Dienstag, 24. Juni 2025

Ade, Großstadthölle! Servus, Berge!

So, ich lebe jetzt im Hochtaunus.




*record scratch* Wie es dazu gekommen ist, fragt ihr euch? Nun, durch eine Mischung aus Glück, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen. Vorausgegangen waren dem Umzug neun Monate des beschwerlichen, kräftezehrenden, frustrierenden Suchens. Dass die Kaputtheit des Wohnungsmarktes in Großstädten besonders deutlich spürbar ist, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Aber selbst im erweiterten Umland von Frankfurt ist es heute so gut wie unmöglich, ein halbwegs menschenwürdiges Zuhause zu finden. Der Suchradar im Online-Immobilienmarktplatz der Wahl war dementsprechend auf zahlreiche Kreise bevorzugt im grüneren Teil des Rhein-Main-Gebiets ausgedehnt worden.

Denn feststand: "Mainhattan" musste es nicht länger sein. Wenn nicht gar durfte. Begeistert und optimistisch hatte ich mich dort einst niedergelassen, war stets bereit, die amerikanischste aller deutschen Citys gegenüber von ihr Abgeschreckten zu verteidigen: Das nächtliche Glitzern, das internationale Flair, die Museen, die Parks, die Buchmesse, politisch stabile Leute, Grie Soß, Apfelwein, das hat schon was. Zuletzt jedoch zermürbte mich die zusehends schmutziger, lauter und gefährlicher werdende Stadt nur noch. Wenn ich aus dem Urlaub oder von einem Kurztrip zurückkehrte, stieg in mir die Beklommenheit und Abscheu, je mehr ich mich Frankfurt näherte, und kam ich dann im Hauptbahnhof an, schrumpfte mein Lebenswille zu einem durchgekatschten Kaugummi zusammen.

Nach 14 Jahren Frankfurt-Bockenheim nun also Königstein im Taunus. Genauer: Falkenstein, ein Stadtteil, der das Gütesiegel "heilklimatischer Kurort" trägt, und zwar, wie man nicht müde werden darf zu erwähnen, unabhängig von der Einstufung Königsteins, "eine bundesweit einzigartige Konstellation, dass ein Stadtteil einer Kurstadt über eine eigenständige Prädikatisierung verfügt" (Wikipedia). Auch über eine eigene Burg verfügt das 2700-Seelen-Nest, ich sehe sie, wenn ich aus dem Küchenfenster schaue. Zusammen mit der Burg Kronberg und der Burg Königstein (s. Foto oben) bildet sie die Eckpunkte des Drei-Burgen-Wegs. Überhaupt, die Wandermöglichkeiten! Zu Startpunkten von Ausflügen müssen ab sofort keine Anfahrten mehr zurückgelegt werden, denn diese entfallen, wenn die eigene Adresse quasi der Ausgangsort ist. (Sie sind freilich nicht aus der Welt, denn den Odenwald, den Vogelsberg, das Mittelrheintal usw. möchte ich auch in Zukunft nicht vernachlässigen.) Drei Schwimmbäder sind fußläufig zu erreichen, man begegnet jeden Tag faszinierenden Greifvögeln, es bieten sich spektakuläre Blicke auf die Skyline, und so sehen Teile meiner möglichen Arbeitswege aus:




Dank der guten ÖPNV-Erschließung hier oben habe ich Tag für Tag die Wahl, ob ich eine längere oder eine kürzere Strecke gehe, um mich mit einem Bus zu einer S-Bahnhaltestelle bringen zu lassen, von wo aus ich zum Frankfurter Westbahnhof fahre, in dessen Nähe ich nach wie vor als Titanic-Redakteur tätig bin – und wo sich meine Ex-Wohnung befindet (das vormittägliche Ankommen fühlt sich im Moment noch ein wenig bittersüß an; umso süßer ist es, abends der ungeliebten Pfui-Metropole den Rücken zu kehren).

Den Luxus eines fünfminütigen Arbeitsweges aufzugeben, habe ich gern in Kauf genommen. Je nachdem wie ich meine Pendelroute gestalte, kann ich entweder länger lesen oder länger durch die Natur spazieren – eine von zweien meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen ist somit zwangsläufig Bestandteil eines gewöhnlichen Tages in meinem Leben! Klar, ich will nicht ausschließen, dass ich irgendwann einmal, vielleicht im Winter, Unlust beim Verlassen des Hauses empfinden werde. Bis es soweit ist, erfreue ich mich aber an meiner neuen Heimat.





Zum Schluss müssen wir freilich noch über den Elefanten im Raum reden. Jedes Mal, wenn ich jemandem erzähle, in welcher Gegend ich aufgeschlagen bin, höre ich Sätze wie "Oha, der feine Herr!" oder "Sind da nicht die ganzen Reichen?". Ja, Königstein ist die Gemeinde mit der höchsten Millionärsdichte Deutschlands. Ja, in meiner Umgebung stehen Häuser, die man mit dem Ausdruck Villa abwerten würde. Aaaaber erstens teile ich mir die Miete mit einer zweiten Person (richtig, Zusammenziehen war der Hauptgrund für den Wohnsitzwechsel), zweitens sind die Quadratmeterpreise in Frankfurt derart durch die Decke geschossen, dass man inzwischen von einem "Speckkern" statt von einem "Speckgürtel" sprechen müsste! Eine Querstraße von meiner ehemaligen Wohnung weiter zahlt man 1600 Euro kalt für zwei Zimmer. Mietspiegel, oh weh! Kronberg und Oberursel standen übrigens ebenfalls auf unserer Wunsch- und Bewerbungsliste. Dort wie hier trifft man bodenständige, sympathische Menschen.

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