Montag, 30. Mai 2022

Ein bisschen Pßas muss sein

Eine sehr seltene, um nicht zu sagen einzigartige Buchstabenverbindung begegnet uns im Nachnamen des Napoleon-Attentäters Friedrich Sta. Ein anderes Wort, in dem die Buchstaben p und ß aufeinandertreffen, fällt mir jedenfalls nicht ein. Meine anfängliche Begeisterung ob dieses Namensfundes wurde jedoch augenblicklich gedämpft, als ich las, dass der 1792 in Naumburg* geborene Kaufmann auch "Staps" und "Stapss" geschrieben wurde. Scheint, als wäre die Schreibung "Stapß" nur eine vorübergehende Keckheit gewesen, von wem auch immer erdacht. Lautlich ist das, was <pß> repräsentiert, ja weiß Gott nicht extravagant.

Zu relativieren ist auch etwas, das ich in einem älteren, ähnlich gelagerten Beitrag geschrieben habe. "Hat man irgendwann schon einmal die Kombination -psch- gesehen? [...] in einer Silbe", fragte ich damals in Bezug auf den Namen Pschorr. Erstens ist psch- nicht einmal als Anlaut einzigartig: Ein Kommentator erinnerte mich damals an den Pschyrembel. Zweitens sind mir seitdem weitere Beispiele für Silben, die -psch- enthalten, eingefallen. Einigermaßen bekannt ist Pepsch als Vor-, wenn auch nur Spitzname des kürzlich erst wieder im Gespräch gewesenen Süddeutsche-Karikaturisten Josef Gottscheber. Im Rheinischen gibt es das Adjektiv läpsch, das laut Wiktionary umgangssprachlich für "ohne großen Aufwand erstellt/zustande gekommen" oder "lasch und unambitioniert" verwendet wird. Aus dem Sächsischen kann ich zudem lap(p)sch mit der Bedeutung "schwächlich, kraftlos" beisteuern. Singulär ist bei den psch-Wörtern zumindest nicht nur die Schreibung, i.e. das ungewohnte Aufeinandertreffen der Grapheme <p> und <sch> (ja, genau, Letzteres ist ein Graphem, ein sogenannter Trigraph), sondern auch die Lautfolge. "Psch": das artikuliert man im Deutschen so gut wie nie, höchstens isoliert, wenn man Kinder zur Ruhe gemahnt. Es fällt denn auch auf, dass die von mir angeführten Vertreter entweder Eigennamen oder mundartliche Ausdrücke sind.

* Auch wieder unheimlich: dass dieser Ort innerhalb von fünf Tagen zweimal in meinem Blog auftaucht!

Samstag, 28. Mai 2022

Selbstgezeichnetes zum Samstag

Hier lacht der Betrachter über: Aas

(mit Paint gezeichnet im September 2002)

(mit Paint gezeichnet im Oktober 2002; Urversion einer Bleistiftzeichnung von 2015)

(mit Paint gezeichnet im Mai 2022)

Donnerstag, 26. Mai 2022

Das Unsagbare (2)

Nach der gestrigen Vorrede ist es nun heute an der Zeit, zwei "Sprachmacken" vorzustellen, die mir persönlich kein Stück beanstandenswert erscheinen, andere aber irritieren (könnten).

Erstens: Wie sage ich verkürzt "eine Sache", wie zu zwei Sachen, drei, vier, n Dingen? Ganz einfach: "ein was", "zwei was" usf. Völlig logischer, geläufiger und richtiger Satz: "Ein was will ich noch klarstellen." Oder: "Wir brauchen noch zwei was." So hat man im Freundeskreis und in der Familie geredet. Wozu "zwei Dinge" sagen, wenn man mit einem handlichen Indefinitpronomen eine ganze Silbe sparen kann? Vor wenigen Jahren geschah es dann, dass mir eine solche Formulierung in einem Text, den ich im Rahmen redaktioneller Tätigkeit verfasste, angekreidet wurde. Da dachte ich zum ersten Mal darüber nach und lernte, dass ein was et al. (auch zusammengeschrieben möglich) nur in einem eng begrenzten Gebiet innerhalb des deutschen Sprachraums üblich ist. Dank dem "Atlas zur deutschen Alltagssprache" (zu dessen Anwachsen beizutragen ich allen ans Herz legen möchte) wissen wir seit kurzem auch, wo genau. Jetzt spreche ich gelegentlich Bekannte auf die Phrase ein was an und stoße damit zuverlässig auf Erheiterung, Verwunderung, Unverständnis oder alles dreis.

"Alles dreis"? Ganz genau. Das ist die zweite Eigentümlichkeit, die ich überhaupt nicht als Eigentümlichkeit begreife. Wie soll man denn, analog zu alles beides, sonst sagen, wenn man sich auf drei von drei Alternativen bezieht und das, sozusagen als Kollektivum, singularisch ausdrücken möchte? "Alles drei" hört sich in meinen Ohren schlicht falsch an; ich verstehe aber, dass die Variante mit -s jene verstören könnte, die von woanders herkommen als ich. Die konkrete regionale Verbreitung hat der AdA noch nicht untersucht; ich werde den Verantwortlichen gleich mal eine entsprechende Erhebung vorschlagen. Vermutlich ist die Bevorzugung von "alles dreis" vor allem im thüringisch-obersächsischen Dialektraum auszumachen. Als Indiz lässt sich eine Stelle in Band 1 der Geschichte Sachsens bis auf die neuesten Zeiten (1826) des in Thüringen gewirkt habenden Historikers Ferdinand Wachter anführen: "wenn wir nun alles dreis zusammen halten". Auch Nietzsche (im Kreis Merseburg geboren, in Naumburg groß geworden) schreibt in einem Brief: "Jacke, Hose, Weste, für alles dreis: 12 1/2 Silbergroschen". Über Google Books findet man gleich zwei einschlägige Zitate Theodor Fontanes, der allerdings bekanntermaßen weiter nördlich aufgewachsen ist: "jeder Zoll ein Ludwig, ein Posa, ein Uriel Acosta, was alles dreis dasselbe bedeutet" (Gesamtausgabe Werke, Schriften und Briefe, Einzelwerk nicht ermittelbar); "Und ich bin eigentlich alles dreis" (L'adultera).

Mittwoch, 25. Mai 2022

Das Unsagbare (1)

Warum verschmäht man gewisse Nahrungsmittel? Nun, es gibt solche, die uns einfach nicht schmecken, und solche, die regelrechte Übelkeit oder schlimmstenfalls allergische Reaktionen auszulösen vermögen. Derart zweiteilen lassen sich auch "unregelmäßige" sprachliche Äußerungen, zumindest in meiner Welt: Manche Formfehler, verhauene Ausdrücke, Stilblüten, Agrammatismen oder sonderbare Vokabeln mag ich halt nicht. Mich hat es beispielsweise jedes Mal erbost, wenn Michael Maar in seinem ansonsten sehr lesenswerten Literaturstreifzug "Die Schlange im Wolfspelz" für Adjektiv das Synonym "Beiwort" verwendet hat. Eine reine Idiosynkrasie meinerseits, und es handelt sich ja nicht mal um einen Fauxpas des Autors, sondern eine leicht dümmliche Wortwahl-Marotte. Ich bin nach jahrelangem Konsum journalistischer Texte aus Deutschland einiges gewohnt – und dabei milde geworden. Nicht umsonst habe ich "unregelmäßig" in Anführungszeichen gesetzt. Durch die Brille des Deskriptivismus betrachtet, sind vermeintliche Fehler ohnehin nur interessante Erscheinungen des Sprachwandels. Und manches, was einst in die Kategorie "verursacht allergische Schocks" fiel, steht heute lediglich auf meiner "Schmeckt mir nicht"-Liste.

Beispiel gefällig? Anfang der 1990er Jahre, wir hatten noch nicht sehr lange "Westsender", lief im Fernsehen ein Werbespot für Fruchtjoghurt o.ä., und darin brüllte ein Knabe den Halbsatz: "... weil er ist gesund!" Ich hatte diese Variante von "weil er gesund ist" noch nie in meinem jungen Leben gehört und bin durchgedreht. "Warum sagt der das so komisch?", fragte ich beinahe unter Tränen meine Mutter, die diese Syntax zum Glück als inkorrekt tadelte. Das blöde Kinder-Testimonial hätte ebenso gut "... weil gesund er ist" sagen können, es hätte in meinem Kopf genauso kaputt geklungen. (Mit Meister Yoda sollte ich erst ein paar Jahre später in Kontakt kommen.) Mittlerweile kann ich über weil-Sätze mit Verbzweitstellung nicht mal mehr die Nase rümpfen. Zumindest wenn sie mir in gesprochener Sprache begegnen: Unlängst hat Ulrich Hermann Waßner im Sprachreport (Ausgabe 4/2021) das "weil er ist"-Phänomen untersucht, befasst sich dabei notwendigerweise mit der Frage der Trennung von sog. gesprochener und geschriebener Sprache und führt den hilfreichen Begriff der "konzeptionellen Mündlichkeit" ein. Entwarnendes Fazit: "Es finden sich tatsächlich nur wenige 'echt' geschriebensprachliche Belege." (a.a.O., S. 35) Und selbst wenn's mehr werden: dann steht halt irgendwann im Grammatik-Duden, dass in weil-Sätzen auch V2-Stellung möglich ist. Darum soll es hier auch gar nicht gehen (in nämlichem Heftbeitrag ist alles gesagt)!

Mit diesem langen Anlauf möchte ich zu zwei Phrasen springen, die wiederum für mich völlig normal sind, aber anderen das Sprachzentrum zum Tilt! bringen könnten ... Morgen verrate ich, welche das sind.

Montag, 23. Mai 2022

Die drei ??? und die Spur des Rabenhauptes

Hier kommt ein Nachtrag zum gestrigen Post. Ich weiß nämlich wieder, welcher verschlungene Pfad mich ich auf den General Carl von Rabenhaupt geführt hat! In dem Taschen-Band "Alchemie und Mystik" ("Das hermetische Museum") von Alexander Roob ist von einer Substanz namens Rabenhaupt die Rede: ein "dunkler Rückstand [...], der bei der Destillation auf dem Retortenboden zurückbleibt". Die entsprechende Stelle hatte ich mir abfotografiert, um später nach dem ominösen Fachwort zu googeln; dabei stieß ich dann auf die historische Person.

Konsultiert man über Google Books alte alchemistische Traktate, erfährt man Näheres. So finden wir in Karl Christoph Schmieders Geschichte der Alchemie von 1832 "das Produkt der Putrefaktion, welches sonst von den Alchemisten Caput Corvi oder R a b e n h a u p t  genannt wird". In den Schlussbemerkungen zu einem längeren, mit "Mensch-Interpretation der Tabula smaragdina der Abendländer" überschriebenen Kapitel, das ich ebensowenig verstehe wie das es enthaltende Werk, Gottlieb Latz' Die Alchemie (Band 18, 1869), heißt es: "Bei der Darstellung des Hyrarg. oxyd. rubr. mittels Feuers allein wird das für die Putrefaktion verwerthet, dass sich in dem langhalsigen Kolben auf dem Quecksilber nach Verlauf einiger Zeit ein schwarzes Häutchen bildet – so ist wenigstens die Annahme der Alchemisten. Dieses schwarze Häutchen nun, man nennt es auch Caput corvi, Rabenhaupt, wird als f a u l e n d e s  Quecksilber aufgefasst." Und Theobaldus van Hoghelande beruft sich in seiner Abhandlung von den Hindernissen bey der Alchemie (1749) auf Hermes selbst: "Das Rabenhaupt, das ist die Schwärze, ist der Anfang der Kunst." Wieder was gelernt.

Sonntag, 22. Mai 2022

Die besten Weblogs

Heute: Cipherbrain, die Kryptographie-Kolumne von Klaus Schmeh auf den ScienceBlogs. Klaus Schmeh habe ich sogar schon einmal erwähnt, nachdem ich vor fast zehn Jahren sein Sachbuch "Nicht zu knacken" gelesen hatte. Danach ist mein Interesse an Verschlüsselung und geheimen Codes irgendwie abgeflaut; ich war an Input aus diesem Gebiet übersättigt. Dennoch kommt es einem Wunder gleich, dass ich noch nie über "Cipherbrain" gestolpert bin, zumal es zwei Leser des Blogs waren, die 2020 zusammen mit einem Mathematiker die Briefe des Zodiac-Killers entschlüsseln konnten.
Viele der vorgestellten Chiffren und Rätsel waren mir völlig neu bzw. sind es, denn ich habe das Archiv bisher nur überflogen. Da kommt eine so fesselnde wie langwierige Lektüre auf mich zu. Auf "Cipherbrain" bin ich übrigens letztlich gestoßen, weil ich nach Carl von Rabenhaupt gegoogelt habe, der im Dreißigjährigen Krieg einen codierten Brief verschickt hat. Wie ich jedoch überhaupt auf C. v. Rabenhaupt gekommen bin, fällt mir beim besten Willen nicht mehr ein.
 

Freitag, 20. Mai 2022

Geh nich ans Telefon ran

Seit Wochen erhalte ich mindestens einmal am Tag einen Anruf von einer Nummer, die, in leichten Variationen, bis auf die letzten Stellen der meinen gleicht. Diese Fälle sind eine Variante des wohl schon älteren "Neighbor Spoofing": Trickbetrüger tarnen ihre eigene Telefonnummer dergestalt, dass diese wie eine Festnetznummer aus der Region oder gar Nachbarschaft des angerufenen Opfers aussieht, was die Wahrscheinlichkeit, dass dieses rangeht, erhöhen soll.

Von der auf Mobilfunk angepassten Variante "Call ID Spoofing" liest man in jüngster Zeit jedenfalls gehäuft. Welchen Sinn eine solche "Ähnlichmachung" haben soll, erschließt sich mir nicht. Warum sollte ich ein Gespräch annehmen, nur weil die eingehende Nummer meiner eigenen ähnelt? Es soll allerdings auch vorkommen, dass man exakt seine eigene Nummer auf dem Display sieht, und da wird man dann schon stutzig und geht aus reiner Neugier ran. Maskierungen als echte Kontakte sind freilich noch perfider, traten bei mir aber noch nicht auf.

Was geschieht nun, wenn man einen solchen Anruf entgegennimmt? Zwei Erfahrungen habe ich gemacht. Einmal hörte ich nur ein Rauschen im Hintergrund, ein andermal behauptete eine englische Roboterstimme, die Behörde Europol müsse wegen eines Identitätsmissbrauchs zu meinem Nachteil mit mir sprechen, und ich solle erst mal die Taste 1 drücken. Beide Male legte ich nach wenigen Sekunden auf, und beides sind verbreitete Muster. Die Bauernfänger am anderen Ende der Leitung (i.d.R. VoIP) wollen entweder nur prüfen, ob die gewählte Nummer überhaupt mit einer echten Person verknüpft ist (um sie dann gewinnbringend an andere Abzockdienste weiterzugeben), oder versuchen mit der Autoritätsmasche an sensible Daten zu kommen.

Was sonst noch so passieren kann, weiß ich nicht, da ich nur diese beiden Male abgehoben habe. (Das Verb "abheben" darf man der Abwechslung halber ruhig noch im übertragenen Sinne gebrauchen, auch wenn man heutzutage keinen physischen Hörer mehr von einer Gabel hebt.) Die meisten anderen der nunmehr Dutzenden Spoofing-Anrufe habe ich eh verpasst, da ich mein Smartphone durchgehend auf lautlos gestellt habe. Telefonieren spielt in meiner täglichen Kommunikation die geringste Rolle. Mobilnummern, die anfangen wie meine eigene, werden sofort geblockt, und alle anderen, die sich nicht in meiner Kontaktliste befinden, vorerst ignoriert.

PS: Während ich diesen Beitrag schrieb, habe ich einen nicht unwichtigen Anruf von meiner Hautarztpraxis verpasst, haha. Das Telefon bleibt trotzdem stumm! Auch wenn ich meinen Klingelton, "I Put a Spell on You" von Screamin' Jay Hawkins, langsam vermisse.

Mittwoch, 18. Mai 2022

Kunde null

Bei Manufactum bekam ich es heute mit einem Verkäufer in der Ausbildung zu tun, der offenbar nicht nur seinen ersten Tag, sondern seine erste Minute hatte. Ich wollte meine Ware bar zahlen, was bereits für Unsicherheit sorgte. "Wie ging das noch mal mit den Scheinen?", fragte der Kaufmann in spe seine Kollegin. Die zeigte ihm den entsprechenden Knopf auf der Kasse, der von mir gezahlte Betrag wurde eingegeben, die Wechselgeldlade öffnete sich. Der Azubi händigte mir meine Ware sowie die Quittung aus. Ich hielt inne. "Das Rückgeld noch", soufflierte ihm die Kollegin. Er überreichte mir das Wechselgeld, um Entschuldigung bittend: "Ich bin neu hier." – "Das merkt man. Dann setzen Sie sich mal schön auf den Hosenboden, junger Mann! Lehrjahre sind keine Herrenjahre", ... sagte ich natürlich NICHT. Gänzlich unpikiert gab ich mein Verständnis zum Ausdruck, indem ich meine Miene zu etwas formte, das trotz Mund-Nase-Bedeckung hoffentlich als Lächeln zu erkennen war. Lernenden soll man keine Vorwürfe machen, schon gar nicht für Unwissen oder sympathische Verpeiltheit. Viel tadelnswerter sind doch Lustlosigkeit, Spiegelfechterei und Pampigkeit vonseiten jener, die solche Jobs schon seit Jahrzehnten machen.

Montag, 16. Mai 2022

Noch ein "Lied", das wir sangen

Mein Schulfreund C. schickte mir via Telegram eine Audioaufnahme der "Backfuge" und fragte: "Kennste das noch?" Und ob ich das noch kenne! Nur hatte ich es erfolgreich verdrängt und darum nicht meiner fortlaufenden, meinem sich zunehmend verdüsternden Schulerfahrungs-Gedächtnis abgerungenen Aufzählung von Liedern, die wir im Musikunterricht gesungen haben, hinzugefügt. Die Backfuge (Bachfuge – nach einem Vierteljahrhundert fällt mir das Wortspiel auf!) ist weniger ein Lied im engeren Sinne als eine Art Abzählreim oder Klatsch-Übung, mit der das Rhythmusgefühl geschärft werden soll. 

Das Kochbuch rät:
Nimmt man Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, schmeckt dies gut für jeden Gaumen.
Zweieinhalb Pfund Mehl.
Drei Eier, drei Eier und zwei Äpfelchen.
Rühren, schlagen, kneten, wellen und dann einen Wecker stellen.
Ab in die Glut! So ist es gut! Ab in die Glut! So ist es gut!
Rühren, schlagen, rühren, rühren, rühren.
Schmeckt dies gut, schmeckt dies gut? Schmeckt dies? Dies schmeckt!
So geht es noch eine Weile weiter. Von allen Stücken, die unsere Lehrerin uns (bis zum Umfallen!) zu performen gezwungen hat, war dies das allerbehämmertste, noch vor "Miau, miau" und dem "Rollmops". Boah, bin ich jetzt zornig.

Zuvor in diesem Blog:
Lieder, die wir sangen
Maximo Lieder (?)
Cuatro canciones


Samstag, 14. Mai 2022

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Bemerkenswert, dass meine zwei Favoriten in dieser Runde in schwarz-weiß gedreht wurden.

Glass
Während das (tadellose) Multiple-Persönlichkeits-Mystery "Split" auch als Stand-alone-Thriller funktioniert, würde ich empfehlen, "Glass" erst zu schauen, nachdem man sowohl Erstgenanntes als auch "Unbreakable" gesehen hat, bildet es doch das Finale von Shyamalans von ihm so genannter "Eastrail-177-Trilogie". Tatsächlich wurde ja erst in der letzten Szene von "Split" klar, dass da ein Bogen zu "Unbreakable" geschlagen wurde – ein Bogen, den man etwas bemüht finden konnte, dessen Konklusion ich dann aber doch befriedigend fand. Ohne zu viel verraten zu wollen: Es wird nun endlich aufgeklärt, ob etwas Übernatürliches im Spiel ist, ob wir es mit "Superhelden" zu tun haben. Um übermenschliche Charaktere geht es so oder so, und wie ein Comicheft muss man diesen Film denn auch begreifen und konsumieren. Viele der zunächst eigenwillig erscheinenden Kameraeinstellungen sind als "Panels" zu lesen, die teils scheinbar holprigen Dialoge hat man sich in Sprechblasen gelettert vorzustellen. Wenn man so herangeht, kann "Glass" trotz vereinzelter Längen reichlich Spaß machen. Der gelungene Soundtrack tut sein Übriges.

Belfast
Auch in diesem vielfach gelobten und filmpreisnominierten Schmuckstück trägt die Musik (Van Morrison!) zur Gesamtatmosphäre bei. In stimmigem Schwarz-Weiß und durch die Augen eines Kindes entsteht ein period piece, für dessen Glaubwürdigkeit Autor und Regisseur Kenneth Branagh qua eigener Biographie bürgt. Der in Belfast aufwachsende Junge ist eine Version des Filmemachers selbst. Somit gelingt "Belfast" der Spagat zwischen Historiendrama, bei dem man einiges über den Nordirlandkonflikt in den Sechzigern lernt, und Familiengeschichte. Ganz toll übrigens: Ciarán Hinds ("Game of Thrones", "The Terror") als Großvater.

Pig
Was ich erwartete: Nicolas Cage zieht als eine Kreuzung aus John Wick und ... äh, Nicolas Cage in einen Ein-Mann-Kreuzzug und den Entführern seines geliebten Trüffelschweins die Hammelbeine lang. Mit diesem Plot und einer auf den Hauptdarsteller zugeschnittenen Umsetzung wäre ich zu 100 % an Bord gewesen.
Was ich bekam (leichter Spoiler): Nicolas Cage, dessen Trüffelschwein tatsächlich entführt wird, verlässt die Abgeschiedenheit seiner Waldhütte, um seine tierische (sowie beste und einzige) Freundin wieder- und gewissermaßen sich selbst zu finden. Blutige Rache spielt praktisch keine Rolle. "Pig" ist im Kern eine sensible Außenseiter-Fabel, im Fleisch eine Satire über die Auswüchse postmoderner Gastronomie, und nur auf der Hülle trägt es den Schmutz von Survival-Parforce-Ritten wie "The Revenant" und "First Blood". Mit Rambo gemein hat der von Cage verkörperte Einsiedler zumindest die eindrückliche Wortkargheit.
Ein beachtliches Debut (Regisseur und Co-Autor: Michael Sarnoski)!

Picknick mit Bären (OT: A Walk in the Woods)
Ging es bei "Pig" vom Wald in die Zivilisation, ist es bei "A Walk in the Woods" anders herum. Ein in die Jahre gekommener Reiseschriftsteller (Robert Redford) langweilt sich in seinem Ruhesitz in New Hampshire und will es noch einmal wissen. Gemeinsam mit einem Freund, der für dieses Unterfangen noch weniger geeignet scheint (herrlich abgefuckt: Nick Nolte), meistert er den Appalachian Trail und trotzt dabei Witterungen, nervigen Mitwandernden und nicht zuletzt Grizzlys.
Bei dem im Mittelpunkt stehenden Autor handelt es sich übrigens um Bill Bryson, von dem ich schon das ein oder andere Buch gelesen habe, das gleichnamige von 1998, auf dem dieser Abenteuerfilm von 2015 basiert, jedoch nicht. Erwartbar amüsant und mitreißend wird die Geschichte erzählt. "Picknick mit Bären" ist ein perfektes Sonntagnachmittagsvergnügen für die ganze Familie, wobei es hin und wieder verbal etwas derb zur Sache geht.
Inszeniert hat das Ganze Ken Kwapis, den ich von diversen Serien kenne ("The Office", "One Mississippi", "Happyish"). Zu dem namhaften Hauptdarsteller-Duo gesellen sich u.a. Nick Offerman sowie die "The Last Man on Earth"-Schauspielpartnerinnen Kristen Schaal und Mary Steenburgen.

Old
Eine weitere Arbeit von M. Night Shyamalan in dieser Rückschau! Dabei handelt es sich allerdings, so leid es mir tut das zuzugeben, um eine seiner schwächsten. Ich vermag nicht zu sagen, wie viele der zu beanstandenden Punkte – allen voran das wirklichkeitsferne Verhalten der Protagonisten und die verschrobenen Dialoge – auf das Konto der Vorlage gehen, einer Graphic Novel aus der französischen Schweiz. Diese hat der Suspense-Meister allerdings mit anerkennenswertem Gespür gewählt, denn sowohl die Prämisse als auch der durchaus clevere Twist™ könnten genauso gut der Fantasie von Shyamalan himself entsprungen sein. Viel zu oft jedoch haben mir der deplatzierte Humor und das erwähnte erratische Agieren der an einem Strand mit beschleunigtem Zeitablauf Gefangenen die Petersilie verhagelt, zumal die Mimen wie frisch an der Schauspielschule eingeschrieben wirkten; einzig Rufus Sewell ("The Man in the High Castle") brachte ein wenig Professionalität rein, zumindest in jenen Szenen, in denen das Drehbuch ihm keine andere Wahl ließ, als sich wie ein Clown aufzuführen.
Die 5,8 Punkte auf der ansonsten nicht sonderlich gnädigen imdb sind meiner Ansicht nach zu viel. Aber man soll auch loben, wo Lob fällig wird: Der Schauplatz evoziert Fernweh und wohlige Erinnerungen an "Lost", die Auswirkungen des rätselhaften Phänomens werden konsequent durchgespielt, und die Kameraführung ist gewohnt superb.

Der Goldene Handschuh
In der Literaturvorlage, welche einen gleichwohl viel beachteten "Ausreißer" im Strunkschen Gesamtwerk bildet, gibt es exakt eine komische Stelle, Stichwort Hafenrundfahrt. Ein Feuerwerk norddeutschen Schnacks und erbärmlicher Peinlichkeit: Darüber musste ich damals herzhaft kichern und war dankbar über diesen Einschub "zum Runterkommen". Denn klar: Den realen Begebenheiten, die wiederum dem (sorgsam recherchierten) Buch zugrunde liegen, lassen kaum Witz und Alberei zu. Dass es dem ab 18 freigegebenen Spielfilm "Der Goldene Handschuh" gelungen ist, mich mehr als einmal zum Auflachen zu bringen, ist Regisseur Fatih Akin hoch anzurechnen. Mein Lachen war dabei allerdings ein gequältes, eine Übersprungshandlung, ein Reflex, der ausdrückte, dass ich das alles nicht fassen konnte, was dort gezeigt wurde: die durch und durch verrottete Parallelwelt einer Hamburger Siffkneipe der Nachkriegszeit; ein Panoptikum menschlichen Elends; unrettbar gescheitertes Personal – the lowest of the low. (Habe ich schon erzählt, dass auch ich einmal im "Handschuh" gelandet bin? Und ich kann mich nicht mehr daran erinnern! Und Heinzer war dabei. So muss das!)
Was außerhalb der Bar stattfindet, erzeugt noch mehr, regelrecht physisch spürbaren, Ekel und ist überhaupt nicht zum Schmunzeln. An Blut und Körperlichkeit und Misshandlungs-Nachstellung wird nicht gespart. Die abartig zynischen Heile-Welt-Schlager geben einem den Rest. Man überlege sich vorher, ob man sich das antun will. Ich habe es trotzdem nicht bereut. Jonas Dassler als Fritz Honka ist eine Wucht.

Der Alpinist
Strecken(!)weise schwer erträglich ist auch (Ich bin heute in Überleitungs-Laune!) diese Kletter-Doku über den kanadischen Free-Climber Marc-André Leclerc. Wenn man wie ich unvorbereitet an diese Erfahrung geht, erwischt es einen womöglich zweifach. "The Alpinist" hat mir besser gefallen als "Free Solo" (2018) und hat noch beeindruckendere Aufnahmen zu bieten. Warum Menschen ungesichert glatte Felswände hinaufkraxeln oder gar unberechenbare Eisfälle und -formationen bezwingen, will sich mir nicht erschließen.

Der Rausch
Von Mads Mikkelsen wird man nie wirklich enttäuscht. In dieser mehrfach ausgezeichneten Produktion aus seinem Heimatland (Oscar für den besten fremdsprachigen Film 2021) ist es denn abermals seine einnehmende Aura, die so manche Unzulänglichkeit überspielt. Diese Studie über Alkohol und Midlife-Crisis hätte von mir aus etwas ulkiger sein können. Die Dänen verstehen es doch normalerweise, Tragik und Komik gekonnt zu verquicken. Aber wir wollen nicht jammern! "Druk", so der Originaltitel, der laut Wikipedia "Komasaufen" bedeutet, hat was zu sagen und wartet mit einem starken Ensemble auf.

Nebraska
Bereits 2013 erschien abseits des Mainstreams dieses Roadmovie, in dem Will Forte (demnächst im Serientagebuch: "MacGruber") sich von seiner ernsten Seite zeigt. Als nicht mehr ganz so junger Mann mit mäßig spannendem Leben fährt er seinen tattrigen Vater (Bruce Dern) eher widerwillig von Montana nach Nebraska, weil dieser glaubt, den Hauptpreis aus einem eindeutig als Bauernfängerei zu erkennenden Gewinnspiel abholen zu dürfen.
Die sensible Vater-Sohn-Parabel, bei der übrigens Bob Odenkirk als Dritter im Bunde mitmischt, setzt nicht auf erwartbare Turbulenzen, enthält aber durchaus lustige Momente. Vor allem wird ein gleichermaßen zurückhaltendes wie intimes Portrait des ruralen Amerikas gezeichnet, und das liebe ich ja.

My Son
Improvisation abseits von Comedy betrachte ich mit Argwohn, seit ich einen "Experimental-'Tatort'" gesehen habe, bei dem der Verzicht auf ein Drehbuch sich als überhaupt nicht förderlich erwies. Bei allem Respekt vor dem Beruf: Es gehört nun einmal nicht zur primären Aufgabe oder Kompetenz eines Schauspielers im dramatischen Fach, Zeilen zu erfinden, as the story unfolds.
Bei "My Son" stört das Gimmick nicht, möglicherweise deshalb, weil nur einem Beteiligten das Script vorenthalten wurde, zudem einem recht fähigen, nämlich Hauptdarsteller James McAvoy. "This was done to capture the authentic shock and surprise a parent would experience when dealing with a traumatic event." (imdb) Bei jenem traumatischen Ereignis handelt es sich um eine Kindesentführung, was ausreichend Spannung garantiert. Ein paar Anklänge an die britisch-französische Serie "The Missing", hübsche Farbfilter, Claire Foy als Co-Darstellerin, ansonsten nothing to write home about. (Die Häufung von Anglizismen ist ein zuverlässiger Indikator dafür, dass mein Schreibzentrum allmählich ermüdet. Insofern bin ich froh, dass eine weitere "Zehn Filme"-Ausgabe an dieser Stelle endet.)

Freitag, 13. Mai 2022

Keiner Fliege was zuleide?

Im Abspann der Miniserie "Why Didn't They Ask Evans?" (hier besprochen) fiel mir etwas auf.


In der obligatorischen Beteuerung, dass während des Drehs keine Tiere zu Schaden gekommen sind, wird hier explizit darauf hingewiesen, dass dies auch auf Insekten zutreffe: "No insects or animals were harmed". Die gelegentliche Unterscheidung von Insekten und Tieren in der englischen (Umgangs-)Sprache fand ich schon immer befremdlich. Wie im Deutschen umfasst die Definition von "Tier" = animal selbstverständlich auch die extrem artenreiche Klasse der Insekten, dennoch kommt die Frage "Are insects animals?" regelmäßig auf.

Abgesehen von der eigenwilligen sprachlichen Sonderbehandlung der Kerbtiere finde ich den Disclaimer reichlich großspurig. Es kann mir doch niemand versichern, dass während der gesamten Produktion keine einzige Ameise zerquetscht wurde. Oder ein noch kleineres Tierchen versehentlich getötet wurde. Der Stab wird ja nicht exklusiv aus Jains bestanden haben, die gemäß dem Prinzip der absoluten Gewaltlosigkeit (ahiṃsā) stets einen Handfeger bei sich tragen, um Kleinstlebewesen vom Set zu fegen, auf dass diese nicht zertreten werden.

Da fällt mir ein, dass ich einmal die Möglichkeit hatte, bei den Spezifikationen für die Bordmahlzeit auf einem Langstreckenflug "Jain meal" zu wählen. Davon machte ich Gebrauch. Die Speisevorschriften im Jainismus lauten, kurz: Kein Fleisch, kein Honig, keine Eier und nichts, was unter der Erde wächst (also auch keine Zwiebeln, was ganz in meinem Sinne ist). Über den Grund für Letzteres gibt es verschiedene Aussagen. Manchmal heißt es, weil man beim Herausziehen von Wurzelgemüse und ähnlichem im Boden lebende Tiere verletzen könnte; manchmal, dass eine Wurzel zu essen bedeute, der restlichen Pflanze das Weiterleben zu verunmöglichen; schließlich, dass der Verzehr von Knollen und Wurzeln sich verbiete, weil in diesen besonders viele Seelen leben würden. Wahrscheinlich trifft alles zu. Jegliches Leben ist, wie gesagt, den praktizierenden Jains heilig. Das geht so weit, dass einige von ihnen vermeiden, im Dunkeln zu speisen, weil sie dann nicht sehen, ob Insekten an der Nahrung haften und mitgegessen werden könnten. Auch tragen sie selbst in Nicht-Corona-Zeiten einen Mundschutz, um nicht aus Versehen eine Mücke o.ä. einzuatmen. Am besten gefällt mir die jainistische Untergruppe der Digambaras, der "Luftbekleideten". Anhänger dieser Schule verzichten auf Kleidung, sie sind immer nackt. Aber das hat mit Essen und Käfern nur noch am Rande zu tun, weswegen der Beitrag hier endet.

Dienstag, 10. Mai 2022

Die drei ??? und das Rätsel des Rätsels

Ich möchte eine Absonderlichkeit anzeigen, die mir in meinen gut zwanzig Jahren als passionierter Kreuzwortrater noch nicht untergekommen ist. Im "großen Winterrätsel" des Dresdner Wochenmagazins DAWO! vom 12./13. Februar 2022 sind zwei Fragefelder vertauscht worden. Beim Ausfüllen hatte ich mir den Kopf zerbrochen: Was soll das für ein Verb sein, das auf -gt endet? Und dieses vermeintliche Adjektiv kam mir auch extrem dubios vor ... Beim nochmaligen Durchgehen der gesamten Seite fiel mir der Fehler dann letzte Woche auf.




Wie kann so etwas passieren?

Sonntag, 8. Mai 2022

Die große Knöpfli-Gönnung

Ein ausgesprochener Anhänger der Improvisationsküche werde ich in diesem Leben nicht mehr. Gewiss, nicht an jedes Rezept halte ich mich sklavisch (vgl. die in diesem Blog vorgestellten Gerichte), aber ich vertraue meinen Kochkünsten zu wenig, um mich allzu weit von vorgeschriebenen Pfaden zu entfernen. Außerdem habe ich in den seltensten Fällen genügend Reste und Grundzutaten im Haus, um daraus "was zu zaubern".

Es kommt aber vor, dass ich planlos in den Supermarkt gehe und mich vom Angebot inspirieren lasse.* Und so begab ich mich kürzlich, weil ich die zwei Tage davor aushäusig diniert hatte und zum richtigen Kochen zu faul war, ohne Einkaufszettel zu Tegut. "Irgendwas für ein simples Drei-Komponenten-Mahl werde ich schon entdecken", sagte ich mir. In der "Letzte Chance, alles muss raus!"-Abteilung, die es schönerweise in den meisten Kaufhallen mittlerweile gibt, lagen diverse Produkte, die um 50 % preisreduziert waren, weil ihr Mindesthaltbarkeitsdatum beinahe erreicht war, darunter: Knöpfli von Burger in der 500-Gramm-Packung und veganes Hack von Rügenwalder. Hmmm, könnte man das nicht kombinieren, dachte ich und nahm beides mit. Da traf es sich, dass diese Woche auch noch "Maggi Fix für Tomaten-Bolognese" im Angebot war. Diese Tütenmischungen haben heutzutage einen Nutri-Score von B und enthalten "100 % natürliche Zutaten", können also durchaus ohne schlechtes Gewissen gekauft werden.

Zu Hause schuf ich dann binnen weniger Minuten eine Mahlzeit, die es vom Prädikat "krankhaft geil" her locker mit meinen legendären Hollandaise-Erbs-Fusilli aufzunehmen vermochte. Die "Hackfleisch"-Maggi-Soße dickte ich mit einem Esslöffel Mascarpone, den ich von einer Back-Session übrig hatte, an, peppte sie mit Knoblauch und ein paar Spritzern Chili auf, vermengte die Masse mit den Knöpfli und rieb (nicht zu viel) Appenzeller darüber. Ansehnlich war der Schlonz nicht gerade, weswegen ich euch ein Foto erspare, aber ich schwöre: So ein sättigender Guilty-pleasure-Schmaus ist mir schon lange nicht mehr auf den (tiefen) Teller gekommen! Zwei Tage konnte ich davon schlemmen, eine Portion hat mich nicht einmal 2,- Euro gekostet.

* Im "Jeopardy!"-Thread des Something-Awful-Forums schrieb neulich jemand bezüglich der Frage, mit welchem Fun fact man sich in der Vorstellungsrunde präsentieren würde: "To be honest, I'd probably run with something like 'I plan my grocery shopping around going down Aldi's Aisle of Shame'."

Freitag, 6. Mai 2022

Ausflug ins Kinzigtal

Schon vor ein paar Wochen unternahm ich eine Tagestour in einen mir bis dahin unbekannten Bereich des Spessarts. Zwischen Alsberg, was ein Stadtteil von Bad Soden-Salmünster ist, und jenen beiden Stadtteilen, die der 1974 vereinten Gemeinde ihren Doppelnamen geben, lässt sich's abwechslungsreich wandern: von schroffer Weidelandschaft an Stoppelfeldern vorbei, durch gemütlichen Fichtenwald hin zu "urwaldartiger Vegetation", schließlich nahe dem Klingbachtal zum Naturschutzgebiet Waldweiher. Konkrete Routenvorschläge mag ich nicht geben, die findet man zur Genüge im Netz (ich folgte freilich wieder den unbezahlbaren Tipps Thomas Kleins). Hier ein paar Eindrücke:


Pferde waren regelmäßige Beobachter meiner Unternehmung ...


... aber so gut wie die einzigen, denn ...


Menschen kamen mir angenehmerweise nicht entgegen.


Wohl aber einen Fisch passierte ich.

Das aparte Wallfahrtskirchlein Heilig Kreuz habe ich nicht betreten, aber wenigstens den Friedhof rechts daneben. In Alsfeld habe ich dann auch ein paar Einheimische gesehen. Man befindet sich hier übrigens im Bistum Fulda. 


Das ruhige, dichte Waldstückchen mit dem "Jägers-Heiligen" war der feinste Abschnitt. Was es mit dem Bildstock auf sich hat, erklärt eine am Baum daneben angebrachte lyrische Kostbarkeit (zum Vergrößern Bild klicken):


Auf der Lichtung konnte ich an einem von Bänkchen flankierten Tisch meine Jause einnehmen. Nahe dem beliebten Ausflugsgebiet Hirschbornteiche gab es ein Kneippbecken (natürlich trocken liegend, wie fast immer). 

In den drei Seen selbst hätte ich nicht baden wollen, auch wenn eine Art Sping-Planke dazu einlud:


Ich glaube, das hier ist der größte der Hirschbornteiche:

In dem oben erwähnten Waldweiher liegt zu meiner Freude eine Binneninsel, die auf dem Foto, das ich davon gemacht habe, allerdings nur schlecht zu erkennen ist.

Mittwoch, 4. Mai 2022

Was vom Tiere übrig blieb

Gesetze, und das ist auch gut so, ändern sich, sind stetiger, an sich wandelnde Einstellungen und ungeschriebene Normen ausgerichteter Beurteilung ausgesetzt und müssen gegebenenfalls vor der aktuellen gesellschaftlichen Hintergrundstrahlung neubewertet werden. Das Recht schreitet dabei nicht geradlinig in eine Richtung, es macht leider hier und dort Rückschritte, man schaue nur auf gewisse Weltgegenden mit sich religiös radikalisierenden Regierungen – oder auch bloß in die sogenannte Free World (Stichwort Roe v. Wade).

Bleiben wir in Deutschland. Als ich gestern dem Wikipedia-Artikel des Tages folgte, landete ich irgendwann bei "Tierkörperverwertung" (Rat: Nicht vor dem Frühstück lesen!), dessen Abschnitt "Rechtlicher Hintergrund in Deutschland" ich entnahm, dass seit 2017 die Möglichkeit der Pferdebestattung besteht. Das finde ich aus mehreren Gründen beachtlich. Zum einen streift die historische Praxis, Pferde zu beerdigen, ein Fachgebiet von mir (tatsächlich werde ich im Wiki-Eintrag zu Pferdekult mehrmals zitiert); die präferierte und einzig gangbare Form ist heute allerdings nicht die Erd-, sondern die Feuerbestattung, so dass künftige Generationen keine Skelettreste aus unserer Epoche freilegen und daraus kulturanthropologische Schlüsse werden ziehen können. Zitat: "Stand Anfang 2022 gibt es in Deutschland drei zugelassene Pferdekrematorien mit vier Standorten. Darüber hinaus sind Anbieter aus Frankreich und den Niederlanden aktiv, die auch aus Deutschland in ihre Krematorien im Ausland überführen. Nur die Feuerbestattung im Krematorium ist für Equiden zulässig." (Von Equiden spricht das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz [TierNebG] und bezieht sich somit nicht nur auf Pferde, sondern auch auf Zebras, Esel usw.)

Zum anderen scheint mir die Vorschrift im Hinblick darauf, was ich in der obigen Einleitung ansprach, bemerkenswert. Warum haben wir plötzlich das Bedürfnis, tote Pferde nicht mehr einfach zu beseitigen, sondern ihnen eine Behandlung wie unseresgleichen angedeihen zu lassen? Versetzt man sich in die Volksseele der westlich-durchindustrialisierten Zivilisation und speziell der deutschen vor sagen wir fünfzig Jahren hinein, muss man sich auf dem Standpunkt wähnen, dass Tiere nichts anderes als Produkte, Werkzeuge, letztlich Glieder einer Verwertungskette sind. Der Mensch lebt nicht neben dem Tier, er hat sich über es erhoben und kennt es nur mehr als Nutz-Wesen. Seit etlichen Jahren erleben wir aber eine Kehrtwende im Denken, wir haben erkannt, dass wir auf Tiere nicht nur wegen ihres Fleisches, ihres Fells etc. angewiesen sind, zudem liefert die Wissenschaft immer neue Erkenntnisse bezüglich der Empfindungen und kognitiven Fähigkeiten tierischer Geschöpfe. Die Folgen sind gesteigerte Empathie und als Konsequenzen der Siegeszug des Vegetarismus, Bewusstsein für Umweltschutz, bessere Behandlung von Vieh und manches mehr, was sich eben auch in Gesetzestexten widerspiegelt. Um das klarzustellen: Ich verstehe das nicht als "Rückschritt", ganz im Gegenteil. Auch darf man den geweiteten Blick auf unsere mehrbeinigen Freunde nicht mit verkitschter Hundeliebe gleichsetzen. Zumal die emotionale Nähe zum (Haus-)Tier ja nicht kontinuierlich abgenommen oder auf niedrigem Niveau stagniert hatte, bevor sie im Post-Industriezeitalter (?) sprunghaft anstieg. Immer wieder hegten Völker und Individuen besondere Verhältnisse zu (domestizierten) Viecherln, davon zeugen nicht zuletzt ehemalige Schindäcker wie der, in dessen Nähe ich wohne. Langer Rede kurzer Sinn: Man sollte sich ruhig mal in den Komplex Tierfriedhöfe & Co. einlesen.

PS: Gestern habe ich "The Northman" im Kino gesehen und mich sehr gefreut, dass darin ein altnordisches Pferdeopfer dargestellt wird.

PPS: Im Zusammenhang mit Tierkörperverwertung lernte ich das schöne Wort Knickei kennen. Das sind Hühnereier mit Rissen oder Bruchstellen in der Schale. "Bis in die 1980er Jahre konnte der Konsument auf Anfrage bei Bauernhöfen, die ihre selbsthergestellten Produkte verkaufen, noch Knickeier erhalten. Diese waren im Preis stets stark reduziert [...]. Bis 2004 unterschied man Eier der Güteklassen B und C. [...] Eier der Güteklasse C [waren] stark beschädigt und nicht für die Lebensmittelindustrie zugelassen [...]. Mit Zusammenführung der Güteklassen B und C dürfen Knickeier derzeit, wie alle anderen Eier der Güteklasse B, nur noch an die Lebensmittelindustrie und zur industriellen Weiterverarbeitung u. a. zu kosmetischen Produkten verkauft werden."

PPPS: Dass ich an anderer Stelle erfuhr, dass Mikrowellen bis 1988 bei der Deutschen Bundespost angemeldet werden mussten, hat zwar nur am Rande mit all dem zu tun, ist aber zu kurios, um es hier nicht zu erwähnen.

Montag, 2. Mai 2022

Serientagebuch 04/22

01.04. This Is Us 6.09
Family Guy 20.16
Doctor Who 13.04
03.04. The Marvelous Mrs. Maisel 4.03
The Marvelous Mrs. Maisel 4.04
04.04.
The Marvelous Mrs. Maisel 4.05
The Marvelous Mrs. Maisel 4.06
05.04. Our House 1.01
Our House 1.02
The Legend of Vox Machina 1.01
06.04. This Is Us 6.10
The Legend of Vox Machina 1.02
07.04. This Is Us 6.11
Our House 1.03
Our House 1.04
08.04. The Cafe 1.01
The Cafe 1.02
The Cafe 1.03
Doctor Who 13.05
11.04. The Simpsons 33.17
The Legend of Vox Machina 1.03
12.04. The Cafe 1.04
13.04. The Legend of Vox Machina 1.04
15.04. Why Didn't They Ask Evans? 1.01
16.04. The Cafe 1.05
17.04. Why Didn't They Ask Evans? 1.02
18.04. Why Didn't They Ask Evans? 1.03
19.04. Doctor Who (Classic) 24.2.1
Doctor Who (Classic) 24.2.2
Doctor Who (Classic) 24.2.3
Doctor Who (Classic) 24.2.4
20.04. The Legend of Vox Machina 1.05
This Is Us 6.12
24.04. The Marvelous Mrs. Maisel 4.07
25.04. The Marvelous Mrs. Maisel 4.08
26.04. The Cafe 1.06
Doctor Who (Classic) 24.3.1
Doctor Who (Classic) 24.3.2
Doctor Who (Classic) 24.3.3
27.04. The Simpsons 33.18
Servant 3.01
Servant 3.02
28.04. This Is Us 6.13
The Cafe 2.01
Doctor Who 13.06
30.04. This Is Us 6.14
The Cafe 2.02
The Legend of Vox Machina 1.06

Eine getrennt von ihrem Mann lebende Frau kommt eines Tages in das noch gemeinsam genutzte Haus heim, nur um zu erleben, wie dieses gerade von einem jungen Paar bezogen wird, Kaufvertrag mit allem Zipp und Zapp liegt vor. Das ist die enigmatische Ausgangssituation des Romans Our House von Louise Candlish, der jetzt als Vierteiler für ITV u.a. mit Martin Compston ("Line of Duty") verfilmt wurde. In Rückblenden wird geschildert, wie es dazu kommen konnte. Es gibt etliche Eskalationen, und man fragt sich bereits in der zweiten Folge, wie sich noch irgendetwas zum Guten wenden könnte. Das so emotionale wie spannende Drama spielt in London, wobei auch jede andere Mittel- oder Großstadt als Kulisse hätte herhalten können.
(PS: Die imdb-Userkritiken sind brutal, wobei der am häufigsten vorgebrachte Einwand lautet "Wie zum Teufel können die sich so eine Hütte mitten in London leisten???", haha.)

An der Küste von Wales wiederum (allerdings teilweise in England gedreht) spielt der Agatha-Christie-Klassiker Why Didn't They Ask Evans?, der in drei Parts von keinem Geringeren als Hugh Laurie neu aufgelegt wurde. Ich bin mit Lauries komödiantischem Schaffen nicht vertraut, kenne ihn wie wohl die meisten hierzulande nur als "Dr. House", aber tatsächlich blitzt in dem auch ansonsten superben Drehbuch der ein oder andere Funke Humor auf. Außerdem überzeugt Laurie in der kleinen Rolle, die er sich selbst gegeben hat, ebenso wie der übrige Cast um den unfreiwilligen Hobby-Detektiv (Will Poulter), darunter Conleth Hill und Morwenna Banks. Am besten gefiel mir Lucy Boynton als mitermittelnde Down-to-earth-Landadelige. Das Kriminalrätsel wird adäquat aufgedröselt, ganz einfach ist es jedoch nicht: Ich musste in der letzten Folge ein paar Mal zurückspulen, um wirklich alles zu begreifen.

Zwei Serials aus der 1987 gelaufenen 24. Classic-Staffel von Doctor Who konnte ich diesen Monat abarbeiten. "Paradise Towers" war das schwächere. Es krankte an einem heillos überfrachteten Cast, einem meist passiven Doktor (Sylvester McCoy), albernen Sprachspielereien, noch alberneren Schauspielereien und wie so oft an Monstern, die jeglicher Bedrohlichkeit entbehren, weil man ihnen realistischerweise durch das Manöver Einen Schritt zur Seite gehen ausweichen könnte. Zu loben ist das Setdesign: Der titelgebende Wohnturm vermittelt ein gefälliges Dystopie-Feeling, wie es für vergleichbare Film-Szenarien aus dieser Ära typisch ist, man denkt des öfteren an "Blade Runner" und "Judge Dredd". Und immerhin werden positive Werte vermittelt; Zusammenhalt sowie Angstakzeptanz und -überwindung führen letztlich zum Sieg des Guten über das Böse.
Der direkt anschließende (in der Folgewoche von ONE ausgestrahlte) Dreiteiler "Delta and the Bannerman" hingegen hat mich durch und durch zufriedengestellt. Ich hatte zu dieser Folge sogar schon eine Podcast-Besprechung gehört und wusste, dass sie nicht unumstritten ist, aber für mich funktioniert in "Delta und die Bannermänner" alles. Zwar gibt es auch hier beinahe zu viele Haupt- und Nebenfiguren, diese sind aber allesamt fein ausgearbeitet, pläsierlich besetzt und haben Aufgaben und Funktionen. Auch der Siebente Doktor bekommt endlich jede Menge zu tun und erreicht zeitweise einen Tatendrang, der an die Quirligkeit eines Patrick Troughton erinnert. Die Schauwerte überzeugen, die Locations sind stimmig (und wechseln einander in einem Tempo ab, dass einem schwindelig wird), der Oberbösewicht darf richtig schurkenhaft agieren (wobei der Bodycount schon fast grenzwertig für diese Serie ausfällt), dazu gibt es einen herrlichen 50er-Jahre-Soundtrack, kurzum: "confident, slick, and hugely enjoyable from beginning to end" (The Doctor Who Discontinuity Guide). Bonus-Erkenntnisgewinn (den ich schon aus dem erwähnten Podcast mitgenommen hatte): Holiday camps wie das hier dargestellte Ferienresort "Shangri-La", für das Barry Island in Wales als Kulisse diente, waren jahrzehntelang tatsächlich ein Ding in Großbritannien.

An der vierten Season von The Marvelous Mrs. Maisel hätte ich allenfalls zu beanstanden, dass zu wenige der zahlreichen offenen Handlungswollknäuel aufgewickelt werden; nach dem letzten Abspann ruft man unweigerlich: "Och Menno, das kann nicht alles gewesen sein, es ist doch noch so viel ungelöst!" Aber klar, für die (hoffentlich 2023 kommende) Finalstaffel muss man sich ja noch etwas aufheben ... Ich hoffe bloß, der angestaute Konfliktballast wird nicht während der Pause kommentarlos über Bord geworfen.
Mit einer Sache, die mir ganz am Anfang gelegentlich sauer aufgestoßen ist, habe ich mich inzwischen arrangiert: dass die Maisel-Welt vollkommen überzeichnet ist. Spätestens mit der jüngsten Einführung eines Bühnenmagiers und dessen fantastischen Tricks haben die Showrunner Amy Sherman-Palladino und Daniel Palladino klargemacht, dass wir es hier nicht mit einem historisch korrekten period piece zu tun haben (wobei es einige interessante Verweise auf reale Geschehnisse und Personen der Zeitgeschichte gibt), sondern eben um eine fabelhafte (marvelous) Nummernrevue mit überbordender Freude an Verspieltheit, Karikaturhaftigkeit und Sich-selbst-nicht-allzu-ernst-nehmen. Menschen reden nicht so druckreif-pointiert, sie gestikulieren nicht so wild, und ein solches bunt schillerndes, gelecktes Nachkriegs-New-York, in dem die stets gut gelaunten und bombig gekleideten Menschen weder Armut noch Rassismus kennen, hat es garantiert nie gegeben. Egal! Das hier ist Varieté, das ist ein Musical ohne Songs, und die Ausstattung und die scharfen Dialoge entschädigen für vieles.

Hinweis: "The Cafe" soll, obschon ich bereits eine Staffel abgeschlossen habe, erst nach dem Ende der zweiten und letzten Staffel als Gesamtwerk beim nächsten Mal besprochen werden. Und auch wenn der "Flux"-Arc von "Doctor Who" bereits geschafft ist, möchte ich die 13. "New Who"-Staffel nicht ohne die zwei bereits gelaufenen Einzel-Specials behandeln. (Ob ich die für Ende des Jahres geplante Regenerations-Folge dann in meinen Season-14-Watch inkludiere, muss ich noch entscheiden.)