Damit hatte ich die Jubiläumsnummer knapp verpasst, zwei Monate zuvor war Heft Nr. 150 erschienen, und für die zu diesem Anlass eingegangenen Glückwünsche bedankt sich die Herausgeberin in ihrem Editorial: "Das war sehr wohltuend und motivierend, vor allem vor dem Hintergrund meiner derzeit empfindlich angeschlagenen Gesundheit und der damit einhergehenden eingeschränkten Leistungsfähigkeit. Geradezu will es mir so scheinen, als sei mit der magischen 7 vor der Null soeben die Schwelle zum Greisentum überschritten worden."
Ja, Karin Montag verantwortet den Tintling nach wie vor mit Herzblut und Elan im Alleingang. ("Mit Ellenbogenschmalz" hätte ich fast geschrieben, aber das fand ich etwas eklig. Wobei es im Reich der Pilze von Haus aus etwas eklig zugeht, wie wir gleich wieder sehen werden.) Die Gestaltung ist noch immer so liebevoll wie die Texte fachkundig und unterhaltsam sind und die Bildunterschriften amüsant. Und auch die Leserbindung wird gepflegt. Direkt die ganze zweite Seite bekommt ein Pilzfreund zur Verfügung gestellt, der "bei einem Trüffelurlaub in Istrien Ende Oktober 23" einen außergewöhnlichen Fund gemacht hatte: einen Trüffelkalender mit "21 x 30 cm großen Trüffelfotos".
Den Aufmacher bildet der dritte und letzte Teil über "Die Japaner und die Pilze", verfasst von Peter Raff (†). Es geht um die Heian-Zeit (794-1185), um Rätselgedichte und die Pilzküche.
Es folgt ein etymologischer Exkurs über den lateinischen Namen des Wechselfarbigen Dotter-Täublings (Russula risigallina), der im Bereich der Mineralogie, bei Goethe und bei Pseudolatinisierungen endet. Herrlich!
Der französische Botaniker und Mykologe René Maire (1878-1949) wird gewürdigt. Dann kommt die reich illustrierte Folge 2 von "Pilze im Elsass" ("Dachpilze, 2. Teil"), sodann "Abgefallene Winterpilze. Teil 3 – Kernpilze an Maulbeere, Robinie und Vogelbeere" von Hartmut Schubert. "Unter der Rinde" von Maulbeeren, "geradezu unsichtbar, verbirgt sich der Maulbeerkugelpilz (Splanchnomena phorcioides). Wie schon im ersten Teil beschrieben, muss man mit einer möglichst scharfen Rasierklinge einen feinen Schnitt von ein bis zwei Millimeter in der Rinde machen, dann kommen diese Kernpilze zum Vorschein." Und auch an Robinien ist einiges "los":
In der bereits 13. Folge einer Reihe über "Pilze bestimmter Höhenstufen" befasst sich die Chefredakteurin mit einigen Trichterlingen auf Alpenpässen, so etwa mit dem Stinkenden Almen-Trichterling, der "einen fleischockerlichen, stark hygrophanen Hut mit lange eingebogenem Rand" hat. "Er riecht frisch fischig-tranartig, später pilzig-unangenehm". Ein anderer, der Düstere Gebirgs-Trichterling, "riecht nach Scheunenstaub mit fruchtiger Komponente und schmeckt pilzig-banal". Der Beitrag schließt mit Nicht-Makroaufnahmen alpiner Landschaft.
Weiter geht's mit zehn Seiten über "Meinhard Mosers beste Speise-Speierlinge". Jener Herr Moser lobte in einem Buch von 1960 über die Gattung Phegmacium den Geschmack des Büscheligen Schleimkopfs (Cortinarius turmalis), was die Autorin zu einer Bestandsaufnahme weiterer essbarer Schleimköpfe und Klumpfüße beflügelt hat. "Da der Büschelige Schleimkopf [...] der Spitzen-Speise-Schleierling schlechthin zu sein scheint, überlassen wir die fachlichen Feinheiten den Taxonomen und konzentrieren uns hier im Sinne der Themenstellung lieber auf den saarländischen Wahlspruch: 'Hauptsach gudd gess'." Ich muss sagen, dass die gezeigten Vetreter wirklich äußerst schmackhaft aussehen.
Nach einer Anekdote aus dem Nachlass eines im Mai 2024 verstorbenen Pilzberaters betreten wir die Welt der Zwerg-Seitlinge (Resupinatus). Auch hier spannende Erläuterungen zu Nomenklatur und Wortherkunft. Ein Kreuzworträtsel ("Pilzworträtsel") dient der Zerstreuung, bevor mit Folge 43 der "Pilzwortsammlung", diesmal: "von Schmückendem und Geschmücktem", der Hauptteil dieser Ausgabe beschlossen wird. Vorgestellt werden Arten, die namentlich und/oder physiologisch etwas mit Schmuck zu tun haben; so begegnen uns der Armbandpilz, der Bernsteinstielige Häubling, der Geschmückte Glockenschüppling, aber auch das Polster-Schönauge und der Smaragdgrüne Eichenbecherling.
Im Nachrichtenblock am Ende der Ausgabe lesen wir von einem Streit darüber, ob der Amethystfarbene Lacktrichterling giftig oder essbar ist (tendenziell ja, wegen seines Anteils nicht-organischen Arsens). Außerdem wird der Absturz einer 74-Jährigen beim Schwammerlsuchen im Inntal vermeldet ("Pilzsammeln in Österreich scheint gefährlicher zu sein als sonstwo."). Wir erfahren zudem, dass zwei US-Pilzsammler im Süden des Steinernen Meeres in Bergnot geraten waren. Es wird auf das Programm "Schwammerl sind unsere Rettung" der bayerischen Kabarettistin Luise Kinseher sowie auf das Sachbuch "Stammen Pilze aus dem All?" hingewiesen. Fazit: 100 Seiten Pilzspaß und -ernst vom Feinsten!
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