Montag, 11. Juli 2022

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Rememory
Ähnlich wie "die Maschine" in "Person of Interest" setzt hier eine mächtige technologische Errungenschaft, deren Funktionieren man einfach hinzunehmen hat (wobei diese hier viel konkreter und fassbarer dargestellt ist), eine Kette unheilvoller Ereignisse in Gang. Es geht dabei, anders als in genannter Serie, nicht um politische Verschwörungen, sondern um persönliche Schicksale und einen Mordfall, dessen Aufklärung überraschende Wendungen mit sich bringt. "Rememory" wartet mit deutlich mehr Tragik auf, als man es dem Science-Fiction-Thriller anfangs zutraut. Peter Dinklages einnehmende Performance hat daran einen nicht geringen Anteil.

Devil's Knot
Die Sachbuchverfilmung von 2013 mit Reese Witherspoon und Colin Firth zeichnet den Kriminalfall/Justizskandal um die "West Memphis Three" nach. Das geht bisweilen ganz schön an die Substanz, erreicht aber nicht die Intensität vergleichbarer Produktionen wie "True Detective" oder "Sleepers".

The Batman
Der im Vorfeld langweiligen Kontroversen ausgesetzte Robert Pattinson als Dunkler Ritter ist a-okay in my book, ich finde sogar, er übertrifft seinen Vorgänger Ben Affleck um Lichtjahre.
Filmisch rangiert Matt Reeves' fast dreistündiger Actionthriller deutlich hinter der Nolan-Trilogie, und ich bin mir nicht sicher, ob ich DC auf den mit "Joker" eingeschlagenen Weg ins "Dark Universe" unkritisch zu folgen bereit bin. Ein Batman-Abenteuer als Film noir mit hard-boiled detective fiction-Elementen: das muss nichts Schlechtes sein, das atmet schließlich den ureigenen Geist der Fledermaus-Saga und hat etwa in den Arkham-Videospielen vorzüglich funktioniert. Essenzieller Bestandteil guter Batman-Geschichten wie jenen Games ist für mich aber auch das Comichafte, die dem Superheldengenre wesenseigene Fantastik, welche bei Batman freilich stets etwas reduzierter war als in anderen Franchises, sich aber beispielsweise in abgedrehtem Schurken-Design, unrealistischen Gimmicks und übermenschlicher (!) Körperbeherrschung manifestierte. Meine Sorge wurde in "The Batman" noch nicht vollends bestätigt (Batmans High-Tech-Arsenal und sonstige technische Ressourcen spielen eine große Rolle), dennoch ahnt man, wohin die Reise geht. Nicht nur werden die Schauplätze und die allgemeine Atmosphäre immer und immer düsterer und grittier, auch die Figuren (und noch einmal: Es sind Comicfiguren) werden zunehmend down to earth gezeichnet, entkostümiert, werden menschlicher (nicht im Sinne von "humaner") und realistischer. Wird der Bruce Wayne der Zukunft in einer Junggesellenbude hausen, sein Cape notdürftig aus Second-hand-Ledermänteln zusammenflicken und seine Feinde nur mehr mit abgebrochenen Heizungsrohren ausschalten? Schon die Interpretation des Riddlers, die mich zudem als krampfhaft zeitgeistig nervte, ging in diese Richtung; diese raue und ruppige Verkörperung in befremdlicher Fetisch-Gewandung hat nichts mehr mit dem klassischen flamboyanten Puzzle-Liebhaber in grün gemein. Da bevorzuge ich den wiederum ganz anders angelegten Riddler aus der "Gotham"-Serie, ebenso den Pinguin darin, wobei mir der ohnehin nie enttäuschende Colin Farrell hier als Scorsese-Mafioso durchaus taugte, übrigens nett ergänzt durch John Turturros Carmine Falcone.
Zum Rest der Besetzung habe ich nichts zu sagen, und alles weitere hat ohnehin der "Overthinking It"-Podcast (#715) besprochen.

Schlaflos in New York (OT: The Out-of-Towners)
5,4 von 10 Punkten? Geschmäcker und Vorlieben hin oder her, aber manchmal sind imdb-Wertungen objektiv unzutreffend. Nun mag in diesem Fall hineingespielt haben, dass das Original von 1970 mit Jack Lemmon und Sandy Dennis (das den deutschen Titel "Nie wieder New York" trug) anständige 7 Punkte auf imdb hält und von der Writers Guild of America für das beste Komödien-Drehbuch ausgezeichnet wurde. Gewiss, auch ich stehe Remakes skeptisch gegenüber; da ich die Vorlage nicht kenne, konnte ich aber unvoreingenommen an diese turbulente Pärchen-Comedy herangehen und wurde prächtig unterhalten. Tatsächlich scheint mir "Schlaflos in New York" relativ zurückhaltend zu sein, was Modernisierungsversuche angeht. Ja, ich musste sogar erst durch den Einsatz von Mobiltelefonen und Navigationsgeräten daran erinnert werden, dass dieser Film im Jahr 1999 spielt. Dramaturgie, Pacing und Pointensetzung sind köstlich altmodisch, Action ist durchaus vorhanden, führt aber nie zu anstrengender Hektik wie in Chaos-Komödien der 2010er Jahre. Steve Martin gefällt mir hier so gut wie selten (wobei ich ja nicht sooo viel mit ihm kenne), Goldie Hawn hatte erkennbar riesen Spaß beim Dreh und sieht dabei blendend aus. Außerdem konnte man John Cleese und Mark McKinney für schräge Nebenrollen gewinnen.

The Northman
Meine Kinobesuche in den vergangenen zweieinhalb Jahren kann ich an einer Hand abzählen. Mag sein, dass ich inzwischen allen Streifen, die ich auf einer richtigen Leinwand sehe, automatisch eine bessere Note gebe, einfach weil das Erlebnis Kino an sich den Genuss mehrt. "The Northman" wirkt auf dem Fernseher oder Laptop womöglich weniger episch. Lässt man die Schauwerte außen vor, hat man es jedoch immer noch mit einem kompromisslos harten Historiendrama zu tun, das weder seine Charaktere noch deren Lebenswelt romantisiert. (Man muss sich sogar ein bisschen schämen als Germane: Während anderswo in der Welt trigonometrische Berechnungen und astronomische Vorhersagen perfektioniert wurden, sind unsere Ahnen in Wolfspelzen durch den Schlamm gerobbt.)
Plottechnisch ist das Nordmannen-Abenteuer nicht übermäßig komplex: Erzählt wird die altdänische Hamlet-Sage. Den Amleth verkörpert recht ordentlich Alexander Skarsgård, in weiteren Parts versammelt Regisseur Robert Eggers neben Nicole Kidman und Ethan Hawke auch Schauspieler/innen aus seinen früheren Werken, namentlich Anya Taylor-Joy ("The VVitch"), Willem Dafoe ("The Lighthouse") sowie in Blink-and-you'll-miss-it-Auftritten die Eltern aus "The VVitch", Kate Dickie und Ralph Ineson.
Wer hier regelmäßig mitliest, weiß, dass ich die genannten ersten beiden Kinofilme von Robert Eggers abgöttisch liebe. Auf welchen Platz in meiner Eggers-Top-3 würde ich "The Northman" stellen? Ganz klar auf den dritten. Er ist zwar die sichtlich aufwendigste Produktion und als solche allemal ein beeindruckender Reißer auf Blockbuster-Niveau, nichtsdestotrotz fehlt ihm das gewisse Etwas, das die Vorgänger so unvergesslich machte. Das Drehbuch hat Robert Eggers diesmal gemeinsam mit dem isländischen Künstler Sjón verfasst, der u.a. durch Lyrics für (die ebenfalls im Film auftauchende) Björk bekannt ist und 2021 Co-Autor von "Lamb" war. Eggers hatte im Vorfeld angekündigt, dass man im "Northman" keine so nachgerade literarische, dabei höchst authentische Sprache wie im "Leuchtturm", sondern roheres, simplifiziertes Englisch erwarten solle. Fand ich nicht! Die Dialoge sind auch hier geschliffen, der Ton geht als angemessene Adaption altnordischen Textguts durch. Apropos Ton: Auch die Musik passt hervorragend, wurden doch sogar altertümliche nordeuropäische Instrumente für den Soundtrack mit einbezogen.

Frequently Asked Questions About Time Travel
Ein eher überschaubares Budget ist in diese Zeitreise-Komödie aus dem Hause BBC/HBO geflossen. Die bescheidenen Mittel in Kombination mit der Dauer von gerade mal 80 Minuten machen die vertrackte Story um drei in einem Pub "verirrte" Freunde (u.a. Chris O'Dowd) zu einem sympathischen Kleinod, das allerdings nicht ganz das Zeug zum Kult hat.

Shepherd
Von "The Lighthouse", "Lamb" sowie Kate Dickie war weiter oben schon die Rede. Alle drei Punkte könnte ich auch in die Kritik zu diesem eleganten Grusler von 2021 einfließen lassen. "Shepherd" handelt von einem jungen Witwer, der eine Stellung als Hirte auf einer menschenleeren Insel annimmt und dabei allmählich den Verstand verliert. Klingt altbacken? Mag sein. Der ein oder andere Horrorstandard war denn auch unvermeidbar. Trotzdem hat mir die schleichende Bedrohung mehr als einmal Gänsehaut bereitet, und die Kulisse (Drehort: die Isle of Mull in den Inneren Hebriden) ist sowieso über alles erhaben.

Woodlands Dark and Days Bewitched: A History of Folk Horror
In aller Kürze: Das war einer der besten Dokumentarfilme, die ich je gesehen habe. Die drei Stunden und fünfzehn Minuten (!) muss man nicht in einem Stück abarbeiten, doch einfach zu unterbrechen fällt schwer. Tipp: Stift bereithalten! Am Ende hat man eine Literatur- und Watch-Liste von hier bis zum Mount Erebus.

The Mule
... ist auch schon wieder über drei Jahre alt. 88 Jahre alt war Clint Eastwood, als er das Drogenschmuggel-Drama mit sich selbst in der Hauptrolle inszenierte, und angesichts dessen kann man nur den Hut ziehen. Der Respekt vor der Leistung des Hollywood-Urgesteins mag verschleiern, dass einem einige Plot devices allzu vertraut vorkommen. Kurzweilig ist die von wahren Begebenheiten inspirierte Geschichte allemal.

Peep World
Diese angenehm kurze, kaum bekannte Familien-Farce von 2010 möchte wohl so etwas wie "Arrested Development" sein, überhebt sich aber an den eigenen Ansprüchen. Die Figuren sind unausgegoren, die Gags meistens lahm, die Sprüche nicht erinnernswert. Zu loben ist allein die superbe Besetzung, die mich überhaupt erst zum Gucken bewogen hat: Michael C. Hall, Rainn Wilson, Sarah Silverman, Octavia Spencer, Taraji P. Henson, Ben Schwartz und als Erzähler Lewis Black!

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