Mittwoch, 14. Dezember 2016

Lasst uns froh und munter sein

Das deutsche Wort "Weltschmerz" ist ein gutes Wort und mit Fug und Recht von zahlreichen Sprachen als Germanismus übernommen worden. Für das Leiden in und an der Welt gibt es verschiedene Copingstrategien. Mir als Teil der witzverarbeitenden Industrie scheinen Galgenhumor und Satire probate Mittel zu sein. Leider wird einem das manchmal als Zynismus und Menschenverachtung ausgelegt. In Wahrheit sind Satiriker nicht weniger empathisch als andere Zeitgenossen. 

Es sind oft gar nicht mal Nachrichtenmeldungen, die mir besonders nahegehen, sondern damit zusammenhängende Beobachtungen und Entdeckungen. Neulich blätterte ich ziellos in dem Taschenbuchbestseller "1000 Places to see before you die" herum, den mir Freunde einst zum Geburtstag geschenkt hatten. Einer dieser Orte ist: Aleppo. Konkret wird dort, auf Seite 468, der gedeckte Basar (the covered Souks) empfohlen, ein Platz aus 1001 Nacht mit Händlern aller Couleur, duftenden Gewürzen, köstlichen Speisen, abenteuerlichen Geschichten und bewegender Geschichte sowie dem Christenviertel, "where Aleppo's most interesting eateries and architectually rich boutique hotels are concentrated." Das zu lesen traf mich wie ein Huftritt in die Weichteile.


Die mir vorliegende Auflage ist von 2011. Fünf Jahre später wirkt der Text wie blanker Hohn. Ein Artikel auf Merkur.de zählt inzwischen auf, "was die Deutschen an Weihnachten am meisten nervt": doofe Verwandte, aufgewärmte Kitschfilme, "Last Christmas" im Radio, peinliche Betriebsfeiern und natürlich der schlümme "Konsumterror". Der Punkt "Wenn einem das Haus mitsamt der halben Familie weggebombt wird" fehlt. Und trotzdem stellen sich in diesem Land irgendwelche Arschlöcher hin und fordern für aus Syrien flüchtende Männer und Frauen das Prinzip "Die Schlechten ins Kröpfchen, die Guten (vorübergehend) ins Töpfchen". Das ist für mich Zynismus und Menschenverachtung.

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