Mittwoch, 10. September 2025

Byzantinische Botschaften

Gerade ausgelesen:


Das war so packend wie ein Krimi und vollgestopft mit überraschenden Erkenntnissen nach neuestem Forschungsstand. Lediglich eine Passage möchte ich auszugsweise wiedergeben, bezieht sie sich doch zufällig – bzw. angesichts des Themas überhaupt nicht zufällig – auf etwas, das ich vor einiger Zeit hier im Blog behandelt habe: die nordischen Runen in der Hagia Sophia:

Überall in der Kirche finden sich Graffiti, kyrillische und griechische, armenische und lateinische. Die meisten wurden schätzungsweise zwischen dem 11. und dem 15. Jahrhundert angefertigt und enthalten sowohl Namen als auch Bilder von Tieren, Waffen und Wappen. [...]

2009 wurde eine neue aufregende Entdeckung gemacht. Auf der Suche nach weiteren kyrillischen Inschriften fotografierte ein Team russischer Forscher akribisch alle Flächen mit möglichen Schriftzeichen und nahm die Bilder genau unter die Lupe. Alles, was irgendwie nach Runen aussah, schickten sie einer Runologin, Elena Melnikova, die schließlich einen Erfolg vermeldete. Eine dritte Runeninschrift, die auf einer marmornen Fensterbank in der nördlichen Galerie gefunden wurde, besagte: "Arinbarðr hat diese Runen geschnitten." Aufgrund ihrer besonderen Ritzart wurden diese Runen von Melnikova auf die Zeit zwischen dem frühen elften und dem zwölften Jahrhundert datiert, also auf das Ende der Wikingerzeit. (S. 346f.)

Aber das ist noch nicht alles!

Das ist noch nicht alles, denn in der Kirche wurde noch eine weitere Entdeckung gemacht. Bei der Untersuchung von mehr als 30 Graffiti-Darstellungen von Schiffen stellte der Forscher Thomas Thomov fest, dass es sich bei vier von ihnen um Wikingerschiffe handelte. Das überzeugendste Beispiel ist auf einer Säule in der Ecke derselben Galerie zu sehen, in der, nur erwa zehn Meter entfernt, Halfdans Inschrift gefunden wurde. Man muss allerdings schon genau hinschauen, um das – knapp unter Augenhöhe in den Stein geritzte – Schiff zu erkennen. Ein Teil ist unverwechselbar: der nach links gewendete Kopf eines Drachen mit einem nach vorn schauenden Auge. Der Hals ist nach unten gebogen und geht in den Rumpf eines schlanken Schiffs über, dessen Proportionen von jedem, der schon einmal ein Wikingerschiff gesehen hat, sofort wiedererkannt werden. [...] Eine weitere Zeichnung auf der anderen Seite der Säule könnte zwei weitere Schiffe zeigen, die nebeneinander in einem Hafen liegen. Diese Darstellungen sind überzeugend, und es gibt keinen Grund, sie für Fälschungen zu halten. (S. 347)

Dass die Inschriften und Zeichnungen von Angehörigen der Warägergarde hinterlassen wurden, ist nicht so unzweifelhaft, wie ich es bei meiner Erstrecherche herausgelesen hatte und wie es mein Blogbeitrag vom Mai insinuiert. "Waren Halfdan und Arinbarðr Mitglieder der Warägergarde?", fragt die Autorin auf Seite 350. Tatsächlich spricht einiges dafür. Doch nicht zwangsläufig müssen alle Nordmänner, die sich zu jener Zeit in der Hagia Sophia befanden, der legendären kaiserlichen Leibgarde angehört haben. Umgekehrt waren nicht alle Warägergardisten "Wikinger". Zwar bestand die Warägergarde "überwiegend aus Skandinaviern, aber ihr konnten auch andere Nationalitäten angehören. Nach der Schlacht bei Stamford Bridge zum Beispiel wuchs die Zahl der Angelsachsen, die nach der Niederlage gegen Wilhelm der Eroberer (zufällig ebenfalls ein Nachkomme der Wikinger) aus England geflohen war." (S. 351)

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