Sonntag, 9. Februar 2025

Videospielbewertungs-Roundup (Teil 1 von x)

"Irgendwann werde ich es schaffen, meine zuletzt gespielten Computer- und Xbox-Games in einem Sammelbeitrag vorzustellen", schrieb ich im Oktober vergangenen Jahres. Heute ist es endlich soweit – wobei es nicht auf einen Sammelbeitrag hinauslaufen wird: Es hat sich mittlerweile so viel angesammelt, dass ich den Rezensions-Rundumschlag splitten muss. Ich will schließlich nicht nur ein, zwei Sätze zu jedem Game runtertippen; das bin ich euch schuldig.

Ganze 36,5 Stunden habe ich mit Pathfinder: Wrath of the Righteous verbracht. Das ist viel, aber nicht so viel, wie man erwarten würde, oder? Let me explain. In meiner Freizeit bin ich Mitglied einer Pen-&-Paper-Gruppe, die seit etlichen Jahren das Pathfinder-System nutzt, daher kann ich recht gut einschätzen, wie gelungen die Versoftung durch Owlcat Games ist, nämlich sehr! Und ich liebe es, mich in den zahlreichen Anpassungsmöglichkeiten, dem Charakterausbau und dem Crafting-System zu verlieren. Einsteiger mögen von der Freiheit erschlagen werden, ich finde es geil, wie viel Liebe und Regelwerkstreue in dieses Abenteuer geflossen sind. Diese Optionen, diese Tiefe, diese Komplexität! Die Kämpfe, die man wahlweise in Echtzeit oder rundenbasiert ablaufen lassen kann (ich bevorzuge natürlich Runden!), gehören mit zu den besten, die ich je in einem Computer-RPG erlebt habe. Nicht selten sind sie massiv. Wenn wieder einmal ein Dutzend höllischer Abominationen ("mongrels") vor einem steht, denkt man sich knöchelknackend: Zum Glück habe ich in den nächsten zwei Stunden nichts vor. Die Story ist nicht bahnbrechend, aber spannend genug, die Begleiter/innen sind toll geschrieben und interessant.

(Screenshot von Gamersglobal)

ABER. Ein dicker Wermutstropfen fällt einem beizeiten auf. Der Spieler wird direkt in das Geschehen geschubst, von Anfang an geht es turbulent zu, eine bedeutungsvolle, actionlastige Sequenz folgt der nächsten, man hat keine Gelegenheit zum Durchschnaufen. Was fehlt, ist eine Art Hub, ein Ort, in den man nach einer geschlagenen Schlacht zurückkehren kann, um zu rasten, zu handeln, Sightseeing zu betreiben oder seichte Nebenquests zu erledigen. Ich hätte mir so etwas wie Athkatla in "Baldur's Gate II" gewünscht, eine zentral gelegene Stadt, an deren Look, Vielfältigkeit, aber auch Vertrautheit man sich jederzeit erfreuen kann. Über das Fehlen einer solchen hätte ich noch hinwegsehen können, würde nach der Hälfte der Kampagne (oder nach einem Drittel?) nicht eine Art Zusatzauftrag bzw. ein Parallelspiel eingeführt, das zum Weiterkommen unabdingbar ist: der Kreuzzug. Zitat Gamersglobal: "
Fortan durchquestet ihr nicht mehr nur mit eurer eigenen Party die Lande, sondern kommandiert auf der Übersichtskarte zusätzlich unabhängige Truppenverbände, mit denen ihr den versprengten Dämonenarmeen zu Leibe rückt. Diese Kämpfe werden auf eigenen, schachbrettartigen Schlachtfeldern ausgetragen – und spielen sich leider noch weniger spannend als die RPG-Gefechte. Im Wesentlichen klickt ihr den Gegner so lange an, bis er umfällt – die zahlenmäßig stärkere Fraktion gewinnt. Überspringen könnt ihr die Auseinandersetzungen nicht. Häufig müsst ihr nämlich erst mit euren Stoßtrupps den Weg freiräumen, bevor eure Party die nächste Mission erfüllen kann." Ich sag's ehrlich: Das nervt wie Sau. Nachdem ich viermal an so einem Geplänkel gescheitert bin, weil meine Truppen einfach zu schwach waren und ich weder mit Taktik noch Glück weiterkam, musste ich das Spiel schweren Herzens deinstallieren.

Keine zwei Stunden dauert Old Man's Journey, aber diese Reise wird nie vergessen, wer nicht vollends abgestumpft ist. Es geht emotional zu wie in "Up", und das, obwohl kein einziges Wort fällt. Ein alter Mann schnappt sich den Wanderstock und stapft durch eine wunderschöne, französisch angehauchte Landschaft. Wir steuern ihn lediglich mit Mausklicks, müssen dabei aber – und das ist ein enorm innovatives Spielprinzip – die Ebenen jener Landschaft verschieben: Ein Berg wird nach unten gezogen, eine Brücke nach oben; man rückt die Gegend sozusagen zurecht, als würde unser Held durch ein Aufklapp-Bilderbuch marschieren. Schwer zu beschreiben. In Rückblenden lernen wir die Lebensgeschichte des Opas kennen, die dezente Musik unterstreicht die Stimmung. Toll!


Ungewöhnlich ist auch The Lion's Song, zumindest was die Optik angeht. Sepia-Pixel-Look, Retro-Font ("System"), Animationen wie in frühen Graphik-Adventures. Die vier Episoden dieses Point-and-Click-Indie-Games erschienen bereits 2016. Das Entwicklungsstudio Mi'pu'mi Games sitzt in Österreich und verlegt die Handlung ebendort hin. Die Wiener Kaffeehauskultur zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird wunderbar eingefangen. Es geht um Kunst, Kultur und Wissenschaft, im Mittelpunkt steht allerdings das Innenleben der Protagonisten, deren Schicksale, wie man nach und nach erfährt, miteinander verstrickt sind. Bemerkenswerten Kopfnüssen begegnet man nicht, meist kommt es auf das Navigieren durch lebensnahe Dialoge an. Diese weisen leider etliche Komma- und Tippfehler auf, was aber das einzige ist, was den rund fünfstündigen, reichlich melancholischen, nun ja, Spielspaß trübt.


Wer Melancholie mag und von schweren Themen nicht abgeschreckt wird, ist bei Tell Me Why richtig. Ein Vergleich mit "Life is Strange" drängt sich auf, doch ist das ebenfalls von Dontnod entwickelte Coming-of-Age-Drama deutlich weniger clever, was das Gameplay angeht. Im Grunde ist ein solches gar nicht vorhanden. Die "Rätsel" sind nicht der Rede wert, abseits von unspektakulären Sammel- und Kombinationsaufgaben treibt man die Handlung über das Durchsuchen von Räumen und das Interagieren mit Personen voran. Auch die Entscheidungen fallen nie so schwerwiegend aus wie in der "Life is Strange"-Reihe. Doch genug genörgelt. "Tell Me Why" sieht fantastisch aus! Sowohl der Schauplatz Alaska als auch die Handelnden sind exzellent in Szene gesetzt. Die Geschichte ist mitreißend und gefühlsbetont, ohne je unglaubwürdig oder kitschig zu werden. Die Transgender-Thematik wird professionell, i.e. einfühlsam und klischeefrei behandelt. An der Vertonung ist so wenig auszusetzen wie am Umfang des mehrfach ausgezeichneten Episodenspiels aus den Xbox Game Studios.


Mittwoch, 5. Februar 2025

Neues Altes (November '24 - Januar '25)

Gleich zwei Meldungen – die neben vielem anderen hier natürlich nicht unerwähnt bleiben sollen – sorgten Ende letzten Jahres auch über die Archäologie-Community hinaus für Aufsehen: der rheinland-pfälzische Manipulationsskandal und die Frankfurter Silberinschrift. Los geht es aber mit einem Nachzügler aus dem Oktober:
  • Der Mann im Brunnen: Genanalysen bestätigen eine nordische Saga (Tagesspiegel, 31. Oktober) Mithilfe von Erbgutanalysen und der Radiokarbonmethode konnten Forscher Licht in eine in der Sverris Saga überlieferte Begebenheit bei der Schlacht zwischen den "Baglern" und den "Birkebeinern" im Jahr 1197 bringen. Untersucht wurden menschliche Überreste aus den Ruinen der norwegischen Festung Sverresborg.
  • Rätselhafte Zeichen aus Syrien sollen älteste Spuren eines Alphabets sein (Der Standard, 23. November) In Gräbern aus der frühen Bronzezeit fand ein Forschungsteam 2004 in der "Stätte Tell Umm-el Marra, die eine der ersten Städte mittlerer Größe im Westen Syriens war", neben Skeletten, Schmuck und Gebrauchsgegenständen vier kleine "Zylinder aus gebranntem Ton, die mit einfachen Zeichen verziert waren". Könnte es sich um Buchstaben handeln, die mithin älter als die frühesten Alphabete der Welt wären?
  • Archäologie-Skandal in Koblenz weitet sich offenbar aus (swr.de, 25. November) Ein Mitarbeiter der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Koblenz soll reihenweise archäologische Funde falsch datiert haben. Unter anderem stellte sich ein Schädel des "Neandertalers von Ochtendung" als 160.000 bis 170.000 Jahre jünger heraus. "Die Ergebnisse datieren demnach das Fragment ins Frühmittelalter (7./8. Jahrhundert nach Christus) und nicht in die Altsteinzeit." Weitere Verdachtsfälle werden untersucht.
  • Was Archäologen auf Karls Erdbeerhof in Döbeln freilegen (Mitteldeutsche Zeitung, 26. November) "'Anhaltspunkte gab es bereits, doch die bronzezeitliche Siedlung ist viel größer als angenommen', sagte Grabungsleiter Thomas Lukas. 'Bislang gab es ein Haus aus dieser Zeit, aber jetzt wurden in etwa 50 bis 60 Metern Entfernung weitere Gruben entdeckt. Die Siedlung ist rund 4.000 Jahre alt und gehört zur Aunjetitzer Kultur, die Epoche, aus der auch die Himmelsscheibe von Nebra stammt.'" Aus einer Siedlung aus der frühen Jungsteinzeit wiederum wurden die Grundrisse von 50 Häusern freigelegt, zudem "etliche große Speichergruben sowie Baugruben, [...] über 30.000 Keramikscherben, rund 7000 Feuerstein-Objekte, rund 500 Mahlsteinfragmente, 200 Steinbeile und Steinäxte sowie 250 Schleifsteine".
  • Seltene römische Brutus-Münze für 1,98 Millionen Euro versteigert ("Spiegel online", 10. Dezember) Sie wurde kurz nach Caesars Ermordung geprägt und zeigt den Mitverschwörer von einem Lorbeerkranz umgeben.
  • "Der älteste Christ nördlich der Alpen war Frankfurter" (Hessenschau, 11. Dezember) Ein 2018 entdecktes Amulett an einem Skelett aus dem Gräberfeld im heutigen Frankfurter Stadtteil Praunheim ist auf den Zeitraum zwischen 230 und 270 n. Chr. datiert worden. "Insgesamt 18 gravierte Zeilen zeigen: Das Amulett ist ein christliches Fundstück, das etwa 1.800 Jahre alt ist. 'Damit ist die sogenannte Frankfurter Inschrift der älteste Nachweis für christliches Leben und die Ausübung christlicher Religion nördlich der Alpen', sagte [Oberbürgermeister Mike] Josef." Eine Umzeichnung der Inschrift, der lateinische Originaltext sowie ihre deutsche Übersetzung finden sich auf der Seite des Archäologischen Museums. (Siehe auch: Überwältigende Presseresonanz auf Frankfurter Silberinschrift, RheinMainVerlag, 29. Januar. Viele weitere Artikel über Googlesuche "Frankfurter Silberinschrift".)
  • Höhle in Galiläa war ritueller Versammlungsort (mdr.de, 12. Dezember) "In der Zusammenfassung der Studie schreiben die Autoren, dass die gewonnenen Erkenntnisse darauf hindeuten, dass die Bewohner der Manot-Höhle aus dem Jungpaläolithikum gemeinschaftliche Aktivitäten ausübten, die sich um ein symbolisches Objekt drehten, das sich im tiefen, dunklen Teil der Höhle befand", nämlich einen "mit Gravuren verzierte[n] Felsblock [...], der in einer Nische der Höhle platziert war und in dessen Oberfläche ein Schildkrötenpanzer-Muster eingeritzt ist".
  • Knochen aus der Bronzezeit zeugen von kannibalischem Massaker ("Spiegel online", 16. Dezember) Knochen von 37 Frauen, Männern und Kindern, die bereits in den 1970er Jahren einer Grube der Stätte Charterhouse Warren in der britischen Grafschaft Somerset entnommen wurden, weisen Spuren massiver Gewalteinwirkung auf. Für die fragliche Zeit von ca. 2000 bis 1500 v. Chr. sei ein solches Massaker, bei dem die Opfer teilweise verzehrt wurden, eher ungewöhnlich.
  • Hunderten Legionären wurde einfach der Kopf abgeschlagen ("Welt online", 30. Dezember) Das Archäologische Museum Frankfurt zeigt bis zum 15. Juni eine Ausstellung über das Massengrab von Scupi, die ich mir auf jeden Fall angucken werde. Im Norden von Skopje wurden 2011 in einer Nekropole südöstlich von dessen antikem Vorgänger mehr als 200 Skelette aus der Zeit der sog. Reichskrise des 3. Jahrhunderts freigelegt. Die überwiegend männlichen Individuen waren entkleidet, wahllos ausgerichtet und allesamt enthauptet worden; höchstwahrscheinlich gehörten sie dem römischen Heer an. "Drei Szenarien sind denkbar: An den Opfern wurde eine Strafe exekutiert [die berüchtigte decimatio]. Oder sie wurden von Invasoren aus dem Barbaricum hingemetzelt. Oder sie fielen in einem Bürgerkrieg?"
  • Hat Bleiverschmutzung den IQ in Europa gesenkt? ("Spiegel online", 7. Januar) Ein internationales Forschungsteam hat "drei Eisbohrkerne aus der Arktis auf Blei-Isotope, vor allem für die Zeit von 500 vor Christus bis 600 nach Christus", untersucht, um Schlüsse auf kognitive Veränderungen der Menschen während der Blüte des Römischen Reiches zu ziehen. "Demnach sank der Intelligenzquotient (IQ) im Römischen Reich bleibedingt im Mittel um 2,5 bis 3 Punkte, in Teilen der Iberischen Halbinsel sogar um mehr als 4 Punkte." Der intensive Bergbau führte u.a. dazu, "dass die Bleibelastung der Atmosphäre im späten 2. Jahrhundert vor Christus ein erstes Maximum erreichte. Einen starken Anstieg verortet das Team dann um das Jahr 15 vor Christus bis in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Christus". "Außerdem wurde aus dem 10./11. Jahrhundert ein slawisches Gräberfeld mit 35 Körpergräbern entdeckt."
  • Byzantinisches Kloster bei Grabung in Israel entdeckt (Deutschlandfunk Kultur, 7. Januar) Reste von mindestens zehn Gebäuden haben die Forschenden freigelegt. Zu den reichen Funden innerhalb des Klosterkomplexes aus dem 5. bis 6. Jahrhundert zählen Münzen, Gefäße, eine Weinpresse und ein Mosaikboden, der u.a. einen Bibelvers in griechischer Sprache enthält.
  • Archäologen entdecken Grab von Chefzahnarzt der Pharaonen ("Spiegel online", 9. Januar) Ein französisch-schweizerisches Archäologenteam hat in der Totenstadt Sakkara bei Kairo das rund 4000 Jahre alte Grab eines Mannes namens Teti Neb Fu entdeckt, bei dem es sich den Inschriften auf einer Scheintür-Stele zufolge um den "Chefarzt des Palastes, Chefzahnarzt und Leiter der Heilpflanzenabteilung" handelte. Die Grabkammer ist "von bunten Wandgemälden geschmückt".
  • 500 Jahre alte Königskronen lagen in Geheimversteck (Spektrum.de, 14. Januar) In einer Krypta der Kathedrale von Vilnius wurden im ersten Jahr des Zweiten Weltkriegs Insignien polnischer und litauischer Herrscher versteckt, die erst 1931 entdeckt worden waren. Nun sind sie wiederentdeckt worden und sollen noch dieses Jahr ausgestellt werden.
  • Historisches Schiffswrack an Sylter Strand freigespült ("Spiegel online", 15. Januar) Durch heftige Stürme wurden Holzbohlen eines alten Schiffswracks freigelegt, sind jedoch nur bei Flut sichtbar und inzwischen teilweise wieder versandet. 3D-technikgestützte Untersuchungen sollen in Kürze Klarheit schaffen.
  • "Frauenpower" im Keltenreich (scinexx.de, 16. Januar) Analysen der DNA von 57 Toten, die zwischen 100 v. bis 100 n. Chr. "in einer Siedlung des keltischen Stammes der Durotriges in Südengland bestattet worden waren", legen eine matrilineare und matrilokale Gesellschaft nahe – "eine Sozialstruktur, in der Frauen Status und Besitz an ihre Töchter weitergaben und auch den Wohnort der Familien bestimmten". Dies deckt sich mit entsprechenden Andeutungen römischer Geschichtsschreiber über das keltische Britannien.
  • Antikes Luxus-Spa in Pompeji entdeckt ("Spiegel online", 17. Januar) In einem noch relativ unerforschten Gebiet im Zentrum Pompejis, wo kürzlich bereits "eine Bäckerei, eine Wäscherei, zwei Villen und die Knochen von drei Menschen" gefunden worden waren, stand mit Platz für 30 Personen der laut Gabriel Zuchtriegel "vielleicht größt[e] Thermalkomplex in einem Privathaus in Pompeji". "'Die Mitglieder der herrschenden Klasse von Pompeji richteten in ihren Häusern riesige Räume ein, um Bankette abzuhalten', so der Archäologe. [...] 'Es war eine Gelegenheit für die Besitzenden, ihren Reichtum zu zeigen und ihren Gästen eine angenehme thermische Behandlung anzubieten.'"
  • Römischer Goldschatz in Luxemburg entdeckt (Tagesschau, 23. Januar) In den luxemburgischen Ardennen wurden 141 Goldmünzen – darunter allerdings auch Fälschungen – gefunden, die ein wohlhabender Römer um 408 n. Chr. aus Furcht vor raubenden Germanen eingegraben haben muss. Drei davon zeigen den selten abgebildeten Kaiser Eugenius, der das Weströmische Reich nur zwei Jahre lang regiert hat.
  • Mit diesen Superwaffen bewiesen Fürsten ihre Macht ("Welt online", 24. Januar) "In der Nähe von Canterbury in der Grafschaft Kent haben Archäologen auf einem angelsächsischen Friedhof aus dem 6. Jahrhundert ein Langschwert freigelegt, das zu Superlativen anregt." Zu den feinen Verzierungen auf der außerordentlich gut erhaltenen Waffe gehört eine noch nicht identifizierte Runeninschrift. Auch weitere Schätze kamen an der bislang geheim gehaltenen Stätte zutage.
  • Forscher entschlüsseln 1900 Jahre alten Papyrus und stoßen auf antiken Kriminalfall ("Spiegel online", 31. Januar) "Der Papyrus wurde vermutlich bereits in den Fünfzigerjahren in einer Höhle nahe dem Toten Meer gefunden. Lange lagerte er unbeachtet in den Archiven der israelischen Antikenbehörde, im Jahr 2014 entdeckte ihn dort eine Forscherin und begann mit einem Team, den schwer entzifferbaren Text zu übersetzen. Das Dokument stammt ungefähr aus dem Jahr 130 nach Christus, als in Judäa das römische Recht galt und die dortigen Bewohner Steuern nach Rom abführen mussten." Es geht u.a. um Steuerhinterziehung, Erpressung und Urkundenfälschung.
And finally (ab 3:44):

Montag, 3. Februar 2025

ZA-HL

Am Wochenende war ich in Fürth. Dort sah ich mehr als einmal Autos mit FÜ-NF auf dem Nummernschild. Da fragte ich mich: Wie viele Orte gibt es wohl in Deutschland, in denen die Wörter für die Zahlen von 1 bis 9 aus dem dort amtlichen Unterscheidungszeichen und dem/den Erkennungsbuchstaben gebildet werden können? Oder anders herum: Lassen sich alle einstelligen Zahlen als Kfz-Zeichen ausschreiben? Da ihr alle euch das bestimmt jetzt ebenfalls fragt, bin ich wohl eine Antwort schuldig. Sie lautet: Das geht natürlich nicht, schon allein weil die Zahlwörter sechs und sieben aus mehr als vier Buchstaben bestehen. Sehr wohl geht aber nach meiner Recherche das Folgende:

- Im Landkreis Eichstätt (EI) ist EI-NS möglich, im niedersächsischen Northeim (EIN, was von Einbeck abgeleitet ist) EIN-S.
- Auf in Zweibrücken angemeldeten Kraftfahrzeugen kann ZW-EI stehen.
- Im Kreis Viersen lässt sich VIE-R bilden.
- FÜ-NF hatten wir schon.
- Die 8 lässt sich im Großraum Aachen als AC-HT realisieren.
- Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (NEU, nach Neustadt im Schwarzwald / Titisee-Neustadt) bekommt man NEU-N und im Rheinkreis Neuss NE-UN.
- Der Vollständigkeit halber sei noch die NU-LL erwähnt, die in Neu-Ulm zu haben ist.

Schade, dass es weder DRE noch DR als Unterscheidungszeichen gibt bzw. jemals gab.

Samstag, 1. Februar 2025

Serientagebuch 01/25

01.01. Lost 1.03 (RW)
Lost 1.04 (RW)
02.01. The Simpsons 36.13
Twelve Monkeys 2.05
Twelve Monkeys 2.06
03.01. Boss 1.05
Boss 1.06
06.01. Person of Interest 3.10
Twelve Monkeys 2.07
08.01. Boss 1.07
10.01. Boss 1.08
11.01. The Shrink Next Door 1.01
Bosch 2.01
Twelve Monkeys 2.08
12.01. The Shrink Next Door 1.02
Lost 1.05 (RW)
14.01. The Shrink Next Door 1.03
15.01. Squid Game 2.01
Lost 1.06 (RW)
Lost 1.07 (RW)
16.01. Bosch 2.02
17.01. Twelve Monkeys 2.09
20.01. Person of Interest 3.11
The Shrink Next Door 1.04
Bosch 2.03
21.01. Twelve Monkeys 2.10
22.01. The Shrink Next Door 1.05
Bosch 2.04
24.01. The Shrink Next Door 1.06
Person of Interest 3.12
26.01. Squid Game 2.02
Lost 1.08 (RW)
27.01. The Shrink Next Door 1.07
Bosch 2.05
30.01. Twelve Monkeys 2.11
31.01. The Shrink Next Door 1.08

Hui, diesen Monat habe ich so einiges weggeglotzt, es fühlt sich an wie zu Beginn des Serientagebuchprojekts! Abgeschlossen habe ich aber nur zwei Serienstaffeln.

Das Politdrama Boss ist ein an mir vorbeigegangenes Juwel aus der Hochphase des Prestige (Pay) TV und ein typisches Kind seiner Zeit: Es werden Ränke geschmiedet und Intrigen gesponnen, es wird geflucht, praktisch jede weibliche Figur ist mindestens einmal nackt zu sehen, unter den männlichen gibt es keinen einzigen Sympathieträger, und die Folgen haben eine Länge von fast einer Stunde. Man kennt solche "Game of Thrones in der realen Welt"-Variationen heute zur Genüge, doch befanden mir bekannte Serienjunkies, dass "Boss" für sie das bessere "House of Cards" gewesen sei (was ich nie gesehen habe). Auch ich hatte bei dieser Starz-Produktion von 2011 jede Menge, nun ja, Spaß. Ich konnte mich den gnadenlosen, bisweilen allzu maskulinen Machtspielchen nicht entziehen, fand Kelsey Grammer als unheilbar kranken Bürgermeister von Chicago sensationell (Golden Globe!) und bin gespannt auf die zweite und leider letzte Staffel.

Auf einem Podcast über einen wahren Fall basierend, erzählt der Achtteiler The Shrink Next Door eine Geschichte von jahrelangem Therapeuten-Patientenmissbrauch, Betrug, Nudging bis Gaslighting und den unschönen Konsequenzen für alle Beteiligten. Mit anzusehen, wie ein armes Würstchen mit Panikattacken und geringer Selbstachtung von seinem shrink dazu gebracht wird, Unmengen von Kapital an diesen abzutreten, sich von Familienmitgliedern zu entfremden und Partnerschaften scheitern zu lassen, ist schmerzhaft. Inhaltlich ist "The Shrink Next Door" also eher dramatisch und traurig, tonal wird die Genrebindung jedoch immer wieder gelöst, indem komische Szenen eingebaut werden. Diese Diffusion ins Locker-Launige würde sogar prima funktionieren, wenn die Serie nicht einen entscheidenden Fehler begangen hätte: im Casting. Prota- und Antagonist werden nämlich verkörpert von Will Ferrell resp. Paul Rudd, zwei Schauspielern, die mir in der Vergangenheit unzählige Stunden Fun und gute Laune beschert haben. Versteht mich nicht falsch: Beide sind glänzend in ihren Rollen, beweisen, dass sie durchaus im ernsten Fach brillieren können, insbesondere den dackeläugigen, hilflosen und herzensguten Marty nehme ich Will Ferrell ohne Weiteres ab. Doch muss ich leider zwangsläufig selig grinsen, wenn ich diesen Mann irgendwo sehe, auch in mehr oder weniger tragischen Parts (seine Nebenrolle in "Winter Passing" ging okay). Und vor allem Paul Rudd kommt, obwohl er einen ojektiv schlechten Menschen mimt, immer noch viel zu oft viel zu liebenswürdig rüber. Ach ja, die begnadete Kathryn Hahn hilft auch nicht gerade, die Stimmung zu justieren. Ohne die (meist erzwungen wirkenden) Dialogwitze und situationskomischen Momente wäre das Ganze womöglich deutlich runder geworden. Trotzdem: Ich mochte diese Miniserie und würde sie weiterempfehlen. Man muss sich darauf gefasst machen, wütend zu werden, wird aber am Ende befriedigt zurückgelassen.

Donnerstag, 30. Januar 2025

TITANIC vor zehn Jahren: 2/2015

Hier sind wir also.


Hier sind wir also. Kann man sagen, dass der Anschlag auf die Charlie-Hebdo-Redaktion auch Titanic für immer verändert hat? Das wäre zu pathetisch. Wohl aber gibt es ein Davor und ein Danach. Und das unmittelbare Danach, i.e. die ersten Wochen, haben so einiges auf den Kopf gestellt. Ich erinnere mich noch genau daran, wie die Meldung am 7. Januar reinkam, und wie wir erst stundenlang zögerten, irgendwas darüber "zu bringen", bis wir uns zu einer Reaktion regelrecht genötigt sahen, welche schließlich Michael Ziegelwagner am Nachmittag dankbarerweise formulierte. Über den hereinbrechenden Wahnsinn haben Kollegen, die dabei waren, schon genug gesagt und geschrieben. Zur Wahrheit gehört jedenfalls auch, dass es neben all den negativen Auswirkungen (Pressebelagerung, Polizeischutz, Sorgen, Stress, Trauer, Survivor's guilt) auch positive gab: Abo-Zahlen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, sowie unzählige Anfragen an Titanic-Mitarbeitende zur Teilnahme an teils großzügig bezahlten Diskussionsforen und Medienfeatures. Selbst ich, das kleinste Licht in der Redaktion, wurde zu mehreren Talkrunden eingeladen, wurde um Stellungnahmen und Gastauftritte gebeten. Zynismus des Schicksals! Darüber hinaus kam es zu diversen Randgeschehnissen wie dem folgenden, das ich komplett vergessen hätte, wenn es der Chef nicht in "TITANIC intern" festgehalten hätte:


Ein Blick in das unter Extrembedingungen zusammengedengelte Heft straft jene Stimmen Lügen, die uns seinerzeit vorwarfen, wir würden uns um den Nexus Spott / Kunstfreiheit / religiöse Gefühle / Gewalt herumdrücken. Abseits vom Titelwimmelbild, für das Leo Riegel reichlich Überstunden schieben musste, wurden Charlie Hebdo und die Ursachen bzw. Folgen aufgegriffen: im Startcartoon (von mir), im Editorial ("Herzlich willkommen, liebe neue Freunde der Satire!"), in der Abo-Anzeige ("TITANIC-Märtyrer-Abo" vs. "TITANIC-Angsthasen-Abo"), in einem Bildwitz von Michael Sowa ("Islamisten zeichnen zurück"), in Stefan Gärtners Essay, auf der Doppelseite in der Heftmitte ("TITANIC supermutig: Die größte Mohammedkarikatur aller Zeiten!"), in einem Hauck&Bauer-Cartoon (S. 45), in einem Mahler-Comic (S. 54), in einem sexualitätswissenschaftlichen Quatsch-Artikel von Gerhard Henschel ("Unterm Tschador wird gejodelt") und natürlich auf den Seiten 14 bis 20 mit der "TITANIC-Terroristen-Umschulung" "Nun lacht doch mal, ihr Stimmungskiller!" nebst "Humordiplom für Muslime" ("TITANIC-Deeskalationsservice"). Elias Hauck, der sich seine ersten Monate als Redakteur gewiss auch anders vorgestellt hatte, überzeugte im Clownskostüm mehr als so mancher professionelle Clown. An diesen Anblick denke ich gern zurück.


Apropos Elias: Ihm ist es zu verdanken, dass es 2015 eine inoffizielle Neuauflage der "Götzenpauke" gab, jener Scrapbook-Rubrik, in der Max Goldt und Rattelschneck in den Neunzigern drollige, lachhafte, kryptische Ausrisse, Kritzeleien und Fotografien versammelten.


Man mag es kaum glauben, aber nicht nur Islamismus beherrschte Anfang 2015 die Schlagzeilen. Eine große, zuletzt wieder dezent hochkochende Sache war das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Wie ein deutscher Supermarktprospekt unter TTIP aussehen könnte, imaginierten Elias Hauck und Moritz Hürtgen auf den Seiten 46-47: "Willkommen bei den USA-Wochen ... Regionale Spezialitäten schmecken uns fein, mjaaam! Doch: Es gibt nichts, was nicht optimiert werden kann. Das zeigt uns dank des Freihandelsabkommens unser Buddie Obama aus Amerika nun an typisch deutscher Kost. Ab jetzt ist immer Saison für alles!"


Weiteres Notierenswertes
- Im Zuge der *schüttel* Pegida-Bewegung feierten in jener Zeit zwei Schlagworte fröhliche Urständ: "Lügenpresse" und "Mitte der Gesellschaft". Beiden widmeten wir investigative Artikel (S. 28-30 resp. S. 32f.).
- Endlich wieder ein längerer Beitrag von Ella Carina Werner (S. 36-38): "Marschieren, bis die Socken qualmen: Extrem- und Weitwandern boomt! Der neueste Kick: Auf den Spuren unserer Mütter, unserer Väter, 1500 Kilometer vom einstigen Ostpreußen bis nach Deutschland."
- Auf S. 52: einer der schönsten Hurzlmeiers der letzten zehn Jahre.
- Letzte Ausgabe von Heinz Strunks "Strunk-Prinzip" – ein Glück! Die "Intimschatulle" war dieser Reihe meilenweit überlegen.

Schlussgedanke
Ein unvermeidbarerweise etwas monothematisches Heft, das aber unter den Umständen ganz ordentlich geraten ist.

Mittwoch, 29. Januar 2025

Werbeunterbrechung: Neue "Seitenstraße"-Folge dropped!

Ich promote hier ja nicht jede neue Ausgabe unseres Bücherschrank-Podcasts, aber heute liegt es mir am Herzen, denn neben der neuen Episode (die magische Nr. 7) kann ich die Neuigkeit präsentieren, dass "Seitenstraße" nun auch auf Apple Podcasts, Spotify und Amazon (Audible und Amazon Music) verfügbar ist!


In diesem Zusammenhang sei verraten, dass ich heute Vormittag ein vielversprechendes Meeting mit einem Digital-Content-Distributor hatte, denn ein weiteres Podcast-Projekt mit meiner Beteiligung ist in der Mache ...


Montag, 27. Januar 2025

To(mato) Soup For You!

Frage an dich, lieber Leser, liebe Leserin: Wann hast du zum letzten Mal eine richtig gute Tomatensuppe gegessen?

Ich gestern. Selbstgemachte. Das Rezept dazu stammte von Stern-Köchin Denise Snieguolė Wachter und ist von bestechender Schlichtheit. Fotos habe ich nicht gemacht, weil, na ja, unter Tomatensuppe kann sich jeder was vorstellen.

Das Weiße von einem Bund Frühlingszwiebeln* sowie 2 Knoblauchzehen in feine Würfel schneiden und diese in einer tiefen Pfanne (zur Not geht bestimmt auch ein Topf) mit Olivenöl glasig anbraten. (* Im Originalrezept wird eine Schalotte verlangt. Da ich stets befürchte, Schalotten könnten Zwiebeln zu ähnlich sein, habe ich wie immer zum Ersatz gegriffen. Wobei Frühlingszwiebeln ja ulkigerweise regional auch als "Schlotten" bezeichnet werden.) Die Würfelchen mit 1 EL Tomatenmark vermengen, dann 2 Dosen (à 400 g) geschälte Tomaten hinzuschütten. (Ich habe die guten von Mutti verwendet, weil sie bei Rewe im Angebot waren.) Die Tomaten mit Quirl oder Holzlöffel zerkleinern, 1 Schuss Rotwein (die Urheberin empfiehlt Pinot noir), dann 150 ml Wasser dazugeben. 20 Minuten köcheln lassen, dann mit 1 TL Kräuter der Provence würzen und mit Pfeffer und Salz abschmecken. Ist die Suppe im Teller, mit jeweils 1-2 TL Schmand als Häubchen servieren.

Das Ergebnis ist ein Hauptgericht für 2 Personen. Ich werde es garantiert nicht zum letzten Mal zubereitet haben. Das Rezept kann ich auswendig, ich habe es aus dem Gedächtnis wiedergegeben!

Samstag, 25. Januar 2025

Filmtitel XXX

The Terror Within → Good Night Hell
Ministry of Vengeance → Helden USA IV – Zurück im Libanon
Dirty Dingus Mage → Der "schärfste" aller Banditen
Paradis Paris → Paris Paradies
A Sacrifice → Berlin Nobody
Hawa & Adam → Girl in My Diary
Hounded → Hunted – Menschenjagd
Calm with Horses → Shadow of Violence
The President’s Analyst → … jagt Dr. Sheefer
Nouveau départ → Adieu Chérie – Trennung auf Französisch
He Went That Way → The Killer on the Road
Sometimes I Think About Dying → Daydreams
Langue étrangère → Tandem – In welcher Sprache träumst du?
Maschile plurale → Mascarpone 2: The Rainbow Cake
Les chambres rouges → Red Rooms – Zeugin des Bösen
Vermines → Spiders – Ihr Biss ist der Tod
Nous, les Leroy → Es liegt an dir, Chéri
Le procès du chien → Hundschuldig*
Prime Target → Prime Finder (Serie)
From Black → Black Ritual 

* Dessen Aufnahme in die Liste dient nicht der Bloßstellung, vielmehr zolle ich damit dem Mut zum albernen Wortspiel Respekt.

Donnerstag, 23. Januar 2025

Kurz notiert: Künstliche Wiederbelebung

In der gestrigen Ausgabe von "Aktenzeichen XY ungelöst" wurde wie so oft das rekonstruierte Gesicht einer Leiche gezeigt. Neu war dabei, dass neben dem Foto der Hinweis "KI-bearbeitet" stand. Rudi Cerne erklärte, das Bild sei "mit Hilfe Künstlicher Intelligenz ein wenig retuschiert" worden. Da sage ich: Okay, das ist doch mal ein sinnvoller Einsatz moderner Software! Ich könnte mir vorstellen, dass KI mittlerweile nicht nur in der Lage ist, zu berechnen, wie ein unidentifizierter Toter zu Lebzeiten ausgesehen haben könnte (ich bin mit der Formulierung bewusst vorsichtig), sondern auch Personen, die seit langer Zeit vermisst werden oder untergetaucht sind, "altern" zu lassen – ihr wisst schon, die berühmte Fahndungsphrase "Inzwischen könnte die Gesuchte so aussehen."

Dienstag, 21. Januar 2025

Ausflug nach dem Westerwalde

Letzten Freitag bin ich sehr früh aufgestanden und entlang meiner Lieblingsbahnstrecke mit der RB10 ("RheingauLinie") bis zu deren Endhaltestelle Neuwied gefahren: In der dortigen Stadtgalerie / ehemaligen Mennonitenkirche läuft nämlich noch bis zum 26. Januar die Ausstellung "Aiga Rasch und die geheimen Einblicke". Gezeigt werden die Buchcover, die von der schwäbischen Illustratorin für alle zwischen 1970 und 1999 erschienenen Bände der Reihe "Die Drei ???" angefertigt wurden, außerdem Arbeiten für andere Publikationen, Beispiele ihres sonstigen bildnerischen Schaffens sowie mancherlei mehr, was mit den Drei Fragezeichen zu tun hat (internationale Ausgaben, Merchandise).


Zu sehen sind auch Coverentwürfe, bei denen es sich nicht nur um Skizzen handelt, sondern um ausgearbeitete Zeichnungen – in der Regel mindestens fünf Stück pro Folge –, die zudem oft stark variieren.


Bemerkenswert ist, dass der finale Buchtitel zum Abgabezeitpunkt meist noch nicht feststand. So erfährt man u.a., dass "Die verschwundene Seglerin" (#71) den Arbeitstitel "... und der venezianische Spiegel" trug, sogar noch, als der Verlag sich bereits auf ein Cover festgelegt hatte. Die Jubiläumsnummer "Feuermond" hieß bis kurz vor knapp "Feuer der Mondes".


Am interessantesten fand ich einen Aktenordner, in dem Inspirationen und Vorlagen abgeheftet waren. Wenn ein Foto in einer Zeitschrift, eine Werbeanzeige o.ä. ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, schnitt Aiga Rasch es aus und verwendete es zum geeigneten Anlass als "Rohmaterial": Sie setzte es fast 1:1 als Zeichnung um, verpasste ihm ihren markanten Grusel-Touch, fertig war das Cover. Ein Action-Shot aus einem Basketballspiel etwa landete auf Band 55 "Gekaufte Spieler". Fun Facts: Das Haus auf dem Cover von "Geisterstadt" (#64) ist das Geburtshaus von Karl May, der "Karpatenhund" (#3) ist ein Kampfhund, der ein Kind totgebissen hat, und die entsetzte Person am Telefon auf Band 72, "Dreckiger Deal", ist der CBS-News-Sprecher Dan Rather!


Damit ich nicht nur für einen einstündigen Museumsbesuch so eine weite Fahrt auf mich nehmen musste, verband ich den Trip mit einer Wanderung, deren Beschreibung ich mir vor Ewigkeiten aus der FAZ herauskopiert hatte – eine original Thomas-F.-Klein-Tour, die ich allerdings nur zur Hälfte absolvierte. Denn das Archäologische Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution in der ehemaligen Fürstenresidenz Monrepos lockte mich. Die Erkundung der nach modernen Maßstäben der Museumsdidaktik angelegten Steinzeit-Schau lohnte sich.


Das Schloss Monrepos hatte ich vorher schon auf einem Gemälde gesehen: in einem wiederum anderen Museum, in das ich zuallererst gegangen war.


Es begab sich nämlich, dass ich am Neuwieder Bahnhof aufgrund von Busnummern-Verwirrung den Bus, der mich zum Ausgangspunkt meiner Wanderung bringen sollte (Altwied, wo sich eine nette Burgruine befindet), verpasst hatte. Ich schaute auf Google Maps, was ich in den folgenden 60 Minuten unternehmen könnte, und entdeckte ein "Roentgen-Museum". Ich dachte 'Huch, was hat der berühmte Physiker denn mit dieser Region zu tun?' und ging hinein. Ein Zettel an der Kasse offenbarte mir, dass die Eintrittspreise wenige Tage zuvor "angepasst", i.e. erhöht worden waren, dafür war aber auch die 3. Etage "derzeit nicht begehbar". Dort oben sowie in den zwei Stockwerken darunter befänden sich "Roentgen-Möbel", erklärte mir der Mitarbeiter am Einlass. Ich konnte mir unter "Roentgen-Möbeln" nichts vorstellen: Sind das Möbel aus dem Labor des Forschers? Wie "aufregend" ... Ein paar Minuten später wurde ich erhellt: Das Museum war nicht Wilhelm Conrad Röntgen gewidmet, sondern David Roentgen, einem Kunsttischler, der bei seinem nicht minder begabten Vater Abraham in die Lehre gegangen war und im 18. Jahrhundert halb Europa mit seinen prächtigen Kabinetten und Einrichtungsgegenständen versorgte. Die präsentierten Stücke – darunter Architektentische, Schreibschränke mit Geheimfächern sowie mit ausgefeilten Klappmechanismen versehene "Verwandlungstische" (Sekretär und Stehpult in einem!) – gefielen mir außerordentlich gut mit ihren klassizistischen Streben, strengen rechten Winkeln und glänzenden Intarsien. Es gab auch Uhren, die in Zusammenarbeit mit Peter Kinzing, dem zweiten berühmten Kind der Stadt, entstanden sind.




Das Erdgeschoss des offiziell "Kreis-Museum" genannten Gebäudes befasst sich mit dem Wirken des Genossenschaftsgründers Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der mit seinen Anstößen zu Sozialreformen viel für den örtlichen Bauernstand getan hat. Die obligatorische historische Wohnstube darf freilich auch nicht fehlen.


Zum Schluss ein kleiner Tadel: Neuwied gibt sich nicht besonders viel Mühe, einen positiven Ersteindruck zu erzeugen. Das Bahnhofsgebäude ist abgesperrt und nicht zu betreten. In unmittelbarer Nähe gibt es weder Cafés noch Bäckereien; nur an einem Kiosk nebenan konnte ich mir einen (überteuerten) Kaffee holen. Die Landschaft macht im Sommer und im Herbst wahrscheinlich mehr her, zurzeit ist alles eher trist und grau. Dass zudem Temperaturen rund um den Gefrierpunkt herrschten, trug dazu bei, dass ich auf den gut 12 Kilometern, die ich wanderte, kaum einer Menschenseele begegnet bin.


Zu loben ist, dass ich mir in der Stadtgalerie einen kostenlosen Teebeutel und eine Anstecknadel mit dem Wappentier Neuwieds mitnehmen durfte.

Samstag, 18. Januar 2025

Die Phantomstädte in meinem Kopf

Erst sehr spät in meinem Leben habe ich gelernt, dass Wattenscheid und Uerdingen keine Städte, sondern Stadtteile sind. Mir waren die dazugehörigen Fußballmannschaften ein Begriff, und mein Gehirn hat wohl irgendwann den Schluss gezogen: Wenn es dort einen Sportverein gibt, wird es schon eine richtige Stadt sein. Wo genau diese Städte liegen, hatte ich mich nie gefragt, bis mir – wie gesagt, sehr spät in meinem Leben – der Gedanke kam: Komisch, es gibt Orte in Deutschland, die man nur wegen der dort beheimateten Fußballclubs kennt. Dann schlug ich nach und erfuhr, dass Wattenscheid ein Bezirk von Bochum und Uerdingen ein Bezirk von Krefeld ist. Als ich später erstmals von einer Mannschaft namens SV Elversberg hörte, recherchierte ich lieber sofort, und siehe: Elversberg ist auch keine eigenständige Gemeinde!

Letzte Woche nun las ich etwas im Spiegel, das mir die Kinnlade bis zur Tischkante herunterklappen ließ: "Wanne ohne Eickel. Die einst stolze Zechenmetropole Wanne-Eickel heißt heute nur noch Wanne und ist ein Stadtbezirk von Herne. Mithilfe von Beratern sucht der Ort eine neue Identität. Kann eine Stadt sich neu erfinden?" Waaaas?!

Bereits 1975 hat sich Wanne-Eickel mit Herne zusammengeschlossen. Für mich war Wanne-Eickel seit je eine nicht zu hinterfragende feste Größe, so was wie Castrop-Rauxel, einfach Kult. Der Spiegel bringt die kollektiv wahrgenommene Unsterblichkeit Wanne-Eickels gut auf den Punkt: "Überlebt hat 'Wanne-Eickel' seltsamerweise bis heute als eine Art Slapstickbegriff für die deutsche Provinz. Als Codewort für alles Spießige, mal liebevoll ironisch gemeint, mal mit beißendem Spott. Vielleicht lag es am Klang, 'Wanne-Eickel', allein die Phonetik ist schon ein Lacher."

Den Hauptbahnhof Wanne-Eickel kann man übrigens heute noch anfahren.

Donnerstag, 16. Januar 2025

Statistik mit Verspätung

Gestern Abend bekam ich eine Mail von Audible, mit der ich gar nicht mehr gerechnet hatte: Sie beinhaltete meine Hörstatistiken für 2024!


Das vergangene Jahr war demnach mein "Jahr der Fantasie". Meine "längste Hörserie war 11 Tage am Stück". Außerdem habe ich ein Abzeichen erhalten, nämlich die Auszeichnung "Genre-Entdecker".

Auf meine Gesamthördauer bin ich, auch wenn sie die letztjährige übertroffen hat, nicht besonders stolz. Auch die Anzahl der gehörten Titel ist eher unterwältigend, was daran liegt, dass ich einige recht umfangreiche Hörbücher in der Mache hatte bzw. habe, z.B. "Pantopia" von Theresa Hannig (14h 47m), "Fairy Tale" von Stephen King (26h 47m) und "Der Sympathisant" von Viet Than Nguyen (17h 14m).

Dienstag, 14. Januar 2025

Spaß mit Homographen

Bei der Spazur ist mir ein Satz eingefallen, der, geschrieben, zunächst höchst enigmatisch erscheinen mag:

        Versende Versende, Versende!

Sein Sinn erschließt sich, sobald man erkennt, dass jedes der drei Wörter anders ausgesprochen wird und eine andere Bedeutung hat:

- Das Versende am Satzanfang ist der Imperativ Singular des Verbs versenden.
- Das 2. Versende ist ein zusammengesetztes Substantiv: "Ende eines Verses".
- Das 3. Versende ist ebenfalls ein Substantiv, und zwar das substantivierte Partizip Präsens (im "Vokativ" Femininum Singular) des Verbs versen, welches zugegebenermaßen nicht gebräuchlich, aber nicht unbekannt ist, siehe den Eintrag in Grimms Wörterbuch "VERSEN, verb. verse machen, nur in älterer sprache". Eine Versende ist, wie eine Dichtende, eine Lyrikerin.

Gebildet werden könnte dieser Satz in folgender Situation: Eine Dichterin hat, zum Beispiel für eine Tageszeitung, ein Gedicht geschrieben und es bereits vollständig abgeliefert – bis auf den Schluss; es fehlt die entscheidende letzte halbe Zeile. Ungeduldig mailt ihr der Auftraggeber eine Erinnerung, aus Zeitgründen elliptisch gehalten und aus Liebe zu Homonymie und Augenreimen in obiger Wortwahl. Hübsch, gell?

Sonntag, 12. Januar 2025

Zwei Essenssachen

1. Von Ben's gibt es eine neue Fertigsoße: Rotes cremiges Curry. Ich war neugierig und nahm sie mit, als ich sie Ende letzten Jahres im Supermarkt stehen sah. Würde es sich um eine eher thailändische oder um eine indisch angehauchte Rezeptur handeln? Nach dem gestrigen Verzehr kann ich sagen: Dieses Zeug ist ein Gamechanger! Es ist tatsächlich eine gehaltvolle Basissauce indischer Art, vergleichbar mit denen von Sharwood's & Co., welche hiermit eine günstige Konkurrenz erhalten. Ich habe sie mit Tofu und Erbsen angereichert, bestimmt passt sie auch gut zu Pilzen, Paprikastreifen oder Auberginenwürfeln. Und keine Angst, sie ist überhaupt nicht scharf. 8/10 Punkten!


2. "So tief ist er jetzt also gesunken", werdet ihr sagen, wenn ich zugebe, dass ich mir vergangene Woche Dosen-Ravioli zubereitet habe. Tja, alles für das Blog! Die Tatsache, dass es von Maggi nicht nur Ravioli mit fleischloser Füllung gibt, sondern auch solche in Soja-Hack-Bolognese, ließ mich aufmerken. Die vegane Bolognese-Soße von Alnatura beispielsweise schmeckt mir ganz gut, und Ravioli sind nie verkehrt, was kann da schon schiefgehen? Nun, zunächst, dass der Soßenanteil viel zu hoch ist. Warum müssen die Nudeltaschen regelrecht in der Soße ertrinken? Will man ihren unspektakulären Eigengeschmack mit der Bolo übertünchen? Falls dem so ist: Die Soße selbst ist auch nicht gerade eine Offenbarung, allenfalls die seltsame Säuerlichkeit ließe sich unter "interessant" verbuchen. In Kombination mit den laschen, überdies eine unbefriedigende Konsistenz aufweisenden Ravioli ergibt sich eine Mahlzeit, nach deren Verzehr man mit Selbsthass gefüllt ist, aber immerhin auch mit reichlich Kalorien. Dass eine Dose eine Person nämlich richtig satt macht, ist einer der wenigen Pluspunkte. (Und nein, der Preis ist kein weiterer! Waren Dosen-Ravioli nicht immer für 99 Cent zu haben?) Zu loben sind auch die Inhaltsstoffe: Hier ist wirklich keine Chemie oder sonstiger Firlefanz drin, stattdessen werden viele natürliche Zutaten verwendet. Zudem ist so ein Gericht ruck-zuck warmgemacht. Trotzdem: Auch wenn es schnell gehen muss, kann und sollte jeder Mensch mit ein wenig Selbstachtung etwas Schmackhafteres und Höherwertiges finden! Tut mir leid, aber ich kann hierfür beim besten Willen nicht mehr als 3 von 10 Punkten geben.