Dienstag, 13. Juli 2021

Von Kaffee und Kommissaren

Nachdem ich vor ein paar Monaten über Fernsehklischees mit Tee nachgedacht habe, ist es heute an der Zeit, über Kaffee zu sprechen. In fast jeder Folge des "Tatort" gibt es eine Szene, in der dem/der/den Ermittelnden bei einer Befragung im Hause oder auf der Arbeitsstelle eines Zeugen Kaffee angeboten wird. Und jedes Mal lehnt der oder die Kommissar/in entweder das Angebot ab oder nimmt es an, ohne den Kaffee jedoch auszutrinken. Wirklich, immer! (Ob das in anderen deutschen Krimis auch so ist, weiß ich nicht, da ich außer den "Tatort" keine kenne.) Ich würde mir eine Szene wünschen, die so geht: Die Vernehmung ist zu Ende, doch der Kommissar hat den von der Zeugin angebotenen Kaffee noch nicht ausgetrunken. "Ich habe keine weiteren Fragen", sagt er, "aber ich trinke den Kaffee noch aus, wenn's recht ist." - "Ja, gerne." [mehrminütiges Schweigen, Trinken]

Notiz an mich selbst: Künftig drauf achten, ob in britischen Filmen und Serien die obligatorische Teetasse stets geleert wird!

Apropos Vernehmung! Auch so ein Klischee in allen möglichen Detective-Shows, unabhängig vom Herkunftsland: Die ermittelnde Person sucht zwecks Befragung jemanden in dessen Geschäft / gastronomischem Betrieb / Dienstleistungsunternehmen auf. Dieser Jemand ruft nun zuverlässig beim Eintreten des/der Kommissars/Kommissarin, ohne sich umzudrehen: "Wir haben geschlossen!" Nie, nie, nie würde die Konditorin / der Surfbrettverleiher / die Reitlehrerin von ihrer oder seiner Arbeit ablassen, sich in Richtung des Schnüfflers drehen und sagen: "Guten Abend, was kann ich für Sie tun?" Immer heißt es "Wir haben geschlossen!", und der Kriminalist muss sich erst mit "Ich bin nicht hier, um mir ein Tattoo stechen zu lassen" o.s.ä. erklären. Eine Unsitte von Filmfiguren ist es auch, unentwegt und unbeeindruckt mit ihrer Haus- oder sonstigen Arbeit fortzufahren, während sie befragt werden. Als Polizist würde ich mir das verbitten. "Sie legen jetzt sofort das Laminiergerät hin und konzentrieren sich auf meine Fragen!", würde ich fordern. Dem Realismus und der Atmosphäre einer Serie oder eines Films täte eine gesetzte, verdichtete Verhörsituation ohne Hintergrundgewusel bestimmt gut. Oder würde sich das heutige Publikum dabei langweilen?

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