Mittwoch, 8. Januar 2014

The Lost Symbols

Spannend finde ich die Tatsache, dass wir Piktogramme in Computer-, Telefon- und sonstiger Software auch dann problemlos verstehen, wenn das Dargestellte längst nicht mehr in unserer Lebenswirklichkeit vorkommt. Ich könnte mich jetzt in semiotischem Mumbojumbo verlieren, stattdessen möchte ich mein Geschwurbel lieber anhand von vier Beispielen konkretisieren:

 Thunderbird blendet einen Brief in der Taskleiste ein, wenn eine neue Mail eingegangen ist. Verständlich – noch! Aber möglicherweise stirbt der physische Brief irgendwann aus; wird er dann immer noch als universeller Repräsentant von Mails/SMS/Nachrichten verwendet und verstanden werden?

  Das klassische Symbol für "Speichern": eine Diskette (hier aus dem Libre Office Writer). Die Diskette dürfte bei sagenwirmal Achtzehnjährigen kaum als Speichermedium bekannt sein; dennoch wird jede/-r Achtzehnjährige bei der Erstbenutzung eines Programms intuitiv auf die Diskette klicken, wenn er oder sie etwas saven möchte.

 Bei Twitter klickt oder fingert man auf die weiße Feder, wenn man einen neuen Tweet verfassen will. Moderne User kennen die Feder als Schreibutensil höchstens aus Museen oder historischen Filmen, dennoch geht Twitter von der Eindeutigkeit des Bildchens aus.

 Auch eine Lupe dürfte in den wenigsten Haushalten der zivilisierten Welt zur Standardausstattung gehören. Trotzdem weiß man um ihre Funktion. Interessantes Nebendetail: Lupen vergrößern eigentlich nur; ein Minuszeichen auf der Lupe (etwa im Adobe Reader) zeigt aber an, dass es auch in die andere Richtung geht, also Verkleinern gemeint ist.

Die Aufzählung ließe sich mühelos erweitern. Spontan denke ich z.B. an eine Filmrolle, die für alles stehen kann, was mit Film und Video zu tun hat. Auch die Wecker-Icons auf Smartphones sind fast immer jenen klassischen mechanischen Geräten nachempfunden, die auf den Nachttischen unserer Großeltern standen. Wann hat man so etwas zum letzten Mal gesehen? 

Ist diese spezielle Art kulturellen Wissens womöglich vererbbar? Das wüsste ich zu gerne. Vielleicht sollte ich doch mal dieses Mem-Buch von Richard Dawkins lesen ...


Update: Das Angeber-Schlagwort zu diesem Beitrag ist Skeuomorphismus.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen