Samstag, 28. Januar 2023

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Summit Fever
Ein weiteres Alpinistendrama, und kein aus diesem inzwischen reichlich gesättigten Genre herausstechendes. Es hat Ryan Phillippe als Hauptdarsteller, der mir aber wie das restliche Ensemble ziemlich gelangweilt vorkam. Die vertraute Zutatenliste wird pflichtgemäß abgearbeitet, die Gebirgsaufnahmen sind gefällig, und ein wenig fiebert man dann doch wieder mit den Extrem-Kraxlern mit, aber einen Stern für innovatives Storytelling bekommt "Summit Fever" jedenfalls von mir nicht.

Juniper
Manchmal verstehe ich die Zeitschrift Cinema nicht: Bezüglich dieses leisen neuseeländischen Festival-Features von 2021 behauptete der Kritiker, es würde "Kalauer" enthalten. Ich schwöre: In den ganzen anderthalb Stunden findet sich kein einziger Kalauer. (Tragi-)Komische Momente gibt es sehr wohl, oft sind es Situationen der Peinlichkeit an der Grenze zum Unangenehmen. "Juniper" möchte kein Feelgood-Movie sein, gewährt seinen Figuren aber ein angemessenes Quantum Würde und zeigt sie als Menschen, nicht als Archetypen. Würde und Stolz, ja sogar eine gewisse Coolness bei gleichzeitiger Hilflosigkeit vermag Charlotte Rampling in diesem Großmutter-Enkel-Drama mit Bravour zu vermitteln. Nichts anderes hat man von ihr erwartet.
Ein Phänomen, dem ich jetzt schon ein paarmal begegnet bin und das mir nicht einleuchten will, tritt auch hier auf: Die Geschichte wurde in die Vergangenheit, in diesem Fall die 1990er Jahre, verlegt, ohne dass das irgendeine narrative Rechtfertigung erkennen ließe; nicht einmal ein ästhetischer oder atmosphärischer Gewinn ergibt sich aus dieser Entscheidung.

Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone (OT: Ruthless People)
Um an den Zucker/Abrahams/Zucker-Erfolg von "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" (1980; OT: "Airplane!") sowie die 1982er Quasi*-Fortsetzung "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Raumschiff" ("Airplane II: The Sequel") anzuschließen, gab der deutsche Verleih dieser Komödie von 1986 einen ähnlich lautenden Titel, der freilich irreführend ist: "Die unglaubliche Entführung ..." wurde zwar wieder von ZAZ inszeniert, jedoch nicht geschrieben und ist auch im Gegensatz zu den zwei erstgenannten keine Genre-Parodie, sondern eine ziemlich straighte, ausgefeilte Kidnapping-Farce. Der es indes nicht an Lachern mangelt! Insbesondere der zeitlos brillante Kugelblitz Danny DeVito und die mit sichtbarer Spielfreude dauerkeifende Bette Midler sind 1a-Gag-Ventile und duellieren meisterschaftlich miteinander.
* "Although most of the cast reunited for the sequel, the writers and directors of Airplane! chose not to be involved. [...] David Zucker, Jim Abrahams, and Jerry Zucker claim to have never seen nor to have any desire to see Airplane II." (Wikipedia)

Beyond the Infinite Two Minutes
Richtiggehend geärgert habe ich mich über diese als Kult gehandelte japanische Independent-Produktion, und so dürfte es jedem gehen, der sich länger mit Zeitreise-Fiction beschäftigt hat. Es gibt nämlich einen entscheidenen Logikfehler, der, wenn man eine Sekunde länger drüber nachdenkt, die gesamte Prämisse ad absurdum führt und damit die vermeintlich clevere Plot-Entwicklung kaputtmacht. Konkreter möchte ich aus Gründen der Fairness nicht werden, nur so viel: Der Denkfehler hat mit dem freien Willen zu tun.
Anerkennen muss man "Beyond ..." immerhin die für die beschränkten Mittel beeindruckende Fake-One-Shot-Technik.
Was der Originaltitel "Dorosute no hate de bokura" bedeutet, weiß ich nicht, aber Dorosute verweist auf den zur Sprache kommenden Droste-Effekt.

Vengeance
... habe ich wohlwollend für Titanic 1/23 besprochen.

Being the Ricardos
Nach diesem Zweistünder und vier Staffeln "Mrs. Maisel" darf man den Amazon Studios ein glückliches Händchen für period pieces attestieren. Aaron Sorkins höchst vergnüglicher Blick hinter die Kulissen des ur-amerikanischen Sitcom-Dauerbrenners "I Love Lucy" wurde zu Recht für drei Oscars nominiert. Von der Besetzung (Nicole Kidman als Lucille Ball und Javier Bardem als Desi Arnaz) über die Ausstattung bis hin zu den gediegenen, quirligen, dabei nie überkonstruierten Dialogen (Buch: ebenfalls Sorkin) stimmt einfach alles. (Dass einige Stimmen auf imdb der gegenteiligen Meinung sind: egal.)
Nur eins hat mich minimal gestört. Hin und wieder gibt es sog. Talking heads: Personen, die an "I Love Lucy" (1951-1957) mitgewirkt haben, kommen zu Wort und setzen die zuletzt gezeigte oder folgende Szene in einen Kontext. Allein, diese Leute sind Schauspieler und Schauspielerinnen, denn die Dargestellten sind selbstverständlich schon längst tot. Auf dieses pseudo-dokumentarische Element hätte man verzichten sollen. Was nützen "Erinnerungen", die unter Missachtung des Mottos "Show, don't tell" vorgetragen werden, wenn sie durchgängig gescriptet sind?

Aqua Teen Forever: Plantasm
Wie aus dem Nichts erschien 2022 ein abendfüllendes Special zur schon vor Jahren abgesetzten Adult-Swim-Cartoonreihe "Aqua Teen Hunger Force", deren letzte Staffeln ich leider immer noch nicht gesehen habe, weil an sie so schwer heranzukommen ist. (Just heute lese ich, dass AQHF bald eine zwölfte Staffel erhalten soll!) Am Humor, der zugegebenermaßen nicht jedermanns Sache sein dürfte, hat sich bei diesem liebevoll animierten und von zahlreichen Promis eingesprochenen Film nichts geändert, im Gegenteil erschien mir die Witzdichte noch höher als in so mancher Serienfolge zu sein. Sogar ein My Relevanz und Aktualität hat man der Bodyhorror-SciFi-Groteske spendiert, wenn etwa eine allzu offensichtliche Jeff-Bezos/Elon-Musk-Karikatur als Antagonist eingeführt wird.
Gerne hätte ich "Plantasm" unter dem Einfluss von THC genossen.

Ich bin dein Mensch
Seit "Der Goldene Handschuh" und einem halben Dutzend "Tatort"en die erste deutsche Produktion, der ich eine Chance gab. Ich wurde belohnt, denn der "science fiction romance film" (engl. Wikipedia) von Maria Schrader liefert exakt das, was er mit der ersten Minute, in welcher es ohne Umschweife in medias res geht, verspricht: Erzählt wird ein modernes Märchen um Partnerschafts-Androiden und künstliche Liebe. Es gibt die erwartbare Situationskomik sowie leichtfüßige Melancholie. Am besten gefallen hat mir aber, dass die Hauptfigur (Maren Eggert) am Vorderasiatischen Museum zu Berlin arbeitet und eine Expertin für Sumerisch ist; sogar ein paar durchaus fundierte Unterredungen zu diesem Forschungskomplex wurden eingeflochten.

Life of Pi
Viel zu spät, aber zur passenden Zeit (Weihnachten!) habe ich dieses Fest für die Sinne gefeiert. Tricktechnisch und überhaupt visuell auf höchstem Niveau, hat Ang Lees Bestseller-Verfilmung zudem etwas zu sagen, nimmt uns mit auf eine Odyssee, in deren Verlauf immer wieder Fragen über Identität, Erinnerung und Wahrheit aufkommen. Spitze!

Code 7500
Noch ein deutscher Film! Gedreht wurde er allerdings in englischer Sprache, die Hauptrolle als in Berlin lebender US-amerikanischer Co-Pilot hat Joseph Gordon-Levitt übernommen. Flugzeugentführungen (7-5-0-0 ist der international etablierte Transpondercode für einen solchen Vorfall) haben schon die Grundlage für so manchen formelhaften Reißer hergegeben. Dieser Echtzeit-Thriller von 2019 wartet mit einem speziellen Kniff auf: Er spielt fast durchgängig im Cockpit der gekaperten Maschine. Das Konzept geht auf, Nervenkitzel, psychische Beklemmung und drastische Gewalt ergeben eine Tour de force von nahezu Paul-Greengrass'schem Kaliber, die an keiner Stelle bemüht oder gestreckt wirkt.

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