Dienstag, 20. August 2013

Wenn Kinder zeichnen

Eltern dokumentieren und archivieren heutzutage jeden einzelnen Schritt ihres Nachwuchses – ganz besonders den ersten. Und nicht nur das: Das erste Wort wird mit dem Smartphone aufgezeichnet, das erste selbstständige Trinken wird mit dem Smartphone gefilmt, und der erste Smartphonegebrauch wird mit dem Zweitsmartphone festgehalten. Ist ja auch alles legitim. In einem Punkt übertreibt man es aber: Man misst Kinderzeichnungen einen viel zu hohen Wert bei. Nüchtern betrachtet sind 90% aller kindlichen Kritzeleien gar nicht mal so gut, trotzdem hebt man ALLE auf und hängt sie an Kühlschranktüren und Pinnwände.

In einer strengeren Welt wären Dialoge wie der folgende gang und gäbe. "Kuck mal, Mama, ich habe ein Bild gemalt!" – "Es freut mich, dass du dich für bildende Kunst interessierst, Leandro, aber das Bild gefällt mir überhaupt nicht. Zum Beispiel die Sonne hier: die ist ja gar nicht rund, sondern total ausgefranst." – "Das sind Protuberanzen!" – "Pack du mal lieber deinen Ranzen, du hast morgen Hochbegabten-Vorschule! Und noch etwas: Dieser schwarze Mann mit dem Messer, den du da in die Ecke gemalt hast ... Also bitte, das ist ja wohl sooo ein Fernsehkrimi-Klischee." – "Aber den gibt es wirklich! Er kommt dich holen ..." – "Leandro! Was habe ich dir über die Grenzen der Fantasie gesagt?" – "Aber Mama, er steht direkt hinter dir!!!" – "Lean- was ..?"

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