Samstag, 18. November 2017

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme (Spätsommer/Herbst '17)

Blair Witch 
"The Blair Witch Project" von 1999 gilt als Meilenstein sowohl im Horrorgenre als auch in der Filmerfahrungsbiographie einer ganzen Generation. Mit Minibudget und ohne Dialogbuch gedreht, war es Vorreiter der heute überstrapazierten Gattung des "Found footage" und obendrein eine der ersten Produktionen, die das noch junge Internet nutzte, um "viral" zu gehen, wie man damals noch nicht sagte. Ich kann wahrheitsgemäß und mit Stolz behaupten: Ja, ich war dabei, habe mich im Kinosaal gegruselt wie später höchstens noch bei "The Ring" (dazu etwas beim nächsten Mal!).
17 Jahre später versucht Regisseur Adam Wingard, das Franchise wiederzubeleben, und schickt abermals eine Gruppe von Teenagern in den Wald, die mit (alter und neuer) Kameratechnik auf Hexenjagd geht. Die naheliegenden Zweifel stellen sich als durchweg gerechtfertigt heraus: Die ursprüngliche Subtilität fehlt, nichts bleibt im Vagen, alles ist over the top. Wurde meine Angstlust trotzdem befriedigt? Ja.  

Predestination
Eine echte Achterbahnfahrt. Ich beginne voller Vorfreude mit dem Schauen, weil ich (lediglich) weiß, dass es um Zeitreisen geht; nach einer halben Stunde denke ich so: 'Hm, die halten sich ein bisschen zu lange mit dem persönlichen Background der Hauptfigur auf. Sind die sicher, was sie da tun?'; beim Abspann dann: pures Geflashtsein, weil die ganze Erzählung in sich "Sinn" ergibt, keine Sekunde war verschwendet, alles fügt sich zusammen. Hier liegt die Betonung von "Zeitreisedrama" eindeutig auf "Drama".

Being Charlie - Zurück ins Leben
Dieses Drama hingegen hat mich kalt gelassen. Die Charaktere, allen voran der im Zentrum der Geschichte um Drogenentzug und Heranwachsen stehende Charlie, sind einem mangels Sympathie einfach völlig wurscht.

The Circle
Ich fasse mich kurz, bevor ich mich in Rage schreibe: "The Circle" ist eine der miesesten Literaturverfilmungen, die ich je gesehen habe. Die Vorlage habe ich nicht gelesen; wie ich hörte, weicht sie in einigen Punkten vom Film ab, doch da der Autor Dave Eggers am Drehbuch mitgeschrieben hat, gehe ich von ähnlich "hoher" "Qualität" aus und spare mir die Lektüre.
Bei "The Circle" handelt es sich um eine hippe und erfolgreiche Techfirma, bei der jede/r eine Anstellung ergattern will. So auch die junge Mae (Emma Watson), der das tatsächlich gelingt, aber wer hätt's gedacht: Die Betriebsatmosphäre hat sektenhafte Züge, das Unternehmen hegt Allmachtsfantasien, und der charismatische Gründer (Tom Hanks) überredet unsere Heldin zu einem Social-Media-Experiment à la "Truman Show", was aber weder satirisch überspitzt wie in genanntem Vorbild ist noch halb so schockierend-eskalierend wie in einer durchschnittlichen Folge "Black Mirror". Das Szenario ist ein paar Jahre in die Zukunft verlegt worden und wirkt dabei gerade wegen der "Echtheit" überhaupt nicht bedrohlich, sondern schlechterdings banal. Richtig unrealistisch sind die Protagonist(inn)en sowie ärgerliche Details wie die dämlichen Smartphone-Töne, die auszuschalten offenbar niemand in dieser ach so futuristischen Umgebung in der Lage ist. Hinzu kommen Entscheidungen wie jene, den seelischen Zustand von Maes bester Freundin mit Holzhammer-Kostüm- und Make-up-Veränderungen deutlich zu machen, weil man dem Schauspieltalent von Karen Gillan nicht vertraute. Auch sind sämtliche für "The Circle" arbeitenden Personen asexuell. 
Ach, jetzt habe ich doch viel mehr geschrieben, als ich vorhatte ...

Life
Nachdem mich der Trailer zum Gähnen gebracht hatte, war ich von diesem klaustrophobischen Sci-Fi-Schocker dann doch angetan. Sicher: Dass die "Alien"-Reihe Pate gestanden hat, merkt man dem Ergebnis von vorne bis hinten an – egal. Er hat mich mit seiner konsequenten Düsternis sogar mehr gepackt als "Covenant", was gewiss auch an dem hervorragenden Soundtrack lag. Und was für ein Schluss!

The Book of Henry
Teils vernichtende Kritiken musste dieser Genrespagat zwischen Tragödie, Thriller und Kinderfilm einstecken. Wahrscheinlich sind die tonale Unentschiedenheit und die drastische Kehrtwende in der Mitte des Films der meisten Kritiker Sache nicht. Den Vorwurf, dass man gewisse Themen (ich verrate aus Spoilervermeidungsgründen nicht, welche) zu leichtfertig behandele, lasse ich gelten. Allein, wenn es ein Werk der Fiktion schafft, mich zum Weinen zu bringen, sehe ich über dramaturgische Schwächen und inhaltliche Unzulänglichkeiten hinweg (wegen der Tränen auf der Netzhaut). Zumal mit Naomi Watts und Jaeden Lieberher ("Es") zwei perfekte Rollenbesetzungen gelungen sind.

Abgang mit Stil (OT: Going in Style)
Drei Freunde (darunter Morgan Freeman und Michael Caine), die fast alles verloren, aber nichts mehr zu verlieren haben, beschließen, sich an ihrer Hausbank zu rächen, und planen einen Überfall. Was nach einer simpel gestrickten Klamotte klingt, macht am Ende wirklich Spaß. Ein warmherzig gezeichnetes Ensemble und höchst erfreuliche Nebenrollen heben diese temporeiche Heist-Comedy über den Durchschnitt. Regie: Zach Braff.

Jürgen - Heute wird gelebt
Sozusagen in der Drittverwertung durfte Heinz Strunks zweites Ich Jürgen Dose neulich via öffentlich-rechtlichem Auftritt seinen Bekanntheitsgrad abermals steigern. Gott sei dank wurde Jürgen von seinem Schöpfer verkörpert; wenigstens einer wusste also, was er tat. Die anderen Schauspieler erschienen mir heillos überfordert, besonders David Bredin als "EuropLove"-Mitreisender "Knüppel" und der eigentlich stets zuverlässige Charlie Hübner in der Rolle des Bernd Würmer. Möglicherweise habe ich den "Jürgen"-Kosmos anhand der vorangegangenen Hörspiele zu sehr verinnerlicht, um die TV-Variante nicht befremdlich zu finden. Sei's drum. Schön, dass die ARD für so etwas Geld locker macht. 

Mord im Orient-Express (1974)
Ohne zu wissen, dass bald ein Remake in die Kinos kommt, habe ich mir den Klassiker von Sidney Lumet angeschaut, um eine weitere Bildungslücke zu schließen. Wie dieser Agatha-Christie-Krimi ganze sechs Oscar-Nominierungen erhaschen konnte, kann ich leider nicht nachvollziehen. Gerade Albert Finney als Hercule Poirot wirkt, als würde er sich hinter seinem Bart und seinem albernen Akzent verstecken, man nimmt ihn weder ernst noch ist man geneigt, ihn zu unterschätzen. Auch strahlt das zweistündige Kammerspiel eine seltsame filmhistorische Uneinordenbarkeit aus, es hängt irgendwo zwischen Old und New Hollywood, die Eröffnungssequenz zum Beispiel passt überhaupt nicht zum Rest. Die Auflösung hat mich gleichzeitig erstaunt und enttäuscht.

Kind 44
Die zweite Arbeit des "Life"-Regisseurs Daniel Espinosa in dieser Aufzählung. Ein beklemmendes Suspense-Stück über Kindermorde in Stalins Sowjetunion mit Tom Hardy. Mehr fällt mir dazu nicht ein, weswegen ich ausnahmsweise Zahlen sprechen lasse: 6/10.

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