Dienstag, 29. Juli 2014

Im Trollwald. Teil 2

(Teil 1)

Im Flugzeug las Timo Sealschmatz in dem Buch "Kriminalistisches Grundwissen für Hobby-Detektive" von Ulf Moldenhauer. Das Handbuch stand im Ruf, unterschwellige Kommunismus-Verherrlichung zu enthalten, weswegen es nicht mehr im freien Handel zu bekommen war, aber Timo hatte vor etlichen Monaten ein Restexemplar auf dem Flohmarkt auftreiben können. 

Kapitel VI
Grob lassen sich Verbrecher in zwei Gruppen gliedern. Da gibt es auf der einen Seite die tumben Prügelknaben, die gedungenen Schläger, Tagediebe, Gelegenheitsmeuchler, kurzum: jene, die zur Planung und Ausübung eines perfekten Planes nicht fähig sind, weil ihnen die Anlagen dazu fehlen. {Zerschlagt die Bourgeoisie!} Sie werden beizeiten im Zuchthaus sitzen und auf lange Sicht keine erste Geige in der Unterwelt spielen. Vor der zweiten Gruppe aber muss man sich hüten. Es sind dies Schurken von nicht nur übler krimineller Natur, sondern auch solche mit einem beachtlichen Maß an Geist und Witz. Haben sie sich einmal der Perfidie verschrieben, werden sie in Kürze ein Intrigennetz von kalkulierter Dichte weben, welches zu zerreißen nur dem gewieftesten Kommissar gelingen wird. Denn diese Köpfe lassen die Drecksarbeit von anderen Gaunern erledigen, den oben genannten Schmalspurganoven der ersten Kategorie. {Besitz ist Diebstahl!!!} Es ist schwer, solchen Gangsterbossen ein Delikt nachzuweisen, und oft sind die Bestechungsversuche gar zu verführerisch.

Timo dachte intensiv nach. Sollte er sich einen Cappuccino bestellen oder doch lieber einen Milchkaffee? Und wenn er den Milchkaffee erköre, welches Topping würde er dann wählen? Sollte er einen Kakao trinken? Oder Saft? Bier? Wein? Champagner? Tee? Milch? Tafelwasser? Der neueste Schrei war Mineralwasser mit kleinen Mineralstückchen drin. Ehe die Entscheidungsfindung abgeschlossen war, hatte der Flugzeugkapitän die Landung eingeleitet. Aber Timo dürstete nach wie vor. Er entstieg dem Flugzeug und orderte in einem Flughafenimbiss eine Diätcola für umgerechnet 14,50 €. Damit waren seine pekuniären Ressourcen nahezu erschöpft. 

Zum Ort des Geschehens musste er trampen. "Trampen. Wie ging das noch mal?", fragte sich Timo. Er zog sein schlaues Survival-Taschenbuch hervor und erfuhr, dass man sich an den Straßenrand stellen und den ausgestreckten Daumen in die Luft halten solle. Die Taktik war fruchtbar. Das erste vorbeifahrende Auto hielt an. Der Autofahrer kurbelte die Fensterscheibe runter und fragte: "You want a ride?" Timo stutzte, hatte er doch nicht erwartet, englische Zunge zu hören. "Come on in", sagte der Mann. "Where you going?" Timo stammelte: "I think I know you. Are you famous?" "Just hop on, will ya?", rief der Fahrer aus. Timo stieg ein und sagte, dass er nach Eldrehaug müsse. Nach einer Weile dämmerte es ihm: Sein gefälliger Mitnehmer war kein geringerer als der amerikanische Schauspieler Skeet Ulrich! Das gefiel ihm. "Oh my gosh! You are Skeet Ulrich!", schrie er. "I'm your biggest fan!" Skeet verdrehte die Augen. Berühmte Schauspieler hassen aufdringliche Nervensägen, die sich als anbiedernde Fans aufspielen, um später vor ihren Durchschnittsmitmenschen den Eindruck zu erwecken, sie seien mit Stars befreundet. Er rang sich ein "Nice to meet you" ab, bevor er das Radio einschaltete. Dummerweise fand sich kein gescheiter Kanal. Die einzigen hier empfangbaren Stationen waren Belgisch-Kongo-Folk-Rock-Radio, Ex-Fußballspieler-Frauen-Diskussions-Radio, Geräusche-von-ausgeleierten-Türklinken-Radio und der Wertpapiermarkt-50-Jahres-Rückschau-Sender (in RTTY). Ein Plausch war unumgänglich. So unterhielten sich die zwei Herren über Hollywood. "Wussten Sie, dass Hollywood für seine Datteln berühmt war, bevor es zum Filmmekka reifte?", fragte der eine. "Nein, aber stimmt es, dass manche Schauspielerinnen nicht altern, weil sie sich Dattel-DNS einpflanzen lassen?", fragte der andere. Die Reise ging rasch vorüber. "Das ist Eldrehaug. Halten Sie bitte an!", rief Timo. "Hier muss ich aussteigen, und damit trennen sich unsere Wege. Darf ich noch ein Autogramm haben, Skeet Ulrich?" Er nahm eine bereits unterzeichnete Autogrammkarte entgegen und näherte sich dem Unfallort, der leicht zu finden war. Niemand hatte daran gedacht, das Lkw-Wrack zu beseitigen. Mister Ulrich fuhr von dannen. Was hatte er nur in diesem tristen Landstrich verloren gehabt?

(Fortsetzung folgt)

Montag, 28. Juli 2014

Eines meiner Lieblingswörter

... ist "krachledern". Es bedeutet "urwüchsig / bäuerlich / derb". Ich kenne das Wort schon seit Jahren, habe es aber lange Zeit weder verwendet noch über seine Bedeutung nachgedacht. Irgendwann las ich es im Zusammenhang mit der CSU und dachte sofort: 'Wie absolut passend!'
"Krachledern" – das klingt wie ein Portmanteau aus Krach machend und Lederhosen tragend, also nach Bayern pur. Wenn ich ein Synonym für "krachledern" erfinden müsste, es würde heißen: "bierpolternd".

Samstag, 26. Juli 2014

Photo dump: OSTRALE'O14 (2)

(Zur Vergrößern auf die Bildln klicken)

Ich habe vergessen, welches Material hier verwendet wurde

Raum mit projiziertem Gekrakel

Raumfahrer

You talkin' to me?

Fahrradschläuche

Nicht alles hat sich mir erschlossen

Zerschredderte VHS-Kassetten, hängend

Zeitungen und Pilze

Jetzt aber ein kleiner Rüffel. Für die allererste Ostrale wurde noch das gesamte Areal des ehemaligen Schlachthofes genutzt: In allen, z.T. weit voneinander entfernten, Gebäuden waren Exponate untergebracht, was den Besuch nicht nur zu einem Kunstbestaunungsevent machte, sondern zu einer Art kuratierter urban exploration. Die verlassenen Häuser verströmten in Kombination mit den oft grotesken Kunstwerken darin ein regelrechtes Horrorfeeling. Nach und nach wurden leider immer weniger der hübsch verfallen(d)en Gebäude zu Ausstellungsräumen umfunktioniert, etwa die Eselställe, die Fettschmelze, die Waschräume, das Kühlhaus und die Schweinehalle. Bei der diesjährigen Ostrale schließlich wurden einzig die Futterställe bespielt. Es handelt sich dabei zwar um eine große Fläche (die Heuböden obendrüber werden ebenfalls mit einbezogen), doch dem ursprünglich beabsichtigten Flair ist diese Rationalisierung nicht zuträglich. Vermutlich sind Sicherheits- und baurechtliche Bestimmungen verantwortlich. Immerhin die Freiflächen beherbergen noch das ein oder andere Kunstobjekt.

Art doesn't live here anymore

This old Kühlhouse

Der Schlachthofturm des Schweigens

Auf der Suche nach der verlorenen Kunst

Wer ist Ingolf?

Hier war früher auch immer was drin! *Krückstock schwenk*

Denkmal des unbekannten Schweineschänders

Bis zum nächsten Mal!

Donnerstag, 24. Juli 2014

Dienstag, 22. Juli 2014

Im Trollwald. Teil 1

(Geschrieben im April 2005. Behutsam überarbeitet im Juli 2014.)

Es war einmal ein bärbeißiger, starker Menschenmann. Er hieß Ansgar Gerđurson und stammte aus Island, einer mirakulösen Insel im ewigen Eismeer. Beruflich verschlug es ihn jedoch nach Norwegen, denn er war Brummifahrer. Ansgar trug – wie seine Vorfahren, die Wikinger – einen majestätischen Bart, einen Prunkharnisch aus Elchleder und einen Helm mit zwei Hörnern dran. Sein Wagen war ein selbstgebautes Eichenholzmodell. Stolz steuerte er es durch die nordischen Landstriche.

Im Mittelpunkte zweier größerer Ortschaften hält Ansgar am Straßenrand an und legt ein Päuschen ein (Erzählpräsens!). Er fällt ein paar Bäume, trinkt Schwarzbier aus einem Bocksbeutel und brüllt dazu germanische Volkslieder. Ein kurzes Gebet an Odin, dann kann die Fahrt weitergehen. Die Lufttemperatur beträgt -10°C, weswegen sich Ansgar nach ein paar Minuten die Rüstung herunterreißt, um fortan mit freiem Oberleib weiterzufahren. Dieser kurze Augenblick der Unachtsamkeit reicht aus, dass sich ein Unfall ereignet; zumindest gibt es einen dumpfen Knall. Ansgar bremst und steigt aus dem Wagen. Jetzt ist es doch wieder zu kalt, also zieht sich Ansgar ein Hemd über. Dann besieht er sich die Stelle, an der er einen Überfahrenen wähnt. Da liegt aber keine Person, sondern ein toter Schneemann. Nur noch Schneefetzen liegen verstreut auf der Schnellstraße. Auch an der Stoßstange klebt Schnee. Ansgar findet noch zwei Kohlenstückchen – es müssen die Augen gewesen sein – und eine Karottennase, die er aufisst. Panisch verlässt Ansgar den Unfallort. Doch er soll nicht weit kommen ...

Zur selben Zeit an einem anderen Ort, nur etwas später. Genauer: 12 Uhr 31 in Toronto. Timo Sealschmatz sitzt auf dem Wasserbett in seiner Junggesellen-Mansarde und verzehrt Eiskrem mit heißen Wacholderbeeren und gezuckerter Kondensmilch. Als die Telefonklingel losgeht, stellt Timo den Eisbecher auf ein Beistelltischchen und meldet sich. "Hallo?", spricht er in den Hörer. Eine geheimnisvolle Stimme sagt: "Schalten Sie sofort Kanal 5 ein!" Timo stellt sein TV-Gerät an und sagt kurz darauf: "Auf Kanal 5 kommt eine Reportage über Erdmännchen. Was soll ich damit anfangen?" Die Stimme am anderen Ende der Leitung flüstert: "Ach so ... dann eben Kanal 6." "Kanal 6 ist nicht belegt – soll ich vielleicht mal die 7 einschalten?", fragt Timo. "Nein, probieren Sie mal die 9", weist die Stimme an. Dann verstummt sie. Aufgelegt. Timo drückt die 9 und starrt auf den Bildschirm. Die Nachrichten laufen. Aus dem Off fasst ein Sprecher das im gezeigten Beitrag Geschilderte zusammen: "Hallo, Leute! In der Nähe von Eldrehaug in Norwegen kam es vor wenigen Stunden zu einem rätselhaften Verkehrsunfall. Ein 35jähriger Fernfahrer aus Island wurde tot in seinem Lkw aufgefunden. Der Lastwagen selbst befindet sich auf dem Dach in einem Straßengraben liegend und in einem irreparablen Zustand. Man geht davon aus, dass der Fahrer in einer Kurve die Kontrolle über seinen Fünfzehntonner verlor, welcher dann von der Fahrbahn geriet und sich in der herrlichen Fjordlandschaft mehrmals überschlug. Der Mann erlag darauf seinen schweren Quetschungen. Über den Grund des Abdriftens kann nur gemutmaßt werden. Ein von einem pilzesuchenden Rentnerpärchen herbeigerufener Notarzt bestätigte, dass der LKW-Fahrer kurz zuvor eine bislang unbestimmte Menge Starkbier zu sich genommen hatte. Ferner fand man Schneespuren am Wagen."   
Timo macht den Fernseher aus und grübelt. Dann fasst er einen Entschluss: "Ich werde nach Norwegen reisen und die wahren Tatumstände herausfinden. Den Eisbecher werde ich inzwischen einfrosten."

(Fortsetzung folgt)

Montag, 21. Juli 2014

Photo dump: OSTRALE'O14 (1)

Die Ostrale ist für mich jedes Jahr der schönste Grund, Dresden zu besuchen. Die seit 2007 stattfindende internationale Ausstellung für zeitgenössische Kunst bezieht ihren Reiz zum einen aus der faszinierenden Location (dazu im nächsten Teil mehr), zum anderen aus der sehr guten Auswahl an Kunstwerken. Dieses Mal hatte ich meine neue Kamera dabei:

Altweltaffe

Thron aus Besen

Christlicher Body Horror

Eimer mit Spiegeln

Mein Favorit: "Einmarsch"

Bizarro-Saint Phalle

Gebilde

Das hab ich auch noch nicht gesehen: Kunst aus Placenta-Einschnitten (sic)

Fortsetzung folgt.

Freitag, 18. Juli 2014

Kurz notiert: Einer und Zehner

Die deutsche Sprache ist schon komisch. Wenn wir sagen, jemand "ist Anfang 40", meinen wir, die Person ist 41 oder 42 oder 43 Jahre alt. "Vierzig" bezeichnet hier das gesamte Lebensjahrzehnt. Jeder versteht, dass mit "Mitte 40" nicht 40 Jahre und 6 Monate, sondern 45 Jahre gemeint sind. Dieses System greift aber erst ab 20. Aussagen wie "Mein Kind ist Anfang 0" oder "Ich war damals Ende 10" ergeben keinen Sinn. 
Es wäre lustig zu behaupten, dieser Sprachgebrauch sei verantwortlich für das Geschwindigkeitsverständnis im Straßenverkehr: Wer mit 69 km/h unterwegs ist, fährt ja praktisch 60, oder zumindest "irgendwas im Sechzigerbereich". 

Mittwoch, 16. Juli 2014

Some good movies for a change

Neulich habe ich hier über den Zustand moderner, speziell amerikanischer Komödien geschimpft. Aber es gibt ja auch noch andere Genres.

It's kind of a funny Story
"Einer flog übers Kuckucksnest" mit Jugendlichen und einer insgesamt positiveren Attitüde, ohne dabei ins Kitschige abzudriften oder psychische Krankheiten zu verharmlosen. Mit Emma Roberts ("American Horror Story") und den Komikern Zach Galifianakis und Jim Gaffigan interessant besetzt.

Thor
Ich kenne nicht viele Superheldencomicverfilmungen, aber das ist mit Abstand die beste! Schöne Action, fantasievolle Bilder, durchweg sympathische Charaktere. Als ich die Credits las, staunte ich gleich zweimal. Regie führte Kenneth Branagh, den ich bis dahin nur im Fach der gediegenen Shakespeare-Inszenierungen verortet hatte; Co-Autor war Don Payne, der leider bereits 2013 verstorbene "Simpsons"-Autor – so erklärte sich also der fein dosierte Humor. 

World War Z
Viel wurde über diese wohl blutleerste Zombiegeschichte aller Zeiten gemosert. Zu Unrecht, wie ich finde. Wenn man sich darauf einlässt, dass der Film wenig mit der Buchvorlage gemein hat und die Hauptfiguren zu keiner Zeit in Gefahr schweben, erlebt man immerhin eine rasante Weltreise mit ordentlichen Schauwerten und einem Finale ohne Gemetzel, dafür aber mit netter Schleichspannung.

Carrie (2013)
Das Remake der Stephen-King-Verfilmung, an die ich mich lange Zeit nicht erinnern konnte, ist der schwächste Film in dieser Liste, kriegt aber von mir trotzdem eine gute 3. Chloë Grace Moretz (das Mädchen aus "Kick-Ass") und Julianne Moore überzeugen nämlich als Hauptdarstellerinnen. In Buch und Inszenierung allerdings gibt es praktisch nichts, was sich merklich von der Vorlage abhebt. Sogar der "Kissen"-Dialog kommt wieder vor. Gut, die Story wurde in die Jetztzeit verlegt, was bedeutet, dass Carries Mitschülerinnen nun Videohandys haben, mit denen sie die Dusch-Demütigungen filmen so whatWer braucht so einen Aufguss? 

We need to talk about Kevin
Uff, das war harter Stoff: eine Tragödie, in der es wirklich nicht die geringste Spur von Optimismus gibt. Tilda Swinton spielt die Mutter eines üblen Mistbengels, der seine Familie und sich selbst durch eine grauenvolle Tat, von der man erst am Ende der unchronologisch erzählten Tour de force erfährt, in den Abgrund treibt.

Edge of Tomorrow
Tom Cruise und Science-Fiction, das ist erst mal nichts, was mich kreischend ins Kino galoppieren lässt. Doch ich war begeistert: Hier wird nämlich das Prinzip von "Und täglich grüßt das Murmeltier" auf ein Alienszenario angewandt und pfiffig variiert. Ich liebe ja Zeitreise- und Parallelweltenquatsch, und hier wird das Zeitschleifenwirrwarr sogar handlungsfördernd begründet. Punktabzug für die allzu offensichtlichen Weltkriegsanspielungen und das "Hollywood-Ende" (ich mag das Wort nicht).

Flight
Denzel Washington ist ein Pilot, der sein abzustürzen drohendes Flugzeug und (fast) alle Passagiere darin in einem heldenhaften Manöver rettet (hier die Einschätzung eines Fachmanns zum Realismus). Im Hauptteil des 138minütigen Dramas geht es um die anschließende Untersuchung, die den alkohol- und kokainaffinen Piloten ins Gefängnis bringen könnte. Zu recht oscarnominiert. Mit John Goodman als comic relief.

Montag, 14. Juli 2014

Neue Argumente zur Ausrottung von Allium cepa

Mein Lieblingsgericht der Hessischen Küche ist die Frankfurter Grüne Soße. Bei zahlreichen Metzgern, Gemüsehändlern, aber auch in einigen Supermärkten im Großraum Frankfurt kann man fertige Grüne Soße kaufen. Die schmeckt zum Teil fast so gut wie im Restaurant. Gewarnt sei jedoch vor jener "Grünen Sauce" (Schreibung!), die der Discounter Netto anbietet. Darin befinden sich nicht nur Eierstückchen – was eine zulässige, aber sinnlose Variation ist, da man Grüne Soße traditionell zu ganzen hartgekochten Eiern serviert –, sondern auch: Zwiebeln! Warum?! Als würde die Würze der sieben Kräuter nicht genügen, muss sich die elende Zwiebel frech hineinmengen und mit ihrem Ekelaroma alles verderben. Siebenmal pfui!

Schlimm ist auch, dass der Name der Zwiebel ("Zwiebel") andere, völlig harmlose Lauchgewächse für sich teilbeansprucht und mich so von deren Verzehr abzuschrecken versucht. Neulich habe ich in einer Gaststätte einen Flammkuchen mit Ziegenkäse, Cranberries und Birnenscheiben bestellt (ja ja, lacht ruhig). Beinahe wäre ich jedoch von der Bestellung zurückgetreten, weil das Gericht zusätzlich Lauchzwiebeln enthielt. 'Iiiiks, Zwiebeln, na dann geht's nicht', dachte ich. Aber dann: 'Moooment, Lauchzwiebeln haben doch mit Zwiebeln gar nichts zu tun, oder?' Ein schneller Blick in die Wikipedia, und siehe: Lauchzwiebel ist mehr Lauch als Zwiebel und wird wie der grüne Stiel vom Schnittlauch und nicht in Knollenstückchen serviert. Anstatt dieses grundanständige Gemüse nun "nicht Zwiebel" zu nennen, wird es auch Winterzwiebel, Frühzwiebel, Lauchzwiebel, Jungzwiebel, Zwiebelröhrl, Zwiebelröhrchen, Schluppenzwiebel, Schlottenzwiebel, Schnittzwiebel, Ewige Zwiebel oder Winterheckenzwiebel genannt. "Frühlingszwiebel" ist übrigens dasselbe. Ich plädiere daher für die Verwendung der unverdächtigen Alternativbezeichnungen, die Wikipedia angibt: Weiße Florentiner, Grober Schnittlauch, Jakobslauch, Johannislauch, Fleischlauch, Hohllauch, Schnattra (<3), Frühlingslauch, Röhrenlauch oder Winterhecke. Fucking Zwiebel! Sogar der Gemeine Lauch (= Porree) trägt das Synonym "Welschzwiebel". Das ist ja, als würde man irgendwas anderes ganz anders nennen! (Ich kann mir kein Beispiel ausdenken, mir ist schlecht.)

Donnerstag, 10. Juli 2014

Zusätzliche Suchanfragen, die auf mein Blog führen

Ich ziehe ernsthaft in Erwägung, den (nicht mal besonders guten) Artikel "Kannibalismus" zu löschen, weil immer mehr Besucher allein davon auf diese Seite gezogen werden. Umpf! Ich möchte nicht darauf reduziert werden!


Darauf hingegen bin ich stolz:

:)

Mittwoch, 9. Juli 2014

Sternstunden der Gestaltung


Leben mit Krebs – eine unschöne Sache. Noch unschöner: wenn der behandelnde Arzt ein Salafist mit frisch abgehackter Hand ist, dem riesige Pillen aus den Augenhöhlen glubschen.
Die Apotheken Umschau hätte das Thema vermutlich mit einem grinsenden junggebliebenen Rentnerpärchen im Grünen illustriert.

Montag, 7. Juli 2014

Was mich gerade aufregt

Dieser Artikel aus dem Uni-Spiegel: "Auf Sinnsuche"

"Sie bleiben an Mülleimern stehen, stecken den Arm tief hinein und wühlen - Pfandsammler verwandeln achtlos weggeworfene Flaschen in bares Geld. Doch eine soziologische Studie zeigt jetzt: Ihnen geht es nicht in erster Linie um die paar Euro." Hintergrund: Ein Freiburger Soziologe, dessen Namen ich hier nicht nenne, hat eine Dissertation geschrieben, die der deutschen Trickle-down-Gesellschaft wunderbar in die Hände spielt. "Nicht die Armut vereint die ansonsten sehr heterogene Gruppe der Flaschensammler, sondern die Sehnsucht nach einer festen Tagesstruktur und einer Aufgabe, die an Arbeit erinnert." Seht ihr, redet uns der Kerl ein, das sind alles nützliche Teilnehmer des modernen Lebens! Hinterfragt nicht, warum in einem Erstweltland überhaupt Menschen in Mistkübel greifen müssen, sondern erfreut euch daran, dass sie unsere Straßen sauber halten und dabei ihre bescheidene Art persönlicher Erfüllung erfahren dürfen!

"Reich wird sowieso keiner mit der Suche nach Leergut", heißt es weiter. Der Studiendurchführer "schätzt den durchschnittlichen Verdienst eines Sammlers, der täglich auf Tour geht, auf etwa 100 bis 150 Euro im Monat. Die Menschen, mit denen er für seine Dissertation sprach, hatten alle noch andere Einnahmequellen wie Rente, oder Mini-Jobs." Klar, und die 150 Euro sind natürlich nicht notwendig zum Überleben, sondern ein schönes Zusatzeinkommen, von dem der Rentner oder die Minijobberin dann zwei zusätzliche Male in die Oper oder ins Sternerestaurant gehen kann. Im Ernst: Abgesehen davon, dass jemand, der von einem Studenten über seine prekäre Situation befragt wird, diese schon mal durch Lügen zu beschönigen versucht, ist es nicht weniger als ein himmelschreiender Skandal, dass hier eine alarmierende Erkenntnis – nämlich dass Bürger trotz gesetzlicher Bezüge per Griff in anderer Leute Abfall zum Aufstocken gezwungen sind – rotzfrech verklärt wird.

Der Akademiker romantisiert: "Das Pfandsammeln bietet Menschen, für die die Ausfüllung von freier Zeit ein zentrales Problem darstellt, eine Lösung an". DIE AUSFÜLLUNG VON FREIER ZEIT! Joah, das ist halt das Hobby von denen da unten. Wo wir Soziologen zum Yoga oder zum Seidenmalereikurs fahren, zieht der gelangweilte Geringverdiener abends noch ein paar Runden um den Block und räumt den Glasmüll fort. Der Uni-Spiegel weiter: "Viele wollten durch ihre Streifzüge einfach wieder Teil des sozialen Lebens werden, rauskommen, Leute sehen, mit ihnen reden." ... wie ja auch Obdachlose hauptsächlich wegen der frischen Luft und der interessanten potentiellen Gesprächspartner im Freien leben.

Am Ende lesen wir: "Wer den Sammlern ihre Arbeit ein bisschen angenehmer gestalten will, kann das übrigens mit einfachen Mitteln tun: leere Flaschen neben den Mülleimer stellen, statt sie hineinzuwerfen [...]." Dazu passt dann auch die Einführung des inzwischen preisgekrönten "Pfandrings" in immer mehr Städten (bitte selbst googeln): Wenn wir die Mittellosen schon nicht von ihrem Lieblingszeitvertreib abhalten können, sorgen wir doch wenigstens dafür, dass sie dabei nicht so eklig aussehen. Oder, wie es der Erfinder dieser Armut zementierenden Vorrichtung in einem Interview ausgedrückt hat: "Ja, es ist schon ein Unterschied, ob ich dir etwas vor die Füße werfe, oder ob ich es dir gebe." Solange das Verhältnis zwischen Geben (= oben) und Empfangen (= unten) klar erkennbar ist und bestehen bleibt. Ich kann gar nicht so viele Flaschen leeren, wie ich kotzen möchte.

Mittwoch, 2. Juli 2014

Menschen, die auf Schuhe starren

Die Frage, woher der Name Shoegazing für ein von mir gemochtes Musikgenre kommt, habe ich mir noch nie gestellt. Kürzlich hörte ich in einem WDR-Podcast mit und über Diedrich Diederichsen (auf podcast.de archiviert) folgende Erklärung: Mit "Shoegazern" bezeichnete man demnach zuerst Fans der Band The Cure, die bei deren Konzerten verschämt rumstanden und auf ihre Füße glotzten.

Bei Wikipedia heißt es jedoch, das Wort beziehe "sich auf die musikalischen Protagonisten, die bei ihren Live-Auftritten oft den Eindruck erweckten, sie würden schüchtern oder selbstvergessen auf ihre Schuhe starren. Eine häufig herangezogene Erklärung für dieses Verhalten ist, dass die Gitarristen konzentriert auf die am Boden befindlichen Gitarren-Effektgeräte schauten." (Hervorhebung von mir.) Auch die Seite helpster.de schlägt in diese definitorische Kerbe: "Tatsächlich kommt der Name daher, dass Mitglieder von Bands, die dieser Stilrichtung zugeordnet werden, während Auftritten oft den Eindruck erwecken, sie würden ihre Aufmerksamkeit vor allem auf ihre eigenen Schuhe richten. Dieser Habitus beruht in Teilen darauf, dass man sich innerhalb der Szene bewusst von Stadionbands und großspurigem Rock`n`Roll-Gehabe abgrenzen wollte. Andererseits zeichnet sich Shoegaze dadurch aus, dass die Gitarristen eine Vielzahl an Effekt-Pedalen verwenden. Damit ist der Blick nach unten auch eine Notwendigkeit."

Weiterführende Verweise bietet keine der genannten Quellen. Weiß jemand von meinen Leserinnen und Lesern mehr?

Dienstag, 1. Juli 2014

Hund und Kuckuck

Hier meine zwei Lieblings-Lachanlässe aus den Medien der letzten drei Wochen:

(bild.de, 17.06.2014)

(Focus, 30.06.2014)