Sonntag, 3. April 2016

Wie ich einmal alles hinschmiss

Als ich vor etlichen Jahren in einem Krankenhaus arbeitete, gehörte es zu meinen regelmäßigen Aufgaben, OP-Kisten von A nach B zu transportieren. Es war ein herbstlicher Herbsttag, an dem ich eine solche Metallbox von der Zentralsterilisation in einen Operationssaal bringen sollte. Weil ein längerer Weg im Freien vor mir lag und die Kiste schwer befüllt war, beförderte ich sie auf einer Art Teewagen durch das Außengelände. Ich war zu dieser Zeit noch nicht so gut mit dem Terrain vertraut, weswegen ich die Unebenheit eines Abschnitts der Route unterschätzte: Der Wagen ruckelte und polterte, bis die Kiste frech vom Teewagen glitt. Bei ihrer Landung sprang sie auf, und gut die Hälfte des dringend benötigten Inhalts wurde auf dem feuchten, erdig-steinigen Boden verstreut. "Five-second rule!", dachte ich und klaubte das Besteck hastig aus dem Kot, um es grob mit einem Taschentuch abzuputzen und wild in die Box zurückzulegen. Ich hievte die Kiste wieder auf den Wagen und rollte ein paar Meter, bis eine ehrfurchtgebietende weißgekleidete Frau vor mir stand. "Sagen Sie mal, ticken Sie noch ganz richtig?!", schrie sie mich an und nahm die ramponierte Fuhre in Augenschein. "Wollen Sie damit jetzt ernsthaft in die Gefäßchirurgie fahren?" – "Naja ...", murmelte ich. – "So was hab ich ja noch nie erlebt!", brüllte sie weiter. "Sofort zurück in den Steri damit! Aber erst will ich Ihren Namen und Ihre Abteilung wissen!"
Selbstverständlich hatte ich nie vorgehabt, die Kiste so, wie sie war, im OP abzuliefern. Es wäre ja auch sofort aufgefallen, dass das Siegel gebrochen war. Doch was hatte ich dann vorgehabt? Ich glaube, ich hätte die Empfänger gefragt: "Schauen Sie mal, manche Instrumente haben kaum was abgekriegt, vielleicht können Sie damit was anfangen." So aber machte ich kehrt und tauschte die Box gegen eine zum Glück vorrätige Ersatzbox aus. Vorher kam noch ein anderer junger Klinikmitarbeiter auf mich zu, der die Szene beobachtet hatte, und sagte mitfühlend: "O je, da bist du wirklich an die ungünstigste Person geraten. Das war die Pflegedienstleiterin."
Der Vorfall blieb ohne Konsequenzen. Heute kann ich darüber lachen. Es ist bedauerlich, dass es keine Zivildienstleistenden mehr gibt (denn ein solcher war ich in dieser Geschichte); der Zivildienst war eine schöne Gelegenheit, einmalige und prägende Erfahrungen zu machen.

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