Sonntag, 30. Dezember 2012

Jahresausblick

2013 ist die erste Jahreszahl seit 1987, die aus vier verschiedenen Ziffern besteht. Aber nicht nur deswegen gibt es Grund zum Feiern.
Die UN rufen das Internationale Jahr der Zusammenarbeit im Wasserbereich sowie das Internationale Jahr der Quinoa aus! Zudem ist 2013 das Jahr des Ehrenamtes, das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger, das EKD-Jahr der Toleranz, das "Jahr der Teilschutz-Produkte" (boerse-express.com), das "Jahr der physischen Indexfonds" (Boersen-Zeitung), das "Jahr des Mindestlohns" (G. Gysi), das "Jahr der Wahlfreiheit" (Steve Wozniak), das "Jahr der Honorarberatung" (Assekuranz Info-Portal), das "Jahr der Luft" (Umweltkommissar Janez Potočnik) und das "Jahr der Nahe" (Gault Millau WeinGuide: "Während die Bedingungen 2011 in vielen anderen Gebieten für zahlreiche unharmonische Weine gesorgt hätten, seien die Winzer an der Nahe herausragend gut mit dem Jahrgang zurecht gekommen.").
Am 10. Februar beginnt das chinesische Jahr der Wasserschlange. Die Erde (oder Teile davon) erwartet eine ringförmige und eine hybride Sonnenfinsternis (letzteres ist eine Mischung aus totaler und ringförmiger). Jubiläen: 50 Jahre Vegan Society, 100 Jahre DLRG, 10 Jahre Saddam-Hussein-Sturz. Wir feiern 50 Jahre ZDF, 50 Jahre James Bond und 50 Jahre Doctor Who (!!!). Richard Wagner und Giuseppe Verdi verden, äh: werden 200 Jahre alt, Georg Büchner auch, Edvard Munch 150, Willy Brandt und Albert Camus jeweils 100. Die USA erinnern sich an 150 Jahre Sklavenbefreiung, 100 Jahre Rosa Parks, 50 Jahre "I have a dream" und 50 Jahre JFK-Attentat. Der Sumpfwiesen-Perlmuttfalter ist der Schmetterling des Jahres, das Purpur-Knabenkraut ist die Orchidee des Jahres, der Braungrüne Zärtling der Pilz des Jahres und der Holzapfel der Baum des Jahres. Herzlichen Glückwunsch!

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein gutes Jahr 2013.

Freitag, 28. Dezember 2012

Betr.: BAP, Berufe, Attraktivität, Döneria

Die Kölner Band BAP besingt auf ihrem Album "Radio Pandora" Jack Kerouacs Roman On the Road. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Jack Kerouac und BAP. Kann man eigentlich gerichtlich verfügen, dass man nach seinem Tod von bestimmten Personen niemals erwähnt wird?

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Idee für einen neuen Beruf: Schauspieler, die in Kaufläden gut hörbar lobende Dialoge über die angebotenen Waren führen. "Ja, Dorle, diese Tagescreme kann ich nur empfehlen! Sie ist sehr gut." ... "Sieh nur, Norman: Erasco-Hochzeitssuppen im Angebot. Davon nehme ich gleich zehn Stück!"

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Wie ist das eigentlich, wenn man gut aussieht? Sind sich attraktive Menschen ihrer Attraktivität bewusst? Halten sie manchmal inne und sagen sich: "Gott und meinen Eltern sei Dank, dass ich so attraktiv bin! Sonst müsste ich mir viel mehr Mühe geben im Leben. Wie ist das eigentlich, wenn man nicht so gut aussieht? Sind sich unattraktive Menschen ihrer Unattraktivität bewusst?"

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Alte Anekdote ohne Pointe: Im Dönerladen. Die Kundin vor mir bestellt Börek zum Mitnehmen. Als der Verkäufer fragt, ob es noch etwas sein darf, antwortet die Kundin, als sei es das Normalste auf der Welt: "Ja, ein Stück Zitrone noch, bitte!" ... worauf der Dönermann wiederum als sei es das Allerselbstverständlichste eine achtel Zitrone in Silberpapier wickelt und der Frau überreicht.

Mittwoch, 26. Dezember 2012

Von Löwen und Persern

Serendipity nennt man es, wenn man bei der Suche nach irgendetwas auf etwas anderes stößt, das sich im Nachhinein als viel relevanter als das ursprünglich Gesuchte entpuppt. Ein Musterbeispiel ist die unbeabsichtigte Entdeckung Amerikas durch Herrn Kolumbus. Oft tritt dieser Effekt im Internet zutage: wenn man also bei der Online-Recherche zufällig etwas Interessantes entdeckt.

Interessant ist zum Beispiel die Etymologie von Serendipity. Man kann sie überall nachlesen, weswegen ich sie hier nicht als Eigenleistung verkaufen möchte, sondern nur kurz wiedergebe.
Horace Walpole, Sohn des britischen Premierministers Robert Walpole, schrieb 1754 einen Brief an den britischen Botschafter in Florenz, Horace Mann (damals hießen alle Horace). Darin erklärt Walpole, dass er das Wort dem englischen Titel des persischen Märchens The Three Princes of Serendip entnommen habe. (Das Original von 1557 ist allerdings italienisch und heißt Peregrinaggio di tre giovani figliuoli del re di Serendippo. Der Herausgeber hatte die Geschichte von einem italienischen Autor gehört, der sie wiederum in dem persischen Märchengedicht Hasht-Bihisht von ca. 1302 kennengelernt hatte, welches wiederum auf dem Haft Paykar von ca. 1197 basiert, welches wiederum seine Wurzeln im persischen Königsbuch hat. Uff!)
In besagter Geschichte geht es jedenfalls um drei Prinzen, die immer wieder durch eine Mischung aus Glück und Gewitztheit in erbauliche Abenteuer taumeln. Walpole fand dieses Prinzip offenbar so einleuchtend und faszinierend, dass er dem Begriff mit serendipity einen Namen gab. Das namensgebende Herkunftsland der Prinzen, Serendip, ist ein alter Name Sri Lankas, der eine arabisierte Form des Sanskrit-Wortes Simhala-dvipa darstellt (simha- "Löwe" und dvipa- "Insel", vgl. auch Singapur, wörtlich "Löwenstadt"). Aus Simhala wurde übrigens im Pali (eine mittelindische Sprache) Sihalan und daraus im Malaysischen Sailan, was dann in Europa als Ceylon amtlich wurde.

Dafür, dass es das Wort Serendipity schon so lange gibt, kam es recht spät in Mode. Laut Google Ngram ist ein bemerkenswerter (gleichmäßiger) Anstieg erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auszumachen, im deutschen Sprachraum auch, allerdings mit zwei zwischenzeitlichen Rückgängen. Die deutsche Variante Serendipität gibt es im Übrigen auch, ist aber selten.

Montag, 24. Dezember 2012

Rund 60 obskure Kreuzworträtsel-Lösungen

  • Schiffstagereise: Etmal
  • Langarmaffe: Lar
  • sibirisches Eichhörnchenfell: Feh
  • Tresse, Borte: Galon
  • Haselmaus: Relle
  • minderwertige Karte: Fosse
  • ausgewaschene Flussrinne: Kolk
  • Nabel des Pflanzensamens: Hilum
  • Regenbekleidung: Ölzeug
  • Halbaffe: Indri
  • oberste Zone der Erdkruste: Sal
  • katholisches Hochamt: Missa
  • steifer Hut: Bibi
  • eine Otterart: Kalan
  • Feuerlandindianer: Ona
  • Teil des Dachstuhls: Rähm
  • Schnittwaren: Reste
  • Jägerrucksack: Aser
  • schmale Rinne: Riefe
  • Futterstoff: Serge
  • feines, glänzendes Gewebe: Natte
  • Strohbündel: Schof
  • hölzernes Maßgefäß: Meste
  • Grille: Zirpe
  • Dachbalken: Pfette
  • Teil der Böschung: Berme
  • ins Eis gehauenes Loch: Wuhne
  • Grundschleppnetz der Fischer: Kurre
  • Unbrauchbares an einer Ware: Fusti
  • Tölpel: Sula
  • Nordseefrachtboot: Ewer
  • Matratzenbezugsstoff: Drelle
  • breiige, erdige Flüssigkeit: Gur
  • Schiffsplanke: Weger
  • Riemenwerkzeug der Zugtiere: Siele
  • Tonerdesilikat: Bol
  • Rotwild: Alttier
  • Duftstoff einer Katze: Zibet
  • Erdwachs: Zeresin
  • Papierbogenschnittvorlage: Sedez
  • Gewebe aus Naturseide: Ponge
  • Holzstäbchen: Speil
  • Art der Ammern: Ortolan
  • Vorstehhund: Griffon
  • indianischer Gürtel: Wampum
  • Nerfling: Aland
  • Schlammsprudel: Salse
  • Stoffkeil: Godet
  • Flößerstange: Stake
  • kleines Dachfenster: Luk
  • den Boden entwässern: Dränen
  • Haltetau, Stütztau: Stag
  • Sprachmelodie: Melos
  • melanesischer Schnitzstil: Tami
  • Baumharz: Dammar
  • Trockengestell: Darre
  • schlechter Tabak: Knaster
  • Mastbaumbefestigung: Gei
  • Lammfell: Slink
  • Kunstfaser: Dolan


Die Kreuzworträtsellösungsausdenker scheinen irgendwo im 19. Jahrhundert steckengeblieben zu sein, was ja an sich in Ordnung ginge. Neben den eigens für Kreuzworträtsel erfundenen Regionalismen und Fachausdrücken finden sich dort aber öfter sachliche Fehler und Unlogisches. Da wird etwa mit einem Verb nach einem Adjektiv gefragt ("frech reden (Kinder)", Antwort: "altklug"); oder die Lösung für "radikale Moslemgruppe" ist "Jihad"; die Esten werden zum "baltischen Volk" erklärt; hinter der "süßen Festtagsgabe" versteckt sich das Osterei (Eier sind süß?); ein "lauter Anruf (engl.)" lautet angeblich "Hi". Heiter ist auch, wenn bereits die Suchbegriffe ausgedacht sind ("Tresse, Borte", "Nerfling").

Freitag, 21. Dezember 2012

Dansu dansu dansu

Heute sagt man: "Wir feiern im Club." Bis in die Neunziger sagte man: "Wir tanzen in der Disco." In den 1920ern sagte man: "Wir schwofen im Tanzcafé." Im 12. Jahrhundert sagte man: "Leider habe ich keine Zeit für Tanz und Ringelpiez, denn es ist das fucking Mittelalter, und ich bin den ganzen Tag damit beschäftigt, dafür zu sorgen, DASS MEINE FAMILIE NICHT STIRBT!" In Frankreich sagt man: "Nous dansons à la disco." In einem von Hobby-Jugendsprachforschern bevölkerten Paralleluniversum sagt man: "Wir hotten in der Zappelbude." In 1000 Jahren sagt man: "Wir space-tanzen im Weltallclub." Was man wohl in 100 Jahren sagen wird? Wahrscheinlich: "Hey, wisst ihr eigentlich, dass vor 100 Jahren in solchen Läden noch kommerzielle Musik gespielt wurde? Das war, bevor der Verbrecherverein Gema größenwahnsinnig wurde. Aber is' schon okay so, jetzt macht jeder DJ seine eigene 'Mucke'."

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Prominente, die man leicht verwechselt

Seit Jahren versuche ich vergeblich, die Schauspieler Jon Hamm, Paul Rudd, Bradley Cooper und Jason Bateman auseinanderzuhalten. Alle vier sind ungefähr gleich alt, sehen ähnlich aus und spielen dauernd in irgendwelchen amerikanischen Komödien denselben Charakter. Auffallend lustig sind sie dabei nie. 

Außerdem stellte ich beim Schauen irgendeines Bill-Paxton-Films fest, dass Bill Paxton aussieht wie der Nachrichtensprecher Peter KlöppelAuch knifflig: Mos Def, Dulé Hill und Adrien Lester, obwohl letzterer ein Brite ist. Diese Konfusion kann wohl nur Weiße ereilen. Schwarze hingegen scheinen Probleme mit Dylan McDermott und Dermot Mulroney zu haben; das wurde zumindest neulich bei Saturday Night Live thematisiert (mir waren diese Schauspieler bis dato unbekannt).

Der Klassiker des Schauspieler-Verwechselns ist freilich Jesse Eisenberg / Michael Cera:


Von der singenden Zunft machen mir Jason Mraz, Bruno Mars und Michael Bublé Schwierigkeiten. Wahrscheinlich sind diese Typen total unterschiedlich und individuell, aber irgendwie sind sie in meinem Gedächtnis als eine Kategorie Musiker abgespeichert. Gab es nicht mal bei Family Guy eine Szene, in der Peter einen der drei trifft und ruft: "Hey, it's Bruno Mars!" – "No, I'm just a guy with a hat." – "Exactly..."?

PS: Zum Stichwort Eisenberg muss noch Folgendes ergänzt werden. Der Osten Deutschlands ist ja für seine geradezu grotesk hohe Spaßbad-Dichte berüchtigt. Aber immerhin: Bis in die 1970er Jahre existierte im thüringischen Eisenberg tatsächlich ein Ernstbad.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Aus meinem Giftschrank (1)

Jetzt kommt ein echtes Schmankerl.
Als Jugendliche (hach!) haben ein paar Freunde und ich regelmäßig Telefonstreiche gemacht. Bei meinem letzten Besuch in meinem alten Kinderzimmer habe ich zwei CDs gefunden, die randvoll waren mit solchen mitgeschnitten Prank calls.
Hier ist nun einer der besseren: mein Anruf bei dem Dresdner Feinkosthersteller Dr. Doerr. Mit 7 Minuten geht das Telefonat nicht eben kurz, entwickelt aber eine ganz schöne Dynamik.
Disclaimer: Das Stück ist über 10 Jahre alt. Keine Mitarbeiter von Dr. Doerr sind aufgrund dieses Scherzes zu Schaden gekommen.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Der gute Sonntagslink (Doppelausgabe)

1) "Sex in Comic!" Von "Sex" zu sprechen wäre übertrieben, aber zumindest hat dieser Blogger die "top 100 strangest, suggestive and steamy vintage comic book panels of all time" gesammelt.


2) Geniales Tumblr: FILMography. Filmstill-Fotos, am Drehort platziert.


Freitag, 14. Dezember 2012

Kindlicher Zugzwang

Ich befand mich in einer S-Bahn, in der zufällig auch eine Kindergartengruppe zugegen war. Als wir uns dem Hauptbahnhofsgelände näherten, wurde, wie das dort halt so üblich ist, ein wartender ICE sichtbar. Wie von Sinnen und wie aus einem Munde begannen die Kinder plötzlich zu skandieren, ja zu brüllen: "I-C-E! I-C-E! I-C-E! I-C-E!" Erst das mehrfache "Psssst!" der Kindergärtnerinnen konnte die Kleinen beruhigen.
Da denkt man, die Kids von heute würden sich nur noch für Touchscreens und Mobbing interessieren, dabei ist das größte Objekt präpubertärer Faszination der Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr!

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Kurze Mail-Bestandsaufnahme

Ich habe zum Zeitpunkt dieser Niederschrift 1001 (eintausendundeine) eMail in meinem gmx-Posteingang liegen. Bei web.de sind's 430, bei Googlemail 140, bei Hotmail 1298 und in meinem Dienstpostfach 1058 Mails.
Macht zusammen 3927 eMails (Taschenrechner).
Dabei ist es keineswegs so, dass ich jede Nachricht bis zum Sanktnimmerleinstag (12.12.12) aufbewahre! Bei web.de zum Beispiel muss man häufig entrümpeln, weil dort nur lächerliche 500 Mails gespeichert werden. Werbung, Newsletter und (mit zeitlichem Sicherheitsabstand) Kauf-/Zahlbestätigungen fliegen bei mir regelmäßig raus.
Die älteste noch gespeicherte eMail datiert auf den 23.05.2004 und beginnt so: "Halli hallo, heut habe ich nun endlich mal die Zeit gefunden um Euch, wie schon telefonisch angekündigt, alle Details für unser 1. Klassentreffen nach wer weiss wievielen Jahren zukommen zu lassen."
Wie viele Mails lagern in euren virtuellen Briefkästen? Findet ihr das normal? Sollte man alle Mails ausdrucken und abheften? Und wer spricht heute noch von "virtuellen Briefkästen"?

Dienstag, 11. Dezember 2012

Die besten Webcomics

Heute: Poorly Drawn Lines von Reza Farazmand. Updates Montag, Mittwoch, Freitag (der Klassiker!). Es ist wirklich sehr, sehr komisch.

Übrigens: Wer diesen ganzen Webzeichnern und Onlinecartoonistinnen für ihre selbstlose Arbeit ein kleines weihnachtliches Almosen zukommen lassen möchte, sollte das tun und gelegentlich ein Buch kaufen.

Montag, 10. Dezember 2012

Klassiker des Wissens: Exklaven und Enklaven

Bis vor kurzem hielt ich Deutschland – von seinen paar Inseln abgesehen – für ein klar begrenztes Gebilde. Aber: Deutschland hat sechs Exklaven, d.h. Ort(steil)e, die außerhalb des eigentlichen Staatsgebietes liegen. Fünf davon befinden sich in Belgien, sind aber relativ uninteressant, weil sie lediglich von einer belgischen Eisenbahnstrecke, der Vennbahntrasse, von Deutschland abgeschnitten werden. Bleibt somit eine einzige echte Exklave, nämlich Büsingen am Hochrhein. Diese baden-württembergische Gemeinde ist komplett von der Schweiz umgeben, und seine Einwohner fühlen sich eher der Schweiz zugehörig. Kaum ein Mensch zahlt dort mit dem Euro, zudem ist Büsingen offiziell Teil des Schweizer Zollgebietes. Weitere spannende Fakten (Wikipedia): 
  • "Der Fußballklub FC Büsingen ist – als einziger deutscher Verein – dem Schweizerischen Fußballverband angeschlossen."
  • "Die Gemeinde hat zwei Postleitzahlen: 78266 Büsingen für Deutschland und 8238 Büsingen (D) für die Schweiz. 
  • "Briefe aus Büsingen können entweder mit Schweizer oder mit deutschen Briefmarken frankiert werden."
  • "Die bisher letzte Chance der Büsinger, der Schweiz angegliedert zu werden, bot sich 1956. Damalige Verhandlungen waren zunächst vielversprechend, jedoch bestand der Landkreis Konstanz auf dem Verbleib von Büsingen bei Deutschland und forderte darüber hinaus einen verbindenden Korridor zu Deutschland."
Es ist noch zu erwähnen, dass auch in Deutschland vier Enklaven liegen, allerdings keine echten. Sie sind allesamt österreichische Exklaven, die nur über deutsche Straßen zu erreichen sind und daher funktionale Exklaven genannt werden.

(Quelle: buesingen.de)

Freitag, 7. Dezember 2012

Betr.: Duos, Hirschkuh, Browsing, schlechtes Deutsch

Wenn sich die John-Lennon-Witwe Yoko Ono mit der französischen Sängerin Patricia Kaas zusammentäte, könnten die zwei ein Moderationsduo namens "Yoko und Kaas" gründen. Aber warum sollten sie das tun?

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Wer möchte da nicht Mäuschen sein?
(Quelle: so 'n Prospekt)

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Wenn ich im Forum "Post Your Favorite" von Something Awful browse, habe ich gewohnheitsmäßig mehrere Threads gleichzeitig geöffnet, darunter "Funny Pictures" sowie "What did you just buy?" Wenn ich dabei zwischen den Tabs hin und her schalte, vergesse ich gelegentlich, welchen Thread ich nun gerade betrachte. So kann es passieren, dass ich im "What did you just buy?"-Thread bin, gelangweilt nach unten scrolle und dabei denke "Was ist denn an diesen Bildern lustig?" Dann fällt mir ein: "Ach nee, hier geht's ja gar nicht um witzige Bilder, sondern um Kaufanregungen!", und ich muss noch einmal nach oben scrollen!!! Wer kennt ähnliches? Meldet euch!

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"Nein, wir sind okay." – Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass uns solche Sätze inzwischen als korrektes Deutsch verkauft werden. Bald wird man eingedeutschte Fassungen englischsprachiger Filme sehen, in denen nach einem überwundenen Streit die Frage fällt: "Sind wir gut?"
(Quelle: Focus)

Dienstag, 4. Dezember 2012

Was so alles in deutschen Zeitungen steht (5)

"Schweinchen Pupsi kann fliegen. Für diese richtige Antwort gewinnen Linda Z. aus Hermsdorf, Esther R. aus Großpösna und die Kinder der Gruppe 3 aus der Kindertagesstätte 'Die kleinen Entdecker' in Leipzig eine DVD und Gelsticker von Lillifee. Herzlichen Glückwunsch!"

[Dresdner Neueste Nachrichten, 07./08.11.2009]

Die Nachnamen der Kinder wurden von mir abgekürzt.

Montag, 3. Dezember 2012

Fünf weitere Listen

Die fünf ekelhaftesten Weihnachtslieder 
Santa Claus Is Coming To Town
Heitschi Bumbeitschi
Jingle Bells Rock
Last Christmas
Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä

Sieben Weihnachtslieder, die ich tatsächlich mag
Joy to the World
Kommet, ihr Hirten
Es ist für uns eine Zeit angekommen
God Rest You Merry Gentlemen
Carol of the Bells
Deck the Halls
Little Drummer Boy

Acht räudige Biermarken
Staropramen
Pilsator
Beckers Pilsener
Mammut Pils
Reudnitzer
Lausitzer Porter
Schloss Edelpilsener
Adelskrone

Neun goldene Regeln, die ich auf die harte Tour lernen musste
Bedenke, dass es auch im Hochsommer nachts kalt werden kann.
Nimm die Sonnenbrille ab, bevor du im Meer schwimmen gehst.
Aktiviere die Tastensperre deines Mobiltelefons.
Freue dich nie zu früh auf irgendwas.
Verstaue niemals wichtige Zettel in deiner Gesäßtasche, wenn du Fahrrad fährst.
Wenn du eine Datei löschen willst, verschiebe sie lieber erst in den Papierkorb statt gleich Shift + Entf zu drücken.
Überzeuge dich vor dem Zähneputzen, ob das wirklich Zahnpasta ist, was du dir auf die Bürste presst. 
Reinige scharfe Messer separat, nicht im Spülbecken.
Verlasse dich nie auf die öffentlichen Verkehrsmittel. 

Schmähnamen für unsere Monate
Lahmuar
Gaybruar
Schmärz
Fapril
Schaißmai
Buuuhni
Uncooli
Maugust
Nepptember
Schmocktober
Doofember
Bähzember

Anmerkungen
1) Gerechterweise müsste Last Christmas auf Platz 1 der schlimmsten Weihnachtssongs sein, allein wegen seiner Allgegenwärtigkeit. Da ich mich aber nur selten in der Nähe von Weihnachtsmärkten oder laufenden Radios aufhalte, bringt mich dieser Klassiker des saisonalen Ekelerregens nicht so sehr zur Weißglut wie Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä, ein Lied, das Kinder noch blöder dastehen lässt als sie sind. Pfui! Amerikanische Xmas-Hits der 40er und 50er (Swing!) sind aber auch unerträglich. Ich kriege davon immer Kopfschmerzen. Chestnuts roasting on an open fire... Sprachlich anstrengend fand ich immer Mary's Boy Child. Als wir es in der Schule zum ersten Mal sangen, dachte ich: 'Soll das Englisch sein? Wenn ja, dann kann ich diese Sprache ja überhaupt nicht!' Davon abgesehen, dass in unserem Musikbuch die Original-Lyrics von 1956 standen, wir aber dazu die 1978er Version von Boney M. hörten, verwirrte mich die Hälfte der darin vorkommenden Wörter und Phrasen enormst. Es beginnt schon beim Titel. Boy child? Hat man das je woanders gelesen? Das erinnert mich an Tierbezeichnungen wie tomcat oder she-goat. Dann der Refrain: Hark oh hear, the angels sing! – Hark? Man shall live for evermore, because of Christmas day. – Schon dieses because erschien mir hier ganz komisch. Dann in der letzten Strophe: By'n'by they found a little nook [...] from afar. – Mal ehrlich, das überfordert doch jeden Achtklässler! (PS: Gute nordirische Post-Rock-Band: And So I Watch You From Afar)

2) Man könnte ja meinen, dass deutsche Biere wegen des Reinheitsgebotes mehr oder weniger gleich gut schmecken. Ein Beispiel für ein Gebräu, ja: Gesöff, das sich garantiert NICHT an das Reinheitsgebot hält, ist die Abscheulichkeit namens Lausitzer Porter. Erfunden von einem königlichen Hofpanscher mit von Syphillis aufgeweichtem Hirn, enthält dieses "Bier" u.a. Malz, Blut, Zucker, Zucker, Speichel und Zucker. Pfui! Über Geschmäcker streite ich mich ungern, aber wer diese lusitanische Perversität zu seinen Lieblingsgetränken zählt, hat doch wirklich einen an der Waffel. Sorry.

Sonntag, 2. Dezember 2012

Traumprotokoll: Straßenbahn

Teile meines Gehirns haben sich anscheinend auf Kindheitsniveau zurückentwickelt. Weil ich gestern Straßenbahn gefahren bin, habe ich heute vom Straßenbahnfahren geträumt.
In der Traum-Tram fand eine Fahrscheinkontrolle statt. Ich hatte leider versehentlich ein ermäßigtes Ticket gekauft, was dem Kontrolleur natürlich auffiel. Er drohte, mich in den Schwitzkasten zu nehmen, zog sich aber erst einmal zur Beratung mit seiner Kollegin zurück. Nach einer Weile entschied er, dass er mir ausnahmsweise kein erhöhtes Beförderungsentgelt abzunehmen gedenke, weil ich vor Fahrtantritt nicht darüber belehrt worden sei, dass man zum Mitfahren ein gültiges Ticket braucht. 'Ooookay', sagte ich. Dann überreichte mir der Kontrolleur eine halbe Brotscheibe: Das sei mein Fahrschein für den weiteren Tag.
Später wurde die Bahnfahrt zu einer Achterbahnfahrt. Die Straßenbahn raste unvermittelt circa 50 Meter im 80°-Gefälle hinab, um sich dann in einer irren Serpentinenroute weiter fortzubewegen. Es ging mit gut 100 km/h auf und ab, nur noch ein Looping fehlte. 'Als Arbeitsweg ist das bestimmt nur die ersten drei Male lustig', dachte ich.

Freitag, 30. November 2012

Kannibalismus

Ein Klassikbeitrag aus dem Mai 2010, den ich für den Junior Web Award vorschlage

"Er aß ihn" stand vor einigen Jahren in riesigen Lettern auf dem Titelblatt einer Boulevardzeitung. Es ging um den Kannibalen von Rothenburg, und ganz Deutschland verfolgte die Berichterstattung mit wohligem Gruseln. Die Tat war kein Einzelfall. Wer etwa die Bild verfolgt, stößt alle paar Monate auf entsprechende Vorfälle. "Menschenfresser aß Berliner" habe ich mir z.B. vor ca. acht Jahren ins Notizheft geschrieben, und damit war kein Pfannkuchen gemeint. Legendär ist auch diese kaum kommentierbare Meldung vom April des Jahres 2010.


Und jetzt macht der "neue Jack the Ripper" von sich reden, der das Fleisch von drei ermordeten Huren verspeist haben soll. Kannibalismus ist also keine Seltenheit. Ich glaube, es gibt im Wesentlichen drei Motive:
Liebe Ein Mensch will sich einen anderen "einverleiben", will ihn voll in sich aufnehmen. Die Causa Meiwes war ein Beispiel dafür, ein anderes wird in dem sehr lesenswerten Buch "Verbrechen" von Ferdinand von Schirach geschildert.
Rituelle Gründe Ich sage nur: Papua-Neuguinea. Da frisst man, glaub ich, die ehrwürdigen Ahnen, aber manchmal werden auch Jüngere zubereitet. Wie ich irgendwo mal las, spielen durchaus auch kulinarische Erwägungen eine Rolle. Fleisch aus der Wange soll von einigen Völkern besonders geschätzt werden. Auch Gehirne sind beliebt. Unschöne Nebenwirkung: u.a. Kuru.
Notlagen Die erste derartige Darstellung in der Literatur findet sich bei Mark Twain. Die (ziemlich langweilige) Kurzgeschichte "Kannibalismus auf der Eisenbahn" handelt von einer Gruppe Reisender, die mit ihrem Zug im Nirgendwo feststeckt und, um zu überleben, einen Menschen zum Nahrungsspender wählen muss. Man hörte Ähnliches auch schon von Flugzeug-Passagieren. Im Zweifel muss der Dickste dran glauben. Ich nehme an, bei dem modernen britischen Ripper spielte auch übersteigertes Verlangen, gepaart mit einem Ödipus-Komplex, eine Rolle für sein Handeln. Vielleicht gibt es auch noch ein viertes Motiv: Rache an seinen Feinden. Beispiele: Yoshi in Super Mario World (obwohl der keine Vertreter der eigenen Spezies verschlingt) sowie Hannibal Lecter.

Ich werde noch weitere Forschungen zu diesem Thema anstellen (mal sehen). 

Freitag, 23. November 2012

Donnerstag, 22. November 2012

Fragen, die ich mir selbst stelle

Heute: Was ist Instant-Mehl?

Ein Pulver, über das man Wasser gießt, und dann wird daraus Pulver? Klingt zu irre, um wahr zu sein. Im chefkoch.de-Forum wurde die ominöse Zutat schon vor über fünf Jahren diskutiert. Letztgültige Antwort: "Instantmehl ist ein handelsübliches Mehl welches in einem Spezialverfahren thermisch behandelt wird um die Kleber (Glutenstruktur) zu zerstören. Resultat:==> Beim Einrühren klumpt es unter anderem absolut nicht wird z.B.: für Paniermehl verwendet. Griffiges Mehl hat etwas die Eigenschaft, damit es nicht klumpt." 

Dass ich von der Existenz von Instant-Mehl gestern zum allerersten Mal las (in einem Rezept für Jägersoße), spricht wohl dafür, dass das Zeug nicht allzu verbreitet ist.

Mittwoch, 21. November 2012

Betr.: Bahn-Erlebnis, E/I/F, Kohl

Im Zug sitzt ein Geschäftsmann, offenbar aus der Marketingabteilung, denn er sieht sich auf seinem Notebook irgendwelche Werbefilmchen an – ohne Kopfhörer!!! Minutenlang gehe ich gedanklich durch, wie ich den Kerl gleich zurechtweisen werde. "Entschuldigen Sie: Ist das Ihr Ernst?" halte ich für einen guten Einstieg. Doch es erledigt sich sogleich, als ein anderer Fahrgast auf den rüpelhaften Knallkopf zugeht und ihn freundlich darum bittet, seine "bestimmt ganz wunderbaren Videos" doch bitte über Kopfhörer zu genießen. Ah, Zivilcourage!

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In sog. "besseren Kreisen" gilt es seit jeher als absolutes Muss, sich gut in Spanien, Italien und Frankreich auszukennen und mindestens einmal jährlich mindestens eines dieser Länder zu besuchen.
Ich habe überhaupt keine Ahnung von diesen Ländern. Mir liegt es fern, mit Ignoranz zu kokettieren, ich gebe nur ganz ehrlich zu, dass sie mich einfach nicht interessieren. Ich war zwar schon in den jeweiligen Hauptstädten (die auch ganz nett waren) und kann mich durchaus für die regionalen Winzerprodukte erwärmen, doch im Allgemeinen halte ich Spanien, Italien und Frankreich für überschätzt. Das spanische Essen ist zu fettig, das italienische zu spartanisch, das französische zu prätentiös; niemand beherrscht eine Fremdsprache; alles ist teurer als in Deutschland; und direkt Spitzenwirtschaftsmächte sind die drei Länder auch nicht.

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Eine Frage, die sich bestimmt noch niemand gestellt hat: Darf man einen Kohlkopf (z.B. Rot- oder Weiß-) als Handgepäck mit in ein Flugzeug nehmen? Ich würde auf nein tippen, rege aber an, es einmal auf den Versuch ankommen zu lassen. Mögliche Verbotsargumente: 1) Der Kohl könnte als Waffe benutzt werden; 2) Es könnte eine Waffe darin versteckt sein; 3) Der Kohlkopf könnte über den Gang rollen und eine Gefahr für Crew und Passagiere darstellen; 4) Wenn man ihn schält oder raspelt, entsteht zu viel Dreck.

Dienstag, 20. November 2012

Graphiken, die die Welt erklären

Heute: Wahrscheinlichkeit für eine Panikattacke (y-Achse) bei zunehmender Größe eines öffentlichen Raumes (x-Achse), z.B. Geschäft, Disco, Hörsaal


Sonntag, 18. November 2012

Wochenend-Quiz: Auflösung

(zum Lesen markieren)

Richtig ist d)
Es handelt sich um einen Cocktail auf Matcha-Basis. Was da schwimmt, sind Zitrusfruchtschnitze. Schmeckt nicht schlecht, man muss nur warten, bis sich das Teepulver am Boden abgesetzt hat; wenn man es aus Versehen mittrinkt, wird's unangenehm.

Samstag, 17. November 2012

Wochenend-Quiz

Was befindet sich in diesem Glas?

a) Spinat-Avocado-Shake
b) eine süße Gazpacho-Variation
c) eine britische Kräuter-Minz-Suppe (lauwarm)
d) japanischer Grüntee-Cocktail mit Gin

Freitag, 16. November 2012

Klassiker des Wissens: Im unheimlichen Tal

Ein interessanter Effekt ist der vom Uncanny Valley. Das Uncanny Valley ist, vereinfacht gesagt, das Phänomen, dass die Akzeptanz menschlicher Beobachter gegenüber Computerspiel-Figuren oder Robotern ab einem gewissen Grad an Realismus nicht zunimmt. Das heißt: Wenn eine Kunstfigur allzu menschenähnlich ausschaut (aber noch nicht total menschlich), gruseln wir uns. "Die Akzeptanz fällt ab einem bestimmten Niveau des Anthropomorphismus schlagartig ab und steigt erst ab einem bestimmten, sehr hohen Grad wieder an." (Wiki) Wie hoch dieser Grad sein muss, ist wahrscheinlich von Mensch zu Mensch verschieden. 

Ich habe mich immer gefragt, warum John Connor in der Serie The Sarah Connor Chronicles sich nie (sexuell) für die von Summer Glau verkörperte hübsche Terminatrix Cameron interessiert hat. Come oooon – jeder normale 16-Jährige hätte die Situation in irgendeiner Weise ausgenutzt. Es gibt sogar einen Typ von Fetischisten, für den so eine Cameron der ultimative Traum wäre. "The first of these [fantasies] is simply a desire to have a ready-made android or gynoid partner. This partner can be desired for sex, companionship, or any combination of the two. The main distinguishing feature of this fantasy is that the android is a completely artificial construct, often manufactured solely to fulfil the wishes of its owner." 

Zurück zu den Terminatoren: Physiologisch sind diese mit Menschen fast identisch (zumindest von außen), ihr Verhalten wird so gut wie möglich simuliert und kann durch Lernen verbessert werden. Aber es sind die kleinen Defizite und Macken, die man nicht programmieren kann. Deshalb wird es wahrscheinlich nie Maschinen geben, die überhaupt nicht mehr von uns Menschen zu unterscheiden sind. Und alle anderen, weniger perfekten Robotertypen liegen im Uncanny Valley. 

In der Serie 30 Rock (Episode 2.13 "Succession") wird das Uncanny Valley anschaulich behandelt:


Frank: Check out this chart. As artificial representations of humans become more and more realistic, they reach a point where they stop being endearing and become creepy. 
Tracy: Tell it to me in Star Wars. 
Frank: All right, we like R2-D2 and C-3PO. 
Tracy: They're nice. 
Frank: Here, we have a real person, like Han Solo. 
Tracy: He acts like he doesn't care, but he does. 
Frank: But down here, we have a CGI Stormtrooper or Tom Hanks in The Polar Express. 
Tracy: I'm scared! Get me out of there! 
Frank: And that's the problem. You're in the valley now, it's impossible to get out. 


PS: Den ersten Terminator sah ich neulich aus Langeweile im Fernsehen. Weil es sich um eine 20.15 Uhr-Fassung handelte, war ungefähr die Hälfte rausgeschnitten. Lustig ist aber immer wieder die deutsche "Übersetzung" von "You're terminated, fucker!": "Jetzt mach ich dich fertig!" Noch passender wäre wohl nur gewesen: "Jetzt sage ich noch einen coolen Spruch auf!" Insgesamt ist der Film nicht gut gealtert. Die Musik ist streckenweise seeehr trashig (vom exzellenten Hauptthema abgesehen), und je weniger man über die Damenkleider und -frisuren der Achtzigerjahre sagt, desto besser.

Mittwoch, 14. November 2012

Skurrile Sammlungen: "... bei Nacht"-Karten

In den 90er Jahren fiel mir während eines Familienurlaubs eine Postkarte mit folgendem Motiv auf, nein – anders: mit gar keinem Motiv. Auf der komplett schwarzen Karte stand "[Ortsname] bei Nacht". Ich weiß nicht mehr, in welchem Ort ich das (damals noch) originelle Souvenir entdeckte, es sah jedenfalls aus wie das hier:

Beim nächsten Urlaub fand ich in einem Andenkenbüdchen eine ähnliche Karte vor und beschloss, von da an von jedem Ort, den ich besuchte, ein Exemplar mitzunehmen, bis der Witz durch seine tausendfache Wiederholung vernichtet würde.

Nach circa 30 Exemplaren beendete ich das Projekt. Mit Beginn des 3. Jahrtausends verschwand das trashige Gimmick nach und nach von der Bildfläche. Die angefangene Sammlung habe ich aber nie weggeworfen, wie man sieht. 
Was der Unterschied zwischen by night und at night ist, kann ich übrigens bis heute nicht sagen.

Nachtrag Roger Willemsen hat sich, wie in seinem Buch "Momentum" zu erfahren ist, eine noch skurrilere Postkartensammlung aufgebaut: "In Italien kaufte ich früher immer Ansichtskarten mit dem Motiv 'Kind über Geburtstagstorte', ein Motiv, das in den Fünfzigerjahren geboren wurde. [...] Die Kinder sehen in ihrem Geburtstagsglück manchmal beseelt, manchmal schauspielerisch stimuliert, manchmal verlegen, vierschrötig oder sogar abwehrend aus. Ich kaufte jedes dieser alten, immer liegengebliebenen Motive, das ich fand, und ich liebte schon das Quietschen des Drehständers, den staubigen Film auf der Oberfläche, die Pappe dick und schmutzig und mit einer Lackschicht, die abblätterte wie Gelatine. Inzwischen hat das Leben manchem dieser Kinder wohl ein Loch in die Pauke gemacht, sie sind steinalt oder tot. Überlebt aber hat auf den Postkarten ihre antiquarische Daseinsbegeisterung."

Dienstag, 13. November 2012

Glaubt den Frauen!

Wie oft hat man es schon in Filmen und Fernsehserien gesehen: Eine Frau hat ein übernatürliches Erlebnis gehabt und erzählt davon ihrem Mann/Freund/Verlobten/Geliebten, aber dieser arrogante Blödmann glaubt ihr kein Wort. Die arme Frau wird für verrückt erklärt und ist auf sich allein gestellt. Am Ende wird der Mann selbst Zeuge des Übernatürlichen und (oft) für seine Ungläubigkeit bestraft – was der Frau natürlich auch nicht weiterhilft. Die umgekehrte Variante gibt es zwar auch (Konstellation Mulder/Scully), jedoch viel seltener. Fast immer ist es eine Frau, die als naives Dummchen mit zu viel Einbildungskraft wahrgenommen wird. 

Bei mir gäb's das nicht, denn ich bin genre savvy und einfühlsam. Wenn meine Frau/Freundin/Verlobte/Geliebte ankäme und mir erzählte, im Parkhaus hätte ihr ein Kobold nachgestellt oder auf dem Dachboden lebte ein Flugsaurier, würde ich mit Respekt, Ernst und Neugier nachfragen und meine größtmögliche Unterstützung anbieten. Selbst wenn sich ihre Behauptung als nachweisliche Unwahrheit herausstellen sollte, würde ich mich auf das Berichtete einlassen – und ggf. mit ihr gemeinsam professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Patienten mit Wahnvorstellungen von ihrem Wahn zu überzeugen zu versuchen, ist schließlich das Schlechteste, was man tun kann. 

Was aber tut man, wenn man selbst ein paranormales Erlebnis hat, jedoch nur Leute kennt, die einen eh nicht für voll nehmen? Dann gnade einem Gott (der ja auch, nun ja ... umstritten ist).

Samstag, 10. November 2012

Traumprotokoll: Cola

Ich war mit ein paar Freunden in einem Imbiss. Wir kauften Getränke. Während die anderen sich Bier zu 1,50 € bestellten, erregte meine Aufmerksamkeit etwas anderes auf der Getränketafel: "Rael" hieß es und kostete 1,- €. (Angeblich kann man im Traum keine Buchstaben und Zahlen erfassen, ich konnte in diesem Fall aber sehr gut lesen.)

Der Verkäufer erklärte mir nun, dass man Waren im Wert von einem Euro oder weniger nur in dreifacher Ausführung erstehen könne. Statt einer Flasche "Rael" hätte ich also drei kaufen müssen. Ich erfuhr außerdem, dass es sich bei dem Produkt um eine Colasorte handelte. Statt den Deal sofort zu beenden (ich mag gar keine Cola), wurde ich wütend. Ich stritt mich mit dem Imbisswirt und versuchte ihm die Unrechtmäßigkeit seiner grotesken Klausel klarzumachen. Immer mehr steigerte ich mich in meine Wut, bis ich ausfallend wurde und mich über den Beruf des noch sehr jungen Verkäufers lustig machte. Ich glaube, am Ende randalierte ich sogar ein bisschen.

(Frage an Psychologen: Warum handeln mehr als 50% meiner Träume davon, dass ich in eine abstruse Verkaufssituation gerate und Wutausbrüche bekomme?)

Freitag, 9. November 2012

Mein neues Spielzeug


Ein Wacom Bamboo Grafiktablett! Damit kann ich zeichnen und habe das Ergebnis sofort in digitaler Form. So kann ich es direkt bearbeiten und veröffentlichen – ohne den lästigen Schritt des Einscannens. Papier spare ich obendrein. Demnächst wird es also weitergehen mit der Reihe "Selbstgemaltes zum Samstag".

Donnerstag, 8. November 2012

Traumprotokoll: Automat (Doppelausgabe)

Ich stand in einer langen Schlange, die zu einem "Georg-Büchner-Museum" führte. Keine Ahnung, was ich oder die unzähligen anderen Leute dort wollten. Das Museum war jedenfalls architektonisch interessant: eine runde Festung, aus deren Mitte ein Turm ragte – eine Mischung aus dem House of the Undying und der Engelsburg in Rom. Es gab kein Ticket- oder Einlasspersonal, stattdessen musste man in einen Automaten satte 16,- € werfen, um eine Drehkreuzkarte zu ziehen, und zwar in 2-Euro-Stückchen! Niemand schien sich an diesem Wahnsinn zu stoßen, allein ich entwickelte schon wieder heftige Aggressionswallungen. Nachdem ich mir acht 2-Euro-Stücke besorgt hatte, wollte ich den Automaten damit füttern. Doch natürlich flutschten alle Münzen einfach durch; das dumme Gerät wollte mein Geld nicht annehmen. Tausend Mal versuchte ich es, bis ich entdeckte, dass im unteren Ausgabe-Schacht mehrere D-Mark-Münzen lagen. "Hier hat jemand versucht, ungültiges Geld in den Automaten zu werfen. Das sollte man dieser Person ins Maul stopfen!", schrie ich. 

Woher dieser Traum kam, kann ich mir denken. Am Vorabend musste ich mit der U-Bahn fahren, und in der Station, von der ich losfuhr, gab es brandneue Fahrscheinautomaten. Alle meine vier Münzen, die ich einwarf, wurden direkt angenommen statt unten wieder herauszupurzeln. Eine Premiere!

In diesem Zusammenhang noch ein Klassiker von 2004:
Mir träumte, mich hätte es durch widrige Umstände nach Hannover verschlagen, genauer gesagt in das U-Bahn-Netz dieser Stadt. Woran ich erkennen konnte, dass es sich tatsächlich um Hannover handelte, und ob es dort überhaupt eine U-Bahn gibt, weiß ich nicht. Jedenfalls waren die dunklen Stationen gigantischen Ausmaßes, doch nur vereinzelt sah man menschenähnliche Kreaturen herumwuseln. Ich wollte so schnell wie möglich raus aus diesem Höllenlabyrinth. "Wie komme ich nach Hamburg?", fragte ich zwei Bahnangestellte, die mich mit einem sardonischen Gellen bedachten und meinten, ich müsse mir erstmal ein Ticket kaufen. Ich fand wenig später einen entsprechenden Automaten, dessen Wechselgeldschacht mit Unmengen von Münzen gefüllt war. Es ist nämlich (so mein Traumwissen) in Hannover Sitte, nach dem Fahrkartenerwerb sämtliches Restgeld, das die Maschine ausspuckt, keinesfalls mitzunehmen, sondern den Automatenentleerern als Trinkgeld zurückzulassen. Ich kaufte mir also ein Ticket und wunderte mich sogleich.
Das "Ticket" war kein richtiges Ticket aus Papier, sondern ein Stempel! Verdutzt betrat ich eine Bahn. Wenig später stieg eine Kontrolleurin hinzu und verlangte die Vorlage meines Tickets. Ich holte meinen Stempel hervor, den sie daraufhin auf ein Stempelkissen und anschließend auf einen Zettel drückte, auf dem sinngemäß zu lesen war: "Der Besitzer dieses Schriftstücks konnte keinen gültigen Fahrausweis vorzeigen." Die Kontrolleuse verließ wortlos die U-Bahn, und ich wurde panisch. 'Ich muss diesen Zettel unverzüglich loswerden!', schoss es mir durch den Kopf. Also irrte ich wenig später erneut durch die finsteren Bahnstationen und suchte einen Mülleimer. Jedoch fand ich nur einen weiteren Ticket-Automaten, um den sich das Klimpergeld nur so stapelte. "Scheiß drauf", sagte ich und stopfte mir die Taschen voll.  

Dienstag, 6. November 2012

Die durch die Entwicklungshölle gehen

Auf io9 habe ich heute von dem mir bis dahin unbekannten Tetris-Effekt gelesen: Menschen neigen nach langen Tetris-Sessions dazu, von dem Spiel zu träumen. Die Frage am Ende des Artikels, ob es ähnliche Effekte auch bei anderen Spielen gebe, kann ich bejahen. Ich hatte schon sehr intensives game-bezogenes "Kopfkino" (um mal ein Arschwort zu verwenden), zuletzt v.a. von Skyrim. Dabei muss es sich nicht um Schlaf-Erlebnisse handeln. Wenn ich Zug fahre, und am Fenster huschen verlassene Fabrikgelände vorbei, sehe ich diese bisweilen durch die Augen eines Spielers von Half Life 2 oder ähnlichen Shootern. 'Oh man, wäre das eine geile Map!', denke ich dann.

Ein anderer Effekt taucht in diesem Artikel auf Overthinking It auf: der Sunset Boulevard-Effekt (Notiz an mich: Ich muss mal einen Blogpost über erwähnenswerte Effekte verfassen!). Definiert wird der Effekt im Text nicht, es geht kurz gesagt um Schauspieler-Comebacks und die Frage "Just how long can someone go before making a comeback, anyway?", der ich die Frage anschließen möchte: "Wie lange muss jemand von der Bildfläche verschwunden sein, bis sein Comeback niemanden mehr interessiert?" Ähnliche Überlegungen ließen sich auch über Werke der Unterhaltungsindustrie anstellen. Wie lange muss ein Projekt in der Produktion feststecken, bis sein Release nur noch enttäuschen muss?

Es gibt ja das Trope der Development Hell: Filme, Videospiele etc. geraten in diese, wenn sich ihre Entwicklung wegen finanzieller, kreativer oder sonstiger Schwierigkeiten immer wieder verzögert. Von dem Phänomen Saved from Development Hell spricht man, wenn das Projekt schließlich doch irgendwann beendet wird. Mein Eindruck ist, dass der Großteil ebensolcher Kunstwerke bestenfalls mittelmäßig ausfällt. Das klassische Beispiel ist Duke Nukem Forever, dessen zigfache Verschiebung schon selbst zum Kult wurde ("When it's done") – als es dann erschien, hielt sich die Begeisterung in Grenzen, um es mal milde auszudrücken. Weitere Beispiele: der zweite X-Files Film, Terminator 3, das neue Wintersun-Album Time, Monkey Island 4. Sicher, es gibt auch etliche Gegenbeispiele, und ich setze große Hoffnungen in den Hobbit und die vierte Staffel von Arrested Development. Aber im Allgemeinen ist es so: Nach einem bestimmten Verzögerungszeitraum t(v) geht die Erwartungsmenge m(e) antiproportional zu ihrem anfänglichen Anstieg zurück. Das müsste man mal mathematisch verfeinern und in eine entsprechene Graphik packen.

Was ich mit diesem Beitrag sagen will? Lasst euch bitte nicht zu viel Zeit mit dem, was ihr tut!

Samstag, 3. November 2012

Jugenderinnerung

An einem wunderschönen, sonnigen Montagmittag beschloss ich, ein Kapitel meines Lebens, das da hieß "4.) Studentenzeit", abzuschließen. Ich hatte auf einer der zahlreichen Campuswiesen gelegen und die Umgebungsgeräusche auf mich einwirken lassen, wodurch sich eine Atmosphäre wie an einem gut besuchten Badestrand eingestellt hatte. Diese Atmosphäre weckte in mir eine bis dahin nicht gekannte Sehnsucht: die Sehnsucht nach Freiheit.

Statt also in die anstehende Vorlesung zum Thema "Sichtschutzelemente aus Molybdän" zu gehen, ging ich nicht dahin. Ich wäre ohnehin zu spät gekommen, was zur Folge gehabt hätte, dass ich der Lehrveranstaltung zur Strafe nur mit Unterwäsche bekleidet hätte beiwohnen müssen. Unser Werkstoffwissenschafts-Professor war nämlich verrückt. Das äußerte sich aber nicht nur in seiner Liebe für das Verhängen drakonischer Strafen, sondern auch in seiner Lehre selbst. Er vertrat beispielsweise noch immer die These vom Äther oder dem sogenannten Phlogiston. Auch nannte er den Erdkern noch "Nife", besteht jener doch aus einer Nickel-Ferrum-Legierung. Überhaupt hatte Prof. Aschenknecht (so hieß der Hochschullehrer) ein Faible für alte, ja antiquierte Sachen, die heute kaum noch jemand kennt. In seinem Büro befanden sich u.a. ein Stapel Blaupapier, eine Lupe, mehrere Bartbinden, Schlafmützen, Brummkreisel, Spazierstöcke, Leiterwagen, eine Fußbank und ein Fidibus.

In der Vergangenheit hatte es mehrfach Beschwerden und sogar Amtsenthebungsverfahren gegen Aschenknecht gegeben, allein es hatte nichts genutzt. Ihm oblag dummerweise die Schirmherrschaft über den Botanischen Garten, d.h. nur dank seiner großzügigen finanziellen Aufwendungen konnte jener instandgehalten werden. "Nehmt mir den Lehrstuhl, und ich streue Glaubersalz auf die Orchideenbeete!", hatte Aschenknecht mehr als einmal gedroht, als erzürnte Bürgerinitiativen ihm an den Karren fahren wollten. Ob Glaubersalz wirklich Blumen zu zerstören vermochte, hatte niemand nachgeprüft, es ging ja ums Prinzip! Überflüssig zu erwähnen, dass an meiner Alma Mater alle Studiengänge, die mindestens eine Pflichtveranstaltung bei Prof. Aschenknecht vorsahen, notorisch unterbesetzt waren. Am Anfang meines ersten Semesters saßen immerhin 30 Studenten, streng nach Geschlecht getrennt, im Einführungskurs. Nach drei Wochen waren es nur noch zwölf. Einen rheinischen Burschen, der es einmal gewagt hatte, nach einer allzu dreisten Behauptung Aschenknechts aufzubegehren, verprügelte dieser mit seinem Zeigestock. Und zwo Mädels, die nach dem – von Aschenknecht mit dem Mund imitierten – Stundenklingeln noch mit ihren Tamagotchis gespielt hatten, wurden gezwungen, eine Terrine Knallerbsen zu essen. 

Es wunderte mich, dass ich so intensiv an meinen schrulligen Lehrer denken musste, der mich unentwegt mit Beleidigungen wie "Sohn einer räudigen Eselin" und Flüchen wie "Möge dich Yog-Sothoth fressen!" bedacht hatte. Ich versuchte mir angenehmere Dinge ins Gedächtnis zu rufen. Wie war das noch mit diesem Mädchen, in das ich einst verliebt war? Ich saß – ich nehme jetzt einfach mal Präteritum statt Plusquamperfekt – in der Universitätsbibliothek und las einen Fachaufsatz über Mehl, als ich neben mir die berüchtigte Windows©-Hochfahr-Melodie ertönen hörte. Ich drehte mich zur Seite und wollte dem Laptop-Besitzer gerade ein "Welcher Vollpfosten lässt eigentlich seine Systemsounds an, wenn er an einem öffentlichen Ort arbeitet?!" entgegen schleudern, als ich erkannte, dass es sich um eine reizende junge Frau handelte. Mit offenem Maul starrte ich die Schöne an, welche nur rief: "Was glotzt'n so, Spast?" – "Wie heißt du?", wollte ich wissen. – "Deirdre, aber du kannst mich auch Erdmuthe nennen, is' mir scheißegal!", spie sie. Ihr unsympathischer Charakter stieß mich nicht ab, ihr Aussehen hatte mich gänzlich eingenommen. So sind wir Kerle nun mal. "Deirdre? Ist das irisch?", frug ich noch. Sie klappte ihr Notebook zu und floh den Büchertempel. Danach sah ich sie nie wieder, doch sie hatte mein Herz erobert. 

Ich wollte irgendwie einen Schlussstrich unter diese Ära ziehen, symbolisch. Betrinken und feiern waren zwei Optionen. In einem Studentenclub namens "Chomsky Beats" gab es eine Nachmittagsdisco. Da wollte ich rein. Kurz bevor ich die Tür des Etablissements öffnen konnte, packte mich jemand am Unterarm. Ich quiekte. Es war Professor Aschenknecht. "Halt, du! Warte einen Augenblick, bitte", sagte er. Das war das erste Mal, dass ich ihn das Wort bitte benutzen hörte. Ich antwortete: "Nee, von Ihnen muss ich mir gar nix mehr anhören – ich bin kein Student mehr!" – "Ich weiß, ich weiß", entsetzte er. "Es dauert nur eine Stunde. Es ist wichtig. Bitte." Das war das zweite Mal, dass ich ihn das Wort bitte benutzen hörte. "Auf keinen Fall!", rief ich. "Warum sollte ich mich mit Ihnen unterhalten? Sie haben mir das Leben zur Hölle gemacht!" – "Aber ich brauche dich! Der Kasus ist von höchster Wichtigkeit." Aschenknecht winselte jetzt förmlich. "Es soll sich auch für dich lohnen." Damit hatte er meine Aufmerksamkeit erlangt. "Na schön", seufzte ich. "Ich gebe Ihnen 15 Minuten." Wir setzten uns auf eine Bank. Auf dem Rasen hinter uns spielten ein paar ironische Stoner mit Hackysacks. 

"Ehe ich selbst rede, sieh dir diesen Film an!", befahl der Professor und reichte mir ein portables Videoabspielgerät. Ich drückte auf die Play-Taste und schaute auf das Display. Zu sehen war eine etwa 30jährige Frau in einer olivgrünen Allzweckjacke. Sie (also die Frau, nicht die Jacke) winkte in die Kamera, die offenbar von ihrem Reisepartner gehalten wurde. Denn dass die beiden auf Reisen waren, erkannte man nicht nur an dem Lonely Planet, der in einer der Taschen der Jacke der Frau steckte (dreifacher Genitiv, geil!), sondern auch an der ganz und gar nicht mitteleuropäischen Landschaft, die sich im Bildhintergrund erstreckte. Nun erklang eine raue Männerstimme: "Huhu, wir sind hier in einem kleinen Dorf; ich weiß nicht, wie das heißt, aber es ist supersüß. Ich schwenke mal rum." Der Typ nahm eine winzige Ansiedlung von Zelten auf, zwischen denen Pferde grasten. Plötzlich ertönte ein schriller Schrei. "Wow, was ist da denn los?", wunderte sich der Filmer und rannte in die Richtung, aus der er den Ruf vernommen hatte, wodurch das Bild ruckelte. Mit einem Mal wurden Menschen sichtbar. Auch sie ließen keineswegs auf europäische Provenienz schließen. Ein Kind deutete auf den Erdboden und weinte. Die Leute plärrten wild durcheinander. "Oh mein Gott!", brüllte nun die Touristin. Ihr Gefährte zoomte auf die Stelle am Boden und erfasste eine seltsame Kreatur. Es schien eine Art Schlange zu sein, allerdings ohne erkennbaren Kopf und in knallroter Farbe. Dann brach das Video ab. 

"Was du hier siehst", sprach Aschenknecht nach einer bedeutungsschweren Pause, "ist der erste Beweis für die Existenz des Mongolischen Todeswurms." – "Bitte was?", entfuhr es mir. Aschenknecht hob die Hand. "Lass mich ausreden", gebot er. "Das Video wurde vor ca. einer Woche in einem namenlosen Dorf in der Nähe von Baruun-Urt aufgenommen. Der Kameramann ist tot." Ich schluckte und erwiderte: "Das ist ja interessant, aber was habe ich damit zu tun?" – "Du wirst dieses Dorf suchen und den Mongolischen Todeswurm fangen. Denn nichts anderes war es, was wir in dem Film sahen und was den jungen Mann mit Gift bespuckt hat. Du musst wissen: Alles, was dieser Wurm anspeit, stirbt augenblicklich!" Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Schließlich sagte ich: "Also prinzipiell habe ich schon Zeit und Lust, aber ich fahre nicht einfach so in die Mongolei und riskiere mein Leben, damit Sie berühmt werden. Ich verlange etwas dafür. 10.000 Euro!" Der Gelehrte grinste mich breit an. "Ich gebe dir etwas, das mehr wert ist als 10.000 Euro", raunte er, "... 12.000 Euro! Außerdem wirst du nicht dahin fahren, sondern fliegen. Schon morgen kann's losgehen." Nach kurzer Bedenkzeit sprang ich auf und jauchzte: "Okay, ich mach's!" 

Am Tag darauf standen wir vor dem Flughafen, von dem aus es nach Ulaanbaatar gehen sollte. Aschenknecht überreichte mir ein Säcklein und erklärte: "Darin ist alles, was du brauchst: ein GPS-Gerät, Impfzeug, Schmelzkäseecken, eine kurze (von mir geschriebene) Monographie über Eigenurintherapie und ein Tetrapak Kaba, der Plantagentrunk. Das wichtigste Utensil, um den Allghoi Khorkhoi – so lautet die einheimische Bezeichnung des Todeswurms – zu schnappen, ist ein Netz. Nimm außerdem diesen Betäubungspfeil. Schmuggle ihn irgendwie ins Flugzeug." Ich bedankte mich und ging los. Kurz fragte ich mich, ob das alles nur ein Traum war. Gestern noch lag ich auf der Wiese, und heute flog ich im Auftrag meines Nemesis – einer der Gründe, warum ich überhaupt mein Studium beendet hatte – in ein Land mit einer Bevölkerungsdichte von zwei, um ein mythologisches Wesen aufzuspüren. Ich drehte mich noch einmal um, weil mir der Hobby-Kryptozoologe etwas zurief: "Die Einwohner reden nicht gerne über den Wurm. Du wirst auf viele taube Ohren stoßen. Aber lass dich nicht unterkriegen!" 

Im Flieger las ich, dass der Allghoi Khorkhoi bis zu 120 cm lang werden konnte. Ich ekelte mich schon jetzt. Wäre ich nur zur Nachmittagsdisco gegangen! Nach zehn Stunden landeten wir in der mongolischen Hauptstadt. Mir wurde schlagartig klar, dass ich nicht einmal die Landessprache beherrschte. Wie es mir dennoch gelang, mich bis zu dem ominösen Dorf durchzuschlagen, soll ein andermal erzählt werden. Die Geschichte endete jedenfalls damit, dass ich mich den hiesigen Halbnomaden, die ein Drittel ihres Lebens auf dem Rücken ihrer Reittiere verbringen, anschloss und fortan in einer bescheidenen Jurte lebte, bis ich den legendären Todeswurm eines Tages – mehr oder weniger zufällig und mit Hilfe einer Schneiderahle, einer Zwiebel und eines Gürtels – fing. Nach dieser Heldentat meldete sich sogar Deirdre bei mir und wollte mich heiraten. Doch ich lehnte ab. 

Weiterführende Lektüre: 
http://de.wikipedia.org/wiki/Phlogiston
http://de.wikipedia.org/wiki/Mongolischer_Todeswurm
http://en.wikipedia.org/wiki/NiFe

Donnerstag, 1. November 2012

Die besten Webcomics

Heute: Completely Serious Comics. Updates Montag, Mittwoch und Freitag.


Der Humor ist nicht immer der high-browigste, den es gibt. Manchmal haben die Strips keine Pointen; überhaupt erinnert die Reihe öfter an Three Word Phrase.
 

Auf jeden Fall eine Empfehlung für den kleinen Schmunzler zwischendurch. Wer das Archiv durchstöbert, stellt fest, dass sich der Zeichenstil über die zwei Jahre, in denen der Comic existiert, schrittweise verbessert hat. Das ist bei vielen Webcomics der Fall. Darum merkt euch, Kids: Übung macht den Meister!


Dienstag, 30. Oktober 2012

Mythos Bommel

Den Satz "Andere Mütter haben auch schöne Töchter" kennt man ja. Neu war mir aber die Redewendung "Andere Mützenformen haben auch eigene Artikel", die ich auf einer Wikipedia-Diskussionsseite fand. Darin ging es um die große Frage, ob man den Artikel "Bommelmütze" als eigenständigen Eintrag ausbauen oder in den Artikel "Bommel (Textilien)" integrieren sollte. 
Auf der Diskussionsseite "Pudelmütze" wiederum streitet man sich u.a. darüber, ob es korrekt "der" oder "die Bommel" heiße und ob der oder die Bommel lediglich funktionsloses Schmuckwerk sei oder als wollener Knauf dazu diene, die Mütze leichter vom Kopf zu ziehen. Alex74 hat jedenfalls eine festgefahrene Meinung: "Qualitativ schlechte Pudelmützen bei denen der Bommel abreißt sind kein Argument gegen eine eindeutige und einleuchtende Funktion. Mit der Zunahme des Verkaufs von Wollmützen ohne Bommel und anderen Wintermützen ging lediglich seit etwa 20 Jahren das Wissen um die Funktion des Bommels zurück, der daraufhin in der heutigen Zeit zumr Deko degenerierte und daher oft mangelhafte Qualität besitzt wie ich aus eigener Erfahrung leider selbst weiß." [alles sic!] 
Die Seite wurde leider "zuletzt am 8. Februar 2006 um 21:29 Uhr geändert"; die Hoffnung auf eine zeitnahe Schlichtung im Bommelstreit darf damit wohl vorerst aufgegeben werden. Wer eine (längst fällige!) Kulturgeschichte der Bommel verfassen möchte, muss sich eine andere Anlaufstelle als die Wikipedia suchen. 
Bei mir sind Bommeln übrigens weiblich.

Montag, 29. Oktober 2012

Neue Rubrik: Torsten testet Me-too-Produkte

Vor einiger Zeit habe ich 20 von 50 derzeit erhältlichen Sorten der Geleebonbonmarke Jelly Belly einem strengen Geschmackstest unterzogen. Mein Testergebnis: Mandarine – lecker, Grüner Apfel – auch lecker, Lakritze – igitt, Wassermelone – zu künstlich, Orangensorbet – gut, Butter-Popcorn – beste, Erdbeer-Daiquiri – mjamm, Zitrone – Zitrone halt, Inselpunsch – sagt mir jetzt nix, Schokoladenpudding – abgefahren, Pfirsich – an und pfirsich ganz okay, Kokosnuss – mir schmeckt's, Zuckerwatte – vergessen, Geröstete Marshmallow – aber hallo, Kirsche – kirschig, Limone – verwechsle ich immer mit Zitrone, Kaugummi – toll, Blaubeere – dito, Tutti Frutti – so richtig schön crazy, Piña Colada – hui.

Im Lidl entdeckte ich nun ein Nachahmerprodukt namens Jelly Beans der Firma McEnnedy. Deutlich billiger als das Original, enthält eine 250g-Tüte genau zweihundertfünfzig Gramm mit 13 verschiedenen Bohnensorten für unter 2,- €.
(Kreativ und witzig: Neben dem durchsichtigen Fenster steht "Serviervorschlag" gedruckt.) Wie "lecker" sind nun die "leckeren Sorten" im Vergleich zu dem Vorbildsnack aus Amerika? Na?

Bubblegum – schmeckt wie Kaugummi (mit Zucker)
Vanille – hat fast dieselbe Farbe wie "Kaugummi", aber einen anderen (besseren) Geschmack, wenn auch nicht unbedingt Vanille
Himbeere – ein bisschen wie die Maoam-Version von Himbeere
Erdbeer-Käsekuchen – wirklich ganz gut, wie diese Fruchtjoghurts mit Kuchenstückchen drin
Ananas – widerlich, würde ich höchstens als Übertünchungs-Aroma von Hustensaft akzeptieren
Brombeere – nicht wirklich beerig, aber in Ordnung
Apfel – schmeckt exakt wie diese sauren Apfelringe
Cola – ist generell nicht mein Fall, könnte aber Fans von "Haribo Colaflaschen" ansprechen
Pfirsich – schwierig; wiederum nicht fruchtig, aber irgendwie typisch Fruchtgummi
Kirsch – eher Amaretto-Kirsch
Maracuja – könnte auch Pfirsich sein (oder umgekehrt)
Zitrone – ganz okay, seltsamer Nachgeschmack
Limone – wesentlich dezenter als Zitrone, von daher besser

Fazit: Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig auf Fruchtgeschmack bzw. Imitation desselben. Experimentellere Sorten à la Zuckerwatte oder Schokopudding wie bei Jelly Belly würden die Mischung aufwerten. Nach dem Verzehr hat man eine taube Zunge und das Gefühl, gerade etwas Grundfalsches getan zu haben. Zu den Inhaltsstoffen gehören u.a. Ammonsulfit-Zuckerkulör und Brillantblau FCF, die mir nach einer Schnellrecherche nicht 100%ig unbedenklich erscheinen. Auch Jelly Belly enthält "künstliche Farbstoffe, die unter anderem im Verdacht stehen, Allergien auszulösen" sowie den Warnhinweis "Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen" (Wikipedia). Punkten kann Jelly Beans gegenüber dem Original mit seinem Preis. Wertung: 4/10