Freitag, 20. Juni 2025

Fragen, die ich mir selbst stelle

Heute: Darf Foie gras in Deutschland verkauft werden?

Im Grunde kenne ich die Antwort seit dieser Woche, denn da habe ich in einem Kühlregal bei Edeka gleich mehrere Sorten von Foie gras gesehen, und ich gehe davon aus, dass Edeka nicht gegen geltendes Recht verstößt. Ich hatte allerdings im Hinterkopf gespeichert, dass der Handel mit Stopfleber hierzulande ebenso untersagt wäre wie die Herstellung derselben. Nun sagt mir Google: Zwar ist das Zwangsfüttern von Tieren in vielen Ländern Europas, darunter in Deutschland, sehr wohl verboten, jedoch darf die auf solche Weise "verfeinerte" Innerei von Frankreich, wo diese Grausamkeit als TrAdiTiOn verbrämt und als schützenswert erklärt wurde, nach Deutschland importiert und in den Handel gebracht werden.

"Eigentlich dürfte die Herstellung von Stopfleber in einem EU-Mitgliedsstaat kein Thema sein. Die EU-Richtlinie 98/58CE (insbesondere Anhang 24 zu Art.4) verbietet die Produktion von Stopfleber bereits seit 1999. Danach darf die Art des Fütterns bei Tieren 'keine unnötigen Leiden oder Schäden' verursachen. Die Richtlinie lässt jedoch Ausnahmen zu und muss darüber hinaus nicht zwingend umgesetzt werden. Schlussendlich liegt es am freien Binnenmarkt, dass der Import von Stopfleber innerhalb aller EU-Staaten weiter zugelassen wird. Deshalb wird auch in Deutschland immer noch Stopfleber verkauft. Um sich weiter abzusichern, erklärte Frankreich im Jahr 2005 Foie Gras sogar zum nationalen und gastronomischen Kulturerbe." (LTO)

Warum ist mir das Zeug bisher noch nie in deutschen Kaufhallen begegnet? Wahrscheinlich ist es wirklich eine Seltenheit, die Nachfrage potentiell gering. Tatsächlich befindet sich die erwähnte Edeka-Filiale in einer Gegend, wo man noch am ehesten die entsprechende Klientel findet ...

Mittwoch, 18. Juni 2025

Üro, üro

Nachdem ich vor ein paar Jahren Harald Jähners glänzende Nachkriegsschilderungen "Wolfszeit" verschlungen habe, lese ich nun endlich sein 2022 erschienenes Portrait "Höhenrausch: Das kurze Leben zwischen den Kriegen". In dem Kapitel "'Schicksale hinter Schreibmaschinen' – Die Trägerschicht der Neuen Zeit" geht es am Rande auch um ein "Bürodeutsch", das in der Weimarer Republik zum Teil eigentümliche Blüten trieb:

In Martin Kessels Büroroman "Herrn Brechers Fiasko" grassiert eine alberne Bürosprache, mit der die Sekretärinnen der Langeweile des Jobs und den Zumutungen ihrer Chefs trotzen. Jeder Satz wird dabei mit einem affektierten "ü" beendet. "Man sagte nicht mehr: 'Haben Sie einen Bleistift?' – sondern man sagte: 'awa en bleie, ü?'. Oder man sagte zu einer Sache, die eilig war: 'ette, ette, ette, ü?'" [...] Mit den Frauen hatte sich die Büro- und Verwaltungssprache geändert. Ursächlich dafür aber waren nicht sie, sondern die Schreibmaschine. Erst mit ihr zog die Umgangssprache in die Buchhaltung ein und löste die alten Fachbegriffe und Kürzel ab, mit denen die klassischen Buchhalter handschriftlich für Kürze und Exaktheit gesorgt hatten. Denn die Schreibmaschine eröffnete den Kaufleuten die Möglichkeit, den Schreibkram zu delegieren, und machte ihre alten, professionellen Codes obsolet. "Mit dem Eindringen der weiblichen Schreibkraft in das Büro, mit dem Sinken des kaufmännischen Niveaus verschwand das 'Rottwelsch des Kaufmanns' allmählich", stellte der Sozialwissenschaftler Theo Pirker fest. Allerdings ging der empfundene Niveauverlust nicht auf das Konto der Frauen, sondern auf das der oft fahrig diktierenden Chefs: "Schritt für Schritt verschwanden die Abkürzungen. Unglücklicherweise erhielt sich die blühende und leere Phrase. (...) Geschäftsleute, die nun der Mühe enthoben waren, ihren Brief selbst zu schreiben, und die nun nicht mehr Gefahr liefen, Tintenkleckse zu machen, verfielen in eine Reihe schlechter Gewohnheiten und hauptsächlich in die, einen Satz zu beginnen, ohne zu wissen, wie er enden wird."

So weit, so bemerkenswert. Nichts damit zu tun habend, aber nicht minder bemerkenswert: Einen Absatz weiter begegnete mir ein Unternehmen, das in einer meiner vorangegangenen Lektüren eine Rolle spielte: Westinghouse!

Die Organisationsbranche wuchs genauso sprunghaft wie die Papierberge in den Betrieben und die Angestelltenheere, die zu ihrer Anfertigung und Bändigung nötig waren. Als in den USA 1948 die Firma Westinghouse ihr Ablagesystem rationalisierte, schaffte sie insgesamt vierhundertzwanzig Eisenbahnwagen voller Akten aus ihren Gebäuden, in der sicheren Annahme, dass niemand mehr etwas davon würde lesen wollen, schon allein, weil die Hoffnung fehlte, in den Unmengen von Informationen das Gesuchte zu finden.


Montag, 16. Juni 2025

Kurz notiert: Laborausfall

Aus meine Lebensumstände betreffenden Gründen komme ich derzeit nur eingeschränkt zum Bloggen, daher heute nur dies: Die Rubrik "Sprachlabor", auf die ich mich hier schon oft bezogen habe, hat in der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung gefehlt! Eben blättere ich durch die Wochenendpostillen, freue mich schon, als ich das Ende von Buch 2 der SZ erreiche, jedoch: kein "Sprachlabor". Macht Hermann Unterstöger Urlaub? Ist er krank? In Rente gegangen (er ist Jahrgang 1943)? Dann soll er das doch an der Stelle, an der normalerweise seine Glosse steht, kundtun, z.B. so: "Aus meine Lebensumstände betreffenden Gründen komme ich derzeit nur eingeschränkt zum Kolumnieren." Sollte er selbst nicht dazu in der Lage sein, muss halt jemand Verantwortliches aus dem Haus eine Erklärung abgeben. Das erwarte ich als enttäuschter (und ein wenig besorgter) Leser!

Donnerstag, 12. Juni 2025

Vorspeise: Oxenschwanzsuppe?

Ich bin offenbar schon so stark im Süden der Republik (nun gut: in der unteren Hälfte Deutschlands) verwurzelt, dass ich ungläubig die Kamera zückte und dieses Wort fotografierte, weil ich es für falsch geschrieben hielt:


Mit "Ein Fall von 'Durchs Lektorat gerutscht'" oder ähnlich hätte ich diesen Beitrag betitelt, wenn ich nicht zur Sicherheit nachgeschlagen hätte, ob Hachse nicht tatsächlich eine erlaubte Alternativschreibung zu der mir vertrauten Haxe darstellt. Ist sie! Sowohl der Duden als auch die Wikipedia kennt sie. In welchem Buch ich den Fund machte, weiß ich nicht mehr. Was mich jetzt aber wundert: Wenn die Autorin oder der Autor schon die "hochdeutsche" Schreibweise bevorzugt, wieso verwendet sie/er dann das für den süddeutschen Sprachraum bei solchen Komposita typische Fugen-s: "Schweinshachse" statt "Schweinehachse"?

Dienstag, 10. Juni 2025

Auf Wellenjagd

Von meiner jugendlichen Radio- und Funkbegeisterung habe ich schon einmal erzählt. Es erwärmt mein Herz, dass ich noch immer drei Fachbücher aus dieser Phase meines Lebens besitze: neben der erwähnten "Spezial-Frequenzliste 1998/99" auch den Funkschau-Sonderband "1000 neue Scannerfrequenzen" und die 2000er Nummer von Schmitz/Siebels informationssattem "Jahrbuch für weltweiten Rundfunkempfang" mit dem schlichten Titel "Sender & Frequenzen" (das 2017 zum letzten Mal herausgegeben wurde). Absoluter Kult! Das Beste an "S&F" war, dass man einen jeder Ausgabe beiliegenden Supplements-Bezugsschein ausfüllen und an den Verlag schicken konnte, wodurch man mehrmals im Jahr gratis ein solches Heftchen erhielt:


Darin fand man aktualisierte Hörfahrpläne ...


... Meldungen über deutschsprachiges und sonstiges Sonderprogramm aus allen Winkeln der Erde ...


... Ankündigungen nischiger Hörschmankerl ...


... und, besonders cool, Nachrichten aus der Welt der Piraten- und Untergrundsender:



Hach, da werde ich schon wieder richtig nostalgisch. Das war ein Universum, das nicht zuletzt durch die Ausbreitung des World Wide Web nahezu untergegangen ist.

Sonntag, 8. Juni 2025

Dann weh' doch nach drüben!

Dieses Jahr habe ich einen Monatskalender mit Plakaten aus der DDR. Im Juni ist dieses Motiv zu sehen:


Na, was fällt auf? – Das hier:


Da fehlen Hammer, Zirkel und Ährenkranz! Stammt das Plakat etwa gar nicht aus der DDR, trotz Bezug zu einem Sportereignis in Schwerin? Tut es wohl! Was ich bis vor kurzem nämlich nicht wusste, ist, dass beide deutschen Staaten zehn Jahre lang die gleiche Flagge führten. Erst zum 1. Oktober 1959 setzte die DDR das 1955 eingeführte Staatswappen in die Mitte der schwarz-rot-goldenen Flagge.

Freitag, 6. Juni 2025

Wiederentdeckt: Xbox Kinect

Schon vor recht langer Zeit, nämlich kurz vor der Anschaffung meiner Xbox One, bin ich in den Besitz einer zweiten Xbox 360 gekommen, nachdem sich meine erste, 2011 erstandene, einen letalen Hardwarefehler eingefangen hatte. Ich kaufte das Gerät jemandem für einen symbolischen Preis ab, und obwohl es schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatte, erfreut es sich bis heute bester Gesundheit. Hin und wieder, wenn auch immer seltener, spiele ich die diversen Spiele an (oder gar durch), die mir mitsamt der Konsole überlassen worden waren; u.a. zocke ich gelegentlich "Duke Nukem Forever", schaue bei "GTA V" rein oder quäle mich durch "L.A. Noire".

Letztens hatte ich wieder mal enormen Spaß mit der hier bereits beiläufig erwähnten Kinect, der "integrierten Sensoreinheit zur Echtzeit-Erkennung von Körperhaltung und -bewegung", die seinerzeit gelauncht wurde, um die Microsoft-Konsole Wii-konkurrenzfähig zu machen. Nicht wenige Kinect-exklusive Spiele sind über die Jahre erschienen, wobei ich annehme, dass den deutschen Markt nur ein gewisser Teil davon erreichte (Auflistung hier oder hier). Drei besitze ich: "Kinect Sports", "Kinect Sports: Season Two" und "Kinect Adventures!". Besonders letzteres ist enorm abwechslungsreich, spaßig und, ja, körperlich fordernd und somit der Fitness zuträglich. Der Sensor ist präzise genug, um zumindest gröbere/größere Bewegungen (springen, ducken, zur Seite beugen) zu erkennen und zu verarbeiten, allein die Menüauswahl per Handsteuerung kann etwas hakelig ausfallen. Den meisten der Mini-Games ist ein mit echten Menschen aufgenommenes Tutorial-Video vorangestellt, und am Ende bekommt man eine Slideshow mit Action-Momenten von seiner Session präsentiert. Hier ein paar fotografische Eindrücke zur Dokumentation:







Erkenntnisse: 1. Ich bin ein überraschend guter Golfer (virtuell). Minigolf scheint doch ein geeignetes Training darzustellen. 2. Die Baseballregeln werde ich in diesem Leben nicht mehr begreifen.

Mittwoch, 4. Juni 2025

Autocues und Wildkatzen

In Merv Griffins Biographie "Merv" (vgl. "Seitenstraße" Folge 9) findet sich eine Stelle, die mich die Augenbrauen heben ließ:

"[...] Lewis had positioned the TelePromTers (a rolling version of cue card) at floor level [...]"

Bemerkenswert ist erstens, dass man 1980 noch erklären musste, was ein Teleprompter ist, zweitens die eigentümliche Schreibweise des Wortes. Erklärung: Es handelt sich bei "TelePrompTer" um den Namen eines Medienunternehmens, das sich nach ihrem Hauptprodukt, nämlich dem Teleprompter, benannt hat. Sozusagen rekursiv wird hier die Markenschreibweise mit Binneninitialen auf das Gerät angewandt. Der Erfinder des Teleprompters gründete kurz nach der Marktreife gemeinsam mit Irving B. Kahn die TelePrompTer Corporation, die schließlich zum größten US-amerikanischen Kabelfernsehanbieter werden sollte und später an Westinghouse verkauft, jenen Konzern, bei dem Merv Griffin lange Zeit mit seiner Syndication-Talkshow unter Vertrag stand.

Im Zusammenhang mit dem Teleprompter-Erfinder ist noch zweierlei erwähnenswert. Sein Name war Hubert Schlafly. War der etwa mit der berüchtigten Aktivistin Phyllis Schlafly verwandt oder verschwägert?, fragte ich mich. Weder sein noch ihr Wikipedia-Artikel gibt dies explizit an, doch sind beide in St. Louis, Missouri, im Abstand von ziemlich genau fünf Jahren geboren, und Phyllis' Vater, John Bruce Stewart, arbeitete für – na? – Westinghouse! Phyllis (geb. McAlpin Stewart) heiratete 1949 den Rechtsanwalt John Fred Schlafly Jr., "a member of a wealthy St. Louis family". In welchem Verhältnis jener wiederum zu Hubert stand, konnte ich nicht herausfinden.

Huberts Vater war, so heißt es in der englischsprachigen Wikipedia, ein wildcatter. Was ist das nun wieder? Laut dem (recht unbeholfenen) deutschsprachigen Wikipediaartikel handelt es sich dabei um "eine Person[,] die nach Erdöl sucht und erste Bohrungen vornimmt". Die wildcat wells, auf die sich die Berufsbezeichnung bezieht, verdanken ihren Namen dem äußerst ertragreichen Ölfeld "Wildcat Hollow" auf dem Gebiet des heutigen Oil Creek State Park in Pennsylvania. Was genau diese spezielle Art von Ölquelle ausmacht, verstehen andere womöglich besser als ich: "[They] are drilled where little or no known geological information is available. The site may have been selected because of wells drilled some distance from the proposed location but to an underground structure that appeared similar to the proposed site."

Da fällt mir ein: Ich muss unbedingt mal wieder "There Will Be Blood" sehen!

Montag, 2. Juni 2025

Serientagebuch 05/25

02.05. Common Side Effects 1.06
Jack Ryan 1.04
04.05. Doctor Who 15.04
05.05. Common Side Effetcs 1.07
The Simpsons 00.76*
07.05. Common Side Effects 1.08
08.05. Family Guy 23.12
Jack Ryan 1.05
09.05. Common Side Effects 1.09
12.05. The Simpsons 36.16
13.05. Common Side Effects 1.10
Doctor Who 15.05
14.05. Scrubs 5.01
Scrubs 5.02
Person of Interest 3.20
16.05. Family Guy 23.13
Scrubs 5.03
Jack Ryan 1.06
17.05. The Simpsons 36.17
Squid Game 2.06
19.05. The Simpsons 37.18
20.05. Jack Ryan 1.07
Jack Ryan 1.08
Doctor Who 15.06
21.05. Scrubs 5.04
Scrubs 5.05
Grace 5.01
22.05. Family Guy 23.14
23.05. Scrubs 5.06
Scrubs 5.07
Person of Interest 3.21
24.05. Lost 1.15 (RW)
26.06. Grace 5.02
27.06. Scrubs 5.08
Doctor Who 15.07
29.05. Scrubs 5.09
Scrubs 5.10
Person of Interest 3.22
31.05. Scrubs 5.11
Scrubs 5.12
Squid Game 2.07

* Hierbei handelte es sich um die zwischen 36.14 und 36.15 ausgestrahlte Spezialfolge "Yellow Planet". Warum diese Episode nicht der offiziellen Zählung unterworfen wurde (sie hat schließlich einen regulären Produktionscode erhalten), weiß ich nicht. Die Nummerierung 00.76 ist die auf den einschlägigen Release-Seiten zu findende. Die bisher veröffentlichten Disney-Shorts habe ich übrigens, schon allein aufgrund der Länge von jeweils nur wenigen Minuten, nicht in mein Serientagebuch aufgenommen und werde das auch künftig nicht tun. Halt! Ich lese gerade, dass es eine weitere unnummerierte Disney+-exklusive Full-length-Folge gab: "The Past and the Furious". Die ist mir irgendwie durch die Lappen gegangen; ich werde sie alsbald nachholen.
Summa summarum hatte die 36. Staffel der Simpsons also 20-ish Folgen – von denen wie immer einige zu amüsieren wussten, andere nur aus Gewohnheit pflichtschuldig runtergewatcht wurden.

Eine Animationsserie der etwas anderen Art ist Common Side Effects. Irgendwo im Netz las ich, man müsse sich diesen Adult-Swim-Zehnteiler vorstellen wie eine Mischung aus "Akira", Moebius-Comics und "King of the Hill". Der Verweis auf Letzteres ergibt sich freilich daraus, dass "KotH"-Schöpfer Mike Judge (der auch als Sprecher mitwirkt) zu den Ausführenden Produzenten gehört – ebenso wie Greg Daniels, weswegen man allerdings nicht, wie ich im Vorfeld, davon ausgehen sollte, man habe es mit einer Comedy zu tun. Sehr wohl gibt es den ein oder anderen Gag, zuvörderst ist "Common Side Effects" aber ein Thriller-Drama, eine brillant temperierte Pharmazie-Verschwörungs-Erzählung für Erwachsene mit feinsinnig ausgearbeiteten Charakteren und visuell überwältigenden Traumsequenzen, die für Fans der genannten japanischen und französischen Kunstwerke ein Fest sein dürften. Eine zweite Staffel ist bereits angekündigt worden.

Amazon Primes Serie um Tom Clancys wohl berühmeteste Romanfigur Jack Ryan startete bereits 2018. Ich hatte mal wieder Bock auf eine launige Actionserie und schwankte zwischen "Reacher", "The Terminal List" und "Jack Ryan". Von kundiger Seite wurde mir dann versichert, "Jack Ryan" habe den höchsten Production Value und den aufregendsten Location-Mix. In der Tat kann der von Michael Bay mitproduzierte und von Carlton Cuse miterfundene Politthriller mit feinen Schauwerten überzeugen und hat hin und wieder wuchtige Schockmomente in petto, mehrmals fühlte ich mich an "24" erinnert, vor allem in jenen Szenen, in denen wir nicht nur die Arbeit des titelgebenden CIA-Analysten (John Krasinski) verfolgen, sondern auch Einblicke in die Lebenswelt der Terroristen bekommen, die dadurch Profil erhalten und mehr sind als gesichstlose, im Schatten agierende Reißbrettbösewichte.
Gelegentlich verliert sich die Geschichte in Nebensträngen, etwa um einen psychisch angeknacksten Drohnenpiloten, die dann aber mehr oder weniger handlungsirrelevant verpuffen. Warnen möchte ich auch davor, dass man als Zuschauer sehr viel zu lesen hat: Eine Episode besteht fast ausschließlich aus Dialogen in fremden Sprachen (Französisch, Arabisch), was zwar der Authentizität zuträglich ist, auf Dauer aber anstrengen kann.

Zur zweiten Staffel von Squid Game kann man gar nicht viel schreiben. Am liebsten würde ich mir ein abschließendes Urteil für das Ende der finalen dritten Staffel aufheben, die wohl eher eine "Staffel 2.5" werden wird (und schon diesen Monat startet). Die zweite endet nämlich, da verrate ich nicht zu viel, direkt nach einer Klimax, und es wirkt fast, als hätten sich die Showrunner nach dem fieberhaften Hochschrauben der Eskalationsspirale in eine dramaturgische Sackgasse manövriert: Was soll da jetzt noch kommen?! Bisher jedenfalls kam zu viel vom Gleichen. Der Überraschungsfaktor der ersten Staffel fehlte oft, man war weniger perplex und entsetzt. Warum etwa wird das "Rotes Licht, grünes Licht"-Spiel noch einmal in voller Länge wiederholt, ohne kreative Abweichungen, ohne Twists und Brechungen? Nun ja, ich will mich nicht beschweren – ausreichend weird, exotisch und misanthropisch ist das koreanische Netflix-Juwel immer noch.

Samstag, 31. Mai 2025

Hägar was here

Eine meiner liebsten Fußnoten nicht nur der byzantinischen Geschichte ist der Fall von den Runen in der Hagia Sophia. Mindestens zwei, möglicherweise sieben oder sogar mehr solcher Inschriften finden sich in dem berühmten Istanbuler Monument. Wie, fragt man sich als Laie, kommen bitte altgermanische Buchstaben in einen Bau auf dem Gebiet der heutigen Türkei? Die historisch nachvollziehbare, fast schon triviale Erklärung ist: Weder Zeitreisende noch Scherzkekse, sondern Angehörige der Warägergarde haben jene Graffiti hinterlassen, von welchen das hier das bekannteste und am besten erhaltene ist:

(Foto: Hermann Junghans; CC BY-SA 3.0 de)

Da verschlägt es also irgendwann im 9. Jahrhundert einen Wikinger im Dienste der königlichen Leibgarde nach Byzanz, und der kritzelt eines Tages eine Zeile auf ein Geländer in der Südgalerie, die erst nach über tausend Jahren wiederentdeckt wird. "Halfdan" hieß der Mann, ein bis in die Neuzeit gebräuchlicher nordischer Name, der "Halbdäne" bedeutet. Der Rest der Inschrift ist nicht mehr deutbar, naheliegend ist aber, dass es mit der verbreiteten Formel "... ritzte diese Runen" weiterging.

Donnerstag, 29. Mai 2025

TITANIC vor zehn Jahren: 6/2015


Die Titelfindung, daran erinnere ich mich noch, fiel uns in jenem Monat nicht leicht. Wie man an den Vorschlägen in "Abgelehnt" (S. 5) sieht, gab es zur sog. Flüchtlingskatastrophe auch keine coverwürdigen Alternativthemen, und so rangen wir uns diesen zugegebenermaßen nicht sonderlich geistreichen Scherz ab – der nicht nur rätselhaft und irgendwie unlogisch aussieht, sondern gleich doppelt an "Sinn" verlor, als Sigmar Gabriel (der zudem gar nicht die maßgebliche Personalie in der ganzen Krise war) wenig später seine Körpermasse um gut die Hälfte reduzierte.

Immerhin eine hübsche Idee für den Startcartoonplatz ergab sich auf der Titelkonferenz, nämlich die erste von mehreren Karikaturen mit der Überzeile "Politicus fragt/meint", die Leo Riegel in den folgenden Jahren realisierten sollte:


Eine bemerkenswerte Form des Fotoromans stellte der Bond/BND-Aufmacher dieses Heftes dar: eine absichtlich krude Montage aus Agentur- und selbstgeschossenen Bildern. Ähnlich experimentell ging es mehrere Male in Tim Wolffs Amtszeit zu, vgl. "Hitler vs. IS".


Ein Artikel, der heute fast genau so erscheinen könnte: "Neue Waffen braucht das Land" (S. 31). "Die Bundeswehr hat ein Problem: Ihr Standardgewehr, das G36, bekommt von Körpertreffern schlechte Laune und verformt sich bei Hitze. Kaum hat sich der Soldat im Kampfgetümmel warmgeschossen, ist der Lauf seiner Flinte krummer als ein Rüstungsdeal mit Heckler & Koch." Valentin Witt "hat die heißesten Kandidaten unters Brennglas genommen."


Auch dies eine derzeit wieder aktuelle Debatte: Was ist Völkermord, was nicht? Mit dem "Baum der Erkenntnis" (einer Rubrik aus der Neon [?]) schufen Leo Riegel und ich Klarheit (S. 32):


Bei diesem Shooting im Bornheimer Satirekrug "Henscheid" wäre ich gern dabei gewesen: "Tresen-Yoga. Selbstoptimierung jetzt auch beim Saufen" (Hauck/Werner, S. 46-47).


Weiteres Notierenswertes
- Dies ist die letzte Ausgabe mit Michael Ziegelwagner als Redakteur. :( Die Mail, die er als Dank für seinen Abschiedsbrief (S. 11) an Moritz, Tim und mich schickte, werde ich für immer in meinem Postarchiv (und meinem Herzen) aufbewahren.
- Mit seiner modernen Liebeslyrik (S. 45) sicherte sich Moritz Hürtgen endgültig seinen verdienten Platz als Hausdichter. Kurz darauf hatte er gar seine erste Sololesung, justament im oben erwähnten "Henscheid".
- Wieder etliche Rubinowitz-Cartoons (in der Humorkritik, S. 48ff.) mit Sprechblasen für die Ewigkeit: "Boß, lehr mich tanzen"; "Schwirre, du Schwein". Es gibt ein gutes Dutzend von Text-Rubinowitz-Zitaten, die ich noch auf dem Sterbebett werde röcheln können ("Hänsel'n'Gretel"; Didier, bist du wieder im Wok?").
- Das immer noch gültige und wiederlesenswerte Pasquill gegen "den umtriebigsten Gag-Autor Deutschlands", Micky Beisenherz, wurde von jenem schönerweise nicht nur wahrgenommen, sondern sogar kommentiert: Spürbar gekränkt hetzte Beisi in den folgenden Wochen auf Facebook wiederholt gegen Moritz Hürtgen und mich.
- "Die Wulff: Ihr großes Liebes-Comeback", darüber berichtete Leo Fischer im "Letzten Menschen" (S. 66). Und wessen Liebesleben beschäftigt exakt zehn Jahre später abermals die Klatschpresse? Bettina Wulffs. Es ist schon wirklich crazy mit der Duplizität der Ereignisse.
- Und noch ein Beispiel dafür: Oliver Maria Schmitt hat gerade seinen neuen Roman "Komasee" veröffentlicht; im Juni 2015 ging er mit seiner Reportagensammlung "Ich bin dann mal Ertugrul" auf Lesetour (s. Rückseite/U4)!

Schlussgedanke
Ein bunter Mix aus Formaten und Themen (überraschenderweise nicht das im Titel aufgegriffene), mit Beiträgen von altgedienten Autoren (Henschel, Zippert, Homann) und der genialsten Foto-Zweitverwertung aller Zeiten ("55ff"-Titel, Idee: Gaitzsch/Wolff).

Mittwoch, 28. Mai 2025

So nicht, Vorwerk!

Just nachdem ich kürzlich ein (halbes) Thermomix-Rezept geteilt hatte, ergab sich ein Anlass, der es nötig macht, noch einmal auf die Thermomix-Rezeptdatenbank zu sprechen zu kommen.

Ich erinnerte mich eines Gerichts, das ich gerne mal wieder mit Hilfe der Wundermaschine zubereiten wollte. Ich fand es auf Anhieb:


Doch was war da los? Mit meinem Thermomix-Modell konnte ich es gar nicht kochen! Ausweislich der Labels "TM6" und "TM7" ist die Zubereitung nur noch mit ebendiesen Versionen möglich. Die Pilze in dieser Dönervariante werden nämlich gebraten, was mein 5er-Thermomix nicht beherrscht. Der kann nur dünsten und dampfgaren, und auf letztere Weise wurden die Champignons in dem Rezept, auf das ich damals zugegriffen hatte, denn auch behandelt. Das heimliche "Upgrade" des Rezepts, um die Features der Generationen 6 und 7 zu nutzen, hat zur Folge, dass mir, als Besitzer des Vor(vor)gängermodells, der Dönergenuss verwehrt wird. Wir werden schrittweise entmündigt.

Freilich wusste ich mir zu helfen: Ich übertrug die einzelnen Arbeitsschritte aus dem TM6/7-Rezept auf einen Zettel und führte sie unter Weglassung des Bratvorgangs auf meinem 5er manuell durch. Es wurde dann halt zusätzlich der Einsatz einer Pfanne notwendig. Kein Problem. Nur: Sollten in Zukunft immer mehr TM5-kompatible Gerichte aus der Rezeptdatenbank, mit der ich all die Jahre höchst zufrieden war, verschwinden, werde ich es mir überlegen, ob ich weiterhin 30 Euro pro Jahr dafür bleche.

Samstag, 24. Mai 2025

Selbstgezeichnetes zum Samstag


(Die erste Zeichnung ist 2002 entstanden, den zweiten Comic muss ich irgendwann vor zehn Jahren gezeichnet und dann vergessen haben.)