Montag, 4. August 2025

Was sprudelt denn da?

Langsam wird's unheimlich! Vor wenigen Tagen zitiere ich in meiner allmonatlichen Titanic-Rückschau Michael Ziegelwagners Wasserfallkritik: "Schon gut, man hat's verstanden: oben noch Wasserfläche, plötzlich Wasserfall, unten wieder Wasserfläche. [...] Ja, wenn es denn andersrum wäre, das Wasser von unten nach oben stürzte, dann, ja dann! müßte ich zugeben, daß der Wasserfall einen großartigen Trick beherrscht."

Just zwei Tage später zwoscht mir auf "Spiegel online" unter der Überschrift "Wasser, das nach oben stürzt" folgender Wissenschaftsartikel entgegen:
Auf alten Satellitenbildern von Grönlands Gletschern haben Forschende ein bisher unbekanntes Phänomen entdeckt: eine Art aufwärts strömenden, gigantischen Wasserfall.
Im Juli 2014 [...] schoss aus mehreren Hundert Meter Tiefe Wasser durch den Eispanzer, wie in einem machtvollen Wasserfall. Nur dass dieser nicht abwärts, sondern aufwärts stürzte. An der Oberfläche sprengte sich die emporquellende Flut den weiteren Weg frei. Eisbrocken, groß wie achtstöckige Häuser, brachen ab und wurden vom Wasser mitgerissen.
Zehn Tage dauerte das Spektakel. Während dieser Zeit schoss so viel Wasser aufwärts, wie in den Niagarafällen binnen neun Stunden abwärts fällt: insgesamt rund 90 Millionen Kubikmeter Wasser [...]
Um zu erklären, was hier geschehen war, zog das Team aus Lancaster die AWI-Glaziologin Humbert hinzu: Offenbar, so ihre Deutung, war Schmelzwasser an einer nahen, aus dem Eis herausragenden Gebirgskuppe bis hinab aufs Felsbett geflossen, wo es sich in einer Mulde unter dem Eis gesammelt hatte. Weiter abfließen konnte es nicht, denn der Gletscher ist in dieser Region am Grund festgefroren. Die Folge: Das Wasser staute sich. Allmählich blähte sich in der Tiefe eine immer größere flüssige Blase, die den darüber liegenden Eispanzer zu einem Dom emporwölbte. [...]
Die Bedeutung des Vorgangs ist noch nicht absehbar. Möglicherweise handelt es sich um ein extrem seltenes Ereignis, wie es nur unter sehr ungewöhnlichen Umständen passieren kann.
Stark vereinfacht anhand einer Nature Geoscience entnommenen Infographik wiedergegeben: Unter die Eisschicht eines Gletschers gelangt irgendwie Wasser, das sich zu einem See sammelt, welcher immer mehr anwächst, bis die Eisschicht dem Druck nicht mehr standhalten kann und aufbricht. Das Wasser des – schönes Wort! – untereisigen Sees schießt fontänenartig heraus; danach stürzt die verbliebene Eisschicht in sich zusammen und hinterlässt einen Krater. Chapaeu, Natur!

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