Donnerstag, 9. Dezember 2021

Kurz notiert: Lass

In der vorletzten Ausgabe von "Aktenzeichen XY ungelöst" lief ein Filmbeitrag über einen Fall vom Anfang der 1990er-Jahre. In einer Szene stand eine Gruppe junger Frauen vor einer Diskothek, und eine von ihnen sagte: "Lass reingehen!" Ich bin mir zu 99 % sicher, dass Phrasen mit "Lass ...!" – man spricht dabei übrigens von einem periphrastischen Adhortativ – damals selbst in den sprachprogressivsten Milieus noch nicht unter Auslassung von "uns" geäußert wurden. Klar: Heute tilgt man sogar bei zwei aufeinander folgenden "uns" gleich alle beide; aus "Lass uns uns treffen" wird immer häufiger "Lass treffen", und bestimmt ist irgendwo im deutschen Sprachraum schon mal der Satz "Lass scheiden!" gefallen.

Bei einer entsprechenden Google-Suche stößt man schnell auf einen Beleg bei Grillparzer, welcher in seinem Trauerspiel "König Ottokars Glück und Ende" von 1825 (!) einmal ein Reflexivpronomen unter den Tisch hat fallen lassen ("Laß uns eignen Wertes freuen"), aber erstens war der Österreicher, zweitens mag das dichterische Freiheit gewesen sein. "Lass"-Sätze ganz ohne "uns" kann ich mir jedenfalls vor (gefühlt) dem Jahr 2005 nicht vorstellen.

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