Sonntag, 23. Januar 2022

Die Abschaffung der Arten?

Vor einigen Tagen fanden zwei Wattenmeer-Ranger vor Wangerooge zwei Exemplare des fast verschwunden geglaubten Kurzschnäuzigen Seepferdchens (Hippocampus hippocampus). Moment, was bedeutet "fast verschwunden geglaubt"? Zitat ndr.de: "Forscher gehen davon aus, dass die Kurzschnäuzigen Seepferdchen vor rund 90 Jahren aus dem Wattenmeer verschwanden, weil eine Pilzinfektion ihren Lebensraum - die Seegraswiesen - zerstörte. Allerdings [wurden] in den vergangenen Jahren immer mal wieder einzelne Exemplare an die Nordseestrände gespült."

Ich hatte die Meldung zunächst nur mit einem Auge überflogen und glaubte, es seien zwei ganz neue Seepferdchen-Arten im norddeutschen Spülsand entdeckt worden. Es gibt von ihnen laut dem Online-"Meerwasser-Lexikon" nach heutiger Auffassung zwischen 30 und 35, es hätte mich aber auch nicht gewundert, wenn weltweit 2000 Seepferdchen-Arten bekannt wären und jetzt halt 2002. Neulich las ich, dass es 35.000 Arten von Eulenfaltern gibt. In Worten: fünfunddreißigtausend!!! Ich sag's, wie's ist: Das ist zu viel. Wer soll da durchblicken? Die gängige Taxonomie abzuschaffen oder zu sagen "Ach komm, die paar hundert Eulenfalter fassen wir mal zu einer Art zusammen", kann indes auch keine Lösung sein. Die bestehende Systematik ist die sinnvollste, die wir haben*, und wenn zwei Individuen einer Gattung keinen gemeinsamen Nachwuchs zeugen können, haben sie nun mal als Vertreter einer jeweils eigenen Spezies zu gelten. Wobei man da freilich genau hingucken muss; im Falle von Hippocampus wurden in der Vergangenheit um die 100 verschiedene Arten beschrieben, "leider oft auch reine Varianten der bekannten Arten" (meerwasser-lexikon.de).

* Davon gehe ich einfach mal aus. Genaueres könnte ein Blick in das Buch "Tiere ordnen: Eine illustrierte Geschichte der Zoologie" von David Bainbridge klären. Ich habe schon zweimal versucht, es mir aus der hiesigen Universitätsbibliothek zu leihen, aber beide Vorbestellungen liefen ins Leere ("Exemplar nicht am Platz"), grrr ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen