Blow the Man Down
Über dieses nach einem Shanty betitelte "Amazon Original" weiß ich gar nicht viel zu sagen, ich könnte nicht einmal verlässlich das Genre bestimmen. "Black comedy thriller" nennt es die englische Wikipedia, die deutsche ordnet es zwischen "Mystery-Filmdrama" und "Film Noir" ein. Vergleiche mit "Fargo" fallen gelegentlich, und in der Tat könnte es als Neuengland-Version des Klassikers durchgehen. Im letzten Drittel geht diesem ansonsten befriedigenden Sonntagnachmittagshappen ein wenig die Luft aus.

Ich glaub', mich tritt ein Pferd (National Lampoon's Animal House)
Wie im März angekündigt, habe ich mir endlich John Belushis große Nummer von 1978 angeschaut – mit unsagbarem Grausen. Ich bin nicht per se gegen pubertäre Gags, aber wenn diese Parade des Stumpfsinns (Regie: John Landis) das identitätsstiftende kulturelle Erweckungserlebnis einer Generation war, ein humoristischer Befreiungsschlag quasi, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Dabei haben andere Produktionen aus der Post-Vietnamkriegs-Ära doch durchaus bewiesen, wie erfrischend Satire und Groteske, Subversion und Nonsense damals verquickt werden konnten, nicht zuletzt war ja "Saturday Night Live" eine bitter benötigte Frischzellenkur für die Entertainment-Industrie. Belushis Arbeit für jene Show kenne ich bisher nur in Best-of-Auszügen und kann ich daher noch nicht beurteilen, ich werde mir die "Not Ready For Prime Time Players"-Jahre ganz gewiss irgendwann im Rahmen meines SNL-Durchlaufs vornehmen. Ziehe ich aber allein diese "Kult"-"Komödie" zur Bewertung von Belushis komischem Talent heran, sehe ich einen unbeholfen agierenden, wortkargen, blassen Klops, der drei bis vier halbwegs witzige Grimassen draufhat. Wie gesagt, das ist nur mein Eindruck nach diesem Spielfilm, in dem John Belushi übrigens weder die größte Präsenz noch die meiste Screentime hat. Ich vermute, dass die Autoren (darunter immerhin der famose Harold Ramis) in eine ähnliche Falle getappt sind wie die Macher von "Der Prinz aus Zamunda": Man hält es für ausreichend, einen bereits als Comedy-Superstar etablierten und akzeptierten Schauspieler zu präsentieren und "einfach machen zu lassen", und vergisst dabei, ihm ein paar tatsächlich witzige Zeilen zu schreiben. Belushi hat in vielen Szenen einfach nichts zu tun, und wenn er doch mal einen der sketchartigen Einschübe beherrscht, wird es hochnotpeinlich, Stichwort "Fensterln". Überhaupt ist "Ich glaub', mich tritt ein Pferd"* selbst für eine Klamotte aus den Siebzigern außergewöhnlich schlecht gealtert. Wo ist die "Cancel Culture", wenn man sie mal braucht?
Abschließend kann ich nur noch einmal bekräftigen, wie ungeheuer froh ich bin, nicht in den Vereinigten Staaten studiert zu haben. Toga-Party ... ich glaub', mich knutscht ein Elch. Aber wenigstens weiß ich jetzt, worauf der Titel der National-Lampoon-Hinter-den-Kulissen-Komödie "A Futile and Stupid Gesture" anspielt.

* Apropos: Hielt der deutsche Verleih die schreiend unlustige Pferde-Szene für so essenziell, dass er den Titel darauf beziehen musste?

The Nest
So wie "Nobody" für mich das bessere "John Wick" ist, so halte ich "The Nest" (2020) für die bessere Version von "Marriage Story". Zugegeben, man hat ähnlich gestrickte Familienzerbrechens-Muster schon zur Genüge gesehen, man kann die Ausflüchte des nach Höherem strebenden und dabei Frau und Kinder vernachlässigenden Pater familias beinahe soufflieren, aber hier werden selbst Stereotype so überzeugend rübergebracht, dass man vor allem Carrie Coon einen Oscar gegönnt hätte. (Immerhin gab's ein paar Nominierungen, z.B. für den Canadian Screen Award.) Jude Law spielt auch gut. Der deutsche Untertitel lautet übrigens "Alles zu haben ist nie genug".

Ein Hologramm für den König
Ein vergessener Punkt in der Filmographie von Tom Hanks. Tom Tykwer hat den gleichnamigen Roman von Dave Eggers 2016 mit ansehnlichen Bildern aus der marokkanischen Wüste in Szene gesetzt. Erzähltechnisch sind die 90 Minuten eher Durchschnitt, die Charakterentwicklung geht gemächlich vonstatten. Hanks tut sein Bestes, am Ende kommt ein harmloses, an "Lachsfischen im Jemen" erinnerndes Culture-Clash-Feelgood-Movie heraus.

A Glitch in the Matrix
Eine Dokumentation vom Regisseur von "Room 237" (letztes Jahr gesehen) über die Hypothese, dass wir alle in einer Simulation leben. Ich finde dieses Gedankenexperiment in Literatur und Film nicht unspannend, aber die Idee wie eine naheliegende Möglichkeit ernsthaft zu diskutieren, halte ich für Kokolores und Zeitverschwendung. Und als Ausgangspunkt eine Rede zu nehmen, die der – zweifelsohne visionäre – Autor Philip K. Dick 1977 mit erkennbar durchgeschmorten Synapsen in Metz gehalten hat, ist mindestens dünn. Immer wieder amüsant sind freilich Beispiele für den Mandela-Effekt, und schockiert haben mich die gruselig gefassten, reflektierten O-Töne des (von mir längst vergessenen) "Matrix-Killers"; in diesem Zusammenhang geht es auch um die Chewbacca-, äh: Matrix defense.
Wissenschaftlich erhellend oder "thought-provoking" ist nichts an diesem Film.

Yesterday
Erstaunlich, dass der letzte Film von Danny Boyle, den ich gesehen hatte, 2013 "Trance" war (sogar im Kino, was ich bereut habe)! Hätte ich es nicht gewusst, wäre ich im Leben nicht darauf gekommen, dass hinter dieser seichten Musikromanze von 2019 der Regisseur von Krassheiten wie "127 Hours" oder "Trainspotting" steht. Die irgendwie sympathische Gaga-Prämisse: Nach einem Stromausfall wird die Welt in ein Paralleluniversum katapultiert, in der es die Beatles nie gegeben hat (und ein paar andere Details verschieden sind), nur unser Held kann sich an ihre Songs erinnern und beginnt, diese zu "rekonstruieren", zu schreiben und einzuspielen.
Was ich wohl in und aus so einer Situation machen würde? Vermutlich mangels musikalischem Talent nichts Lebensveränderndes. Auf jeden Fall ist es sagenhaft, wie viele Hits die Beatles hatten, die man irgendwie mitträllern kann, selbst ohne ein Superfan zu sein. Schrieb nicht Max Goldt einst, dass die ungebrochene Anerkennung der Beatles nicht auch durch die schiere Masse ihrer erfolgreichen Veröffentlichungen bedingt sei und man daher nicht pauschal Quantität und Qualität gegeneinander ausspielen könne?
Noticeable supporting role: Kate McKinnon als schwerst erträgliche Produzentin aus Amerika.

A Quiet Place Part II
Eine Fortsetzung, auf die ich mich gefreut habe. Diesmal hat Regisseur John Krasinski das Drehbuch allein geschrieben, zudem hat er – da verrate ich kein Geheimnis – dem Ende des ersten Teils zum Trotz einen kleinen Auftritt. Die ein oder andere Schwachstelle (Logikfehler, Klischees) ist zwar zu finden, entwertet aber nicht das Gesamterlebnis.

Der Geist und die Dunkelheit
Ein Klassiker der Neunziger musste auch dieses Mal dabei sein. Mir ging beim Schauen die Phrase "'Der Weiße Hai' in Afrika" durch den Kopf, wobei "Der Weiße Hai" in Sachen Tierhorror natürlich unerreicht ist und auch bleiben wird. "Der Geist und die Dunkelheit" ist weniger subtil und reiht eine Löwen-Action-Szene an die nächste, wobei man über die Tierstunts und die Kameraarbeit nicht meckern kann. Etwas weniger geklotzt hätte dennoch gekonnt werden, zumal die realen Hintergründe mehr Tiefe zugelassen hätten. Warum Val Kilmer für die Goldene Himbeere als schlechtester Nebendarsteller nominiert wurde, leuchtet mir allerdings nicht ein (schließlich war er hier Hauptdarsteller, haha!).

Montag, 16. August 2021

Der Zauberer von Oz

Ich bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich mittlerweile mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit australische Kino- und TV-Produktionen identifizieren kann, wenn ich nur einen Blick auf die Cast-Liste werfe. Von "Glitch" wurde neulich im "Something Awful"-Forum geschwärmt, also suchte ich diese Serie auf imdb, scrollte direkt zum Abschnitt mit den Mitspielenden und wusste sofort: Aha, Australien – fuck it, das guck' ich nicht! (Nichts Gutes kommt aus Australien.)

Dabei bin ich in der australischen Schauspielszene überhaupt nicht sattelfest, im Gegenteil; ich komme durch das Ausschlussverfahren zu meinem Urteil. Von zwölf Namen würde ich mindestens einen wiedererkennen, handelte es sich um einen Film bzw. eine Serie aus den USA oder aus Großbritannien. Wäre es eine irische Produktion, würde ich das an dem einen oder anderen landestypischen Personennamen erkennen, wie auch innerhalb einer kanadischen Besetzungsliste französisch klingende Namen zu erwarten wären, zudem mehr als eine Person of Color. Hm, jetzt bin ich mir unsicher, ob ich ein australisches von einem neuseeländischen Bewegtbildprodukt unterscheiden könnte. Wahllos öffne ich drei imdb-Seiten zu neuseeländischen Serien. Nun gut, bei dem deutschen Titel "Brokenwood: Mord in Neuseeland" ist der Fall von vornherein klar. Bei "Wellington Paranormal" ebenso, bei "Kaitangata Twitch" im Grunde auch. Und wenn man ein bisschen mit Maori-Morphophonologie vertraut ist, weiß man, wo man einen Namen wie Rahiri Wharerau (aus der Comedyshow "Lucy Lewis Can't Lose") einzuordnen hat. Manchmal ist es aber schon tückisch. Was will ich mit dieser Abschweifung eigentlich sagen? Ach ja: Ich bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich mittlerweile mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit australische Kino- und TV-Produktionen identifizieren kann, wenn ich nur einen Blick auf die Cast-Liste werfe.

Samstag, 14. August 2021

Kindermund (und Erwachsenenmund erst!)

Neulich hörte ich an einer Ampel einen Vater zu seinen Kindern sagen: "Jetzt gehen wir am Naturkundemuseum vorbei, zum dinosaur." Dinosaur sprach er tatsächlich englisch aus. Die Kinder verstanden's trotzdem und reagierten mit "Yayyy, Dino!" (Dino deutsch ausgesprochen.) Ein paar Meter weiter liefen drei andere Knirpse, jeder mit einer Küchenrollenpappe in der Hand und in Begleitung von ein paar Erziehungsberechtigten, und riefen einstimmig: "Wir wollen Masken! Wir wollen Masken!" Vielleicht riefen sie auch "Wir wollen wachsen!", genau konnte ich sie nicht verstehen, weil sie sich auf der anderen Straßenseite befanden. 'Wenn ihr Masken im Sinne von medizinischem Mund-Nase-Schutz haben wollt, dann besorgt euch doch welche', dachte ich noch. Weiß der Teufel, was da wieder los war.

Kann es übrigens sein, dass Eltern, die mit ihrem Nachwuchs an einer roten Ampel stehen, in letzter Zeit noch schärfer als sonst aufpassen, dass ja niemand unerlaubterweise die Straße quert? "Hey, erst bei grün gehen!", hörte ich vorletzte Woche in meinem Kiez eine Mutter rufen. "Hier stehen Kinder." Mit diesen Worten wurde ein Fußgänger auf halbem Wege zurückkommandiert. Tja, mehr fällt mir dazu auch nicht ein.

Donnerstag, 12. August 2021

Kurz notiert: Agar-Agar

Auf wann datiert wohl die erste Erwähnung von Agar-Agar in der westlichen Literatur? Ich weiß, dass dieser vegane Gelatine-Ersatz in (Süd-)Ostasien seit Jahrhunderten in Gebrauch ist, muss aber gestehen, dass ich davon vor dem Ende der 2000er Jahre nie gehört hatte. Nun habe ich jedenfalls einen sehr frühen Beleg für Agar-Verwendung in Amerika gefunden: In Flannery O'Connors Kurzgeschichte "The Crop" von 1947 (!) tut jemand Agar-Agar auf sein Cream of Wheat. Letzteres ist eine Art Grießbrei oder Porridge. Warum man diese zwei Dinge kombinieren sollte und ob das damals beliebt war, wird nicht ausgeführt. Zudem wird Agar-Agar großgeschrieben, was eher auf ein Markenprodukt denn auf eine generische Zutat schließen lässt.

Dienstag, 10. August 2021

Um die Ecke gedacht, auf die Palme gebracht

Auf StudiVZ (ja, ich bin alt) war ich Mitglied in einer Gruppe mit dem Namen "Kreuzworträtsel sind 'n verdammt derber Shit". Der Eindruck, dass Fans von Kreuzworträtseln, über alle Generationen hinweg, hinsichtlich ihres Hobbys keinen Spaß verstehen und generell ziemlich hardcore drauf sind, wird durch einen Beitrag im aktuellen Zeit-Magazin untermauert. Anlässlich des 50. Geburtstag von "Um die Ecke gedacht" zeichnet eine Mitarbeiterin die Geschichte der Rubrik nach und interviewt deren Autor, der wie sein Kollege im SZ-Magazin, "CUS", ein großes Geheimnis um seine Person macht und lediglich unter dem Pseudonym "Eckstein" bekannt ist.

Eine Stelle in dem Beitrag – und damit komme ich auf die Emotionalität der Kreuzworträtsel-Gemeinde zurück – fand ich besonders aussagekräftig:
Margit Stoffels, 56, ZEITmagazin-Redakteurin, betreut das Rätsel seit mehr als zehn Jahren: "Einmal wurde versehentlich das Kreuzwortgitter der Vorwoche gedruckt. Ich habe drei Tage lang nur Anrufe beantwortet. Und Hunderte Leserbriefe, eine Leserin schrieb: 'Wenn Sie wüssten, was hier bei uns los war! So geht es doch nicht! Das können Sie nicht machen!' Erst nach Wochen war wieder Ruhe eingekehrt."
Ob die Redaktion des Stern-TV-Magazins auch so ein heißblütiges Feedback bekam, als sie in einer Ausgabe das Rätselgitter der Vorwoche ein zweites Mal drucken ließ? Offenbar nicht, denn eine Entschuldigung steht bis heute aus.

Sonntag, 8. August 2021

Meister und Maria

Zu meinen Lieblingslisten auf Wikipedia gehören die der Marientitel und die der Notnamen, also der mangels Identitätskenntnis "Meister" genannten Künstler vom Mittelalter bis zum Barock.

Hier sind, ohne Ordnung, meine Top 7 der Mariä sowie der Meister:

  • Wurzel
  • Kluge Jungfrau
  • Mutter vom guten Rat
  • Unsere Liebe Frau auf dem Pfeiler
  • Brunnen deiner Freude
  • Meerstern
  • Knotenlöserin
  • Meister der ältesten Teile der Bronzetür von San Zeno
  • Meister der ausgemergelten alten Männer
  • Meister mit den Bandrollen
  • Meister der Blue Jeans
  • Meister des Gänsemännchens
  • Meister des Papageis
  • Meister mit dem ornamentierten Hintergrund
Tag yourselves! Wie schön, dass es auch Überkreuzungen aus beiden Komplexen gibt, den "Meister des Marientodes" und den "Meister der pausbäckigen Madonnen" zum Beispiel.

Freitag, 6. August 2021

Mo

Einigermaßen schockiert war ich vom frühen Tode der Autorin Mo Hayder im vergangenen Monat. Deren Bibliographie ist nämlich insofern mit meiner Biographie verwoben, als "The Treatment" (dt. "Die Behandlung") der erste Roman war, den ich freiwillig und vollständig im englischen Original gelesen habe. In meinem Work-&-Travel-Halbjahr 2003/04 in Neuseeland trug es sich zu, dass ein Hostel-Mitbewohner aus England das ausgelesene Taschenbuch in das Büchertauschregal stellte und es mir auf Nachfrage anempfiehl. Als packend, aber auch als reichlich verstörend pries er es an, ich glaube, er benutzte das Wort "graphic".

Es gibt ja nun seit einigen Jahrzehnten eine Marktübersättigung mit drastischen Thrillern, in denen der aufzuklärende Mord blutrünstig wie nie, der Täter psychopathisch wie nie und der Ermittler bzw. die Ermittlerin exzentrisch wie nie ist, und ja, auch ich bin gelegentlicher Konsument solcher Reißer. So einige Werke von Karin Slaughter, Tess Gerritsen, sogar Sebastian Fitzek und einen Roman von Simon Beckett habe ich gern gelesen, Dennis Lehanes frühe, heute fast vergessene Kenzie-Gennaro-Reihe hat es mir ebenso angetan wie die Hard-Boiled-Krimis von Walter Satterthwait, und zuletzt hatte ich viel Freude mit Harry Binghams Detective Fiona Griffiths. Mo Hayder war in Sachen Krassheit schon eine eigene Nummer; trotzdem oder gerade deswegen (und weil sie halt wirklich mitreißend schreiben konnte) habe ich jedes ihrer Werke regelrecht verschlungen. "The Treatment", ihr "Zweitling" (Analogbildung zu Erstling) ist rückblickend denn auch als ihr Glanzstück zu bewerten, die Times stufte es als eines der "top ten most scary thrillers ever written" ein. Ein unter Pseudonym geschriebener speculative thriller soll 2022 noch erscheinen.

Mittwoch, 4. August 2021

Das wär' doch nicht schrötig gewesen!

Die schönste Leserbeschwerde an eine Tageszeitung, die ich in letzter Zeit gelesen habe, stand in der ohnehin kaum genug zu preisenden Süddeutsche-Rubrik "Sprachlabor" vom 24. Juli 2021. Ein Ehepaar monierte die Verwendung des Adjektivs "fünfschrötig" als Steigerung von vierschrötig für besonders sinistre Menschen. Das sei "eine unbeabsichtigte Ausdrucksminderung, da der Schrot desto feiner wird, je öfter er vermahlen wird". Zur Verstärkung hätte also "drei-", "zwei-" oder gar "einschrötig" geschrieben werden müssen. Das merke ich mir.
 

Montag, 2. August 2021

Serientagebuch 07/21

01.07. Maniac 1.09
Maniac 1.10
02.07. American Gods 2.05
03.07. Person of Interest 2.01
05.07. Master of None 1.03
Master of None 1.04
Master of None 1.05
13.07. Person of Interest 2.02
American Gods 2.06
17.07. Disenchantment 1.10
Person of Interest 2.03
18.07. American Gods 2.07
19.07. American Gods 2.08
20.07. Deadwater Fell 1.01
Deadwater Fell 1.02
24.07. Deadwater Fell 1.03
Deadwater Fell 1.04
Patriot 1.01
26.07. Person of Interest 2.04
28.07. Patriot 1.02

Sehr übersichtlich diesmal. Grund: Erst hatte ich Urlaub und dabei Erfüllenderes zu tun als mich mit mittelmäßigen Serien berieseln zu lassen, und danach wieder einen Arsch voll Arbeit.
Einiges konnte ich dennoch abschließen. Von Maniac hatte ich mir viel versprochen: Patrick Somerville ("The Leftovers") als Autor, Cary Joji Fukunaga ("True Detective" Staffel 1) als Regisseur und Emma Stone und Jonah Hill (beide auch Co-Producer) in den Hauptrollen – das versprach hohe Qualität, und auch die Themen (Schizophrenie, alternative Welten, Gedankenkontrolle) sind ansprechend. Und trotzdem muss ich sagen, ohne den Finger auf ein Hauptproblem legen zu können, dass die acht Episoden (mit angenehmer Länge von 30 bis 45 Minuten) irgendwie an mir vorbeigerauscht sind, ohne mich nachhaltig zum Reflektieren und Staunen zu bringen. Da halfen auch vereinzelte "Special"-Folgen in Traum-Universen oder das abgefahren futuristische Setting nicht.
Die zweite Staffel von American Gods trägt trotz Bryan Fullers Weggang als Showrunner visuell noch dessen Handschrift. Es gibt immer wieder überbordend rauschhafte, fast schon pornographische Sequenzen, die auch nötig sind, um die dürftige Handlung zusammenzuhalten. (Ich schrieb es schon einmal: Neil Gaiman ist objektiv kein herausragender Geschichtenerzähler.) Man muss leider auch sagen, dass das Spiel einiger Darsteller mitunter ins Kasperhafte abgleitet. Kurzum: Ich werde mindestens ein Jahr ins Land streichen lassen, bevor ich mir die kürzlich erschienene dritte Staffel vornehme. Aussteigen werde ich aber allein wegen der beachtlichen Schauwerte nicht.
Meine monatliche Dosis British crime-drama holte ich mir in Form des Vierteilers 
Deadwater Fell, wobei hier der Anteil an "Drama" (im deutschsprachigen Sinne) den Crime-Anteil deutlich übertraf. Es geht um eine, wie es in Boulevard-Medien gerne heißt, Familientragödie mit vier Toten, deren Folgen und Vorgeschichte, von einer psychologisch-traumatherapeutischen Warte aus, mehr Gewicht geschenkt wird als der Aufklärung des Falls, die eher en passant erledigt wird. Es ist, als hätte man von "Broadchurch" nur die traurigen Parts reproduzieren wollen. Der Vergleich ist nicht willkürlich, denn mit David Tennant teilen sich beide Serien einen Hauptdarsteller, was übrigens neben der Location (Schottland!) ein Pluspunkt ist. Ich habe gelernt, was ein cèilidh ist, nämlich ein traditioneller Tanzabend, der, so wie er hier gezeigt wird, mich zunächst an eine US-amerikanische Squaredance-Scheunengaudi erinnert hat. Schon dafür hat es sich gelohnt. "One of Us" (s. 11/20) hat mich aber mehr gefesselt.
Zu Disenchantment, dem jüngsten Streich von Matt Groening, wollte ich schon ein Fazit abgeben, bevor ich las, dass die von mir gesehenen zehn Folgen erst der erste Teil der ersten Season waren. Wann ich weitergucke, kann ich noch nicht sagen; stellenweise musste ich mich regelrecht zwingen ...