Montag, 25. März 2013

A conflagration of firebugs

Ein Grund dafür, dass ich die englische Sprache so sehr mag und sie für der deutschen teilweise überlegen halte, ist ihr unglaublich reicher Wortschatz. Besonders in der Tierwelt gibt es da jede Menge zu entdecken. Auf geht's!

Bei den Simpsons habe ich neulich gelernt, dass man kleine Kängurus joeys nennt. Das ließ mich darüber nachdenken, warum es mehrere englische Tierbezeichnungen gibt, die mit Personennamen identisch sind. Nachdenken brachte mich in diesem Fall nicht weiter, also bemühte ich zunächst Wikipedia: Weibliche Esel heißen jenny, männliche jack; Kater heißen tom; männliche Krabben heißen jimmy; Hirschbullen heißen buck; weibliche Frettchen heißen jill; männliche Füchse heißen tod; Geißböcke heißen billy. Diese Liste wiederum lieferte leider keine Erklärung. Also mussten Herkunfts-Wörterbücher bemüht werden. Joeys nennt man nicht nur Kängurulinge, sondern auch Koalas, Wombats, Wallabys und Opossums. Aha! Alles australische Tiere, und siehe: Das Wort kommt entweder von einem Aborigine-Wort joè oder dem tatsächlichen Personennamen (< Joseph), der im australischen Slang des 20. Jahrhunderts für alles mögliche verwendet wurde.[1] Buck ist ein altes Erbwort, verwandt mit dt. Bock; dass der männliche Vorname Buck ursprünglich Personen gegeben wurde, die einem Ziegenbock ähnelten, habe ich einer zwielichtigen Quelle entnommen – wer Genaueres weiß, möge sich melden. Jenny ist wahrscheinlich eine Kurzform zu jennet, was "spanisches Pferdchen" bedeutet und eine Entlehnung aus frz. genet ist (das wiederum < span. ginete < arab. Zenāta "Berber").[2] Mit dem Frauennamen Jenny hat das nichts zu tun. Jack (der Eselmann, auch der Rammler) hingegen geht wirklich auf den Personennamen zurück: "The proper name was used in Middle English for 'any common fellow' (mid-14c.), and thereafter extended to various appliances replacing servants (1570s). Used generically of men (jack-of-all-trades, 1610s), male animals (1620s, see jackass, jackdaw, etc.), and male personifications (1520s, e.g. Jack Frost, 1826)."[3] Auf jimmy und billy trifft dasselbe zu ("applied to various objects")[4]; und ähnlich verhält es sich mit tom: "used in M.E. as a type of a nickname for a common man", während tomcat erstmals 1809 belegt ist ("probably influenced by Tom the Cat in the popular children's book 'The Life and Adventures of a Cat' [1760]; replaced earlier Gib-cat, from dim. of Gilbert").[5] Ich vermute, dass jill, das neben der Frettchendame auch ein paar andere Weibchen bezeichnet, nur eine Analogie zu jack ist ("Jack & Jill" tauchen in dieser Paarung zum ersten Mal im 15. Jh. auf). Zu tod ("Scottish and northern English term for fox", Wikipedia) konnte ich leider keine Erklärung finden – auch hier wäre ich für Expertenmeldungen dankbar.

Auch in der deutschen Tierbezeichnungsliste geht es schillernd zu. Wer z.B. weiß schon, dass ein Schafsjunges auch "Zutreter" genannt wird und ein vor der Schlachtung kastrierter Eber "Altschneider"?

Eine Besonderheit im Englischen ist die Doppelbenennung von essbaren Tieren in ihrer Wild- und ihrer Servierform, vgl. pig vs. pork. Die Fleischnamen kommen dabei allesamt aus dem Französischen (beef < altfrz. boef), während die eigentlichen Tierbezeichnungen ererbt sind (cow : dt. Kuh). Dieser kulinarische Einfluss des Französischen hat sich noch stärker in einem weiteren Komplex niedergeschlagen, nämlich dem der collective nouns, also der Sammelbezeichnungen von Tieren. Wo wir Deutschsprechenden von Herden, Schwärmen, Rotten und einer Handvoll anderer Tiergruppen reden, benutzt der Englischsprecher praktisch für jede Tierart ein eigenes Kollektivum. Auch dazu gibt es eine Wikipedialiste. "A pandemonium of parrots", "a smack of jellyfish", "a whoop of gorillas" – das erscheint unsereins so unglaublich wie die Vorstellung, dass jedes Schulkind in Kanada oder Irland dergleichen memorieren muss und kann. Und was hat das mit den Franzosen zu tun? Kurz gesagt: Die französische Jagdtradition mit ihrer ausgeklügelten Terminologie, die im Spätmittelalter nach England gekommen ist, hat Schuld daran.

Das Vorhandensein der collective nouns hat die Fantasie vieler englischsprachiger Autoren beflügelt. Im Internet findet man unzählige Projekte zum Ausbau der Liste – mal in halbernster, mal in spaßiger Absicht. Für alle möglichen (nicht nur tierischen) Gruppen sucht man neue Sammelwörter ("an amalgam of dentists", "a decomposition of zombies"). Bekannt sein dürfte auch J.K. Tooles A Confederacy of Dunces, einer der beliebtesten humoristischen Romane Amerikas. 

Bonus-Abschweifung: Kann man zu einer Gruppe von Insekten "Horde" sagen? Eine Horde von Feuerkäfern vermochte in meinen Kindergarten- und Grundschultagen jedenfalls ein Riesen-Hallo und eine Mordsaufregung zu verursachen. "Feuerkäfer, Feuerkäfer!!!", schrien wir Kids wild durcheinander. Streng genommen handelte es sich um Feuerwanzen (Pyrrhocoris apterus), aber so haben wir die halt genannt. Vor nicht allzu langer Zeit erzählte mir nun eine Kindergärtnerin, dass Feuerkäfer noch immer eine Rolle im Leben von jungen Menschen spielen. Ich war baff. Eine entomologische Konstante, über Generationen und Staatsformen hinweg! Ich präge hiermit das Sprichwort "Wo Kinder sind, sind Feuerkäfer".

1 www.etymonline.com s.v. Joey
2 Holthausen, Ferdinand (1927): Etymologisches Wörterbuch der englischen Sprache. 2. Aufl. Leipzig: Tauchnitz
3 www.etymonline.com s.v. Jack
4 ebd. s.v. Jimmy
5 http://de.scribd.com/doc/36240735/English-Etymological-Dictionary kostenlos herunterladbar, Autor nicht auszumachen

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