Sonntag, 28. Februar 2021

Fröhliches Bücherregalausmisten

Wie die Vergangenheit gezeigt hat, besteht an solchen Aktionen null Interesse, aber ich versuche es doch noch einmal. Wer eines oder mehrerer dieser Bücher, die ich nicht noch einmal lesen werde, haben möchte, möge mich direkt oder via Kommentar anschreiben, sonst landen sie im offenen Bücherschrank. 3 Euro pro Stück inkl. Versand sei die Verhandlungsbasis; es lassen sich auch kostenverringernde Bundles erstellen.

 
Es handelt sich um:
- "The Actor's Life" von Jenna Fischer ("The Office"), ein Hybrid aus ernsthaft nützlicher Hollywood-Karrierebibel und launiger Autobiographie. Fischer gibt viele Einblicke in die amerikanische Film- und Serienindustrie (jawohl: -industrie!) und erzählt die ein oder andere Kolleg(inn)en-Anekdote, ohne sich dabei in gehässigem Gossip zu ergehen. Ich bin nach der Lektüre zu der späten Erkenntnis gelangt, dass Schauspielerei ja ein echter, nicht selten knochenharter Job ist, der für mich absolut nicht in Frage käme. [englisch]
- das "De-Textbook" von den Machern einer meiner seit All-time-Lieblings-Humorseiten Cracked.com, eine Sammlung 
pointiert geschriebener Artikel, die beliebte, über Jahrzehnte tradierte Irrtümer in amerikanischen Schulbüchern (textbooks) und aus dem kollektiven Allgemeinwissensschatz richtigstellen. [englisch]
- David Spades Memoiren "Almost Interesting". Offen gestanden fand ich etliche Passagen reichlich cringe-worthy, was ich freilich erwartet hatte. Für SNL-Nerds ist das Taschenbuch trotzdem ein Muss. [englisch]
- das Diaphanes-"Booklet" zu "Dr. House" von Sarah Khan. Aus dieser Reihe habe ich bereits Dietmar Daths Analyse zu "Lost" mit Gewinn gelesen, und ebenso kundig wie gewagt wird hier die wohl berühmteste Krankenhaus-Serie, die keine Krankenhaus-Serie ist, seziert. [deutsch]

Und apropos Medizin habe ich noch zwei Lehrbücher mit wahrscheinlich völlig veraltetem Wissen anzubieten, lol.

Zu guter Letzt möchte ich drauf hinweisen, dass bei mir auch noch Kookaburras bestellt werden können (dazu gibt es gratis ein Exemplar meines Kreuzworträtselbuches).

Freitag, 26. Februar 2021

Chip, Chip, Chip, Chip und Test

Ich bitte alle, denen meine Knabberprodukttests noch mehr zum Hals raushängen als "Pombär Original", um Entschuldigung. Ich versuche mich kurzzufassen. Im Grunde sind diese Rezensionen ja nur Erinnerungshilfen für mich selbst, damit ich im Dschungel der Chipse nicht den Überblick verliere.

1. Funny-frisch Kessel Chips Cross Cut Ranch Sauce Style: Wie schon mit der Barbecue-Variante hat Funny-frisch mit diesem neuen Cross-Cut-Ableger bewiesen, dass man auch zum kleinen Preis hochwertige Kesselchips bekommen kann. Eine ausgefallene, höchst aromatische, dabei nicht übertriebene Ranch-Dressing-Note sorgt im Verein mit natürlichen Zutaten für ein unvergleichliches Snack-Erlebnis. (Wegen der widerlichen Werbesprache bitte ich erneut um Entschuldigung, aber ich bin wirklich begeistert!) 8,5/10 Punkten (ausnahmsweise mit halbem Punkt, weil mir 8 zu niedrig erscheinen).


2. Rewe Feine Welt Kartoffelchips mit Trüffelgeschmack: Man muss ihn mögen, den unverkennbaren Geschmack schwarzer Sommertrüffel. Hier ist er durchaus vordergründig, und obwohl ich persönlich, bei Käse zum Beispiel, schnell genug davon kriege, musste ich die 100 Gramm in dieser Tüte (1,29 €) in einem Rutsch verschlingen. Pluspunkte bekommt Rewes neue Sorte vor allem für die durch zweifaches Backen geschaffene Knusprigkeit, insgesamt vergebe ich 7/10.

Mittwoch, 24. Februar 2021

Ex- und Wikipeditionen

Wenn ich mit der Regionalbahn Wege weit abseits bekannter Metropolen bestreite, gebe ich immer gerne die Namen der anliegenden Ortschaften in das Wikipedia-Suchfeld meines Smartphones ein – dafür reicht die Internetverbindung ja meistens. Schwuppdiwupp hat man sich festgelesen, findet dies und das über lokale Eigentümlichkeiten heraus, hangelt sich Verlinkungen und Querverweisen entlang; ihr kennt das.

Eine wahre Fundgrube in Artikeln über Orte ist oft der Abschnitt "Persönlichkeiten". Zwei Entdeckungen der jüngeren Vergangenheit:
1. In der Ortsgemeinde Balduinstein – welche zwar nur 596 Einwohner zählt, dafür aber sowohl eine Burgruine gleichen Namens als auch ein Schloss, die Schaumburg, unterhält – lebt der 1960 im südindischen Chandepalle geborene Avatar Mutter Meera. Sie gibt nahe der Schaumburg vorab angemeldeten Personen ihren Segen, den sog. Darshana (zurzeit jeden Abend im Livestream). Auf Schloss Schaumburg wurde außerdem der Fernsehfilm "
Schrei – denn ich werde dich töten!" gedreht (RTL 1999), dessen Hauptrolle Katharina Wackernagel spielt, die übrigens eine Nachfahrin des Indogermanisten Jacob Wackernagel ist, dem Vater des Wackernagelschen Gesetzes, aber jetzt muss ich wirklich aufhören mit dem Wikipedia-Hopping, denn ich komme zu Entdeckung Nummer
2. In Limburg-Eschhofen wurde ein Schlagersänger mit dem Künstlernamen "Ikke Hüftgold" geboren. Als ich das las, musste ich schmunzeln ... und wenige Tage später erneut, als mir, in einem typischen Fall unerklärlicher Doppelbegegnung, der Name in einer Schlagzeile auf "Bild online" begegnete.

Montag, 22. Februar 2021

Hygiene-Szenen mit Geschmäckle

Wir befinden uns im Jahr 2 der Corona-Pandemie, und es erstaunt mich fast, dass mir in den von mir seit März 2020 konsumierten Medien keine weiteren Stellen begegnet sind, die auf unangenehme Weise an die derzeitige Situation erinnern. Neulich aber doch!

"Es war ein sehr kalter Tag, trotzdem ließ man die hohen Fenster hinter den Schutzgittern weit geöffnet, um den Besuchern die vorbildlichen Gesundheitsregeln der Schule vorzuführen. Die kleinen Mädchen zitterten, während sie steif auf ihren Plätzen standen."

----- Patricia Highsmith: Ladies. Frühe Stories

Das zweite Fundstück ist kein literarisches, muss aber unbedingt in dieser losen Reihe präsentiert werden. Episode 3.20 der Sitcom "Norm" ("Norm vs. Deception", Erstausstrahlung 9.3.2001) enthält etwas, das ich als "Funny Aneurysm Moment" klassifizieren würde, auch wenn "TV Tropes" dazu erklärt: "[A]nything related to a widespread disease, basic hygiene, hoarding of any kind, or something similar to social distancing doesn't inherently mean that there's a connection to the Coronavirus Pandemic."

Jedenfalls ist in dieser Folge Norms Kollege Danny an der Grippe erkrankt, kommt aber trotzdem jeden Tag ins Büro. Sein Chef, Mr. Denby, erscheint deswegen mit einer medizinischen Gesichtsmaske auf Arbeit. Studiogelächter.
Norm: "Sir, finden Sie es nicht ein bisschen verrückt, eine Maske zu tragen?"
Denby: "Was reden Sie da? Michael Jackson trägt auch eine Maske, und der ist völlig normal."
Norm: "Hören Sie, Mr. Denby, das ergibt doch keinen Sinn. Danny ist erkältet, meinen Sie nicht, Danny sollte die Maske tragen?"
Denby: "Oh, das stimmt. Sanchez! Ziehen Sie die an." [nimmt die Maske ab und überreicht sie Danny, der sie sich aufsetzt]
Norm: "Wobei ... die Erkältung ist wahrscheinlich schon in der Luft ... vielleicht sollten doch Sie die Maske tragen."
[Danny hustet in die Maske]
Denby: "Da haben Sie recht ..." [zu Danny] "Geben Sie mir die zurück." [nimmt sie ihm ab und setzt sie sich wieder auf; das Publikum stöhnt angewidert]


Das war heftig.

Samstag, 20. Februar 2021

No news is good news

Seit ein paar Jahren kommt kein Magazin, keine Zeitung mehr aus ohne größere und kleinere, unregelmäßige oder serielle Features darüber, dass trotz der düsteren Weltlage "alles immer besser" werde. Die Zeit überschrieb ihren Rückblick auf das vergangene Horrorjahr mit der Frage "Ist 2020 doch besser als sein Ruf?" und listete darunter "50 Dinge, die gar nicht übel waren dieses Jahr" auf. Und wie viele Interviews mit Steven Pinker müssen wir eigentlich noch ertragen? Besonders nervig finde ich den bemühten Optimismus in der Stern-Rubrik "Das sind ja mal gute Nachrichten". Wie in der genannten Zeit-Strecke finde ich hier so gut wie nie irgendetwas, das mich von meinem Fatalismus bezüglich der Menschheit abbringen könnte. Die angeblich positiven Meldungen in der letzten Ausgabe habe ich beispielhaft abgeschrieben:

  • Das "virale" Gedicht, das die junge Amerikanerin Amanda Gorman bei der Amtseinführung Joe Bidens vorgetragen hat, erscheint im März in deutscher Fassung.
  • Der britische Kontaktlinsenhersteller LGL entwickelt eine "iLens", die sich im Auge "mit dem Handy verbinden" lässt und "auf Zwinkern Fotos machen" kann.
  • Der Bierkonsum der Deutschen ist 2020 um 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
  • Makaken auf Bali haben eine Art "ökonomischen Sachverstand" entwickelt: Sie tauschen geklaute Sonnenbrillen, Hüte etc. bei Tempelmitarbeitern gegen Leckerli ein.
  • "Das Schlosshotel Kronberg [...] ist Kulisse für den Film 'Spencer', ein Drama über das Leben der britischen Prinzessin."
Keine einzige dieser Neuigkeiten betrifft mich in irgendeiner Weise oder ist geeignet, das Leben von jemandem, den ich kenne, zu verbessern. Die genannten Fakten und Entwicklungen sind trivial, bestenfalls kurios und in einem Fall (Kontaktlinsen) sogar beängstigend. Welche Person liest so einen Beitrag und denkt sich: Och, stimmt, wir sind viel weniger übel dran als gedacht ...

Ich möchte stets fair sein. Deswegen habe ich nach dem Kopieren der Stern-Seite nicht sofort mit dem Verfassen dieses Blogeintrags begonnen, sondern eine Woche gewartet. Ich wollte weitere Beispiele ins Feld führen. Wie um meine These vom so fruchtlosen wie krampfhaften Selbstverständnis der Medien als Grundhaltungs-Korrektiv hohnlachend zu widerlegen, sind die "guten Nachrichten" im aktuellen Stern tatsächlich einigermaßen erfreulich:
  • Neue markante Flatterleinen vor der namibischen Küste könnten die Zahl der durch Fischerboote mitgetöteten Seevögel um 98 Prozent senken.
  • "Das Empire State Building deckt seine Stromversorgung jetzt zu 100 Prozent aus Windkraft."
  • In Berlin gibt es inzwischen drei mobile Stroke-Units, also auf Schlaganfälle spezialisierte Einsatzwagen.
  • Die Investitionen in umweltfreundliche Projekte, sog. Green Bonds, könnte in diesem Jahr 450 Milliarden Dollar betragen.
  • Ein Team des MIT hat Spinatwurzeln mit Nanotechnologie aufgerüstet, die "Hinweise auf Minen im Boden finden" soll.
Ja mei. Wie wäre es denn, nicht auf Teufel komm raus jede Woche fünf rosige Mitteilungen zusammenzutragen, sondern die good news so zu präsentieren, wie sie anfallen? Ich gebe ja zu, dass die Gegenwart nicht ausschließlich niederschmetternd ist. Dennoch halte ich Erfolge wie die fünf zuletzt aufgeführten für prä-mortale Zuckungen und bin mir zu 100 % sicher, dass der Niedergang der Menschheit und ihres kleinen blauen Heimat-Geoiden unabwendbar ist.

Donnerstag, 18. Februar 2021

Videospieltipp: Little Nightmares

Wer sich daran erinnert, wie begeistert ich von "Limbo", "Inside" und "Black The Fall" war, wird sich wundern, warum ich erst jetzt mit "Little Nightmares" um die Ecke komme, wo doch kürzlich schon der zweite Teil des Jump'n'Run-Albtraums der schwedischen Tarsier Studios erschienen ist! Erklärung: Es gibt keine; das Spiel hatte ich schlicht nicht auf dem Schirm! Dabei ist es wie zu erwarten right up my alley

Wie in den vorgenannten Titeln steuern wir hier einen namenlosen Charakter, in diesem Fall eine Art Wichtel, durch eine gruselige Umgebung, ohne zunächst zu wissen, wo genau wir sind, woher wir kommen und was unser Ziel ist. Es geht geradeaus, immer weiter, an Hindernissen und Gefahren vorbei, sehr bald haben wir auch monströsen Gestalten auszuweichen. In das Design der Kreaturen ("Menschen" kann man sie kaum nennen) ist sehr viel Fantasie geflossen. Wir manövrieren uns schleichenderweise an ihnen vorbei, müssen aber gelegentlich auch mit gedrückter Rennen-Taste die Flucht nach vorn antreten. Die Stealth-Elemente überwiegen jedoch, und wenn wir etwa durch eine Küche mit gleich zwei blutrünstigen, aufgedunsenen Köchen tippeln, klettern und springen, geht uns ganz schön die Pumpe. Die Aufgaben und Rätsel, die wir dabei zu bewältigen haben, sind nicht sonderlich komplex, selten geht es über "Trage Schlüssel zu Schloss" hinaus. Wenn ich mich an einigen Passagen dennoch bis zu zehnmal versuchen musste, lag das daran, dass ich die Sichtweite und KI meiner Gegner unterschätzt habe. Die Speicherpunkte sind einigermaßen fair gesetzt; freies Speichern gibt es nicht.

"Little Nightmares" sieht fantastisch aus, die Hintergründe sind detailliert, es wird liebevoll mit Schärfe und Unschärfe und Licht und Schatten gespielt. Seltsam ist, dass das Game eine USK-Freigabe ab 12 erhalten hat, denn einige Schock- und Ekelszenen stehen denen von "Inside", was als "ab 16" eingestuft wurde, in nichts nach (auch wenn sie weniger explizit sind). Wer sich gerne ein wenig verstören lässt und mit nassen Händen von einem WTF-Moment schleicht, ist hier jedenfalls goldrichtig.


Dienstag, 16. Februar 2021

Artischockschwere Not!

Jetzt ist es schon wieder fast zwei Monate her, dass ich ein Rezept geteilt habe ... Sorry! Hier nun ein weiteres Mal meine Interpretation eines amerikanischen Pasta-Rezepts. Es stammt vom "Food Network", macht vier Personen satt und ist, nehme ich an, ziemlich gesund. Umgerechnet habe ich lediglich die metrischen Maßangaben (bzw. die nicht-metrischen i.S.v. metric; ihr wisst, was ich meine), bei der Unsitte, mit Tassen ("cups") zu hantieren, ist es ja nur wichtig, eine einheitliche Größe zu Grunde zu legen; ich nehme immer einen etwas kleineren mug, einen sich nach unten verjüngenden Kaffeepott.


Man koche 340 Gramm Orecchiette, Trulli, Hörnchen- oder vergleichbare Nudeln in Salzwasser. (Ich habe eine Pastasorte gefunden, die zufällig genau in dieser Masse, 12 Unzen, daherkommt. Oft hat man ja das Problem der sich ansammelnden geöffneten Nudelpackungen. Leider vergessen, welche.) Bevor man die Nudeln abgießt, schöpft man eine 3/4 Tasse des Nudelwassers ab und bewahrt es für später auf. 

In einer großen Pfanne erhitze man 2 EL Olivenöl. Darin brate man Artischockenherzen aus dem Glas an (z.B. von Dittmann, 330 Gramm Abtropfgewicht) für ca. 5 Minuten bei nur einmaligem Wenden. Vorher salzen. Sind die Artischockenherzen leicht gebräunt, entnimmt man sie und stellt sie beiseite. Nun kommen in die Pfanne: 2 weitere EL Olivenöl, 3 dünn geschnittene Knoblauchzehen sowie weiße Bohnen aus der Dose (z.B. von Bonduelle, 500 g, abgespült und abgetropft). Zwei Minuten unter vorsichtigem Rühren braten.

Jetzt eine Dose Kirschtomaten (gibt's nicht überall, aber das Suchen lohnt sich auch, wenn man andere Pastasoßen zubereiten will!), 1/4-1/2 TL Chiliflocken und einen weiteren 1/4 TL Salz hinzugeben (mit Salz, das habe ich gelernt, sollte man ohnehin nicht geizen). Langsam aufkochen lassen, 3 Minuten rühren, bis man eine leicht angedickte Masse hat.

Jetzt kommen die Nudeln mit dem übrig gelassenen Nudelwasser hinein. Eine Minute vermischen. Eine halbe Tasse gehackte Petersilie (praktisch: TK), eine Vierteltasse geriebenen Parmesan und die Artischockenherzen unterheben. Mit Pfeffer und Salz abschmecken. Nach dem Servieren mit noch mehr Parmesan bestreuen.

Sonntag, 14. Februar 2021

Nacht- und Nebelwanderung

Ich habe ein neues Hobby für mich entdeckt, das ich euch nur ans Herz legen kann, vorausgesetzt in eurer Stadt herrscht keine Ausgangssperre: nächtliches Spazierengehen. Vor ein paar Wochen habe ich es zum ersten Mal ausprobiert. Die Kombination Winter/Lockdown/Nebel bietet ohnehin tolle Möglichkeiten, seiner Nachbarschaft ganz neue Blickwinkel abzugewinnen; zu vorgerückter Stunde bekommt das urbane Umfeld noch einmal einen zusätzlichen Zauber. Man muss natürlich bedenken, dass die Chance, ausgeraubt oder abgestochen zu werden, leicht erhöht ist, gerade in Frankfurt. Doch ich bin ja nicht durchs Bahnhofsviertel flaniert, sondern habe mich via Messe- ins Europaviertel begeben, den menschenfeindlichsten und lebensunwertesten, aber wohl sichersten, weil ödesten Stadtteil Frankfurts. Ich konnte in die gespenstischen Frühstücksräume leerstehender Hotels schauen – wobei einzelne Hotels derzeit geöffnet sind: Vor einem stand rauchend ein einzelner aus welchen Gründen auch immer hier gestrandeter Gast. Das war einer der wenigen Menschen, denen ich begegnete. Ich passierte Bankentürme, bei denen aus keinem einzigen Fenster Licht strahlte, bewacht lediglich von einem einsamen Wachmann vor einer Monitorwand. Büros bieten bei Nacht ein faszinierendes Bild. Von einer Brücke aus konnte man gut auf einige verwaiste Arbeitsplätze schauen; ein Foto zu machen traute ich mich nicht, da ich die Anwesenheit Industriespionage abwehrender Überwachungskameras in meinem morphischen Feld spürte. Ein paar nette Handyaufnahmen, hauptsächlich von Hochhäusern, sind mir dennoch gelungen. Vielleicht sollte ich beim nächsten Ausflug meine Systemkamera mitnehmen.







Freitag, 12. Februar 2021

Betr.: Palindromtag, Milch, Friends, Katzenfrau

In diesem Moment geht er zu Ende, ein ganz besonderer Tag. Das Datum 12.02.2021 ergibt nämlich rückwärts gelesen, mit leicht veränderter Punktsetzung, dasselbe! Das letzte "Ereignis" dieser Art (02.02.2020) habe ich ignoriert, und auch das nächste (22.02.2022) soll in diesem Blog keine Erwähnung finden.

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In meiner Aufzählung real existierender und fiktiver Milche fehlten damals einige Sorten, die es meines Wissens noch nicht gab und die zu erfinden mein Gehirn nicht vermochte: Haselnussmilch (lecker), Cashewmilch (dito) und Erbsenmilch (zu erbisg). Nun lese ich im Zeit-Magazin dies: "Das musste ja kommen: Jetzt gibt es auch noch Pistazienmilch, zum Beispiel von der Firma Táche. Welche Nuss wurde eigentlich noch nicht gemolken?"
Ich gebe die Frage weiter und setze Pistazienmilch auf meine To-drink-Liste.

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Bei Amazon Prime Video gibt es die Kategorie "Könnte es noch nostalgischer sein?", in der Filme und Serien mit Nostalgie-Faktor versammelt sind. Neulich fand ich nach einer unerklärlichen Umstellung des Sprachprofils heraus, dass diese Rubrik auf englisch "Could this BE more nostalgic?" heißt – eine klare Anspielung auf die Serie "Friends", in der Matthew Perry alias Chandler Bing regelmäßig rhetorische Fragen nach dem Muster "Could [x] be more [y]?!" stellte. Das, nun ja, etwas Bittersüße daran ist, dass die Nostalgie-Sitcom "Friends" gar nicht mehr Teil des Prime-Angebots ist. Seit Anfang des Jahres läuft sie bei Netflix, wie schon 2018 bis 2019; davor sowie 2020 lagen die Rechte bei Amazon, soweit ich weiß. Wohl dem, dem dieses Hin und Her egal sein kann, weil er sämtliche Staffeln auf dem Retro-Medium DVD besitzt (und nie mehr anschauen wird) (wie ich) ...

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An der Kasse bei Rewe stand hinter mir eine Frau in einem Leopardenfellmuster-Mantel, einer Leopardenfellmuster-Hose und mit einem ebensolchen Schal, dazu trug sie eine Leopardenfellmuster-Tasche sowie einen Mundschutz mit dem Aufdruck des Gesichts einer Großkatze. Ich war so gebannt von dem Anblick, dass ich nicht merkte, wie der Kassierer einen Teil meines Einkaufs der Kundin vor mir zuschlug.
So was gibt's nur in Frankfurt, was? Falsch! Das war in Berlin.

Donnerstag, 11. Februar 2021

Klassiker des Humors

In einer Filiale des Ramsch- und Schreibwarenladens Pfennigpfeiffer sah ich einmal eines der sonderbarsten Bücher aller Zeiten. Es war ein Groschenromanheftchen (10 Cent) aus der Reihe Tolle Typen mit dem Titel "Micky, hör auf mit dem Quatsch!" Das Beste war allerdings der Sticker, der auf dem Heft klebte: "Mega toll!"
Wie toll der Schmöker war, konnte ich nie erfahren, denn ich war zu geizig, ihn zu erwerben.

Dienstag, 9. Februar 2021

Das CAUf' ich euch nicht ab!

Ich fragte mich neulich, wie wohl das Motto der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel lautete. Zugegeben eine sehr spezielle Frage, die ich mir jedoch nicht ohne Grund stellte: Im Jahr 2009 hatte jene Uni eine doppelseitige Anzeige in der Zeit geschaltet und darin zu einem Sloganwettbewerb aufgerufen. Ich fühlte mich damals beflügelt, mitzumachen, die zündende Idee flog mir allerdings nicht zu. Meine halbgaren Ideen hielt ich nicht für einreichenswert, aber für eine leicht verspätete Veröffentlichung an dieser Stelle hat es sich gelohnt, sie festzuhalten:

- "Meer wissen"
- "Studieren mit (Fisch-)Köpfchen"
- "Im Norden viel Neues"
- "All aboard the Scholarship!"
- "Hier promovierte vor 100 Jahren Hans-Gerhard Creutzfeldt (ja, der mit den Gehirnen!)"

Elfeinhalb Jahre später fällt mir ein, doch mal zu überprüfen, welcher Slogan letztlich gewonnen hat. Im Archiv der CAU-Seite steht's (Nachnamen von mir abgekürzt):

- "Exzellenz im Norden. Seit 1665" (Detlev B., Köln)
- "Wo aus Forschung Zukunft wird" (Andreas L., Oestrich-Winkel)
- "Zusammen auf Kurs" (Sebastian D., Uedem)

Gähn.

Sonntag, 7. Februar 2021

Ich will "keine" Schokolade

Als es vor schätzungsweise einem Jahrzehnt losging mit immer kakaoigeren Süßigkeiten – Schokolade mit 75 % Kakao aus São Tomé; Zartbitter mit 80 % Kakaoanteil; etc. –, haben wir noch gescherzt: "Bald gibt es bestimmt Tafeln mit 99 Prozent Kakao, pruuust!"

Wir konnten ja nicht ahnen, dass die Überbietungslogik im Jahr 2021 von Ritter-Sport auf die Spitze getrieben würde: Mit "Cacao Y Nada" wurde eine Sorte mit dem unfassbaren Versprechen "100 % Kakao" kreiert. Diese Schokolade enthält laut Firmenhomepage ausschließlich Zutaten, "die aus der Kakaofrucht gewonnenen [sic] werden: Kakaomasse, Kakaobutter, Kakaopulver und Kakaosaft", weswegen sie, wie es weiter unten heißt, offiziell gar nicht so genannt werden darf.

Darauf sprangen wie zu erwarten Dutzende Medien an und kolportierten die Meldung, ein "absurdes Lebensmittel-Gesetz", das vorschreibe, Schokolade müsse Zucker enthalten, verbiete Ritter-Sport, sein zuckerfreies Produkt so zu nennen (beispielhaft Chip). Wenig später kam ans Licht: Fake News! "Die Kakaoverordnung begrenzt die Verwendung zuckerhaltiger Zutaten nicht auf bestimmte Zuckerarten. Deshalb müsste ein Produkt, das natürlichen Kakaosaft verwendet, nach Einschätzung unseres Ministeriums auch unter der Bezeichnung Schokolade verkauft werden dürfen", stellte Julia Klöckner gegenüber der WirtschaftsWoche klar.

Die Rechnung geht auf: Während ich diese Zeilen schreibe, erzielen im Internet angebotene Exemplare von "Cacao Y Nada" Mondpreise. Neben der Lebensmittelrechtsposse hat Ritter-Sport nämlich zusätzlich auf das Mittel der künstlichen Verknappung gesetzt, um den Hype zu befeuern. Von den mit stattlichen 4,99 € bepreisten 57-Gramm-Tafeln wurden gerade mal 2300 Stück produziert. Die waren natürlich im Nu ausverkauft und tauchen inzwischen nur noch vereinzelt bei eBay auf.

Kapitalismus (Symbolbild); Screenshot: 05.02.2021, 15 Uhr

Mittwoch, 3. Februar 2021

Mein kindliches Gemüt

Pipi-Kacka-Humor ist normalerweise so gar nicht meins, aber wenn er unerwartet kommt, habe ich nichts dagegen.

Ich las Fachlektüre, es ging um griechische Bildungen auf -so-. Als in einer Aufzählung das Beispiel "órsos, Arsch" auftauchte, musste ich zum ersten Mal wiehern, zum zweiten Mal, als ein paar Zeilen darunter stand: "polychesos 'den Durchfall habend' neben chésai 'kacken'".
Ich schäme mich.

Montag, 1. Februar 2021

Serientagebuch 01/21

01.01. Years and Years 1.04
02.01. Years and Years 1.05
Years and Years 1.06
04.01. Fargo 4.10
05.01. Ripper Street 5.01
Fargo 4.11
06.01. Norm 3.12
07.01. Ripper Street 5.02
09.01. Ripper Street 5.03
Mr. Robot 3.01
10.01. Ripper Street 5.04
Mr. Robot 3.02
11.01. Norm 3.13
Ripper Street 5.05
13.01. Mr. Robot 3.03
14.01. Ripper Street 5.06
16.01. MotherFatherSon 1.01
17.01. Norm 3.14
The Simpsons 32.11
MotherFatherSon 1.02
Mr. Robot 3.04
19.01. MotherFatherSon 1.03
20.01. Family Guy 19.10
Doctor Who 13.00
MotherFatherSon 1.04
22.01. MotherFatherSon 1.05
23.01. Norm 3.15
MotherFatherSon 1.06
24.01. MotherFatherSon 1.07
MotherFatherSon 1.08
25.01. This Is Us 5.05
Norm 3.16
Mr. Robot 3.05
26.01. Norm 3.17
Norm 3.18
27.01. Mr. Robot 3.06
28.01. Leverage 1.09
Mr. Robot 3.07
30.01. Mr. Robot 3.09
31.01. Leverage 1.10

Years and Years war für mich ein frühes Highlight des Jahres – obwohl der BBC-Sechsteiler des Ex-"Doctor Who"-Showrunners Russell T Davies bereits 2019 gelaufen ist. 2019, das bedeutet auch, dass diese sich über drei Jahrzehnte in die Zukunft erstreckende Familiensaga bei aller Schwarzmalerei nicht den wahren Horror vorhersehen und weiterspinnen konnte, der seit 2020 unser aller Leben beherrscht. Ärgerlich! Aber es hat auch sein Gutes, nämlich einerseits die Erkenntnis, dass ja alles noch schlimmer sein könnte, andererseits war so Platz für alternative dystopische Szenarien (und auch die ein oder andere satirische Verlängerung; ganz ohne englischen Humor geht's dann doch nicht). Neben dem harten Polit- und Gesellschafts-Tobak stehen jedoch stets die – nicht minder beklemmenden – Einzelschicksale der manchesterischen (Wie übersetzt man Mancunian?) Familie im Vordergrund.
Wie "Years and Years" läuft auf dem "Starzplay"-Channel, den ich mir Ende letzten Jahres gebucht hatte, weil es so billig war, das BBC-Drama MotherFatherSon. Dessen acht Episoden waren ähnlich bedrückend, jedoch litt das im Titel angedeutete Hauptsujet unter einer gewissen Verwässerung durch zu viele unnötige Nebenschauplätze. Hätte sich diese Produktion, die in jeder Szene "high prestige!" ruft, voll und ganz auf die drei Hauptcharaktere – einen von Richard Gere verkörperten Medienmogul, dessen geschiedene Frau und den selbstzerstörerischen Sohn – und ihr Verhältnis zueinander konzentriert, würde "MotherFatherSon" in einer Liga mit "Broadchurch" spielen, um ein willkürliches Beispiel mit vergleichbar schauspielerischer Wucht heranzuziehen.
Erstaunliche Wandlungsfähigkeit beweist der 1974 geborene Schauspieler Joseph Mawle: Verkörperte er in "Game of Thrones" einen mittelalten und später halbtoten Benjen Stark, gibt er in "MotherFatherSon" glaubhaft einen fast noch jugendlich wirkenden Wohnungslosen, der aber älter aussieht, als er sollte, und mimt in Ripper Street einen kränklich abgehalfterten, raubeinigen Detective Inspector, den man ein Alter von Mitte 60 abnimmt! Alles in allem ist die fünfte und letzte Staffel des grimmigen Whitechapel-Thrillers enorm character-driven. Begann "Ripper Street" als historisches "Monster of the week"-Polizei-Procedural, erzählt es in den finalen sechs Folgen eine zusammenhängende Geschichte um gebrochene Jäger und Gejagte, in der es für keine/n der Beteiligten irgendwelche Hoffnung gibt. Das Ende bietet dann doch ein wenig closure, ist aber, so viel sei verraten, so offen, dass direkt eine sechste Staffel folgen könnte (was wohl aber nicht passieren wird).
Die vierte Staffel der Anthologiereihe Fargo hat mir nicht so sehr wie die dritte, aber deutlich besser als die zweite gefallen. Das typische Narrativ, dass einfache Leutchen durch eine Mischung aus Tölpelei und Übermut in einen Strudel aus fatalen Intrigen und blutigen Fehlentscheidungen geraten, fehlt mir hier irgendwie. Wohl gibt es auch eine Handvoll gutmütiger Sympathieträger, doch wie schon in Season 2 wird uns hier letztlich eine klassische Mafia-Saga aufgetischt – immerhin in stylishen Bildern, mit berauschender Musik und wie immer mit den wohl geschliffensten Dialogen der modernen Fernseh-Fiction. Und Chris Rock zeigt einmal mehr, wie viel in ihm als ernster Darsteller steckt.
Ein Wort noch zum Neujahrs-Special von Doctor Who: Es war das in meinen Augen schwächste Special aller Zeiten. Bemerkenswert ist, dass ich damit in diesem Monat dreimal Zeuge wurde, wie eine Außenseiter-Politikerin mit sinistren Ambitionen in das Amt der britischen Premierministerin strebt. Lasst euch mal was anderes einfallen, haha!