Mittwoch, 13. Dezember 2023

Unsere Jungs bei Onkel Sam

Ich bin wahrlich kein Freund der Bundeswehr. Selten habe ich mich über eine Nachrichtenmeldung mehr aufgeregt als im Sommer 2022, als mir nichts, dir nichts ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro (!!!) beschlossen wurde, eine Entscheidung, für welche die Ampelkoalition "viel Applaus" (tagesschau.de) erhielt, anstatt noch in derselben Nacht gestürzt zu werden ... Aber dieses Blog soll ja unpolitisch bleiben, und bevor mein Puls in ungesunde Höhen schnellt, komme ich lieber zum eigentlichen Thema.

Die Struktur, die Organisation, die ganzen angeschlossenen, nachgeordneten und Unterbereiche der Bundeswehr üben eine eigenwillige Faszination auf mich aus. Hier zum Beispiel das Organigramm des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, das man sich auch als PDF herunterladen kann:

Deutschland at its best!

Ich liebe auch die Verbandsabzeichen der diversen Kommandos, Zentren und Dienststellen! Sowohl bei den militärischen als auch bei den, weniger bekannten, zivilen und wissenschaftlichen Einrichtungen hat man sich wappentechnisch mitunter ordentlich ausgetobt.

Hier das 2017 aufgestellte Kommando Cyber- und Informationsraum (KdoCIR):


Diesem unterstellt sind viele Spezialstellen und -einrichtungen, die in Orten wie Daun, Storkow (Mark) oder Stadum ansässig sind und wiederum eigene Wappen führen, die zum Teil Technologie mit Tradition verbinden, z.B.

- die Fernmeldeaufklärungszentrale Nord (FmAufklZentr Nord):

- das Informationstechnikbataillon 293 (ITBtl 293):


- das Zentrum Cyber-Operationen (ZCO):


Eine Dienststelle nennt sich "Dienstältester Deutscher Offizier/Deutscher Anteil 1st NATO Signal Battalion". Der Dienstälteste trägt dieses Abzeichen:


Eine nicht unwichtige Behörde des Verteidigungsministeriums ist das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), wobei mir nicht gefällt, wie der Löwe grüßt:


Von den wissenschaftlichen Kompetenzzentren überzeugt mich das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (InstMikroBioBw) wappenmäßig am meisten:


... wobei auch das präventionsmedizinische nicht schlecht ist:


Die Marine ist noch mal eine eigene Welt. Exemplarisch, damit das hier nicht allzu sehr ausartet, habe ich mir das Schifffahrtmedizinische Institut der Marine herausgepickt:


Eine Äskulapnatter, die sich einen Schiffsmast emporschlängelt! Das Institut steht übrigens im mir bis gerade eben völlig unbekannten schleswig-holsteinischen Kronshagen. Ich glaube, solche nordischen Nester werden überhaupt nur von den verstreuten Flottenstützpunkten am Leben gehalten.

So, was hat es nun mit der Überschrift dieses Beitrags auf sich? Abseits der drei Säulen Heer, Marine und Luftwaffe ist zweifellos das Streitkräfteamt (nicht zu verwechseln mit dem Kommando Streitkräftebasis) der schillerndste Zweig der Bundeswehr. Bis 1975 weniger martialisch "Bundeswehramt" genannt und nach wie vor in Bonn sitzend, sind ihm u.a. die Militärattachéstäbe, die Schule für Diensthundewesen, das Zentrum für Militärmusik sowie das Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, dessen Funktion ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen kann, unterstellt. Außerdem, jetzt kommt's!: das Bundeswehrkommando USA und Kanada.

"Das Kommando ist das größte streitkräftegemeinsame Kommando der Bundeswehr außerhalb des deutschen Staatsgebiets", heißt es einleitend auf der Seite des Amtes. Ganz recht: Nicht nur nordamerikanisches Militär ist in Deutschland stationiert, auch – selbst wenn das nicht 100-prozentig gleichzusetzen ist – "deutsche Soldatinnen und Soldaten sind mit ihren Familien auf insgesamt 22 US-Bundesstaaten und zwei kanadischen Provinzen auf über 49 Stand- und Einsatzorten verteilt. Dort betreiben sie in den USA stationierte Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr beziehungsweise werden dort ausgebildet, andere nehmen als Lehrgangsteilnehmer oder Lehrkräfte an Ausbildungsgängen der US- und der kanadischen Streitkräfte teil. Weiterhin erfüllen deutsche Soldatinnen und Soldaten Verbindungsaufgaben, andere leisten ihren Dienst im Austausch in US-Einheiten und Verbänden sowie auf Schiffen. Gleichfalls gehören die Soldatinnen und Soldaten der Deutschen Anteile für NATO oder sonstige internationale Hauptquartiere in den USA zum Bundeswehrkommando in Reston."

Die Stadt Reston, Virginia, sagte mir bis dahin so wenig wie Kronshagen. Sie wurde erst 1964 als Planstadt gegründet und hat heute rund 63.000 Einwohner. In ihr wurde ein Ebola-Stamm entdeckt, und sie wurde 2015 im Rahmen des jährlichen Filmfestivals für fünf Tage zu Ehren des 30-jährigen Jubiläums von "Zurück in die Zukunft" symbolisch in "Hill Valley" umbenannt. In der Nähe der Kommandozentrale befindet sich der Lake Thoreau und das Restaurant Red's Table, wo man für 15 bzw. 30 $ Austern essen kann. Die erwähnten weiteren Einsatz- und Standorte in Kanada und den USA konnte ich leider nicht recherchieren.

Ebenfalls Teil des Streitkräfteamts ist übrigens die Deutsche Delegation Niederlande, zu der "auch die Deutschen Anteile der NATO Force Integration Unit in Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei und Ungarn sowie die Deutsche Abteilung des Movement Coordination Center Europe (MCCE) und die Strategic Air Lift Coordination Cell (SALCC) in Eindhoven" gehören und deren vielfältiges Aufgabengebiet noch einiges mehr umfasst. Okay, ich bin jetzt auch Fan der Bundeswehr, fordere, dass sie nächstes Jahr eine Billion Euro zugesagt bekommt, und überdenke einmal mehr meine Karriere.

1 Kommentar:

  1. Interessant! Im Wappen des BAIUDBw steckt offenbar das Bonner Stadtwappen (der grüßende Löwe mit dem Kurkölnischen Kreuz obendrüber).

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