Ohne historische Einordnung (oder sehr gutes Gedächtnis) ist dieser Titel heute nicht ganz leicht zu verstehen, obschon man ahnt, woher der Hase rollt. Ich musste es gerade selbst noch einmal googeln: 2015 war zwar nicht das erste Jahr der im Zuge von Staatspleite, Troika und Austerität sich hochschaukelnden "griechisch-deutschen Verstimmung", aber eine vorläufige Akme derselben, begleitet von teils "bizarren Nazi-Vergleichen" (Stern) vonseiten der von der deutschen Presse und Politik nicht eben mit Samthandschuhen angefassten Hellenen.
Und apropos Merkel: Zehn Jahre lief ihre Kanzlerschaft zu jenem Zeitpunkt bereits. Wir hatten zu diesem feierlichen Anlass ein Höhepunkte-Poster in der Heftmitte:
Der diesmonatige Vertreter der Reihe "Artikel, an die ich mich kein bisschen mehr erinnern kann" ist Leo Riegels charmanter Einseiter über eine neue App in der Ära des Car-, Bike- und sonstigen Sharings:
Sehr wohl erinnern kann ich mich noch an das auf der Heftrückseite beworbene, von Hauck & Bauer mit Blut, Schweiß und Tränen organisierte Festival "24 h Cartoon". Ich bin nämlich extra nach Berlin gefahren, um diesem Cartoon-Lese-Marathon beizuwohnen, auch wenn ich verständlicherweise nicht die ganzen 24 Stunden durchzuhalten schaffte. Das, was ich sah, war aber sehr unterhaltsam. Fun fact: Bei ebendiesem Hauptstadtaufenthalt ereignete sich das, was ich unter "Lustige Fahrradgeschichten" (Teil 1 + Fortsetzung) dokumentiert habe.
Kollege Hauck eröffnete mir kürzlich, dass eine Wiederauflage dieses Irrsinns nicht im Entferntesten geplant sei. Allerhöchstens könne man sich vorstellen, zum 24-jährigen Jubiläum ein "10 h Cartoon"-Festival auf die Beine zu stellen ...
Weiteres Notierenswertes
- Die Oettinger-Anzeigenparodie im letzten Heft hatte nicht nur die von mir erwähnte Lieferung von Gratisbier durch die vorbildliche Brauerei zur Folge, sondern auch eine lukrative Gegenanzeige (S. 31). Chefredakteur Tim Wolff fasst im Editorial noch einmal die ganze Angelegenheit zusammen ("Hoch lebe Oettinger!").
- Auf Seite 11 schilt Michael Ziegelwagner in der ersten Folge seiner Naturkolumne, "TITANIC-Naturkritik" benamst (später "Natur - der Kanon", aktuell "Natur am Wort"), den Wasserfall: "Schon gut, man hat's verstanden: oben noch Wasserfläche, plötzlich Wasserfall, unten wieder Wasserfläche. Jeder Depp, der zwei Kochtöpfe besitzt, kann so ein 'Naturschauspiel' in seiner Küche nachbauen. Ja, wenn es denn andersrum wäre, das Wasser von unten nach oben stürzte, dann, ja dann! müßte ich zugeben, daß der Wasserfall einen großartigen Trick beherrscht. Vielleicht, indem man ein Trampolin hinstellt ...?"
- Ein weiterer Artikel Ella Carina Werners, der neben ihrer Abhandlung über internationales Fluchen als legendär bezeichnet werden muss, ist "Maiskolben im Arsch" (S. 58-59) über die Debatten- und vor allem Streitkultur im britischen Unterhaus. "Sieht man zu, wie sich Tories und Labours angriffslustig am Mikro räkeln, lauscht dem höhnischen Gelächter, den unverschämten Zwischenrufen ('sounds like a demented fishwife!'), wird eines immer deutlich: Sie haben Spaß. Sie gehen gern zur Arbeit und am Abend zufrieden nach Hause, voller Vorfreude auf den nächsten Arbeitstag. Während ihre deutschen Kollegen frustriert aus dem Reichstag schlurfen, den 'Trompetenarsch' oder die 'Sackratte' noch immer in der Kehle."
Schlussgedanke
Ausgabe 08/15: keine 08/15-Ausgabe.
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