Sonntag, 18. März 2018

Die drei Schriftzeichen und das verschwundene e

Zu den zahllosen Unzulänglichkeiten der alten Rechtschreibung gehörte die – rein ästhetisch motivierte – Regel, bei Aufeinanderfolgen von drei gleichen Konsonanten in Wortzusammensetzungen einen der Buchstaben zu streichen. Statt Brennnessel schrieb man also Brennessel, statt Schifffahrt Schiffahrt usw. Konsonantentripel waren nur dann erlaubt, wenn nach dem dritten ein weiterer Konsonant folgte, z.B. in Wetttrinken.

Wie verhielt es sich beim Zusammentreffen von drei gleichen Vokalen? Anders als man denken könnte, waren Schreibungen wie Teei oder Schneesser nicht korrekt; der Duden forderte die Kenntlichmachung aller Buchstaben nebst Setzung eines Bindestrichs: Tee-Ei, Schnee-Esser. Diese Formen sind auch heute die empfohlenen Schreibungen, auch wenn Seeelefant & Co. möglich sind. Eine spaßige Aufgabe wäre es, ein Wort mit drei -u- hintereinander zu finden. Substantive auf -ee gibt es, wie eben gesehen, einige, mit 3xo wären zumindest Komposita mit Zoo- denkbar (Zooonkel, Zooorganisation), mit -i- gibt es natürlich die Hawaiiinsel(n), und mit drei -a- kann man sich mit etwas Mühe und Wortspielfreude einen Aaangler vorstellen ("Aa. Substantiv, feminin - Name europäischer Flüsse und Bäche", Duden).

Ein ungeschriebenes, d.h. im amtlichen Rechtschreibwerk nicht vorgesehenes Gesetz ist mir neulich beim Biertrinken aufgefallen. Die Vokaltilgung ist zwar bei Zusammensetzungen verboten, nicht jedoch bei Wortbildungen mit dem Ableitungssuffix -er! Im Gegenteil, dort scheint das Elidieren eines -e- das einzig Zulässige zu sein. Das Bier vom Tegernsee heißt eben nicht "Tegernseeer", sondern "Tegernseer". Genauso verhält es sich beim "Chiemseer" (was allerdings gar nicht am Chiemsee, sondern in Rosenheim gebraut wird, weswegen vor einigen Jahren sogar eine Anpassung der Etiketten gerichtlich verordnet wurde). Auch das City-Magazin der Brandenburgischen Ortschaft Falkensee nennt sich Falkenseer Stadtjournal. Nota bene: Die vielen Googletreffer für "Tegernseeer" in nicht-offiziellen Dokumenten legen den Verdacht nahe, dass viele Deutschsprechende das Tripelvokalverbot intuitiv beherzigen. (Für "Chiemseeer" und "Falkenseeer" fällt die Zahl der Suchmaschinen-Ergebnisse interessanterweise überraschend niedrig aus.)

Beenden möchte ich diesen eher trockenen Beitrag, indem ich noch einmal auf das flüssige Gold zurückkomme. Ich trinke gerne mal ein Bayerisches Helles und dachte – Saupreiß, der ich quasi bin – bis vor kurzem noch: "Kennste eins, kennste alle". Zwischen den beiden "See"-Bieren herrscht allerdings ein gewaltiger Unterschied: Während ich das "Tegernseer Hell" als "süffig" zu preisen bereit bin, ist mir das "Chiemseer" dann doch zu untergärig. Das ist doch Wasser mit Biergeschmack! (Nicht böse gemeint.)

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