Sonntag, 16. Februar 2014

Die neuen Pornos sind da!

Vor kurzem tauchte in diesem Blog die Bezeichnung "Book porn" auf: ein Schlagwort, das sich auf die Abbildung von Bücherbergen, Bibliotheken und Lexikonmeterware zur Ergötzung bibliophiler Tumblr-Nutzer bezog. Das Wort "porn" ist auf dem besten Weg, ein reihenbildendes Halbsuffix zu werden. Das erste nichtpornographische mit "porn" bezeichnete Filmgenre war "Torture porn", dessen erster Vertreter, glaube ich, der dämliche Metzelfilm Hostel war. Von "Landschaftspornographie" war dann im Zusammenhang mit The Tree of Life die Rede. 
Neue "porns" beziehen sich heute nicht ausschließlich auf Bewegtbilder. "Food porn", also hochauflösende, exzessiv-instagegrammte Close-up-Fotos, hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Das Umsichgreifen dieser neuen Pornographien liegt vermutlich begründet zum einen in der Verbreitung/Verfügbarkeit der technischen Mittel, zum anderen darin, dass heutzutage alles zum Fetisch erhoben werden kann. Kurzum: Dem Kapitalismus haben wir es zu verdanken, dass es wahrscheinlich bald bzw. bereits folgende Arten von "~ porn" gibt.
  • Uhrenpornographie. Machen Wochenmagazine ja schon ewig! Diese quälend langen, kaum erkennbar als Werbung gekennzeichneten Uhrenstrecken im Zeit-Magazin zum Beispiel. Dahinter stecken kommerzielle Interessen; ich könnte mir aber vorstellen, dass ein Blog mit Fotos teurer Armbanduhren seine Fans finden würde.
  • Architecture porn. Bauwerke, exploitativ in Szene gesetzt. Außenaufnahmen, Innenaufnahmen. Detailaufnahmen von Fensterrahmen, Schweißnähten, Ziegelsteinen. Geil!
  • Font porn. Der Schönheit von Schriften kann auch ich etwas abgewinnen. Riesenhaft vergrößerte Darstellungen von Buchstaben? Ich säh's mir an! (Sidenote: Das Buch "Just my Type" von Simon Garfield sei hiermit empfohlen. Darin geht es u.a. um die Geschichte der Comic-Sans-Verachtung und die eigentlich harmlosen Hintergründe der Entstehung dieser Schriftart. Auch erfährt man, dass der berühmte Typograph Eric Gill praktizierender Advokat nicht gesellschaftsfähiger Paraphilien war; daran sollte man denken, wenn man das nächste Mal seiner Mutter einen Brief in Perpetua schreibt.)
  • Tech porn. So möchte ich Dokumentationen über die Herstellung technischer Geräte bezeichnen. Nahaufnahmen von Platinen, filigranes Werkeln im Halbleiter-Labor (das alte Reinraum-Spiel), Fließbandarbeit im Akkord, das ganze angereichert mit Tabellen, Zahlen, Fakten, Daten. 
Wie gesagt, ich beanspruche nicht, diese "Kunst"-Formen und/oder ihre Bezeichnungen erfunden zu haben. Ich möchte jedoch nicht danach googeln – wer weiß, was man dabei alles findet!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen