Samstag, 17. Mai 2025

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Deadpool & Wolverine
"Best. Movie. Ever", schrieb Torsten Dewi über "Deadpool & Wolverine", und ich freue mich über seine Begeisterung. Unterschreiben würde ich dieses Verdikt aber nicht, ich würde nicht einmal so weit gehen, "Best Marvel movie ever" zu urteilen. Die ersten zwei "Deadpool"-Filme haben mir, ihr erinnert euch, enormes Vergnügen bereitet. Aber das hier? Bestenfalls "unterhaltsam". Vielleicht liegt es daran, dass ich zu Wolverine absolut keinen Bezug habe, vielleicht daran, dass dieses überdrehte Gipfeltreffen der (Anti?-)Helden zu sehr von sich selbst überzeugt ist und von Anfang an auf Kult getrimmt war (so zumindest mein Eindruck), aber ich fühlte mich spätestens nach dem ersten Viertel gleichzeitig über- und untersättigt. Auf emotionaler Ebene hat mich das Spektakel gleich gar nicht gepackt. Action- und Humorfaktor gehen gerade so in Ordnung, wobei ich am liebsten "Metzel- und Dollereifaktor" schreiben würde. Ja ja, im Marvel-Universum, mit dem ich bekanntlich nichts mehr zu schaffen haben möchte, wäre ich die noch zu erfindende Figur "Captain Buzzkill".

Nosferatu
Man muss ehrlich sein: Der Dracula-Stoff lässt nicht allzu viel Variationsraum zu; freshe Wendungen oder Neuinterpretationen hatte ich denn auch gar nicht erwartet, wohl aber, dass Robert Eggers der Atmosphäre und der Optik seinen eigenen Stempel aufdrückt. Und das Eggers-Versprechen wird eingelöst: Der fiktive norddeutsche Schauplatz ist szenenbildnerisch superb, das Schloss des Grafen ist eine eisig-graue Pracht, er selbst ist, nun ja, mindestens barttechnisch gewöhnungsbedürftig, von Bill "Pennywise" Skarsgård aber eindrucksvoll verkörpert (vor allem bei seinem ersten Auftritt war ich froh, diesen im Kino erlebt zu haben), das obschon kurze visuelle Highlight waren für mich jedoch die Landschaften, die Orloks Gegenspieler "Herrrrr Hutter" auf seiner Reise in die Karpaten durchstreift.
Kurzum: Wer bei der Story Abstriche macht und zudem verschmerzen kann, dass der mittlerweile unvermeidbare Willem Dafoe ausnahmsweise ein wenig kasperhaft und damit deplatziert wirkt, der bekommt Eggers at his best. Auch die Dialoge haben mir wieder sehr zugesagt, auch wenn sie nicht ganz das Niveau von "Der Leuchtturm" erreichen.

Thelma
June Squibb habe ich erstmals 2024 – in einer nischigen Serie, die da auch schon fast zehn Jahre auf dem Buckel hatte, – bewusst wahrgenommen (obwohl sie auch schon in "Nebraska" in Erscheinung getreten war), und zwar als äußerst komische Senior-Aktrice, die übrigens ein Musterbeispiel für einen second act ist (über dieses Phänomen gibt es eine schöne Overthinking It-Folge): Erst mit 61 gab sie ihr Filmdebüt, und in "Thelma" stemmte die inzwischen 93-Jährige noch einmal mit Bravour eine Hauptrolle. Abgesehen von Squibbs Leistung bietet die Enkeltrick-Komödie nichts Herausragendes, verdient, auch wegen geschickt gesetzter Action- und Drama-Elemente, aber das Prädikat "sehenswert".

Rio
Ein in Brasilien spielender Animationsfilm der Blue Sky Studios ("Ice Age"): das versprach ein Fest für die Augen zu werden. Und sapperlot, war dies das bunteste Trick-Spektakel, das ich je gesehen habe! Auf der großen Leinwand lief "Rio" (übrigens bereits 2011) sogar in 3D – da hätte ich vor Staunen das Maul gar nicht mehr zugekriegt.
Der Humor ist kindgerecht, aber nicht kindisch (das junge Publikum wird ernstgenommen, und es geht sogar, huiuiui!, um aviäre Fortpflanzung), die Papageien als Stars des Abenteuers sind putzig und charakterstark, die Sprecher/innen gut gewählt.
Ich wollte mir direkt im Anschluss die Fortsetzung von 2014 ansehen, weil diese ebenfalls bei Amazon Prime verfügbar war, allerdings begann "Rio 2" mit einer ultra nervigen Gesangsnummer, die sich obendrein nicht in Originalsprache wiedergeben ließ, und da habe ich abgebrochen.

American Fiction
Für mich die Überraschung meines bisherigen Filmjahres: Die dutzendfach ausgezeichnete und u.a. für fünf Oscars nominierte Verfilmung von Percival Everetts Roman "Erasure" ist eine gelungene Satire über den Literaturbetrieb, Rassismus und Stereotype. An manchen Stellen wird es zwar erwartbar bedrückend, es überwiegt aber eine herrliche Leichtigkeit; mehr als einmal musste ich laut auflachen. Jeffrey Wright stattet seine Rolle mit der perfekten Mischung aus Lakonie, Schwermut und Keckheit aus. Sterling K. Brown ("This Is Us") dagegen darf die Sau rauslassen.

A Slight Case of Murder
Der obligatorische Oldie in dieser Liste: Basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück, lässt diese amerikanische Gangsterkomödie von 1938 einen "ehrenwerten Geschäftsmann" kurz nach dem Ende der Prohibition in allerlei Schwulitäten purzeln. Es geht turbulent und schwarzhumorig zur Sache, und das Ensemble, von dem ich zu meiner Schande keine und keinen (nicht mal die Golden-Age-Hollywood-Legende Edward G. Robinson) kannte, spielt fröhlich auf.

The Rover
Wie obiger Streifen hat auch diese australische Produktion von 2014 einen ausgemachten Antihelden im Fokus. Doch wo es "A Slight Case of Murder" gelingt, dass der Zuschauer Sympathien für den einnehmenden Schmugglerkönig aufbaut, lässt ihn der Protagonist in "The Rover" anhaltend kalt. Der von Guy Pearce dargestellte Outlaw hat alles verloren und nichts zu verlieren, ist aber auch nicht darauf aus, sein Leben oder das von anderen zu verbessern oder auch nur irgend den Status quo in dieser kaputten Welt wiederherzustellen. Die einem, apropos, gar zu vertraut dünkt: Anarchische Verbrecherbanden im australischen Outback nach dem kompletten Zusammenbruch der Gesellschaft – "Mad Max",
anyone?! Die Rohheit und Verrohung sind zumindest greifbar modelliert, man möchte sich den Staub von den rissigen Hosenbeinen klopfen, wenn der Abspann läuft. Und Robert Pattinson in einer Nebenrolle stört nicht weiter.

Network
Sidney Lumets bissige Abrechnung mit dem Raubtierkäfig namens Network-TV lässt sich dank ihres hohen Tempos, einwandfreier Schauspielleistungen und der rotzigen verbalen Schlagabtausche auch nach bald 50 Jahren noch genießen. Vier Oscars konnte "Network" abräumen, darunter "Beste Hauptdarstellerin" für Faye Dunaway sowie den für den besten Hauptdarsteller, der posthum an Peter Finch ging (auch hier ein Geständnis von mir: Den Mann kannte ich vorher nicht).

Das Mädchen Irma la Douce (OT: Irma la Douce)
A lot to unpack here. Zunächst einmal ist mir dafür, dass "Irma la Douce" auf einem Musical basiert und 1964 mit dem Academy Award für die beste Filmmusik ausgezeichnet wurde, nichts musikalisch Herausragendes aufgefallen. In Erinnerung bleiben wird mir das freizügige Lustspiel vorrangig wegen seines verharmlosenden, wenn nicht gar romantisierenden Umgangs mit Prostitution. "Jedes Mädchen hat ihren Zuhälter, und dem gibt sie etwas von ihren Einnahmen ab, so ist das nun mal", sagt nahezu wortwörtlich eine der Pariser Kokotten schulterzuckend. Überhaupt ist die ganze Grundprämisse höchst problematisch: Ein Ex-Polizist verliebt sich in die titelgebende Dame, tritt nach einem Gefecht mit einem Luden "offiziell als Irmas Zuhälter auf, kann es aber aus Eifersucht nicht ertragen, wenn sie Umgang mit Freiern hat. Er verkleidet sich [...] als reicher englischer Lord X, bezahlt Irma 500 Franc für jedes Treffen und erwartet hierfür nur einige Partien Patience. Sie vereinbaren sich zweimal die Woche zu treffen, so dass Irma keine weiteren Freier mehr annehmen muss" (der Einfachheit halber aus Wikipedia kopiert). Die Maskerade gerät für meinen Geschmack zu klamaukig, doch immerhin schien Jack Lemmon eine Menge Spaß beim Dreh gehabt zu haben, wie er überhaupt eine hinreißende Chemie mit seiner Partnerin Shirley MacLaine unter Beweis stellt (und umgekehrt), was nicht verwundert, hatten die beiden doch bereits wenige Jahre zuvor in "Das Appartement" als Liebespaar begeistert.
Ein paar Running Gags fand ich nett, auch tun sich interessante juristische Fragen auf, und Timing und Tempo tragen im besten Sinne Billy Wilders Handschrift. Wobei ich alles andere als ein Wilder-Experte bin: Dies war erst der fünfte Film des stilprägenden Komödienregisseurs, den ich sah. Vielleicht hole ich demnächst wirklich mal "Das Appartement" nach. Oder wenigstens "Manche mögen's heiß" oder "Das verflixte 7. Jahr", verflixt!

Y2K
Darüber habe ich eine Humorkritik geschrieben, die in der aktuellen Titanic zu lesen ist.

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