Sonntag, 17. März 2024

Bye Bye Bahnie

Letzte Woche habe ich meinen BahnBonus-Goldstatus verloren. Jetzt darf ich nie mehr in den für Vielfahrende reservierten Sonderbereichen von IC und ICE Platz nehmen. Ich bekomme keine Freigetränke im Bordbistro mehr. (Stücker zwölf gab's für Gold-Mitglieder per annum!) Und in die DB-Lounge wurde man ja sowieso nur noch mit am jeweiligen Tag gültiger Fahrkarte gelassen. (Früher habe ich manchmal einfach so die Lounge betreten, wenn mir während eines Stadtganges/Einkaufsbummels der Sinn nach Ruhe und Kaffee stand. Good times.) Es ist mir einfach nicht gelungen, die dafür notwendigen 2000 Bonuspunkte innerhalb von zwölf Monaten zusammenzubekommen.

Einen Tag vor diesem drastischen Einschnitt in mein Leben informiert mich eine E-Mail, dass "Ihre BahnCard mit Gültigkeitsbeginn ab dem 09.06.2024 oder später ausschließlich in digitaler Form zur Verfügung stehen wird". Heißt: Erst werde ich downgegraded, nächstes Jahr habe ich gar keinen Vergünstigungsnachweis mehr im Portemonnaie. Den Klimaschutzgedanken dahinter kann ich nachvollziehen und gutheißen, ich sehe allerdings einen entscheidenden Nachteil: Ich werde künftig immer darauf achten müssen, mein Handy vor Reiseantritt ausreichend geladen zu haben. Mit ausgedrucktem Ticket und physischer BahnCard ist man unabhängiger bzw. war es die längste Zeit gewesen. Mir ist es schon passiert, dass ich mit weniger als 20 % Ladung einen Zug bestiegen habe und dachte 'Okay, das Telefon kann ich ja während der Fahrt chargen', nur um dann wegen Überfüllung weit weg von einer Steckdose zu stehen. Man wird doch panisch, wenn ein Kontrolleur naht, dem man etwas auf einem jeden Moment die Grätsche machen könnenden Elektrogerät vorzeigen muss! Genau deshalb habe ich mir auch das Deutschlandticket in Plastikform ausstellen lassen.

Davon abgesehen macht die kommende Umstellung BahnCard-Kunden ohne Smartphone das Zugfahren schwerer – aber wenigstens nicht unmöglich: "Dann nutzen Sie als Nachweis für die BahnCard das Ersatzdokument, welches Ihnen ab dem 09.06.2024 ebenfalls in Ihrem Kundenkonto [...] als Download zum Ausdrucken zur Verfügung gestellt wird." Vor allem für Ältere und deren Angehörige wird das natürlich eine zusätzliche Belastung darstellen. Ins Internet gehen, ein Dokument runterladen, ausdrucken, und das Jahr für Jahr: Da wird wieder das ein oder andere Enkelkind seine helfende Hand reichen müssen ...

Freitag, 15. März 2024

Offenbarungseid

Bei "Spiegel online" standen vor einer Weile diese drei Meldungen direkt untereinander:


Krieg und Spekulation, das gehört offenbar zusammen. Obwohl, nein: "Spekulation" ist ein unfair gewähltes Wort. Wer "offenbar" benutzt, weiß nicht 100-prozentig, aber geht davon aus, dass etwas so ist, wie er es mitteilt. "Allem Anschein nach" wäre eine synonyme Phrase dafür. Insofern sollte man die Redaktion vielmehr dafür loben, dass sie einen Rest an Zweifel zugibt und sich als Überbringerin von Nachrichten und nicht als Primärquelle versteht.
Es sah trotzdem für einen Augenblick kurios aus. Deswegen machte ich einen Screenshot.

Mittwoch, 13. März 2024

Einmal um die halbe Welt

Ich kann ja an keinem Offenen Bücherschrank vorbeigehen, ohne wenigstens einen kurzen Blick hineinzuwerfen. Neulich war es schon fast Mitternacht, als ich in der Nähe meines Stamm-Bücherschranks war, und da dachte ich wie Bilbo Beutlin in diesem Meme: "Warum nicht ... warum nicht hineingucken?" Und siehe, darin befand sich ein sogleich von mir eingesteckter 1180-seitiger Sammelband von 1942 mit dem Titel "This Is My Best. Over 150 Self-Chosen and Complete Masterpieces, Together with Their Reasons for Their Selections", herausgegeben von Whit Burnett. Die "masterpieces" – Short Storys, Gedichte, Essays, autobiographische Notizen, Dramaszenen u.v.m. – stammen von "America's 93 Greatest Living Authors Present". Viele der vertretenen Autoren (und, ist erfreulicherweise zu ergänzen, Autorinnen) kannte ich noch gar nicht! Ich freue mich darauf, sie zu entdecken, denn wenn meine drei Semester Nordamerikanische Literaturwissenschaft zu einer einzigen Sache gut waren, dann, dass sie meine Liebe zu US-amerikanischer Kurzprosa entfacht haben.

Das Buch ist in gutem Zustand. Auf den Fliegenden Vorsatz ist der handschriftlich eingetragene Name (des Vorbesitzers?) Walter Meyer mit schwarzem Filzstift durchgestrichen und durch "Jeremy Devis" ersetzt worden, auf dem hinteren Fliegenden Blatt wurde mit Bleistift festgehalten: "The markings are Bruno's (July 1950)". Am bemerkenswertesten ist aber das, was ich im Inneren entdeckte: eine Rechnung aus dem Jahr 1961, die vermutlich als Lesezeichen gedient hat und von einem südafrikanischen Bekleidungshaus stammt.


Den Ausstatter Arthur Bales, "established 1902", gibt es immer noch. Heute scheint er auf Wolle und Strickzubehör spezialisiert zu sein, und von Braamfontein ist er in die erst 1959 gegründete Johannesburger Voorstad Randburg umgezogen. Und was wurde dort damals erstanden?


Das ist etwas knifflig. Ich dachte erst, Hose sei das Afrikaans-Wort für "Hose", aber nein, "Hose" heißt auf Afrikaans broek. 1,25 Rand wären für eine Hose denn auch unglaublich billig: Der Betrag entspräche heute inflationsbereinigt und umgerechnet 6,71 Euro. Ist die Zeile dann englisch? Aber wieso würde ein Kleidungsgeschäft Schläuche (hoses) verkaufen? Die Lösung liegt wohl in der mir bisher unbekannten Zweitbedeutung von hose: "Strumpf, Socke". Herr oder Frau de Beer hat also Strumpfwaren gekauft. Hoffentlich waren sie von guter Qualität.

Die im Bücherschrank entstandene Lücke werde ich nachher mit einem anderen Wälzer ausfüllen, ich habe nämlich gestern endlich, endlich den 684-Seiter "Das Monstrum" beendet. Das auch als "Tommyknockers" untertitelte und verfilmte Werk ist meiner Meinung nach das schwächste, das ich von Stephen King bis jetzt gelesen habe. Die mangelhafte Übersetzung machte diese Erfahrung nicht eben weniger anstrengend.

Montag, 11. März 2024

Wenn der Rubikon(sum) überschritten ist

"Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im Februar 2024 gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,5 Prozent gestiegen. Damit ist die Inflationsrate auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2021 gefallen." Soweit das Faktenportal Statista. Die Information ist beruhigend, aber wird sich der Trend auch im Alltag, konkret: beim Einkaufen widerspiegeln? Wenn das allgemeine Preisniveau einmal gestiegen ist, sinkt es nicht so bald wieder, ist meine Erfahrung. Für ohnehin starken Schwankungen ausgesetzte Dinge wie Treibstoff mögen eigene Gesetzmäßigkeiten gelten, aber dynamic pricing à la Wendy's wurde bislang noch nicht in deutschen Supermärkten erprobt.

Markenhersteller verteuern – aus nachvollziehbaren Gründen oder nicht – ihre beliebtesten Produkte, und dabei bleibt's. Insbesondere bei Cashcows ist nicht zu erwarten, dass sie je wieder günstiger werden. Tja, an mir haben sie dann einen Kunden verloren, denn gewisse Sprünge mitzumachen bin ich einfach nicht bereit. Barilla-Nudelpackungen kosten inzwischen mehr als 2 Euro die Packung, und gestern sah ich ein Glas Barilla-Fertigsoße für über 4 Euro! Hin und wieder, sogar recht regelmäßig, gibt es die Pasta für 99 Cent, da schlage ich dann zu. Sollte es solche Aktionen irgendwann nicht mehr geben, war's das für mich: Barilla-Aus. Anderes Beispiel: Bonne Maman, deren feine Konfitüren und Marmeladen jahrelang immer mal wieder für 1,99 pro Glas zu haben waren. Der Standardpreis liegt seit dem Inflationshoch bei 3,49 €, der uns alle paar Wochen vergönnte Aktionspreis bei 2,49 €. Das ist eben so noch okay. Den nächsten Anstieg werde ich allerdings nicht verschmerzen können. Weiter: Sowohl die Müslis von Vitalis (Dr. Oetker) als auch die von Kölln schlugen jahrelang mit 1,99 € zu Buche, wenn sie reduziert waren. Da habe ich mich dann stets mit 1-2 Packungen bevorratet, denn ich mag deren Müsli-Palette sehr gern. Zurzeit liegt der "Spezialpreis" bei 2,49 €, was ich ebenfalls gerade noch vertretbar finde. Außerhalb der Aktionswochen muss ich zu Discounter-Eigenmarken greifen (die in der Regel nicht schlecht sind); Seitenbacher und die üblichen Alnatura- und Reformhaus-Verdächtigen mit ihren Mondpreisen kommen eh nicht infrage. Letztes Beispiel: Kaffee. Ganz ehrlich: Wer sich gemahlenen Kaffee zu regulären, "unverbindlich empfohlenen" Preisen holt, hat doch nicht alle Latten am Zaun. Teilweise über 7 Euro möchten die für das halbe Kilo haben. Da lachen ja die Hühner. Gottlob gibt es nahezu jede Woche irgendwo für 3,99 € grundsoliden Filterkaffee von Melitta, Jacobs und Konsorten. Mein Limit wäre, denke ich, bei 4,99 € erreicht. Sollte das Pfund dereinst nicht für unter 5 Euro zu bekommen sein, kann ich halt nie wieder Kaffee trinken.

Es ist, um das klarzustellen, nicht so, dass ich mir das Genannte unter keinen Umständen leisten könnte, aber ICH SEHE ES NICHT EIN. Macht Boykott, was euch kaputt macht!

Donnerstag, 7. März 2024

Betr.: Selbstheilung, Strömungen, Strom, Brille

Liebes Tagebuch, die lächerliche Abschürfung, die ich im Dezember 2023 am linken Unterarm erlitt, hat ein Wundmal hinterlassen, das nach einem Vierteljahr immer noch sichtbar ist! Es ist wirklich nur eine winzige Rötung, aber langsam frage ich mich, ob sie je vollständig verschwinden wird. Womöglich ist die auffällige Langsamkeit dieses Heilprozesses Symptom einer tiefer liegenden Störung, die mich irgendwann in ein rätselhaftes Koma fallen lässt. In diesem Fall hoffe ich, dass sich eine Art Dr. House meiner annimmt und im Zuge seiner Nachforschungen auf diesen (und den diesem vorangegangenen) Blogbeitrag stößt, sodann einen "Heureka!"-Moment hat und mich ins Leben zurückholt.

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Apropos Heureka: Neulich kippte ich mein Schlafzimmerfenster an, um durch den Spalt eine meinem Kopfkissen entwichene Daune ins Freie zu befördern. Da passierte Folgendes: Weil es draußen deutlich kälter als drinnen war, flog die Feder wieder zurück in die Wohnung; sie wurde regelrecht nach innen gesaugt. "[I]m unteren Teil strömt kältere Außenluft in den Innenraum. Thermischer Auftrieb, Differenzdruck, Strömungsgeschwindigkeit, Lüftungsfläche, Lage der Öffnungen und Gebäudehöhe stehen dabei in gegenseitiger Abhängigkeit", informiert mich "Baunetz Wissen", und mit Sicherheit wurden mir die zugrundeliegenden Gesetze und Wirkungen im Physikunterricht vermittelt.
Hätte ich den Federeffekt nicht vor zwei Wochen, sondern, sagen wir, in der griechischen Antike beobachtet, wäre ich als Genie in die Geschichte eingegangen, vorausgesetzt, ich hätte ihn schriftlich festgehalten und wäre fähig gewesen, ihn zu deuten. Ungnade der späten Geburt! Was ich damit sagen will: Klassische Zufallsentdeckungen wie Newtons Apfelfall, Archimedes' Badewannenüberschwappung oder den Montgolfier'schen Hemdenflug hätte früher oder später gewiss jemand anders gemacht. Man muss nur die Augen offen halten und die Dinge um sich herum zu interpretieren wissen. Nun gut, manchmal muss schon eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein, damit es zum großen Hurra kommt: Vorm Urlaub liegen gelassene Petrischalen, in denen Schimmelkulturen wachsen, spielen zumindest in meinem Leben keine Rolle. Aber das mit der Zimmerluftbewegung im Winter, das habe ich jetzt halt auch entdeckt (Gaitzsch's law).

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Und noch eine physikalische "Entdeckung" habe ich gemacht, allerdings schon im letzten Jahr. Ich hörte, während ich meine Betten neu bezog, über In-Ear-Kopfhörer einen Podcast. Was passierte, weil das Falten, Knittern und Schütteln der Frotteebettwäsche ordentlich Reibungselektrizität verursachte? Der Strom kroch über die Kopfhörerkabel in mein Ohr (in nur ein Ohr, weil er sich stets einen Weg, nämlich den des geringsten Widerstands, sucht) und versetzte mir im Gehörgang einen Schlag. Die Entladung war freilich kaum mehr als ein spürbares Knistern, aber immerhin unangenehm genug, dass ich meine Tätigkeit ab da ohne In-Ear-Beschallung fortsetzte.

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Fast zwei Jahre ist es her, dass ich mir eine neue Brille habe machen lassen, und noch immer werde ich – oft schmeichelnd – darauf angesprochen, sogar (bzw.: erst recht?) von Leuten, die mich sehr selten sehen. Als ich letztens routinemäßig bei meiner Zahnärztin war, sagte die Sprechstundenhilfe zu mir: "Oh! Haben Sie eine neue Brille?" Ich musste kurz überlegen und sagte: "Eigentlich trage ich die schon ... ach nee, stimmt, die habe ich erst bekommen, nachdem ich das letzte Mal bei Ihnen war."
Mir gefällt das neue Modell sehr gut. Die Gläser sind größer als die alten, was allerdings einen Nachteil mit sich bringt: Das Putzen dauert erheblich länger! Mehr fällt mir dazu nicht ein. Das war's für heute.

Dienstag, 5. März 2024

... and I'm all out of bubblegum

In der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung gab es ein Interview mit John Bolton, dem ehemaligen US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. Folgende Stelle in seiner Antwort auf die Frage "Im Kongress sind die Ukraine-Gelder blockiert. Wird er sie bald freigeben?" fand ich sprachlich bemerkenswert:
Die Suche nach einem parlamentarischen Weg durch das Repräsentantenhaus läuft auf vollen Touren. Ich stimme den Republikanern zu, die Bidens Grenzpolitik als nutzlos und gefährlich für unser Land kritisieren. Aber die Vereinigten Staaten müssen in der Lage sein, to walk and chew gum at the same time. Es ist selbstzerstörerisch, die Hilfe zu verzögern, weil Bidens Grenzpolitik ungenügend ist.
Da der englischsprachige Nebensatz unübersetzt geblieben ist, gehe ich davon aus, dass es sich um eine stehende Wendung handelt, die auf deutsch für (noch mehr) Verwunderung sorgen würde. Sowohl das englische Wiktionary als auch das mir bisher nicht bekannte "Free Dictionary by Farlex" geben an, dass dieser Phraseologismus in der Regel negiert verwendet wird, "to indicate incompetence" oder "to convey ineptitude". Man schreibt oder sagt also so etwas wie "Der kann doch nicht mal gleichzeitig gehen und Kaugummi kauen". Der Wiktionary-Beleg von 1978 – keine Ahnung, ob es sich um das älteste schriftliche Beispiel handelt – ist allerdings wie unser SZ-Zitat positiv formuliert: Die United States Federal Trade Commission (Statutes and Court Decisions) hat festgehalten, dass "The philosophy communicated to T.E.C. salesmen was to enroll any person who could 'walk and chew gum at the same time'". Es wird eine geistige Mindestanforderung gestellt bzw. akzeptiert, und so wird es auch bei Bolton gemeint sein: Die USA sollten es fertigbringen, sich auf zwei Dinge gleichzeitig zu konzentrieren, müssen das eine ausblenden, wenn sie das andere erreichen wollen.
Dafür wüsste ich auch keine adäquate Übersetzung. "Bis drei zählen können" oder ähnliches würde m.M.n. nicht funktionieren.

Montag, 4. März 2024

Mond-News zum Montag

Was lese ich da in der heutigen FAZ? Es wurden schon wieder neue Monde entdeckt, drei an der Zahl. Damit hat der Uranus nun 28 Monde, von denen wir wissen. Die Anzahl derer des Neptun steigt um zwei auf 17. Wie die neuen Trabanten heißen werden, ist noch nicht bekannt, fest steht nur, dass der Jupitermond gemäß alter Tradition nach einer Figur aus den Werken Shakespears benannt werden soll.

Samstag, 2. März 2024

Serientagebuch 02/24

01.02. True Detective 4.03
The Expanse 6.04
02.02. The Big Door Prize 1.01
Der junge Inspektor Morse 5.04
05.02. The Expanse 6.05
The Expanse 6.06
06.02. Curb Your Enthusiasm 12.01
The Big Door Prize 1.02
08.02. The Big Door Prize 1.03
Der junge Inspektor Morse 5.05
10.02. True Detective 4.04
True Detective 4.05
12.02. Der junge Inspektor Morse 5.06
13.02. The Big Door Prize 1.04
Curb Your Enthusiasm 12.02
16.02. The Big Door Prize 1.05
17.02. The Big Door Prize 1.06
19.02. The Simpsons 35.11
Curb Your Enthusiasm 12.03
20.02. The Big Door Prize 1.07
True Detective 4.06
21.02. Mrs. Davis 1.01
22.02. The Big Door Prize 1.08
Will Trent 1.01
Will Trent 1.02
23.02. Mrs. Davis 1.02
26.02. The Big Door Prize 1.09
The Curse 1.06
The Curse 1.07
The Curse 1.08
27.02. The Curse 1.09
The Curse 1.10
28.02. Mrs. Davis 1.03
Will Trent 1.03
29.02. The Simpsons 35.12
The Big Door Prize 1.10

Immer traurig, wenn eine so epische, mitreißende Reihe wie The Expanse endet. Ob der verringerte Umfang der finalen Staffel Budgetgründen oder dem Quellenmaterial geschuldet war, weiß ich nicht. Es fühlte sich so oder so schön rund an. Die cold opens, die einen zu Beginn jeder Folge in eine (buchstäblich) gänzlich fremde Welt entführten, erhielten die Neugier aufrecht, auch wenn ich jeden verstehe, dem dieses Verlassen der bisherigen mehr oder weniger realistischen Pfade "harter" SciFi missfiel. Das Ende hätte ruhig noch ein wenig emotionaler ausfallen können. In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass "The Expanse" zwar nie in der allerobersten Liga des Prestige TV mitspielte, aber trotzdem etwas ganz Besonderes war. Die Weltraum-Optik hat mich stets zum Staunen gebracht, auch die Effekte, sahen, wenn sie gut aussahen, richtig toll aus, und an den schauspielerischen Leistungen konnte man nix aussetzen.
Kürzlich ist ein "Expanse"-Videospiel von Telltale erschienen, welches ich spielen möchte, sobald es ins Game-Pass-Angebot rutscht.

Im Februar 2023 (so lange ist das her!) stellte ich an dieser Stelle bezüglich der vierten Staffel von Der junge Inspektor Morse "erstmals einen Qualitätsverfall" fest. Nun, damit war zum Glück kein Trend eingeleitet – die (diesmal sechs Episoden umfassende) fünfte Staffel ist brillant wie eh. Wieder gibt es einen fesselnden übergreifenden Handlungsbogen, wobei dieser am Ende nicht ganz abgeschlossen ist und in Season 6 hoffentlich wieder aufgenommen wird. Die Fälle der Woche überzeugen ihrerseits als Einzelgeschichten; zum Teil führen sie in die höchsten Kreise der Weltpolitik. Wie immer ist es erforderlich, seine Konzentration 90 Minuten lang diszipliniertst aufrechtzuerhalten. Dafür wird man dann auch belohnt. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: "Endeavour", so der Originaltitel der Serie, ist der Goldstandard britischer Krimikost.
PS: Auch hier wiederhole ich mich, aber ich rate allen Fans, nach dem Genuss die jeweiligen imdb-Abschnitte "Wissenswertes" zu konsultieren. Es ist eine Wonne zu erfahren, wie viele Referenzen und Easter Eggs die Macher in jeden einzelnen Film einweben!

Viel wurde über True Detective geschrieben und gelobhudelt (lobgehudelt?). Konnten die (diesmal nur) sechs Folgen von "Night Country" an das Niveau des nun auch schon zehn Jahre alten ersten installments, welches ich immer noch für eines der imponierendsten Werke der TV-Geschichte halte, anschließen? Ganz klar: Nein, auch wenn gegenüber Staffel 3 und erst recht Staffel 2 ein deutlicher Sprung zu verzeichnen ist. Einen inhaltlichen Anschluss vollzieht Showrunnerin und Autorin Issa López (Nic Pizzolatto wird nur noch als Executive Producer geführt) durchaus – was mir nicht in aller Klarheit aufgefallen wäre, hätte ich nicht jede Woche das dazugehörige Analyse-Video von "ScreenCrush" studiert. Tatsächlich gibt es zahlreiche Anspielungen auf und Verbindungen zu den unterschwellig Lovecraft'schen Ereignissen von Staffel 1. Spiralsymbole, Carcosa, der King in Yellow, die Geisterwelt, die fünfte Dimension, das alles wird behutsam angedeutet, während manche übernatürlichen Elemente etwas zu direkt verhandelt werden, und leider auch auf zu abgedroschene Weise: Geister, die den Mund aufreißen und mit ausgestrecktem Arm ins Leere deuten, will man doch im Jahr 2024 nicht mehr sehen. Am stärksten ernüchtert jedoch, dass es in vielen Punkten zuletzt nur bei den Andeutungen bleibt und die meisten Verknüpfungen zu Season 1 mehr oder wenig sinnlos erscheinen. Auch sonst wirkte der Stoff nicht selten enttäuschend vertraut; mehr als einmal dachte ich gehässig "Hey, ich mochte diese Serie mehr, als sie noch 'Fortitude' hieß!" (dass hie wie da Christopher Eccleston mitgespielt hat, mag dazu beigetragen haben). Nicht einverstanden war ich auch mit der Auflösung des eigentlichen Kriminalfalls, des frostigen Hinscheidens einer Forschergruppe in mysteriösester Djatlow-Pass-Manier.
Nun aber die Pluspunkte. Atmosphäre atmet das Ganze allemal und ist ein willkommener Kontrast zu den staubigen Settings der Vorgänger-Staffeln. Island als Stand-in für Alaska während der Polarnacht macht sich bestens. Musik und Ton tragen ihr Übriges bei. Und Jodie Fosters Spiel adelt halt jede Produktion.

Das Wundersamste, Verstörendste und ehrlich gesagt Unerträglichste in dieser Aufzählung, ach was: im gesamten Serientagebuch 2024, dürfte The Curse sein. Reichlich harmlos liest sich die Prämisse: Ein Millennial-Paar möchte im Rahmen einer Reality-Show eine abgehängte Siedlung in New Mexico auf Vordermann bringen und muss sich dabei mit Gentrifizierungsvorwürfen, der Störrischkeit von Passivhäusern, den Rechten Indigener, ungeklärten Kostenfragen und einem Fluch rumschlagen. Einem Fluch? Ja, zumindest einem gezischten "I curse you!" aus dem Munde eines Kindes. (Sprechakttheoretisch nicht uninteressant!) Ob und was der Fluch zu bedeuten hat, ob er überhaupt eintritt und wie oder was, das erfährt man lange Zeit nicht. Das wahre Grauen zeigt sich ohnehin in der zwischenmenschlichen Kommunikation oder vielmehr Nicht-, Anti- und Vorbei-Kommunikation. Ich bin ja nun wirklich mit allen Cringe-Wassern gewaschen, aber Nathan Fielder, der schon mit "Nathan for You" und "The Rehearsal" das Doku-Comedy-Genre auf links gekrempelt hat, dreht den Fremdscham-Regler hier auf 11. Ein paar Stimmen aus dem "Something Awful"-Forum:
"
Im watching it slowly because [it] is often so uncomfortable to watch. They both are awful people and at the same time so so embarrassing. Sometimes the cringe I feel for them is almost physical."
"
Obligatory 'What the fffuuuuuck?' Seriously. I feel like I will have a hard time watching Emma Stone in anything for a while, because it will remind me of her playing shallow, self-centered and superficial Whitney so damn convincingly. For some reason, the part and the actor are so intertwined in my head, I kinda low-key hate her now. Feels super weird, hard to explain."
"[...] really got me anxious while watching. I don't know if I would have watched the whole thing if Nathan wasn't in it and I wasn't waiting for his style of twist."
Dass die Fielder/Safdie-Kooperation bei Showtime bzw. hierzulande auf Paramount+ praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit lief, ist einerseits schade, andererseits erübrigt sich so auch eine zweite Staffel, und eine solche wäre schlechterdings unmöglich und unnötig.

Auch The Big Door Prize watet im Sumpf des Bizarren, bleibt jedoch bedauerlicherweise unausgegoren und low-key. In einer amerikanischen Kleinstadt (sie sind eben die perfekten Schauplätze) manifestiert sich von heute auf morgen eine eigenartige Maschine im örtlichen Gemischwarenladen. Der "Morpho"-Automat spuckt jedem, der sich reinsetzt, seine Handflächen scannen lässt und seine Sozialversicherungsnummer eingibt, eine Karte aus, auf der seine wahre Bestimmung, sein "Life Potential", steht. Ein Schüler erfährt, dass er Meteorologe werden soll, die Schulleiterin fühlt sich dank Morpho-Zettel zum halsbrecherischen Motorradfahren berufen, die Bürgermeisterin ... na, das will ich nicht verraten. Wie gesagt, das im Zentrum stehende Rätsel wird zu wenig ergründet, der Fokus liegt auf den Dynamiken zwischen den Einwohnern und Einwohnerinnen, es geht um Einzelschicksale, Lügen, verpasste Chancen und verbotene Liebe. Womöglich kratzt auch die Buchvorlage nur an der Oberfläche, vielleicht geht die im April anlaufende zweite Staffel mehr in die Tiefe. Ganz nett ist die halbstündige Dramedy trotzdem, nicht zuletzt wegen der Hauptdarsteller Chris O'Dowd und Gabrielle Dennis.

Donnerstag, 29. Februar 2024

Schaltjahr-Fortsetzungsgeschichte (V)

Was bisher geschah:
Teil I (2008)
Teil II (2012)
Teil III (2016)
Teil IV (2020)

Fünfzigtausend Mann mochten es gewesen sein, einige hatten sogar die unvorstellbare Zahl von einhunderttausend in den Mund genommen. So oder so waren die Heerscharen der Goldenen Horde von Anfang an überlegen gewesen, das hatten alle gewusst, allein es auszusprechen hatten die einfachen Soldaten sich so wenig getraut wie den Großfürsten spöttisch einen Kleinkrieger zu heißen.
Olgierd lachte beim Gedanken an den Übermut des Litauers, was einen scharfen Schmerzensblitz hinter seine ohnehin unangenehm pochende halboffene Bauchwunde jagte. Das Blut lief ihm in einem feinen Rinnsal herab und erinnerte ihn an den harmonisch-kühnen Verlauf der Worskla. "In wenigen Monaten beginnt ein neues Jahrhundert, mein Freund", keuchte Olgierd in Richtung des knabenhaften Landsmannes, der wie durch ein Wunder völlig unversehrt geblieben war. "Den Wechsel würde ich allzu gerne erleben."
"Streng genommen beginnt das nächste Jahrhundert erst 1401, also in über einem Jahr", erklärte Andrzej mit erhobenem Zeigefinger und zwinkerte nach einer kurzen Pause schelmisch. Olgierd rang sich ein Lächeln ab. "Welche Narren behaupten das? Möge sie der Khan persönlich erschlagen!" Im Hintergrund ertönte das gepresste Keuchen eines verstümmelten Rosses. "Weißt du", hob der Jüngere an, "wer auch an einem Flussufer gestorben ist? Barbarossa, der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Nicht im Kampf gegen die Seldschuken gefallen, sondern beim Baden krepiert, haha. Die schillerndsten Helden treten am ehrlosesten ab."
"Und doch", gab Olgierd zu bedenken, "raunen die Deutschen von seiner Wiederkehr. Oder bezweifeln gar, dass er überhaupt tot sei." Andrzej kannte die Sagen. Nickend ergänzte er: "Der Rotbärtige schläft nur, heißt es. Ein goldenes Zeitalter" (da war es wieder: golden) "bricht an, sobald er sich erhebt. Wenn die schwarzen Vögel nicht mehr kreisen, ist es soweit." Olgierd kniff die Augen zusammen, schaute in seine Lendengegend, als er sie wieder öffnete. Das Blut war getrocknet. "Wenn ich es in meine Heimat schaffe, werde ich eine neue Siedlung gründen. Und dort sollen gar keine Vögel fliegen. Kein Rabe, kein Falke, keine Goldammer möge sich niederlassen, und allfort herrsche Frieden und Wohlstand, mein Freund. Aber wenn sie je kreisen ... dann gnade uns Gott."

Nahezu fieberhaft kippte Marek den Inhalt einer Pappkiste, die er unter seinem Bett hervorgezogen hatte, über den Spielteppich in seinem Kinderzimmer. Dutzende Bücher und Magazine zum Thema Ornithologie kamen zum Vorschein, darunter der deutsche "Kosmos Vogelführer" sowie eine Neuauflage von "Birds of Brittania", geschrieben von Philip, dem Duke of Edinburgh und gegenwärtigen Prinzgemahl im Vereinigten Königreich. An etliche der Druckwerke konnte sich Marek kaum mehr erinnern, ein gewisses selbstangefertigtes Heft aber hoffte er zu finden. Und da war es zum Glück noch: eine gewöhnliche, grün eingeschlagene Kladde, in die Marek in seiner Vorschulzeit Fotografien und ausgeschnittene Tierbuchzeichnungen von Vögeln geklebt hatte. Er blätterte in Rekordgeschwindigkeit durch das kindliche Werk, bis er auf Seite 35 (die Seitenzahlen hatte er von seinem Vater mit einem Filzstift eintragen lassen) fündig wurde. Eine Elster. Die Elster. Marek atmete heftig ein und aus, hyperventilierte fast. Nachdem er ein paar Mal in einer paradoxen Mischung aus Triumph und Verzweiflung mit geballten Fäusten auf den Fußboden geklopft hatte, riss er die komplette Seite aus der Kladde und zerknüllte sie.
In diesem Moment betrat seine Mutter das Kinderzimmer. "Was machst du denn da?", sagte sie, wartete Mareks Antwort aber nicht ab. "Ich hatte gerade eine sehr interessante Begegnung. Weißt du, wen ich vor Herrn Komorowskis altem Plattenladen getroffen habe? Die Bürgermeisterin, Frau Sroka."

Keine Stunde war der Nonne geblieben, um die Aktion zu planen und die benötigten Werkzeuge zu besorgen. Doch Improvisation war genau ihr Ding, und ein Klapprad, eine Wäscheleine und etwas rote Farbe waren rasch besorgt. Ein Fläschchen Chloroform hatte sie sogar dabei gehabt (Wer würde schon den Kulturbeutel einer reisenden Nonne durchsuchen?), und ihren Habit hatte sie kurzerhand mit Erde und Dreck von der Straße besudelt, um den "Unfall" glaubwürdiger erscheinen zu lassen. "Hilfe, Hilfe", wimmerte sie nun in liegender Position. "Ich bin gestürzt, warum hilft mir denn niemand?"
Auf die Hilfsbereitschaft der Mehrheit ihrer Mitmenschen hatte sie ohnehin nicht gesetzt, aber heute waren nicht einmal Leute in der Innenstadt zu sehen. Waren alle ausgeflogen? "Ausgeflogen", das war wohl das passende Wort. In die schummrige, nicht eben einladende Seitengasse, in welcher die "Verunglückte" lauerte, verirrte sich an diesem Tage schon mal gar keine Seele. Erst nach einer Viertelstunde wurde eine Gestalt sichtbar. Ein Opfer.

Mittwoch, 28. Februar 2024

TITANIC vor zehn Jahren: 3/2014


Dieser Titel "funktioniert" vermutlich auch ohne Hintergrundwissen, doch zum besseren Verständnis sei darauf hingewiesen, dass es sich um eine Verbindung zweier Affären handelt, die damals die Nation bewegten; ein klassischer "Themenkreuzungstitel", zu dem es als Making-of ein fabelhaftes Stop-motion-Video gibt, an dem Thomas Hintner eine geschlagene Woche von früh bis abends gesessen hat.

Parallel zu den causae "Gelber Engel" und SPD (s. Startcartoon, S. 3) kochte auch noch ein Fiskusskandal um Alice Schwarzer hoch. Das von Moritz Hürtgen und Michael Ziegelwagner geschriebene Aufmacher-Märchen "Alice im Steuerland" enthält ein paar der formidabelsten Illustrationen Stephan Rürups aller Zeiten.


Leider aktuell wie nie ist die Strecke "Endlich wieder deutsche Kriege!": "Den Rest der Welt verlangt es nach unserer 'tätigen Außenpolitik' (Außenminister Frank-Walter Steinmeier), denn wir sind 'zu groß, um die Weltpolitik nur zu kommentieren'. Wir 'können nicht zur Seite schauen' (Kriegsministerin Ursula von der Leyen)". Aktualisierte Propaganda zu herbeigesehnten Missionen in Afrika und Vorderasien ("Jedem Sudanes was aufs Gesäß!"), angelehnt an Postkarten, Plakate und Briefmarken aus der Ära Weltkrieg I bis II, lieferten die Seiten 28-31:


Nun zum aftermath des Rummels um den vormonatigen Titel. Dieser wurde nicht nur im Ausland wahr- und kritisch aufgenommen ...


... sondern sollte uns auch in Form unzähliger Hasskommentare und Leserbriefe um die Ohren fliegen, die einerseits unterhaltsam genug waren, um eine muntere Doppelseite zu füllen (S. 34f.), andererseits teils so beängstigend waren, dass wir Strafanzeigen gegen Unbekannt in Erwägung zogen. Dass Formel-1-Fans nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, war mir klar gewesen, nicht jedoch, wie durch und durch boshaft und entmenscht sie sich zu gerieren imstande sind. Wer die sadistischsten der uns erreicht habenden Gewaltfantasien und Morddrohungen ("... Yugokiller vom Balkan anheuern") lesen möchte, möge das Heft nachbestellen. Hier nur zwei Beispiele, die auf diesem i.d.R. jugendfreien Blog gerade noch so reproduzierbar sind:


Hier kommt eine meiner persönlichen Top-3-Gaitzsch/Ziegelwagner-Produktionen. "Für Sie mit der Zeitmaschine aus der Zukunft geholt: Neue Fantasy von Martin Mosebach!" (S. 58f.) Anlass für diesen extrem verkopften Feuilleton-Quatsch war Martin Mosebachs Buch "Das Blutbuchenfest", das mit allerlei Vorschusslorbeeren bedacht worden war, bevor Andreas Platthaus in der FAZ auf die "groteske erzählerische Willkür oder Sorglosigkeit" aufmerksam machte: "Dreizehnmal werden in Mosebachs neuem Roman mobile Gespräche geführt", obwohl er in den Jahren 1990/91 spielt. (Das erstaunt mich übrigens bis heute: Traditionell ist das Blatt dem Frankfurter Literaten freundschaftlich verbunden. Mehr als einmal war ich Zeuge, wie der verschmitzte Katholik mit FAZ-Personal herzlich plauschte. Nun, ich schätze, das macht guten Journalismus aus: dass man über allfällige Kritikpunkte nicht aus Gewohnheit und/oder Kumpanei hinwegsieht.)
Einmal trugen Ziegelwagner und ich die von ausgedachten Zitaten aus der Literaturszene durchbrochenen Romanauszüge öffentlich vor und stießen weitgehend auf Unverständnis. Das Schreiben, vor allem das Parodieren legendärer Mosebachismen wie "Sopha", hatte uns jedenfalls eine Mordsgaudi beschert.


Eine große Ehre wurde mir in der Humorkritik zuteil: Ich durfte das Zitat des Monats liefern.


Ich habe schon wiederholt angemerkt, dass mir "meine" Rubrik "55ff" regelmäßig als Zweitverwertungsstätte diente. Auch diesmal konnte ich einen Witz platzieren, der davor jahrelang als Kugelschreiberskizze in meinem Notizbuch existiert hatte, hihi:


Weiteres Notierenswertes
- Von den in Moritz Hürtgens Homestory zur "Sex-Umfrage des Papstes" (s. Titanic 12/13 und 1/14) zu sehenden Schauspielenden (S. 22-24) sind selbst langjährigsten Abonnenten wahrscheinlich höchstens vier von fünf gesichtsbekannt. Den Herrn Pfarrer mimte ein grundsympathischer Wiener Spezi mit herrlichem österreichischen Namen.

- Apropos (s.o.) "liefern": David Schuh spürt auf S. 26f. einem bis heute nicht gelöschten sprachlichen Flächenbrand nach. "[...] Philipp Rösler, der nach seiner Wahl zum FDP-Vorsitzenden großspurig-blöde verspricht: 'Ab heute wird die FDP liefern' (SZ, 14.5.11). Doch Rösler gerät später in Lieferungsverzug, erhält Mahnbriefe sonder Zahl: 'Philipp Rösler muß jetzt liefern', schreibt die WAZ (4.1.13), 'Rösler muß jetzt liefern', variiert am selben Tag die Welt, und 'Rösler muß jetzt liefern', plappern die Grünen [...] gewohnt besinnungslos nach, was gerade an Deppensprech available ist."
- Etwas meines Wissens Einmaliges gibt es ab Seite 40 zu bestaunen: einen vier(!)seitigen Katz-und-Goldt-Comic. Einmalig war auch, dass wir, die Redaktion, uns nach Eingang der Urfassung ein alternatives, konsequenteres Ende wünschten. Das Gesuch wurde (mit Begründung) abschlägig beschieden, was selbstverständlich okay ist.
- "Ein Feiertag für unsere Moslems" (S. 44f.) ist eine meiner raren Kooperationen mit Mark-Stefan Tietze. Weil (inzwischen auch wieder vom Tisch!) die Türkische Gemeinde in Deutschland einen solchen Tag gefordert hatte, überlegten wir uns, welchen "von unseren alten abgelegten Feiertagen" wir für diese Leerstelle hergeben könnten: zum Beispiel Christi Himmelfahrt ("Könnten wir es ihnen schmackhaft machen, dabei riesige Teekannen auf Bollerwagen mitzunehmen, stünde einer Umwidmung in den 'Mustafatertag' nichts mehr im Weg.").
- Diese Ausgabe enthält die erste Folge der stets zum Glucksen anregenden Reihe "Gsellalileo"! "'Ameisenbisse tun weher als Löwenpisse, aber Löwenbisse tun weher als Ameisenpisse': Mit dieser Klarstellung beendete ein tansanischer Logiker jetzt eine jahrhundertealte Auseinandersetzung zwischen den Universitäten Oxford und Krefeld, die am Ende fast schon zur Glaubensfrage mutiert war. Nun versprachen beide, sich eine andere Streitfrage zu suchen, zum Beispiel was letztlich gefährlicher ist für junge Heringe, Orcas oder Orkane."
- Zum Schluss mein liebstes Detail aus der Egner-Vorderseite im Essay:


Schlussgedanke
- Ein Heft, das die Leserschaft mit viel Relevantem, ein bisschen Meta-Kram (Lauda!) und einigen recht harten Gags konfrontiert. Schulnote: 2.

Dienstag, 27. Februar 2024

Nekrolog, albern

Gestern wurden auf Wikipedias Liste der zuletzt Verstorbenen folgende Personen aufgeführt, in exakt dieser Reihenfolge:

"HAHA! Genau das habe ich auch gesehen und sofort an Dich gedacht. Dick und Dumm, Bischof und Zuhälter ❤" (Freund M. via Facebook-Messenger) Dass der Pimp namens Dumm ("Dummse Tünn") obendrein ausgebildeter Rohrleger war ... come oooon, Weltgeist.

Montag, 26. Februar 2024

Das gute Zitat

"It’s always uplifting when an automated phone system tells me 'goodbye' — short for 'God be with ye.'"

----- George Meyer, auf seiner Heimseite "Frogs & Turtles"

Samstag, 24. Februar 2024

Neues Altes (Januar/Februar 2024)

Hey, ich hatte doch Ende letzten Jahres zwei neue Rubriken versprochen! Hier ist die erste. Unter dem Titel "Neues Altes" (die Vorschläge von ChatGPT waren nicht origineller) werde ich künftig, voraussichtlich alle zwei Monate, Entwicklungen und Neuigkeiten aus der packenden Welt der Archäologie dokumentieren. Ich werde entsprechende Links zu Nachrichtenseiten auflisten und worum's geht kurz zusammenfassen/zitieren. (In ein paar Jahren werden die Links sowieso alle ins Leere führen. Die Internetarchäologie wird hier irgendwann gefragt sein!). In dieser Ausgabe sind's nur drei. Ich verspreche, die Augen fürderhin noch weiter offen zu halten.

  • Schnitten sich die Menschen der Steinzeit Fingerglieder ab? (Süddeutsche Zeitung, 2. Januar) Viele der ältesten Höhlenmalereien in Frankreich und Spanien enthalten Handabdrücke, bei denen Fingerglieder oder ganze Finger fehlen. "Die Folge irgendwelcher Krankheiten, vielleicht auch von Erfrierungen oder von Unfällen? Nicht unbedingt, versichert jetzt ein Forscherteam um den Archäologen Mark Collard von der Simon Fraser University im kanadischen Burnaby bei Vancouver - und bot nun auf der Konferenz der European Society for Human Evolution eine gruselige Alternativerklärung an."
  • Sensationsfund in der Ostsee: 11.000 Jahre alte Mauer vor Rerik (NDR, 13. Februar) Rund 10 Kilometer vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns wurden durch Zufall Reste eines 970 Meter langen Steinwalls entdeckt. "Die Mauer liegt neben einer Vertiefung, vermutlich einem ehemaligen See. Die Forscher gehen davon aus, dass Jäger den Wall gebaut haben, um Rentiere in der Nähe des Sees in die Enge zu treiben und sie dort zu erlegen."
  • Möglicherweise alte Kultstätte im Chiemsee entdeckt ("Spiegel online", 22. Februar) Bei Bodenradarmessungen sind Geophysiker auf die Grundmauern einer möglicherweise 1000 Jahre alten Kultstätte im romanischen Stil gestoßen. "Der Bau liege auf dem höchsten Punkt der [Fraueninsel im Chiemsee] und hat einen Durchmesser von 19 Metern. Ungeklärt sei, ob es sich um das Grab der Seligen Irmengard handeln könnte. Sie wirkte im 9. Jahrhundert als Äbtissin des Konvents Frauenwörth."

Donnerstag, 22. Februar 2024

Throwback Thursday: Plympton

In einem Release-Blog tauchten kürzlich mehrere Animationsfilme eines gewissen Bill Plympton auf. Ohne dass ich irgendwelche Bewegtbildausschnitte sah, lösten die Vorschau-Screenshots etwas in mir aus: Der Stil kam mir ungeheuer vertraut vor, obwohl ich mir sicher war, noch nie bewusst ein Plympton'sches Werk konsumiert zu haben. Hatte ich aber wohl! Denn alsbald dämmerte es mir: Wir hatten Mitte der Neunzigerjahre ein Computerspiel für den Amiga 500, dessen Grafik nur von diesem Künstler stammen bzw. auf dessen Animationen basieren konnte, was ich damals jedoch nicht wusste oder nicht wahrhaben wollte; ich war davon ausgegangen, das Game hätte irgendwas mit Monty Python zu tun, dabei haben Terry Gilliams Trickfilme, wie sich leicht überprüfen lässt, keinerlei Ähnlichkeit mit denen Plymptons. Nun ja, ich war damals höchstens 15 Jahre alt und popkulturell noch nicht so sehr bewandert. Dass es bei mir nicht klingelte, als ich später die acht (!) "Couch Gags" sah, die Plympton über die Jahre hinweg für die "Simpsons" gemacht hat, wundert mich allerdings.

Worum ging es nun in der ominösen Amiga-Software, die, wie leicht herauszufinden ist, "Take Your Best Shot" hieß und von 7th Level entwickelt wurde (die vor ihrer Schließung 1998 tatsächlich drei Monty-Python-Spiele herausbrachten – meine Assoziation kam also nicht von ungefähr!)? Dies kann man in einem Gameplay-Video bewundern, das jemand 2010 freundlicherweise auf Youtube hochgeladen hat. Wie man sieht, war das Teil ein Non-Game avant la lettre, denn abgesehen davon, dass man abwechselnd zwei Männchen einander comichaft überzeichnete Gewaltakte antun lässt, passiert nicht viel. Für einen jungen Humorentdecker mit Sinn fürs Abseitige war das freilich genug für etliche launige Nachmittage vor dem Heimcomputer. Wir hatten ja nix!


Für seinen ebenfalls auf Youtube zu findenden Kurzfilm "Your Face" wurde Bill Plympton (*1946) übrigens 1987 für einen Oscar nominiert.