Mittwoch, 31. Januar 2018

Der perfekte Tweet


Dies ist für mich das prototypische Beispiel für die optimale Nutzung von Twitter als Witzerzeugungs-Tool. Ins klassische Witzformat übertragen, würde der Kurztext von @DanMentos weder geschrieben noch gesprochen so funktionieren wie auf dieser Plattform:

Ein Zauberer gewährte mir, mit einer beliebigen historischen Figur zu Abend zu essen. Ich entschied mich für Beethoven. Enttäuscht musste ich beim Dinner feststellen, dass ich die Hundeleckerli umsonst mitgebracht hatte.

Sofort merkt man zuungunsten des komischen Effekts, wie konstruiert diese Kurzgeschichte ist. Der erste Kniff des Twitterers besteht nun darin, den Ich-Erzähler zuerst etwas sagen zu lassen, und zwar lediglich eine Ellipse: "Irgendeine historische Figur?" Ohne Kontext wissen wir an dieser Stelle noch nicht, worauf sich die (Gegen-)Frage bezieht. Unsere Neugier ist geweckt. Erst die zweite und die dritte Zeile verschaffen Klarheit: Ein Zauberer sagt "So ist es", worauf die Regieanweisung "Später beim Dinner" den finalen Hinweis gibt und zugleich einen Szenenwechsel einläutet. In nur zehn(einhalb) Wörtern werden nicht nur zwei Protagonisten eingeführt, es wird auch etwas aufgebaut, das wir mithilfe unseres kulturellen Wissens bzw. unseres Erfahrungsschatzes als ziemlich komplexe Witzprämisse entschlüsseln: Ein Zauberer stellt einem sterblichen Menschen die abgedroschene Frage, mit welcher Person der Weltgeschichte er gerne einmal gemeinsam dinieren würde, als nicht-hypothetische, sondern als qua Magie realisierbare. In der vierten Zeile lernen wir den dritten Akteur kennen: Beethoven. Das war also die Antwort auf die (uns nur implizit bekannte) Frage nach der historischen Figur! "Sie wirken enttäuscht", fragt das herbeigezauberte Dinnerdate, und wir glauben natürlich, dass der Ich-Erzähler tatsächlich enttäuscht ist. Warum, lernen wir in der fünften und letzten Zeile: weil er sich nicht den Komponisten Beethoven gewünscht hat, sondern den Hund namens Beethoven aus dem Film "Ein Hund namens Beethoven". Diese Auflösung hätte uns abermals sehr direkt präsentiert werden können, etwa mit dem Satz "Ich hatte mir eigentlich den Hund aus diesem Film gewünscht ..." Stattdessen wird mit der beschreibenden Phrase "versteckt Hundeleckerli" das ganze Ausmaß der Verwechslung deutlich; der Ich-Erzähler hat zu der Verabredung mit dem vermeintlichen Hollywood-Köter sogar Belohnungs-Naschereien mitgebracht. Dass die Pointe nicht das Allerletzte ist, das wir lesen, sehe ich als zusätzlichen Pluspunkt. Dank des lakonischen "Schon okay" lachen wir nicht nur über die negative Erfahrung der kindlich-naiven Hauptfigur und deren Versuch, die offensichtliche Enttäuschung zu verbergen, wir fühlen auch mit ihr mit – aber nicht so stark, wie wenn der letzte Satz "yes, I am" oder ähnlich lauten würde. Außerdem macht das "It's fine" die Zeilen 4 und 5 erst zu einem richtigen Dialog und den gesamten Tweet zu einem Dramolett, das schlicht genial zu nennen ist. Was ich hiermit hoffentlich bewiesen habe.

Montag, 29. Januar 2018

Mehr Mühe beim Müllmailen, bitte!

Es spamt wieder gewaltig in meinem web.de-Postfach. Einige Betreffzeilen der letzten Wochen:

"Trete [sic!] dem Bit coin code bei"
"Gewinnen Sie das Mittagessen für ein Jahr" (Absender: "Burger King")
"knacke das Ei knacke"
"Gutschei"
"Re: Bauchfett"
"Eine Affaire hat noch nie geschadet"
"HOLEN SIE SICH DIE WIMPERN, DIE SIE VERDIENEN"
"Wie klingt 7k fur Sie?"
"Begleiten Sie unsere glueckliche Haendlerfamilie"

Wirklich originelle Betrugsversuche bleiben derzeit aus. Fast schon enttäuscht bin ich, dass noch nie versucht worden ist, den wohl unverschämtesten Scam aller Zeiten bei mir durchzuziehen. Der geht so: Ein vermeintlicher Auftragskiller schickt dir eine Email, in der er behauptet, er hätte die Anweisung, dich umzubringen. Gegen Zahlung einer horrenden Summe deinerseits könne der Auftrag jedoch stillschweigend storniert werden. Diese Masche ist nun auch schon über zehn Jahre alt. Weiterentwickelt wurde sie nicht, soweit ich weiß.

Samstag, 27. Januar 2018

Ich habe starke Meinungen zum Thema Wäschewaschen

Hier sind sie.

- Man sollte immer die Textilpflegesymbole beachten und vor allem die empfohlene Waschtemperatur einhalten.
- 90°-Waschgänge sind kein Relikt aus der Schwarzweiß-Ära, sondern im Fall von Handtüchern das einzig Sinnvolle. Da muss man sich eben mal drei Stunden am Wochenende freihalten.
- Ja zum Weichspüler.
- Seit einiger Zeit erfreut sich Wäscheparfüm großer Beliebtheit, auch bei mir. Man sollte dabei zu Markenprodukten greifen, denn die billigen Parfümperlen lösen sich schlecht bis gar nicht auf.
- Flüssigvollwaschmittel ist Mist, denn es riecht nicht gut (zumindest jene zwei Sorten, die ich bisher getestet habe). Pulver ist vorzuziehen.
- Insgesamt gilt: Je mehr Zeug man in die Maschine gibt, umso besser. Waschpulver, Weichspüler, Wäscheparfüm und (hin und wieder) Anti-Kalk-Tabs – das bedeutet vierfache Wohltat!
- Wer die Möglichkeit zur Trocknung an der frischen Luft hat, sollte sie gelegentlich nutzen.
- Socken müssen immer als zusammengehöriges Paar nebeneinander aufgehängt werden!
- Bettwäsche alle zwei Wochen wechseln reicht.

Donnerstag, 25. Januar 2018

Zwei Audiohappen

"3000 Jahre Humor" ("Ernst", Berlin, 24.01.2018)

"Was wird aus Borcherts Grab?" ("Ernst", Berlin, 24.01.2018)

Montag, 22. Januar 2018

Gleichklängchen, klingelingeling

"Einige bekannte Volks- und Kinderlieder verwenden die gleiche Melodie, was man vielleicht erst dann bemerkt, wenn man deswegen im Text verrutscht", schrieb die Süddeutsche Zeitung in ihrer Wochenendausgabe vom 5. Januar im Rahmen der Auflösung des alljährlichen Weihnachtsrätsels. Gleich "drei solcher Zwillingspaare" waren darin gesucht worden. Nun ist mir zwar, wie kürzlich festgehalten, schon früher aufgefallen, dass die Metren von "Alle Vögel sind schon da" und "Morgen kommt der Weihnachtsmann" ähnlich genug sind, dass man den Text des einen Liedes zur Melodie des jeweils anderen singen kann; neu waren mir aber die Informationen der SZ, dass
1. das Wort "Jäger" in "... sonst wird dich der Jäger holen" ("Fuchs, du hast die Gans gestohlen") und die Phrase "bist du" in "Armes Häschen, bist du krank" ("Häschen in der Grube") auf den exakt gleichen Noten liegen,
2. "Die Blümelein, sie schlafen" melodisch nahezu identisch mit dem mir leider unbekannten Weihnachtslied "Zu Bethlehem geboren" ist,
3. die folgenden kursiv gesetzten Stellen aus zwei berühmten Kinderweisen denselben Notenwert innehaben: "Die Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt" -- "Die Mutter schüttelt's Bäumelein, da fällt herab ein Träumelein". Faszinierend!

Anlässlich dieses Fundes habe ich endlich meinem lang gehegten Verdacht nachgespürt, dass eine gewisse Passage in der amerikanischen Nationalhymne verdächtig dem Anfang eines englischen Traditionals ähnelt, und siehe:


Mir schwant, dass ich nicht der erste sein kann, dem dies aufgefallen ist. Aber vielleicht ja doch. Manchmal braucht es einfach ein paar Jährchen, bis jemand auf das Offensichtliche stößt:


Sonntag, 21. Januar 2018

Kurz notiert: Slalom

Dass sich die Redaktion meines Stamm-Tageskalenders auf dem Gebiet der Wortherkunft noch nie mit Ruhm bekleckert hat, ist bekannt. Dennoch wird die Rubrik "Wörter unter der Lupe" munter und selbstbewusst fortgeführt, und ich muss mich dann über solche Sachen ärgern: "Im Unterschied zu den Disziplinen Skilanglauf und Skispringen ist der Slalom nicht in Skandinavien, sondern in Österreich erfunden worden. Das Wort setzt sich zusammen aus 'sla' und 'lam', was 'steiler Abhang' und 'Skispur' bedeutet."
Der erste Satz suggeriert, dass das Wort wie die Sache eben nicht skandinavischen Ursprungs ist, doch aus welcher Sprache Slalom entlehnt ist, erfahren wir keineswegs ("Österreichisch"?). Wie man jedoch kinderleicht herausfinden kann, entstammt das Wort sehr wohl einer skandinavischen Sprache, nämlich dem Norwegischen. Die Bedeutungsangaben der Elemente scheinen sogar einigermaßen zu stimmen (wobei der zweite Bestandteil korrekt låm lautet).

Freitag, 19. Januar 2018

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme (IV. Quartal 2017)

Ich, Daniel Blake
Mein erster Ken-Loach-Film, wie ich zu meiner Schande zugeben muss (wobei es sein kann, dass ich 2006 "The Wind that Shakes the Barley" gesehen habe; in jenem Jahr habe ich so viele Filme geschaut, dass ich meinem Gedächtnis diesbezüglich nicht recht traue). Mein Eindruck ist ein positiver. Das Personal ist tatsächlich so liebenswert, die Geschichte so lebensnah, die Erzählweise so ungeschönt, wie es jede einzelne aller fast schon zwanghaft lobhudelnden Kritiken zu Ken-Loach-Dramen nahelegt.

Allied: Vertraute Fremde
Gegen Ken Loach, der beim Dreh von "I, Daniel Blake" bereits 80 Jahre alt war, ist Robert Zemeckis (*1952) ein Jüngling, aber trotzdem ein alter Hase mit einer beachtlichen und beachtlich bunt gemischten Filmographie. Dass er sich nicht auf Genres festlegt, hat er mit seinem letzten Werk (2016) abermals bewiesen – mehr sich selbst als seinem Publikum, denn den romantischen Spionagethriller hat er mit dieser Geschichte (starring Brad Pitt und Marion Cotillard) nicht neu erfunden. Allzu viel erinnert an "Casablanca", zum Beispiel die Tatsache, dass "Allied" ZUR ZEIT DES ZWEITEN WELTKRIEGS IN CASABLANCA spielt. Nun ja, das Ensemble ist nicht übel, Schusswechsel und Verfolgungsjagden kommen in ihrer überlegten Dosierung gut rüber, und insgesamt ist alles nett anzusehen (Oscarnominierung für das beste Kostümdesign).

Es (2017)
An der Buchvorlage möchte ich diesen (angesichts von "Stranger Things" wenig überraschenden) Hit nicht messen, denn an dieser muss jede Verfilmung scheitern. Dass die zwei Zeitebenen streng getrennt worden sind (die Fortsetzung 2019 wird sich ausschließlich den Geschehnissen im Erwachsenenleben des "Clubs der Verlierer" widmen), ist in der Tat beklagenswert. Den Figuren hätte zweifellos mehr Tiefe verliehen werden können, gerne zu Ungunsten der vielen over-the-top-Horrorszenen (die sich in Sachen gore dann aber doch im Rahmen halten). Dass die Kinder einen hervorragenden Job machen, dürfte sich herumgesprochen haben, und Bill Skarsgård kann Tim Curry als "Pennywise" durchaus das Wasser reichen.

Office Christmas Party
Einmal mehr war ich naiv genug zu glauben, eine amerikanische Chaoskomödie könnte mich zum Lachen bringen. Eine craaaazy Weihnachtsfeier würde enormes Komikpotenzial bergen, hatte ich gehofft. Am Ende war es die gewohnte, zum x-ten Mal aufgewärmte fade Suppe, die uns die "Hangover"-Macher vor vielen Jahren eingebrockt haben, und die vergeudeten 105 Minuten bekomme ich nie wieder zurück. Dass am Ende alle Figuren geläutert und miteinander versöhnt sind, mag ein obligatorischer Bestandteil solcher "Woahoho, alles läuft aus dem Ruder"-Possen sein, aber in diesem Fall ist es sogar das einzige, was mich rückblickend ein bisschen milde stimmt. Und natürlich das komödiantische Talent von Kate McKinnon. 

The Infiltrator
Basierend auf einer wahren Begebenheit: Bryan Cranston schleust sich als Special Agent der Zollbehörde in das Drogenkartell von Pablo Escobar ein. Hat seine Momente, ist aber nicht überragend.

Rings
Mehr als ein Jahrzehnt nach "The Ring" 1 + 2 – welche ich zu den seltenen Fällen zähle, in denen das US-Remake gelungener als das Original ist – wurde dieses kropfartig überflüssige Sequel auf uns losgelassen. Spannungsarm, unatmosphärisch, überraschungslos kommt es daher, die einzige originäre Idee ist, dass diesmal ganz viele Leute das ominöse Todesvideo kucken!!! Ich bin normalerweise kein Second-screen-Junkie, aber hier habe ich die Hälfte der Zeit nebenbei am Handy gehangen.

Tod auf dem Nil 
"Mord im Orient-Express" hatte ich beim letzten Mal in der Liste; meine Bewertung war eher meh. An den vier Jahre nach dem hochgelobten Christie-Klassiker erschienenen "Tod auf dem Nil", welcher gemeinhin als schlechter gilt und auch kaum mit Auszeichnungen bedacht wurde, hatte ich entsprechend niedrige Erwartungen ... welche haushoch übertroffen wurden! 1. Peter Ustinov ist als Hercule Poirot um Längen besser. 2. Die Auflösung und der Weg dorthin sind weitaus cleverer als beim "Orient-Express". 3. Viele (na gut, beinahe zu viele) hübsche Aufnahmen von Ägypten. 4. Maggie Smith und Angela Lansbury! (Beide leben übrigens noch; von Smith wusste ich das, aber Miss "Mord ist ihr Hobby" habe ich wie ihren Kollegen Peter Falk für tot gehalten, dabei wird die Gute noch in diesem Jahr 92jährig in "Mary Poppins Returns" zu sehen sein! Ich bitte um Entschuldigung.) Eine Neuverfilmung von "Death on the Nile" ist, man hat es geahnt, momentan in der Mache.

Casino Undercover (OT: The House)
Und noch eine "amerikanische Chaoskomödie" (s.o.), die zu sehen ich allerdings wegen Will Ferrell und Amy Poehler praktisch gezwungen war. Beide geben erwartungsgemäß ihr Bestes, allein: die Gags sind mau, die Handlung ist banal, Wahnsinn kaum vorhanden. Umso mehr freue ich mich auf "Daddy's Home 2".

Star Wars - Episode VIII: Die letzten Jedi 
Puh, die zehntausendste Star-Wars-Rezension braucht kein Mensch, schon gar nicht von mir, zudem habe ich keine Lust darauf. In 19 Wörtern: Etwas zu lang, aber insgesamt ein toller Spaß, den ich mir mit Vergnügen irgendwann ein zweites Mal anschauen werde.

Hard Rain 
Ein zu Recht vergessenes feuchtes Neunzigerjahre-Spektakel, dessen Action beizeiten ermüdet. Die Wasserfluten sind zugegebenermaßen eindrucksvoll in Szene gesetzt, und Morgan Freeman und Christian Slater sind ja nie wirklich enttäuschend.

Dienstag, 16. Januar 2018

Leave no pun behind

Ich ärgere mich jedes Mal, wenn die Gelegenheit, ein Wortspiel zu machen, nicht genutzt wurde. So etwa vor ein paar Monaten, als ich ein SWR2-Feature über bedrohte Klänge und ausgestorbene Geräusche hörte. Der Beitrag begann mit einem Einblick in die wissenschaftliche "akustische Spurensuche" im nächtlichen Dschungel: Zu hören war ein südamerikanischer Ochsenfrosch. Dann hieß es: "Steffen Reichle und Carmen Quiroga gehören zum 'Rapid Assessment Team', einer Gruppe von internationalen Biologen, die ein Stück bolivianischen Regenwalds erkunden und bewerten sollen". Verdammich, dachte ich, warum heißt diese Lurchbelauschungsgruppe denn nicht "Ribbit Assessment Team"?!?!?!

Samstag, 13. Januar 2018

Let's cook Matschburger

Durch die vergangene Staffel von "American Horror Story" wurde ich nicht nur sprachlich verroht, ich habe auch etwas Neues aus der notorisch faszinierenden amerikanischen cuisine kennen gelernt: Sloppy Joes. Es handelt sich dabei um nichts anderes als Hackfleischsoßenburger – genial und doch so naheliegend! Als ich die schwelgerisch inszenierte Zubereitung und Verschlingung dieses Gerichts in der genannten Serie beobachtete, fragte ich mich direkt, ob es das auch als fleischfreie Variante gibt. Freilich gibt's das! Man findet mit entsprechenden Suchwörtern zahlreiche Anregungen, unter anderem ein veganes Rezept von Jamie Oliver. Rote Linsen dienen als Hack-Ersatz, Knoblauch, Paprika, Möhren, Kräuter u.a. runden die Sache ab, limettensaftgetränkte Avocadoscheiben kommen on top. Man braucht keine besonderen Kochfertigkeiten, nur etwas Zeit. Omnomnom, sag ich euch!

Donnerstag, 11. Januar 2018

Sternenstaub zu Sternenstaub

Frage: Was haben Georgi Dobrowolski, Wiktor Pazajew und Wladislaw Wolkow gemeinsam?
Antwort: Den Todestag (29.6.1971) sowie den Todesort. Dieser wird in der deutschen Wikipedia mit Karaganda im heutigen Kasachstan angegeben. Näher an der Wahrheit ist jedoch – und das ist die Besonderheit – das, was die englischsprachige Wikipedia angibt: outer space. Tatsächlich sind die genannten Herren die bisher einzigen drei Menschen, die im Weltall gestorben sind. Die Opfer anderer Raumfahrtkatastrophen wurden allesamt innerhalb der Erdatmosphäre getötet: die Challenger-Crew unmittelbar nach dem Start, die Columbia-Besatzung beim Wiedereintritt. Auch Wladimir Komarow, der als erster während einer tatsächlichen Raumfahrtmission Umgekommener gilt (die vorigen Unglücke ereigneten sich bei Tests/Simulationen), lebte noch solange, bis er mit seiner Rückkehrkapsel im Oblast Orenburg aufschlug. Die Kosmonauten Dobrowski, Pazajew und Wolkow hingegen erstickten in über 100 Kilometern Höhe. "Ein Frischluftventil hatte sich beim Absprengen des Service-Moduls nach erfolgtem Bremsmanöver noch im All zu früh geöffnet, so dass die Atemluft aus der Rückkehrkapsel entwich." (Wikipedia)
Falls mein Lebenslicht an einem anderen Ort als auf der Erde erlöschen sollte, bitte ich um korrekte Angabe in meiner Biographie. Aber natürlich auch so.

Dienstag, 9. Januar 2018

Nervenkitzel Produktbegutachtung?

Bevor ich Shampoo, Duschgel, Weichspüler etc. kaufe, lasse ich es mir nicht nehmen, das ins Auge gefasste Produkt noch im Laden zu öffnen, einerseits um eine Riechprobe zu nehmen, andererseits – im Falle von Waschmittel (seit dem Waschmittelflaschenvorfall) – um zu überprüfen, ob sich die Flasche überhaupt öffnen lässt. Ich habe dabei bisher stets ein leicht schlechtes Gewissen gehabt und diese Schnelltests nur in unbeobachteten Momenten durchgeführt. In der Online-Community "Kleiderkreisel" wurde diese delikate Angelegenheit ausgiebig diskutiert. Die Meinungen gehen weit auseinander, von "find ich ätzend und wenn ich es beobachte unterbinde ich das auch immer" über "Mal dran schnuppern ist ok, aber Versiegelung öffenen oder es gar benutzen geht gar nicht!!" bis "Das mach ich auch... bevor man etwas kauft, das nach Vanillepudding riecht". Die überwiegende Intuition scheint aber meiner zu entsprechen: dass Duftschwaden aus Behältnissen zu pressen noch vertretbar ist, in Niveadosen rumzurühren indes "meeeegaeklig".
Was tatsächlich akzeptabel ist, erfuhr ich neulich in einem Stern-Bericht über die Kette dm. "Wer möchte, soll so ausgiebig wie ungeniert Shampoos aus Tuben drücken, Finger in Cremetöpfe tauchen oder Teststifte auf Lippen schmieren. Langmut gehört zum Geschäftsmodell", heißt es darin. Mit dem Segen von Drogeriechef Götz Werner dürfen wir uns also benehmen wie die Schweine. Mysophobe sollten besser ausschließlich Waren von ganz hinten aus den Regalen nehmen.

Freitag, 5. Januar 2018

Brave New Fucking World

Letztes Jahr ist mir aufgefallen, dass in der dritten Staffel der Serie "Fargo" des US-Senders FX wiederholt das Wort fuck zu hören war, was in den anderen Seasons und meines Wissens bei FX-Shows allgemein bis dahin unüblich war. In dem vor kurzem zu Ende gegangenen "American Horror Story: Cult" wurde nun derart oft und derb geflucht, dass ich mich zu recherchieren angespornt fühlte, ob mit der letzten Herbstsaison neue Regularien in kraft getreten seien. 
Dank einem Reddit-Thread weiß ich: Für amerikanische Kabelsender gibt es grundsätzlich gar keine Regularien, im Gegensatz zu Network-Sendern, die sich strikt an die Vorgaben der Federal Communications Commission (FCC) halten müssen. Deswegen darf bei HBO und Showtime auch so beherzt in die verbale Schmuddelkiste gegriffen werden, wie man es etwa von "Game of Thrones" kennt. Warum also die Einschränkungen bei FX? Anders als HBO ist FX kein komplett werbefreier "premium-cable channel"; die Kunden zahlen etwas weniger, der Sender muss sich mit Werbespots querfinanzieren – und die Werbepartner möchte man natürlich nicht mit anstößiger Sprache vergrätzen. Doch seit einzwei Jahren sieht man das anscheinend lockerer: "It's that the standards reflect the times. And in 2016, our collective vocabulary is edgier than ever", heißt es in einem lesenswerten Hintergrundartikel der Chicago Tribune anlässlich einer f-bomb bei "American Crime Story". Die Werbetreibenden sehen oder vielmehr hören also heutzutage schon mal über gesteigertes Rumgefluche hinweg, zumal "given the late time slot and the established audience" (Reddit) bei einer Show wie "AHS". Hinzu kommt: Seit September 2017 können FX-Abonnenten gegen eine Zusatzgebühr die werbefreie Variante "FX+" genießen. FX möchte damit HBO (und auch Amazon & Co.) die Stirn bieten, so die offizielle Begründung für die Einführung dieses Angebots; mittelfristig will man wohl gänzlich von Werbekunden unabhängig sein, welche an Sprache und Inhalt des Programms herummäkeln könnten. Dieselbe Strategie fährt übrigens seit Juni 2017 AMC, deren Hit "The Walking Dead" seit Beginn der aktuellen Staffel ebenfalls nicht länger das F-Wort vermeidet.
Ich finde ja rarer gesäte und damit umso wirkungsvollere Kraftausdrücke reizvoller, interessant ist aber auch die Frage, wie sich die erhöhten dirty-word-Frequenzen in der jeweiligen deutschsprachigen Synchronisation widerspiegeln. Wird jedes fucking mit "verfickt" übersetzt? Das wäre lächerlich, schlampig und unangemessen.

Mittwoch, 3. Januar 2018

Mein magisches Plagiat

Einer meiner "Greatest Hits" – "Vier (lustige) Ideen für 'Verstehen Sie Spaß?'-Streiche" (Hörversion hier) – beinhaltet folgenden Punkt:
"Eine Oma (= Lockvogel) bittet einen Passanten, ihr eine Tasche über die Straße zu tragen. Just als der Passant die Tasche in die Hand nimmt, sorgt ein darin befindliches ferngesteuertes Gerät dafür, daß die Tasche plötzlich 10 000 Kilogramm wiegt (Anm.: Gerät muß noch erfunden werden)."

Leider habe ich diese Idee unbeabsichtigt von einem der wichtigsten Wegbereiter der modernen Bühnenmagie geklaut, der sie bereits im Jahre 1856 hatte: Der Franzose Jean Eugène Robert-Houdin wurde von Napoleon III. nach Algerien geschickt, wo er mittels einer Zaubershow dabei helfen sollte, die hiesigen, gegen die Fremdherrschaft rebellierenden Marabouts milde zu stimmen. Es gelang ihm, und zwar maßgeblich mit diesem Trick: Er platzierte eine kleine Holztruhe vor sich auf dem Boden und forderte einen starken Mann aus dem Publikum heraus, diese hochzuheben, was einem solchen zunächst mühelos gelang. Robert-Houdin machte daraufhin eine melodramatische Geste in Richtung des Freiwilligen: "Sie sind nun schwächer als eine Frau." Heimlich aktivierte der Magier einen starken Elektromagneten, der sich unter der Bühne befand und nun dafür sorgte, dass die Truhe, welche eine Eisenplatte auf ihrem Grunde barg, keinen Zentimeter mehr zu bewegen war.

Mir gefällt meine Variante ein wenig besser, zumal Robert-Houdins Nummer mit dem überflüssigen dick-move schloss, dass die Metallgriffe der Truhe auf eine weitere Aktivierung durch den Trickster hin von Strom durchflossen wurden, worauf der arme Algerier schreiend und konvulsivisch zuckend niederging.

(Quellen: David Blaine - "Mysterious Stranger", Villard 2002; boston.com)